Jodi Picoult - Die Wahrheit der letzten Stunde

  • Die Autorin:
    Jodi Picoult wurde 1967 auf Long Island geboren. Sie studierte in Princeton und Harvard. Sie lebt mit ihrem Mann und ihren drei Kindern in Hannover/New Hampshire. 2003 wurde sie mit dem New England Book Award ausgezeichnet. Zuletzt erschien in Deutschland ihr Roman „Beim Leben meiner Schwester“.


    Worum geht es?
    Die Ehe von Mariah und Collin White ist am Ende. Mariah überraschte ihren Mann mit einer anderen Frau, dabei ist auch die kleine Tochter Faith. Für eine Weile stellt Faith das Sprechen ein. Aber bald beginnt sie mit einer unsichtbaren „Beschützerin“ zu sprechen. Das kleine Mädchen entwickelt übersinnliche Fähigkeit und wird schnell zum Gegenstand des allgemeinen Medieninteresses. Auch Ian Fletscher, ein Reporter, nimmt sich der Sache an, er will das Mädchen als Lügnerin entlarven.


    Meine Meinung:
    Man schlägt das Buch auf und hat 684 Seiten vor sich, die niemals langweilig werden. Flüssig geschrieben nimmt die Geschichte den Leser schnell in ihren Bann. Der Autorin gelingt es, den Spannungsbogen bis zur letzten Seite aufrecht zu erhalten. Das Buch handelt von Religion, von der eigenen Spiritualität, es handelt auch von manchen Unmenschlichkeiten des amerikanischen Rechtssystems und es wird zudem auch noch zu einem spannenden „Court-Thriller“. Die Frage, ob eines einen Gott gibt wird nicht beantwortet, jeder Leser hat die Möglichkeit, eigene Schlussfolgerungen zu stellen, die Autorin gibt allenfalls Denkanstösse.
    „Die Wahrheit der letzten Stunden“ ist ein sehr kompakter Unterhaltungsroman der gehobenen Klasse. Es ist ein Buch, mit dem man sich in Ecke verzieht und das man erst dann aus der Hand legt, wenn man das letzte Wort gelesen hat.
    Die handelnden Personen sind intensiv beschrieben, es sind Menschen, wie sie einem täglich auf der Straße begegnen, mit all ihren Problemen und ihrer Zerrissenheit. Der Autorin gelingt es gut, aufgesetzte, kitschige Sentimentalitäten zu vermeiden.
    Wer sich für einige Stunden gut unterhalten möchte, wer eine gefühlvolle Geschichte lesen möchte, der sollte zu diesem Buch greifen.

  • Danke für die tolle Rezi, Voltaire, du hast mich echt neugierig gemacht.
    Ich habe von Jodi Picoult bisher nur ein Buch gelesen, das bei den Amish-Leuten spielt (der Titel ist mir leider entfallen) Es hat mir gut gefallen.


    grüße von missmarple

  • Kurzbeschreibung amazon.de
    Die Ehe von Mariah und Colin White ist gescheitert. Die siebenjährige Tochter Faith reagiert zunächst mit Schweigen. Nach einiger Zeit beginnt sie mit einer unsichtbaren Freundin zu reden und besitzt mit einem Male übersinnliche Fähigkeiten. Als das Fernsehen davon erfährt, werden Faith und ihre Mutter von einem gewaltigen Medienrummel erfasst, der das Kind zu erdrücken droht. Nur mit Hilfe von Ian, der sich Hals über Kopf in Mariah verliebt hat, gelingt es ihnen, die Wahrheit und die Auseinandersetzung mit dem Glauben nicht zu einem Verhängnis werden zu lassen ...



    Wie Mariah und Faith nochmals zurück nach Hause fahren müssen,(sie sind auf dem Weg in die Balletstunde und haben das Tricot für Faith vergessen) ertappen sie Colin mit einer anderen Frau. Nicht nur Mariah auch Faith sind völlig verstört. Eines Abends merkt Mariah, dass ihre Tochter mit „jemanden“ spricht und erfährt, dass es ihre „Beschützerin“ ist. Es stellt sich heraus dass diese Beschützerin Gott ist.
    Nun wird die Geschichte etwas chaotisch, zu einem wechselt ständig die Erzählperspektive, Ich-Erzählsituation /Personale Erzählsituation, was den Lesefluss ungemein hemmt.
    Die Medien erfahren von diesem ungewöhnlichen Mädchen und stürzen sich wie die Geier auf Mutter und Tochter. Bei Faiht tritt die Stigmatisation auf, sie erweckt ihre Oma von den Toten und heilt ein Aids-Krankes Kind.
    Gott ist nicht männlich sondern eine Frau,

    Zitat

    Faiht verdreht die Augen „Gott ist eine Mutter“ „Wie bitte?“ „Eine Frau, Gott ist eine Frau“,

    Sie trägt entweder ein weisses Nachthemd oder einen braunen Rock mit einem Oberteil von derselben Farbe.
    Nebst der jüdischen Gemeinde mischt auch die katholische Kirche mit, nicht zu vergessen die Ärzte , Psychiater, Psychoanalitiker usw.
    Jan Fletcher führt eine Sendung, in der er beweist, dass all dies Gotteserscheinungen Humbug sind, und er ist es aber auch, der Mutter und Tochter hilft dem Rummel zu entfliehen.


    Leider ist mir der Sinn dieser Geschichte nicht klar geworden und der Schluss, völlig phantasielos. Das Thema wäre sicher interessant, dass Gott eine Frau sein sollte, gefällt mir, jammerschade Jodi Picoult hat mit diesem Buch eine schwache Leistung erbracht.
    Ich muss gestehen gegen Ende habe ich nur noch quergelesen.
    Faiht heisst ja bekanntlich treffend "Glaube"

    Gebt gerne das, was ihr gerne hättet: Höflichkeit, Freundlichkeit, Respekt. Wenn das alle tun würden, hätten wir alle zusammen ein bedeutend besseres Miteinander.

    Horst Lichter

    2 Mal editiert, zuletzt von serjena ()

  • Leider ist mir der Sinn dieser Geschichte nicht klar geworden


    Das kann ich unterschreiben, es ging mir genauso. Die Idee, Gott weiblich erscheinen zu lassen, mag ganz nett sein (neu ist sie nicht), aber sie reicht hier nicht aus, um das ganze Buch wirklich interessant und lebendig zu machen.
    Was mich auch gestört hat, waren die Wechsel in der Erzählperspektive (wenn ein Autor das macht, sollte dem Leser wenigstens der Sinn offenbar werden) und die Brüche in Mariahs Charakterisierung.


    Wenn ich mir die Bücher von Jodi Picoult betrachte, die ich bisher gelesen habe - 5 glaube ich - , war ich insgesamt bisher eher enttäuscht als erfreut von der Autorin.


    Marie

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Ich habe die Jodi Picoult erst seit Kurzem für mich entdeckt. Mir hat das Buch gut gefallen.
    Picoult, Jodi - Die Wahrheit der letzten Stunde
    Kurzbeschreibung:
    (Verlag/Buchcover)
    Die siebenjährige Faith reagiert auf die Scheidung ihrer Eltern zunächst mit Schweigen. Doch dann beginnt sie mit einer unsichtbaren Freundin zu reden und besitzt mit einem Male übersinnliche Fähigkeiten. Als das Fernsehen davon erfährt, werden Faith und ihre Mutter von einem beispiellosen Medienrummel erfasst...
    Nur mit Hilfe, gelingt es der Mutter, die Wahrheit ans Licht zu bringen.
    Meine Meinung:
    Eine packende und interessante Geschichte ist Jodi Picoult mit diesem Buch auf jeden Fall gelungen. Zwar fand ich "Neunzig Minuten" besser, aber dies hier war auch gut. Eine spannende Unterhaltung, flüssig geschrieben, leicht zu lesen, die Handlung bleibt fast durchgehend spannend, obwohl einige Überraschungsmomente hätten der Geschichte nicht geschadet. :) Die Charaktere fand ich detailreich dargestellt, auch emotional gut nachzuvollziehen. Die Geschichte wirkte auf mich nicht allzu realistisch, das hat aber dem Lesegenuss keinen Abbruch getan. Von mir bekommt der Roman :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5: Sterne.

    2024: Bücher: 91/Seiten: 40 202

    2023: Bücher: 189/Seiten: 73 404

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    Mein Blog: Zauberwelt des Lesens
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    "Das Nicht-Wahrnehmen von Etwas beweist nicht dessen Nicht-Existenz "

    Dalai Lama

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    Lese gerade:

    Saunter, Mick - Im Angesicht des Zorns

    Naam, Ramez - Nexus

  • Ich habe das Buch gestern Abend beendet und fand es alles in allem sehr interessant und spannend, auch wenn es für mich nicht ganz an die anderen beiden Picoult-Romane rankam, die ich zuvor schon gelesen habe.


    Die letzte Seite allerdings ließ mich ehrlich gesagt etwas ratlos zurück; wie genau ist Faith' Verhalten am Ende zu deuten?


  • Schließe mich den Skeptikern an ;)


    Die Ehe von Mariah und Colin White ist am Ende, nachdem Mariah ihren Mann im Beisein der gemeinsamen Tochter Faith mit einer anderen Frau erwischt hat.


    Die Siebenjährige ist verständlicherweise traumatisiert und verfällt in Schweigen - doch was danach geschieht, ist für ihre atheistische Mutter noch viel unverständlicher: Faith beginnt mit einer unsichtbaren "Beschützerin" zu reden, von der sie behauptet, es handle sich um Gott. Doch nicht nur das, Faith verfügt auch plötzlich über unerklärliche Kräfte.


    Der Journalist Ian Fletcher hat sich als Amerikas Vorzeigeskeptiker und -agnostiker einen Namen gemacht, moderiert eine erfolgreiche TV-Sendung, in der er scheinbar übersinnliche und wundersame Phänomene entlarvt und stürzt sich jetzt mit Begeisterung auf den Fall Faith White. Doch wie es scheint, findet nicht einmal er eine Erklärung für das, was mit dem kleinen Mädchen passiert ...


    Übersinnliche Phänomene in Romanen "funktionieren" für mich nur dann, wenn es sich um Horror- oder Fantasygeschichten handelt, oder wenn es sich nur scheinbar um besondere Kräfte handelt und das Ganze letztendlich doch logisch erklärbar ist.


    Doch nicht nur aufgrund dieser Skepsis bezüglich der Thematik war das Buch leider kein Lesegenuss. Es wimmelte von sachlichen Fehlern (hier hat die Autorin wohl nicht immer sauber recherchiert), Druckfehler häuften sich, und die Übersetzung ein Fall für die im Buch viel (und selbst bei genauen Kapitel- und Versangaben falsch!) zitierte Bibel: "er wandte sich ab und weinte bitterlich" ... teils wusste ich nicht, ob ich mich aufregen oder amüsieren sollte. Auch der deutsche Titel ist dämlich. Das Original "Keeping Faith" ist wesentlich treffender.


    Die Figuren blieben für mich weitgehend ziemlich leblos, gingen mir nicht wirklich nahe, vieles an der Charakterzeichnung und der Handlung wirkte klischeehaft, und die zweite Hälfte des Buches bildet wieder einmal die bei Picoult anscheinend unvermeidliche Gerichtsverhandlung, diesmal eine Sorgerechtsverhandlung mit einigen besonderen Merkmalen. Vielleicht sollte sich die Autorin auf Gerichtsthriller verlegen, denn ihre Prozessschilderungen sind durchaus spannend und warten mit Überraschungsmomenten auf.


    Insgesamt ein sehr mäßiges Buch.


    :bewertung1von5::bewertung1von5: ( :bewertung1von5: )

  • Nach der Trennung von Mariah und Colin denkt sich ihre gemeinsame Tochter Faith eine imaginäre Freundin aus. Mag das für ein siebenjähriges Mädchen, das gerade ihre heile Welt verloren hat, noch durchaus normal sein, behauptet Faith – die eine durch und durch unreligiöse Erziehung genoßen hat – ihre Freundin sei Gott.


    Seitdem scheint Faith über gewisse heilende Kräfte zu verfügen: Ihre Großmutter wurde bereits von drei Ärzten als tot befunden, als Faith sie zum Abschied berührt – und ihre Oma damit wieder zum Leben erweckt. Nachdem sie mit einem HIV-positivem Baby gespielt hat wird auch dieses wieder gesund. Außerdem zitiert sie plötzlich Bibelverse als seien es Kinderlieder, obwohl sie nie zu vor mit diesem Buch in Berührung kam.


    Die Medien stürzen sich auf Faith, als sei sie der Messias. Gläubige und Kranke pilgern zu ihr nach Hause, um von ihr gesegnet oder berührt zu werden. Letztendlich muss ihre Mutter sie aus der Schule nehmen und sie selbst unterrichten, damit sie das Haus nicht mehr verlassen muss und wenigstens ein bisschen normal leben kann. Als Colin, Faith’ Vater, einen Bericht über sie im Fernsehen sieht, reicht er mithilfe eines renomierten Anwalts eine Sorgerechtsklage ein – und das obwohl er sich zuvor monatelang nicht um das Mädchen gekümmert hat. Faith und ihre Mutter fliehen nach Kansas City.


    Zugegebener Maßen war “Die Wahrheit der letzten Stunde” kein geplanter Kauf – das Cover hat mir gefallen, der Klappentext klang ganz interessant und von Jodi Picoult habe ich bereits “Neunzehn Minuten” gelesen, was mir seinerzeits auch gut gefallen hat. Mir war beim Kauf nicht bewusst, dass es in diesem Buch um Religion geht, weil ich mir nicht die Zeit genommen habe, wenigstens kurz reinzublättern.


    Als ich die Danksagung dann zu Hause gelesen habe, ist für einen kurzen Moment mein Herz stehen geblieben, denn Gott und Glaube sind Themen, mit denen ich mich außerhalb des schulischen Rahmens nie beschäftigt habe. Viel mehr habe ich sie sogar gemieden und meine Zeit damit vergeuden wollte ich schon gar nicht. Ehrlich gesagt war mir auch schon der Gedanke zuwider, für soetwas Geld ausgegeben zu haben.


    Dennoch habe ich mir einen Ruck gegeben und wollte wenigstens die ersten fünfzig Seiten lesen. Ich weiß, dass Jodi Picoult meist über recht brisante und manchmal auch über Tabu-Themen schreibt und habe gehofft, dem Roman vielleicht doch etwas abzugewinnen. Im Nachhinein muss ich mir eingestehen, dass ich solche Dinge vielleicht zu verbissen sehe und sie in Zukunft doch etwas (welt-) offener betrachten sollte. Natürlich hat das Buch mich nun nicht zu einer gläubigen Katholikin gemacht oder meine Ansichten zu dieser Thematik grundlegend verändert, aber es hat mich alle Mal zum Nachdenken angeregt und das halte ich für einen ziemlich wichtigen Punkt.


    Jodi Picoult beschreibt in ihrem Buch eine unglaublich innige Mutter-Kind-Beziehung, die mich sehr gerührt hat. Wie ich es schon aus “Neunzehn Minuten” kannte, folgt fast jedem Absatz ein Perspektivenwechsel – was in diesem Roman an sich unnötig ist. Der Schreibstil allerdings ist wieder gewohnt liebevoll und detailreich. Ich hatte an nur sehr wenigen Stellen das Gefühl mich zu langweilen. Leider ergibt sich mir – und wie ich auf diversen Plattformen gelesen habe, auch einigen anderen – der tiefere Sinn des Buches nicht. “Die Wahrheit der letzten Stunde” endet viel zu abrupt und an einer Stelle, an der man sich fragen muss, wozu Jodi Picoult die vorherigen 500 Seiten überhaupt geschrieben hat. Daher insgesamt ein netter, aber doch eher mäßiger Roman.

  • Ich habe das Buch auch egen gerade fertig gelesen. Anfangs hatte ich keine Zeit um mich in das Buch richtig hineinzuvertiefen und habe deshalb nur wenig daraus gelesen. Aber mit den Ferien hatte ich mehr Zeit und habe das Buch in einem "Atemzug" :D beendet. Für mich war es ein gelungenes Buch, obwohl ich den Sinn auch nicht hundertprozentig verstanden habe, und mir manch anderes Buch, von ihr, besser gefallen hat.

  • Mir hat dieses Buch leider auch nicht gefallen. "Neunzehn Minuten" von der Autorin fand ich großartig und deshalb waren meine Erwartungen auch recht hoch. Aber die Charaktere und die ewig zähen Diskussionen über Glaubensfragen haben mir leider überhaupt nicht gefallen.



    Rezension:
    Schon der Schreibstil der Autorin hat mir hier nicht zugesagt. Die Geschichte wird im Präsens erzählt und ich kann nicht genau sagen, warum, aber ich lese lieber in Vergangenheitsform. Dann wechselt Frau Picoult auch noch häufig und ohne für mich ersichtlichen Grund zwischen erster und dritter Person und besonders mit den Abschnitten in dritter Person Präsens hatte ich größte Schwierigkeiten. Auf mich wirkten die so geschriebenen Szenen eher dokumentiert als erzählt und ich fühlte mich immer irgendwie außen vor. Es war, als würdeich durch eine Glasscheibe blicken: Gesehen habe ich Handlung und Emotionen zwar, aber nahe kommen konnte ich ihnen nicht.
    Ein Grund dafür war auch, dass ich mit der Hauptperson Mariah nicht viel anfangen konnte. Ihr Ehemann Colin war alles für sie und nach dem Scheitern ihrer Ehe ist sie am Ende. Statt sich um ihre kleine Tochter zu kümmern, die Zeugin des endgültigen Bruchs zwischen ihren Eltern wurde, ertränkt sie sich in Selbstmitleid und Beruhigungsmitteln. Erst als um Faith herum unerklärliche Dinge geschehen und das Mädchen zusehends ins Interesse der Medien gerät, ändert sich das. Danach hat mir ihr Charakter zwar wesentlich besser gefallen, aber ich habe ihr diesen Wandel einfach nicht abgenommen. Sie war auch vor der Trennung von Colin nicht die typische "perfekte Mutter" und mir hat dieser Ansatzsehr gut gefallen. Ich war gespannt darauf, ob und wie sich Mariahs Desinteresse und ihre fehlende Bindung zu ihrer Tochter noch ändern würden. Aber ein Entwicklungsprozess zum Mitfühlen wurde leider dadurch ersetzt, dass sie praktisch von einer Seite auf die andere zur überzeugten Löwenmutter wird. Vor ihrer Veränderung war sie mir mit ihrer weinerlichen Art einfach unsympathisch und danach konnte ich ihr Verhalten oft nicht nachvollziehen. Sie blieb für mich ungreifbar, und da ein Großteil der Geschichte aus ihrer Sicht bzw. an ihrer Seite erzählt wird, wollte sich bei mir keine rechte Freude am Lesen einstellen. Dafür haben mir aber die Nebencharaktere um so besser gefallen. Hier hat Frau Picoult geschaffen, was mir bei Mariah gefehlt hat: sympathische Charaktere mit markanten Eigenarten. Mariahs Mutter (welche Frau benutzt schon einen Sarg als Wohnzimmertisch?), ihre Anwältin und viele Andere drücken alle etwas aus. Auch den männlichen Hauptcharakter mochte ich mit seiner witzigen, sarkastischen Art. Also alles in allem eine mir unsympathische Hauptperson und tolle Nebencharaktere: eigentlich eine solide Basis für eine durchschnittlicheBewertung. Was meine Lesefreude dann endgültig geschmälert hat, war die Handlung selbst.
    Was nämlich aus dem Klapptext für mich nicht ersichtlich war: Dieses Buch dreht sich zu einem sehr (seeehr) großen Teil um das Thema Religion und damit hatte ich größte Probleme. Für die Fähigkeiten, die das kleine Mädchen entwickelt, wird nämlich recht schnell eine Erklärung gefunden: Sie behauptet ihre imaginäre Freundin, die sie als "Beschützerin" bezeichnet, wäre Gott. Für einen Roman, der sich nicht in den Genres "Fantasy" oder "Horror" einordnet, meiner Meinung nach ein Ansatz mit Potenzial, aber auch eine gewagte These. Vielleicht bin ich zu sehr Naturwissenschaftlerin, um mich auf so etwas einlassen zu können. Aber ich finde einfach, dass wenn man als Autorin schon so ein Grundthema wählt, dann sollte man eine ganze Menge Energie darauf verwenden, das Ganze sinnvoll umzusetzen. Hier führt der durchaus interessante Ansatz leider in erster Linie zu zähen Passagen, in denen Vertreter verschiedenster Religionen über Glaubensfragen diskutieren.Auch die Darstellung der Beweggründe von "Gott" ist meiner Meinung nach sehr fragwürdig. Ich könnte eine ganze Menge aufzählen, aber am meisten hat mir eine Antwort auf zwei Fragen gefehlt. Warum Faith und ihre Familie? Warum nur Faith und ihre Familie? Außerdem mag ich es einfach nicht, wenn Religiöses oder Übernatürliches in fantasyfreien Büchern die Allheil-Erklärung für bestimmte Wendungen ist. Falls die Autorin in Glaubensfragen irgendeine Aussage treffen wollte, dann ging die leider an mir vorbei. Für mich blieb dieses Buch auch nach knapp 700 Seiten völlig ausdruckslos und dass die Logik gerne zugunsten von etwas Drama vernachlässigt wurde, hat das Ganze auch nicht besser gemacht.


    Fazit:
    Wer sich am religiösen Grundthema und vielen Diskussionen über Glaubensfragen nicht stört, für den könnte dieser Roman trotz seiner Logikfehler und blasser Hauptcharaktere durchaus etwas sein. Meinen Geschmack hat er leider überhaupt nicht getroffen.


    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertungHalb:

    :study: Das Lächeln der Fortuna (R.Gable)
    :bewertung1von5: Bücher/Seiten 2022: 53/23.270 || SUB 277 O:-) (Start:287)

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