John Irving - Zirkuskind / A Son Of The Circus

  • Hier nun meine abschliessenden Eindrücke von "Zirkuskind". Natürlich kann der Beitrag mit dem aus "Ich lese gerade..." zusammengefasst werden.




    Autorenportrait
    John Irving wurde 1942 in Exeter in New Hampshire geboren. Als Berufsziele gab er schon sehr früh an: Ringen und Romane schreiben. Irving lebt und schreibt heute abwechselnd in New England und Kanada.


    Kurzbeschreibung
    Irvings turbulente Geschichte spielt zum größten Teil in Bombay. Held ist der pummelige Arzt Dr. Daruwalla, dessen Hauptaufgabe es ist, Blutproben von Zwergen in indischen Zirkussen zu untersuchen, um das "Zwergen-Gen" zu lokalisieren. Seine Freizeit verbringt er vorzugsweise im Golfclub. Dort hat er auch Zeit darüber nachzudenken, wer das Clubmitglied auf dem Gewissen hat, das im Gebüsch beim neunten Loch tot entdeckt wurde. Als weitere handelnde Personen treten auf: ein Hippie-Mädchen aus Iowa, das einen indischen Polizeikommissar liebt, ein brutaler Transsexueller, ein deutscher Drogenhändler, ein gefeierter Filmstar nebst seinem jesuitischen Zwilling, eine kastrierte Transvestiten-Prostituierte.
    (http://www.amazon.de)


    Nachdem ich das Buch beim ersten Mal nur bis Seite 50 gelesen habe, war ich dieses Mal restlos begeistert.


    Es ist einfach nicht zu fassen, wieviele Charaktere, Handlungsstränge und Entwicklungen in Irvings Geschichten vorkommen. Wahrscheinlich wäre es bei anderen Schriftstellern zu viel, aber bei ihm verliert man nie den Überblick. Das Buch ist schnell, gefühlvoll, chaotisch (im positiven Sinne), skurril und klug. Wie man es bei John Irving gewöhnt ist. Während der ganzen 970 Seiten habe ich mir kein einziges Mal gedacht, dass eine Stelle überflüssig oder langweilig wäre.


    Natürlich kommen, wie fast in jedem seiner Bücher, kleine Männer und große Frauen vor - und diese Eigenschaften zeichnen nicht nur ihre körperliche Erscheinung aus. Man bekommt einen guten Einblick in das Privatleben der Protagonist/innen und auch ein wenig in das Leben von Bombay. (Ich kann nur hoffen, dass letzteres in Wirklichkeit nicht ganz so schlimm ist, wie in dem Roman beschrieben...!!!)


    Jedenfalls ist das Buch ein Muß für jeden Irving-Fan und für alle, die es noch werden wollen!!


    Lg
    Susannah

  • Welch ein Zufall, heute habe ich dieses Buch in unserer "Brockenstube" entdeckt, gezögert :lol: ob ich es kaufen soll ( 2.00 CHF), jedoch gekauft. Nun lese ich hier die tolle Rezension. Danke Susannah, ich freue mich nun doppelt auf dieses Lesevergnügen.
    Serjena

    Gebt gerne das, was ihr gerne hättet: Höflichkeit, Freundlichkeit, Respekt. Wenn das alle tun würden, hätten wir alle zusammen ein bedeutend besseres Miteinander.

    Horst Lichter

    2 Mal editiert, zuletzt von serjena ()

  • Es hat sich gelohnt dieses Buch zu lesen.


    Susannah schreibt „ein Muß für jeden Irving-Fan“, dem kann ich nur zustimmen.


    Oftmals weiss man als Leser nicht soll man nun lachen oder weinen. Die Tragisch-komischen Einfälle mit denen Irving „jongliert“ wenn er „Menschliches“ und allzu „Menschliches“ beschreibt, sprühen nur so von Phantasie.


    Man kann hier gar nicht alle Charaktere welche in diesem Buch eine Rolle spielen aufzählen, denn die sehr detaillierten Schilderungen der einzelnen Personen und deren Geschichten, verlaufen nicht gradlinig, bis sie den Punkt erlangen, wo man als Leser sagt „Ach so verhält es sich“
    Somit verlangt das Buch vom Leser seine ganze Aufmerksamkeit, mir ist es manchmal fast wie ein Puzzle vorgekommen dass sich nur ganz langsam zu einem Ganzen fügt


    Man vergisst als Leser fast die Morde, so witzig und schrullig ist der Erzählstrang der Handlung, dass diese „eigentlich“ zur Nebensächlichkeit werden.


    Im Vorwort schreibt der Autor „ Ich „kenne“ Indien nicht. Und „Zirkuskind“ ist kein Buch „über „ Indien“… Dennoch hinterlassen die Einblicke, die dem Leser in dieses Land gewährt werden mit der für uns „schwer verständlichen Kultur“ einen prägnanten Eindruck.


    Gar nicht zimperlich erweist sich Irving, wenn er von Sexualität wie Schamhaare, Transsexuellen, den "Hijras" Eunuchen-Transvestiten( mit abgeschnittenen Penissen) schreibt- wobei die Geschichte mit dem Dildo wiederum köstlich zu lesen ist.


    Hat man sich einmal in das Buch hineingelesen, bei mir war das sofort der Fall, kann man nicht mehr damit aufhören. Für mich darf ich sagen John Irving ist einer der Autoren, wo ich nie müde werde deren Bücher zu lesen.

    Gebt gerne das, was ihr gerne hättet: Höflichkeit, Freundlichkeit, Respekt. Wenn das alle tun würden, hätten wir alle zusammen ein bedeutend besseres Miteinander.

    Horst Lichter

    Einmal editiert, zuletzt von serjena ()

  • Nachdem ich nun über einen Monat für dieses Buch gebraucht habe, bin ich heute endlich fertig geworden. Leider kann ich meinen Vorrednern nicht so ganz zustimmen. Ich hatte es diesmal nämlich schwer in das Buch hineinzufinden, mir waren es zuviele Vorgeschichten die ständig zwischengeschoben wurden in die Gegenwart. Erst nach über der Hälfte des Buches machte mir das Lesen wieder Spaß, denn da fanden sich endlich sämtliche Handlungsstränge zusammen und es wurde nicht nur sehr spannend sondern auch lustig.


    Dies war nicht mein erster Irving, und deswegen bin ich schon etwas enttäuscht, denn die Bücher die ich bereits von ihm gelesen hatte haben mich eigentlich immer nur ermutigt noch mehr von ihm zu lesen. Dennoch werde ich mich nicht entmutigen lassen, denn Irvings Erswerk "Lasst die Bären los" hatte mir auch erst beim zweiten Anlauf gefallen.


    Bekommt *** Sternchen von mir.

    "Wie soll auch eine Generation von Männern, die hauptsächlich von Müttern, Kindergärtnerinnen und Lehrerinnen umsorgt und erzogen wurde, Frauen glücklich machen?"
    (Generation Doof)

  • Es braucht schon einen langen Atem um in diesen Roman hineinzufinden.


    Bei mir hat das ungefähr 200 Seiten gedauert. Das liegt zum größten Teil daran, dass Irving zu Beginn wahnsinnig springt, oder einfach nicht zu Potte kommt, weil er immer wieder eine kleine Anekdote dazwischen schiebt. Dieser Stil geht sehr zu lasten der Figuren, denn sie werden dadurch überhaupt nicht greifbar. Ferner tauchen immer mehr, und mehr Figuren auf, und der Autor hat auch Mühe sie dem Leser jedes Mal wieder vorzustellen, oder an sie zu erinnern, damit man den Überblick behält.
    Dann folgen viele Seiten, bei denen man aus dem Lachen nicht mehr heraus kommt . Beim Kapitel “Dildo” habe ich Tränen gelacht. Einfach köstlich!


    Aber worum geht es überhaupt? (Klappentext)
    “Die Handlung von John Irvings achten Roman >Zirkuskind< spielt hauptsächlich in Bombay. Dr. Farrokh Durawalla, der unheroische Held des Buches, ist eine der bisher bezauberndsten Schöpfungen des Autors: ein von zweifeln geplagter, pummeliger Arzt, fremd sowohl in Kanada, seiner Wahlheimat, als auch in Indien, wo er geboren wurde und aufgewachsen ist. Wenn sich Dr. Daruwalla nicht gerade vergeblich bemüht, Blutproben von Zwergen in indischen Zirkussen zu sammeln, um das >Zwergen-Gen< zu lokalisieren, verbringt er seine Zeit damit, im Duckworth-Golfclub von Bombay an einem Bier zu nippen und darüber nachzudenken, wer der Mörder eines ehrenwerten Clubmitglieds sein könnte, das im Bougainvillea-Gebüsch beim neunten Loch entdeckt wurde. Indien ist ein buntes, unvorstellbar kontrastreiches Land, und entsprechend schießt Irvings Roman los - wie ein aus der Zirkuskanone gefeuerter Clown. Weitere unvergeßliche Figuren bevölkern Irvings turbulente Geschichte: das Hippie-Mädchen aus Iowa, das einen indischen Polizeikommissar liebt; ein brutaler Transsexueller und ein deutscher Drogenhändler; ein undurchsichtiger, vom indischen Kinopublikum ebenso gehaßter wie geliebter Filmstar samt seinen jesuitischen Zwilling; Kastrierte Transvestiten-Prostituierte und ein zwergwüchsiger Chauffeur. >Zirkuskind< ist ein wildes Buch.”


    Ja, es ist ein wildes Buch! und auch der Klappentext vermag nicht alles wiederzugeben was im Roman geschieht.
    Das Leitmotiv beschreibt Menschen, die nirgends richtig Zuhause sind, wie der Protagonist Farrokh. Er ist in Indien aufgewachsen, hat in Europa studiert, ist verheiratet mit einer Schweizerin, und lebt schon seit Jahrzehnten in Kanada. Dort ist er nach wie vor ein Einwanderer, und in Indien eher nur ein Fremder. Seine Zweifel beruhen auf der nicht vorhandenen Zugehörigkeit, und selbst mit Anfang sechzig hat er noch nicht zu sich selber gefunden.


    Auch bei der Zwillingsgeschichte, die bei der Geburt getrennt worden, und auf verschiedenen Kontinenten aufwuchsen, findet man dieses Syndrom der Heimatlosigkeit.


    Erotik, sexuelle Ausprägungen und alle mögliche Formen von Geschlechtsorganen und deren Verstümmelungen, kommen in diesem Roman nicht zu kurz. Es wird so ziemlich alles erwähnt, selbst typisch indische Abarten.


    Ein Mord und dessen Aufklärung runden die ganze Handlung ab. Aber auch meine Aufzählung ist nur ein Bruchteil von dem was im Buch abgehandelt wird.


    Im zweiten Drittel hören diese Sprünge auf, aber auch leider der Humor. Irving widmet sich Problemen zu, die einem manchmal arg mitnehmen können. Indien ist doch ein Land voller Rätsel und Katastrophen.


    Es ist bestimmt nicht der beste Irving, aber dennoch lesenswert. Über gewisse Längen muss sich der Leser im Klaren sein, doch das ist ja ein Markenzeichen des Autors, er schreibt ja gerne diese Schinken.

  • Im Rezensionsindex war "Zirkuskind" gestern nicht zu finden; ich habe nach Buchkrümels Beitrag nämlich nachgesehen, weil im Hinterkopf hatte, dass das Buch schon rezensiert war. Auch heute funktioniert der Link aus dem Index nicht. Vermutlich, weil in Susannahs erstem Beitrag keine ISBN eingetragen ist.


    Marie

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • serjena,


    Danke für den Hinweis auf Zirkuskind - freiwillig und ohne Deine Anregung hätte ich in diesen Thread nicht hineingeschaut, sondern nur gelangweilt gefragt, wie viele Bären und Ringer denn in dem Buch vorkämen.


    Aber so wie sich das bei Euch, susannah und serjena, anhört, könnte Zirkuskind möglicherweise eine recht interessante Lektüre darstellen.
    Mal vormerken, vielleicht in der englischen Originalfassung ...



    (Hier musste ich gleich noch "Bearbeiten" nachschieben: ) :roll: ... schon passiert - gerade eben über amazon.de in englischer Sprache bestellt: A Son of the Circus und gleich noch dazu A Prayer for Owen Meany

    » Unexpected intrusions of beauty. This is what life is. «


    Saul Bellow, (1915-2005 ), U.S. author,
    in Herzog

    2 Mal editiert, zuletzt von Hypocritia ()

  • gerade eben über amazon.de in englischer Sprache bestellt: A Son of the Circus und gleich noch dazu A Prayer for Owen Meany

    :love: Viel Spaß beim Lesen... Fast könnte man dich beneiden, dass du diese beiden Bücher noch vor dir hast!

  • Es braucht schon einen langen Atem um in diesen Roman hineinzufinden.


    Bei mir hat das ungefähr 200 Seiten gedauert. Das liegt zum größten Teil daran, dass Irving zu Beginn wahnsinnig springt, oder einfach nicht zu Potte kommt, weil er immer wieder eine kleine Anekdote dazwischen schiebt. Dieser Stil geht sehr zu lasten der Figuren, denn sie werden dadurch überhaupt nicht greifbar. Ferner tauchen immer mehr, und mehr Figuren auf, und der Autor hat auch Mühe sie dem Leser jedes Mal wieder vorzustellen, oder an sie zu erinnern, damit man den Überblick behält.

    Ich gebe dem Buch gerade eine 2. Chance, nachdem ich beim ersten Versuch nach ca. 50 Seiten aufgegeben habe. Das kannte ich bisher von Irving gar nicht. Auch das nicht immer positiv bewertete Buch "Witwe für ein Jahr" hat mir von Anfang an sehr gut gefallen. Ganz zu schweigen von "Gottes Werk und Teufels Beitrag".


    Aber bei "Zirkuskind" schweift Irving am Anfang schon sehr ab und ich hatte das Gefühl, das die Handlung nicht voran kommt. Langsam werde ich allerdings mit Dr Daruwalla warm (S. 160) und hoffe auf das Beste. Danke für den Anstoß, dem Buch noch eine Chance zu geben. :thumleft:


    Ich melde mich, wenn ich das Buch beendet habe.

    "Begib dich einmal im Jahr an einen Ort, an dem du noch nie gewesen bist." (Dalai Lama)


    :study: 2014: 18 Bücher mit 10.009 Seiten (2013: 63 Bücher mit 27.710 Seiten)

  • John Irving ist mein Lieblingsautor, auch wenn mir nicht alle seine Bücher gefallen.
    Mit Zirkuskind" hat John Irving wieder ein Buch ganz nach meinem Geschmack geschrieben.
    Skurril und bizarr wie gewohnt, verschiedene Handlungsstränge, die nach und nach zueinanderfinden.


    Es dauert ein bisschen, bis man mit den Charakteren warm wird und man sich eingelesen hat. Aber man wird reich belohnt!(Es geht nicht alles gut aus. Aber das ist im richtigen Leben ja auch so).
    Hat man sich erst einmal eingelesen, öffnet sich wieder ein Füllhorn.
    Die Handlung insgesamt ist rasant wie in einem Zirkus. Menschen suchen ihren Platz in dieser Welt/diesem Zirkus, der Manege des Lebens.
    Eine Suche nach der eigenen Identität, jedenfalls bei den Hauptakteuren.

    Die Geschichte ist prall gefüllt mit interessanten Charakteren und Themen.
    Dr. Daruwalla - Orthopäde, der nach dem Zwergen-Gen sucht, ist der Erzähler.
    Da sind Deepa und Vinod, ein Zwergen-Ehepaar. Deepa hatte die Nase des Orthopäden schon einmal unbeabsichtigt an ihrem Steißbein, und Vinod ist, nach einem skurrilen Unfall im Zirkus, Taxiunternehmer und privater Chauffeur von Dr. Daruwalla, wenn er in Indien ist.
    Mr. Sethna, der Butler im Duckworth Club, der alles missbilligt.
    Es begegnen einem bemalte Mordopfer, Transsexualität, Homosexualität, Christentum, ein Filmschauspieler in Bollywood, ein Bettlerjunge, eine Kinderprostituierte, ein rassistischer Affe, und und und.
    Staunen, wie bei einer Zirkus-Attraktion.

    Ist das Buch ausgelesen, sollte man gleich noch einmal von vorne anfangen, weil einem bestimmt beim ersten lesen vieles entgangen ist.

    Intensiven Lesegenuss wünscht


    Trine

  • Mario

    Hat den Titel des Themas von „John Irving - Zirkuskind“ zu „John Irving - Zirkuskind / A Son Of The Circus“ geändert.
  • Gelesen habe ich das Buch zwar schon vor ein paar Jahren, aber offenbar nie meine Meinung hier gepostet. Das sei hiermit nachgeholt:


    Dr. Farrokh Daruwalla ist ein Wanderer zwischen den Welten - er lebt schon lange in Kanada, mit seiner österreichischen Frau, die er während seines Studiums in Wien kennengelernt hat, doch er kehrt immer wieder in seine Heimatstadt Bombay zurück, um in einer orthopädischen Klinik zu arbeiten, die sich auf verkrüppelte Kinder spezialisiert hat. Des weiteren ist er Hobbygenetiker und versucht, die Grundlagen der Kleinwüchsigkeit zu ergründen. Bevorzugtes Forschungsobjekt sind, da er sowieso eine Vorliebe für den Zirkus hat, zwergwüchsige Zirkusartisten. Von großem Erfolg gekrönt waren seine Bemühungen bislang aber nicht.


    Besser funktioniert hat dagegen Daruwallas zweite Nebentätigkeit als Drehbuchschreiber einer Reihe von beliebten, aber unglaublich schlechten Krimis mit "Inspector Dhar", auch John D. genannt, in der Hauptrolle. Dieser gehört zu den bekanntesten und gleichzeitig meistgehassten Stars des indischen Kinos, denn irgendwie scheinen sämtliche Zuschauer zu glauben, dass er im richtigen Leben auch ein abgebrühter, schürzenjagender Zyniker ist. Daruwalla gehört zu den wenigen Menschen, die John D. einigermaßen gut kennen. Und beide Männer gehören dem altehrwürdigen Club in Bombay an, auf dessen Golfplatz eines Tages ein Toter gefunden wird. Ermordet. Bei ihm wird eine Botschaft des Mörders gefunden, der verlangt, Dhar aus dem Club zu werfen.


    Der ganze Club ist außer sich, und Daruwalla will unbedingt den Mörder finden, bevor noch mehr passiert.


    Bis wir erfahren, wer der Täter war und was ihn zu dem Mord getrieben hat, vergehen allerdings Hunderte von Seiten, auf denen uns Irving immer tiefer in die Vergangenheit von Dhar und Daruwalla führt. Dabei spielen Transvestiten, Kastraten, Artisten, eine Hippiefrau, ein Doppelgänger und ein Dildo eine nicht unwesentliche Rolle, ebenso wie mehrere Mordfälle aus der Vergangenheit.


    Irving wäre nicht Irving, wenn er hier irgendwelche Blätter vor den Mund nähme. Er serviert dem geneigten Leser einige recht heftige Szenen - wer sich an Blut, Sex und dreckiger Ausdrucksweise stört, dürfte mit dem Buch nicht besonders glücklich werden - garniert mit deftigem Humor, einem großen Schuss Ironie und, quasi trotz alledem, auch einigem Gefühl. Alles hängt hier mit allem zusammen, Details, die anfangs unwichtig erscheinen, bekommen später eine Bedeutung, fallengelassen wirkende Fäden werden viel weiter hinten wieder aufgenommen und das Ganze zu einem runden Abschluss gebracht.


    Auch wenn Irving selbst zu Beginn sagt, es sei kein "Indien-Buch", spielt das Land mit all seinen Besonderheiten dennoch eine wichtige Rolle. Die Handlung könnte in der Form nicht woanders stattfinden.


    Unterm Strich mag ich zwar die Bücher, die in Irvings Heimat spielen, lieber, weil mir das hier teils doch einen Tick zu skurril war, aber dennoch habe ich mich köstlich amüsiert und gut unterhalten und bin froh, dass ich dem Buch noch eine zweite Chance gegeben habe, nachdem ich es vor Jahren nach wenigen Seiten weggelegt hatte. (Damals hätte ich aber auch vieles garantiert noch nicht witzig gefunden).

  • bin froh, dass ich dem Buch noch eine zweite Chance gegeben habe, nachdem ich es vor Jahren nach wenigen Seiten weggelegt hatte

    Du machst mir Mut, es auch nochmal zu versuchen. Ich hatte es auch nach ein paar Seiten weggelegt, weil ich es ziemlich verworren fand und mich mit den Figuren verhedderte.

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Offenbar passiert das bei diesem Buch sehr vielen Lesern, wenn man sich den Thread so anguckt.


    Ich hatte es beim ersten Durchgang nur ausgeliehen und eigentlich schon abgeschrieben, aber dann bekam ich es von jemand geschenkt, die wusste, dass ich Irving mag ... dann musste ich ihm doch noch mal eine Chance geben und habe es tatsächlich nicht bereut.