(Erstveröffentlichung der Rezension 11/2008 )
Nachdem ich einige Rezensionen über ein Buch von Sebastian Fitzek las, wurde ich echt neugierig auf diesen Schriftsteller. Der Zufall wollte es, dass ich gerade wieder einen 25,- Euro Gutschein von buecher.de hatte. So zögerte ich nicht lange und orderte, zu je 7,95 Euro, die drei seiner insgesamt fünf zu diesem Zeitpunkt bereits erschienenen Werke, die es schon als Taschenbuch zu kaufen gab:
- Therapie
- Amokspiel
- Der Seelenbrecher
Mit dem Psychothriller Amokspiel, der wie ich jetzt weiß, schon sein zweiter Roman war, begann ich meine Bekanntschaft mit Gedankengut und Stil des 1971 geborenen Autors. Sebastian Fitzek studierte Jura und promovierte in Urheberrecht. Bevor er zu schreiben begann, war er bei verschiedenen Radiostationen in der Programmdirektion tätig und entwickelte TV-Shows. Laut Biografie auf seiner Homepage www.sebastianfitzek.de, lebt er mit Freundin und 3 Hunden zusammen in Berlin und verdankt alles was er ist, war und sein wird seinen Eltern. Über sein gesamtes Schaffen kann sich der Interessierte sowohl auf dieser Homepage, als auch bei Wikipedia informieren.
Die Psychologin Ira Samin ist psychisch und physisch am Ende. Seit dem Selbstmord ihrer älteren Tochter Sarah wird sie von Schuldgefühlen geplagt. Sie glaubt versagt zu haben, als Mutter und als Psychologin. Dass ihre andere Tochter Katharina seit dem jeglichen Kontakt mit ihr verweigert, trägt auch nicht zur Verbesserung ihrer Situation bei.
Deshalb hat sie sich entschlossen Sarah zu folgen. Heute ist der Tag, an dem sie es tun will. Um 100%ig sicher zu gehen, dass sie nicht überlebt, hat sie sich für Gift und einen Kopfschuss entschieden. Ersteres möchte sie nicht mit Alkohol, von dem sie mittlerweile abhängig ist, runter spülen, sondern mit einer Cola Lemon. Da sie diese aber nicht im Haus hat, geht sie kurz zu Hakan, dem türkischen Lebensmittelhändler um die Ecke und gerät in eine brenzlige Lage. Doch auf einmal ist ihr Ex-Liebhaber Götz zur Stelle. Er war auf der Suche nach ihr, um sie als Verhandlungsführerin zum Geiseldrama in einem Radiosender zu holen.
Abgewrackt wie sie ist, fühlt sie sich selbst einer solchen Aufgabe keinesfalls gewachsen. Doch Götz, der den Einsatztrupp des SEK leitet, lässt kein nein gelten und kidnappt sie kurzerhand. Steuer, der Einsatzleiter, sagt ihr zwar klipp und klar, dass er eine psychisch labile Alkoholikerin nicht im Team haben will. Doch der Geiselnehmer Jan verhandelt ausschließlich mit ihr. Inzwischen hat sie auch ein persönliches Interesse an einem positiven Ausgang der Verhandlung, denn sie hat von Götz erfahren, dass sich ihre Tochter Katharina, bislang unbemerkt von Jan, in dem abgeriegelten Studioräumen befindet. Dem Einsatzleiter wird dies sowohl von Götz, als auch von Ira verschwiegen, da sich Ira sonst laut Dienstvorschrift aus dem Fall, als persönlich Betroffene, heraus halten müsste.
Der Geiselnehmer ändert die Regeln eines beliebten Spieles des Radiosenders und droht damit, jede Stunde eine Geisel zu töten, wenn die Mitspieler falsch reagieren, eine Geisel ist schon tot. Ira spricht mit Jan und scheint mit Ihrer Verhandlungstaktik richtig zu liegen. Sie versucht, die nächste Spielrunde heraus zu zögern. Als Jan dann aber seine scheinbar unerfüllbare Forderung ausspricht, entscheidet Steuer, dass gestürmt werden soll. Dagegen spricht sich Ira so vehement aus, dass Steuer sie vom Einsatz verbannt und festsetzen lässt. Doch das Stürmen geht schief. Ein Polizist wird dabei getötet. Götz lässt all seine Beziehungen spielen, um Ira wieder am Geschehen zu beteiligen.
Mittlerweile verdichten sich auch die Hinweise, dass die Forderung des Geiselnehmers gar nicht so unmöglich ist und eine großangelegte Verschwörung in Gang ist. Doch wer ist daran beteiligt? Wem kann man bei der ganzen Sache überhaupt trauen?
Da ist es doch dem Autor tatsächlich gelungen, mich von der ersten bis zur letzten Seite zu fesseln. Innerhalb kürzester Zeit hatte ich den Thriller durch. So kaputt die Verfassung der Hauptfigur Ira Samin auch ist, sie wirkt sympathisch. Man fiebert regelrecht mit, dass sie es schaffen soll, Jan, der vom Leben ähnlich gekennzeichnet ist, von seinem Wahnsinn abzubringen. Mit der Zeit entwickelt sich zwischen den beiden eine Art Quid pro Quo Verhältnis. Dadurch wird auch der Geiselnehmer immer sympathischer. Im Zuge der fortschreitenden Ermittlungen wird dem Leser klar, wer der eigentliche Bösewicht ist und dass sein/seine Helfer auf der Seite des Gesetzes zu suchen sind.
Dass ein sogenannter Maulwurf in unmittelbarer Nähe der Verhandlungsführerin ist, bekommt man also schon ziemlich zeitig vermittelt. Mein Verdacht, wer es sein könnte, wechselt, ohne zu verwirren, denn die falschen Spuren, die der Autor legt, sind logisch und erst mal nicht von der Hand zu weisen. Auch bei Jan dem Geiselnehmer schwanke ich immer wieder zwischen Sympathie und Misstrauen. Die richtige Lösung, war für mich kurz vor Ende allerdings eine böse Überraschung. Denn obwohl ich viele Akteure in Verdacht hatte, der war nicht dabei.
Ein Psychothriller wie er sein sollte. Spannung von Anfang bis Ende, flüssig geschrieben und gut verständlich. Die Handlung und Motivationen der Charaktere sind nachvollziehbar und lebensnah. Da die Geschichte in Berlin spielt, kann man sich alles vielleicht sogar noch bildhafter vorstellen.
Ich vergab die Höchstpunktzahl und freute mich schon auf die anderen beiden Bücher des Autors, die ich noch ungelesen zu Hause hatte.