Khaled Hosseini - Drachenläufer / The Kite Runner

  • Amir ist Paschtun und wächst ohne Mutter in Kabul auf. Sein Vater ist ein beliebter Mann, Händler, der durch Wohltätigkeiten sein Ansehen noch steigert.
    Hassan ist Amirs bester Freund. Er ist der Sohn des Faktotums des Hauses. Zusammen mit seinem Vater wohnt er in einer Hütte auf dem Anwesen.
    Amir geht zur Schule – Hassan nicht, er muss im Haushalt helfen.
    Amir, da Paschtun, ist Sunnit – Hassan gehört der ethnischen Gruppe der Hazara an und ist somit Schiit. Und damit sind wir schon mitten in der afghanischen Tragödie.
    Da Hassan nicht lesen kann, liest Amir ihm aus seinen Büchern vor. Trotz Freundschaft ist die Hierarchie klar gegeben. Amir kann es nicht lassen, den unwissenden Hassan zu hänseln. Er bemüht sich nicht, Hassan das Lesen beizubringen. Diese Gegebenheiten waren immer so und daran wird nicht gerüttelt, bis …
    Im Winter findet in Kabul der Wettstreit des Drachfliegens statt. Sieger ist, wer als einziger noch seinen Drachen am Himmel hat und die „bekämpften Drachen“ als Trophäe nach Hause bringen kann. Amir möchte seinen Vater beeindrucken und setzt alles daran, den Kampf zusammen mit Hassan zu gewinnen …
    Ungewollt wird Amir Zeuge eines Vergehens. Sein Nichteingreifen belastet ihn sein Leben lang. Erst als er Hassans Sohn nach Amerika holt, hat er seine Schuld gesühnt.


    Dieses Buch beschreibt uns anhand einer Biographie die ganze Tragödie dieses Landes. Der Krieg, die Flucht nach Pakistan, neues Leben in Amerika, aber die Verbindung nach Afghanistan bricht nicht ab.


    Ich möchte nicht in die Details gehen, da sonst die Spannung des Buches verloren geht.

  • Ich kann mich Musaraignes Empfehlung nur anschließen. Das Buch, inzwischen unter dem Titel Drachenläufer in deutscher Übersetzung erhältlich, ist beeindruckend in seiner sprachlichen Schlichtheit und der emotionalen Tiefe, die aus jedem Wort spricht. Es ist die Geschichte Afghanistans im Licht der Geschichte eines Einzelnen, ebenso wie die Geschichte eines Einzelnen im Licht der Geschichte Afghanistans. Amirs Sehnsucht nach der Liebe seines Vaters, die Tragik, daß er gerade im Augenblick seines größten Triumphes erkennen muß, wie unwürdig er ist, und sein weiteres Leben, das ganz im Zeichen seiner Feigheit steht, sind klar und schnörkellos beschrieben, so daß sich der Leser nie hinter Euphemismen verstecken kann, was die Wirkung um so unmittelbarer macht. Es ist eine wunderbar gerundete Erzählung, deren Ende nichtsdestotrotz kein simples Happy End ist, sondern eher der mögliche Anfang einer neuen Geschichte.


    Sehr, sehr empfehlenswert :thumleft:


    Gruß
    Ute

  • Broschiert: 385 Seiten
    Verlag: Bvt Berliner Taschenbuch Verlag; Auflage: 1 (August 2006)
    ISBN-10: 383330149X
    ISBN-13: 978-3833301490
    10,50 EUR


    Kurzbeschreibung www.amazon.de
    Im Jahr 1975 ist Amir zwölf Jahre alt. Um seinem Vater seine Stärke zu beweisen, will er unbedingt bei einem Wettbewerb im Drachensteigen gewinnen. Dazu braucht er Hassans Hilfe. Hassan ist sein bester Freund. Obwohl sein Vater der Diener von Amirs Vater ist, hat die innige Freundschaft der Jungen allen Herausforderungen standgehalten. Bis zum Ende dieses erfolgreichen Wettkampfes, als Amir sie auf schreckliche Weise verrät.
    Die dramatische Geschichte einer Freundschaft, eine Geschichte von Liebe und Verrat, Trennung und Wiedergutmachung vor dem Hintergrund der jüngsten Vergangenheit Afghanistans.


    Über den Autor (aus der Buchumschlagsseite)
    Khaled Hosseini wurde 1965 in Kabul, Afghanistan, als Sohn eines Diplomaten geboren. Seine Familie erhielt 1980 politisches Asyl in den Vereinigten Staaten. Hosseini lebt heute als Arzt in Nordkalifornien. "Drachenläufer" ist sein erster Roman, der gleichzeitig in zwölf Ländern erschien.


    Meine Meinung
    Amir, Sohn eines wohlhabenden Paschtunen und Hassan, ein Hazara und Sohn des Dieners von Amirs Vater, werden von der gleichen Amme gestillt und wachsen gemeinsam auf. Hassan würde für Amir alles tun. Amir selbst sieht diese Beziehung wesentlich egoistischer. Er nutzt seine bessere Herkunft aus, er ist stolz, wenn er Hassan etwas vorlesen kann, dieser kann weder lesen noch schreiben, aber auf den Gedanken, es dem Freund zu lehren, kommt er nicht. Auch die Beziehung Amirs zu seinem Vater ist sehr kompliziert. Amir liest viel und schreibt eigene Geschichten. Der Vater erwartet vom Sohn, dass er Fußball spielt und die traditionellen Wettkämpfe im Drachensteigen gewinnt. Letzteres gelingt ihm zwar mit Hassans Hilfe, aber Hassan muss diesen Sieg Amirs teuer bezahlen. Der Freund könnte zwar helfend einschreiten als Hassan in größter Not ist, er verrät jedoch die Freundschaft. Für ihn ist der Sieg beim Drachensteigen wichtig, er hat endlich die Aufmerksamkeit des Vaters erlangt, nach der er sich so lange sehnte. Der Verrat, den Amir an Hassan beging, verfolgt ihn noch als erwachsener Mann. Amir, der schon Ende der 70er Jahre mit dem Vater in die USA geflüchtet ist, findet keine Ruhe. Als er Jahre später dann die Möglichkeit bekommt, seine Schuld abzutragen, macht er sich auf den Weg nach Afghanistan.


    Die Handlung des Romas beginnt Mitte der 70er Jahre und zieht sich in verschiedenen Episoden bis in unsere jüngste Vergangenheit hin. Dem Autor gelingt es hervorragend, Details aus dem Alltag in Afghanistan auf interessante Weise mit der Handlung des Buches zu verknüpfen. Politische Hintergründe werden beleuchtet und ich konnte mir ein gutes Bild über die Lebensumstände der Bewohner Kabuls zu Zeiten des Friedens, aber auch unter der sowjetischen Besatzung und unter der Taliban-Herrschaft machen. Er scheute auch nicht die realitätsnahe Schilderung von Gräueltaten, die in Kriegzeiten an der Tagesordnung waren. Trotzdem hatte ich als Leser nie den Eindruck ein Voyeur zu sein. Denn ich lachte mit dem Protagonisten, ich litt mit ihm, ich verachtete ihn und ich liebte ihn. Dies war nur durch die fantastische Erzählweise Khaled Hossenis möglich, der diesen Roman so einfühlsam und in einem so lebendigen Stil schrieb, dass ich zeitweise das Gefühl hatte, eine wahre Geschichte zu lesen. Das ist aber nicht zuletzt des Ich-Erzählers Amir geschuldet, der mich mit seiner nicht zu blumigen aber spürbaren arabischen Erzählweise völlig in seinen Bann zog. Manche Passagen waren fast schon poetisch. Mir persönlich war das Ende des Buches mit etwas zu viel Action beladen, zu amerikanisch. Aber das ist Geschmacksache, spannend war es auf jeden Fall. Zusammenfassend kann ich sagen, dass „Drachenläufer“ ein äußerst bemerkenswertes Buch ist, das ich sehr gern weiterempfehle. Ich hoffe, von diesem Autor noch viele Bücher lesen zu können, er ist ein wunderbarer Erzähler.

  • @ Karthause,


    danke für die Vorstellung. Ich kann mich deiner Meinung nur anschließen und habe das Buch sehr gern gelesen.

    Liebe Grüße,
    Rita


    ~Ich wäre lieber ein armer Mann in einer Dachkammer voller Bücher als ein König, der nicht lesen mag.~
    Thomas Babington

  • Hallo Karthause,
    dieses Tb hatte ich bereits einige Male in der Hand. Nach deiner wieder mal tollen Rezension habe ich es nun auf meine Kaufliste gesetzt. :thumleft:
    Gruß Wirbelwind


    :study: John MacLachlan Gray, Der Tag der weißen Steine

    :study: Naomi J. Williams, Die letzten Entdecker









    Bücher sind die Hüllen der Weisheit, bestickt mit den Perlen des Wortes.

  • Servus Karthause!


    Ich habe das Buch auch schon gelesen, ist allerdings schon ein bissle her. Ich finde das Buch absolut lesenswert, es hat mich sehr zum nachdenken angeregt und über das lesen hinaus beschäftigt. Khaled Hosseinis Nationalität (er ist selbst Afghane) macht das Buch meiner Meinung nach zu einer unglaublich authentischen Lektüre.
    Das Ende fand ich ebenfalls ein wenig übertrieben, das konnte meinen positiven Gesamteindruck aber nicht mehr schmälern. Inzwischen habe ich das Buch sogar schon 2mal verschenkt!


    Auf jeden Fall ein großartiges Buch! :study:



    Grüßle Pumbi, der Buchhase

  • Ich bekam das Buch beim Wichteln hier im Büchertreff geschenkt, es ist also schon eine ganze Weile her. Ein wenig könnte ich mich über mich selbst ärgern, dass ich solange gewartet habe das Buch zu lesen, denn es war in diesem Jahr bisher das Buch das ich am allerliebsten gelesen habe.


    Die Geschichte, die vielen Geschehnisse, schrecklichen Erlebnissen brachten mir teilweise Tränen in die Augen und auch Kopfschütteln warum der Autor jetzt dieses und jenes noch unbedingt mit erzählen musste. Aber genau so etwas macht ein Buch zu einer guten Lektüre. Wenn ein Buch solche Gefühle weckt, ein Autor es geschafft hat seine Leser dazu zu bringen entweder vor Rührung oder Mitgefühl so zu berühren, dann hat er seine Aufgabe als Autor erfüllt.
    Khaled Hosseini hat dies geschafft, aber gleichzeitig auch eine spannende, unvorhersehbare Geschichte geschrieben, die einen sehr in seinen Bann zieht.


    Wieder einmal wurde mir bestätigt, dass man durch fremde Menschen auf sehr schöne Bücher stoßen kann, die man sich sonst, vom Klappentext her, eher nicht selbst zugelegt hätte.

    "Wie soll auch eine Generation von Männern, die hauptsächlich von Müttern, Kindergärtnerinnen und Lehrerinnen umsorgt und erzogen wurde, Frauen glücklich machen?"
    (Generation Doof)

  • Ein unglaubliches Buch, das ich kaum aus der Hand legen konnte und das mich nächtelang hindurch lesen ließ.

    Das Paradies habe ich mir immer als eine Art Bibliothek vorgestellt.
    (Jorge Luis Borges)

  • Inzwischen habe ich das Buch gelesen und bin Karthause für ihre Rezension sehr dankbar, denn obwohl ich das Buch einige Male in der Hand hatte, hätte ich es wahrscheinlich nicht gekauft.
    Afghanistan - war für mich "nur" ein Kriegsland, von dem ich in den Nachrichten hörte. Also wie hätte ich erwarten können eine so ergreifende, von Khaled Hosseini erschaffene Geschichte, die jederzeit wahr sein könnte, vorzufinden. Afghanistan gestern und heute. Besonders das Gestern eröffnete mir eine neue Welt. Die Sprache sehr flüssig, einfließende arabische Worte sorgen für zusätzliche atmosphärische Dichte. Die Handlung äußerst spannend und neugrierig machend. Das Ende, wie Karthause schon erwähnt, hat was filmreifes, rundet aber auch das gesamte Geschehen ab.
    Ein Buch, dem ich ohne Nachdenken zu müssen, gerne 5 Sterne verleihe und das seinen festen Stammplatz in meiner Bücherwand erhält.
    Auch ich würde mich über eine weiteres Buch von Khaled Hosseini freuen.


    Gruß Wirbelwind

    :study: Naomi J. Williams, Die letzten Entdecker









    Bücher sind die Hüllen der Weisheit, bestickt mit den Perlen des Wortes.

  • Hallo Wirbelwind,


    schön, dass dich "Drachenläufer" auch überzeugt hat. Es ist immer noch eines meiner Highlights in 2007. Ich stehe aber schon in den Startlöchern, im September erscheint das neue Buch von Khaled Hosseini "Tausend strahlende Sonnen". Wahrscheinlich werde ich die Taschenbuchausgabe nicht abwarten können.

  • Hallo Karthause,
    ein neues Buch von Khaled Hosseini - hab gleich bei Amazon gelesen worum es dieses Mal geht. Mein armer Geldbeutel, ob ich da wohl vorbeikomme? :roll:
    Danke für den Tipp!
    Liebe Grüsse
    Wirbelwind

    :study: Naomi J. Williams, Die letzten Entdecker









    Bücher sind die Hüllen der Weisheit, bestickt mit den Perlen des Wortes.

  • Ich glaub die sind im englischen etwas billiger. Wir haben Drachenläufer im Englischunterricht behandelt und das Buch ist im Original wirklich nicht schwer zu lesen, wär also vielleicht eine Option, oder? (Obwohl der Preisunterschied natürlich jetzt auch nicht soo wahnsinnig groß ist...)

  • Ich habe gestern die englische Ausgabe ausgelesen und bin sehr beeindruckt von diesem Erstlingswerk! All Euren Empfehlungen kann ich mich nur anschliessen. Ich bin immer wieder dankbar, wenn "Fiktion" einem doch die Augen und das Herz für ein Land öffnen kann. Natürlich hatte ich von den "Nachrichten" vieles gewusst, doch die literarischen Einflechtungen von kulturellen, geschichtlichen, religiösen Elementen ist schon hervorragend. Das könnte nun als "typisch afghanisch" dahin gestellt werden. Ich war aber zur selben Zeit auch berührt, inwieweit der Autor (siehe weltweites Echo) doch auch eine Ader im Menschen anspricht, die universell ist: Freundschaft, Verrat, Schuld(gefühl), etc.


    Ganz dicke Empfehlung an ein Highlight in meinem Lesejahr!

  • Das Buch hat mir auch gut gefallen.
    Ich fand es einfach sehr interessant, ueber ein anderes, besseres - aber leider vergangenes Afghanistan zu lesen - und erschreckend, wie sehr sich alles durch Eingriffe von aussen zum negativen, katastrophalen Zustand von heute gewandelt hat.
    Die Geschichte der handelnden Charaktere ist sehr schoen erzaehlt.
    Allerdings waren einige Handlungen, ganz besonders von Amir, nicht immer nachvollziehbar und ich konnte die Motivation und das Verhalten des Hauptcharakters bis zum Ende nur schwerlich verstehen oder gut heissen.
    Aber das mag wohl auch an den generellen Unterschieden zu den Menschen dieser Kultur liegen. Auch das Ende ist aeusserst uebertrieben und etwas unglaubwuerdig.
    Nichtsdestotrotz ein recht schoenes Werk, werde sicher noch mehr von Hosseini lesen :)

    "Wenn ich einer Untergrundkultgemeinschaft beitrete, erwarte ich Unterstützung von meiner Familie!" (Homer Simpson)


    :montag:

  • Also ich musste das Buch lesen weil es in meinen Abschlußprüfungen darum gehen wird. Am Anfang habe ich mich dagegen gesträubt es zu lesen, da es überhaupt nicht mein Genre ist. Als ich allerdings die ersten 20 Seiten gelesen hatte, könnte ich es nicht mehr weg legen. Ich habs in einem Rutsch durch gehabt und fand es fantastisch!!! Kanns´ nur weiter empfehlen!

    :study:Diana Gabaldon - Das flammende Kreuz


    Von allen Welten, die der Mensch erschaffen hat, ist die der Bücher die Gewaltigste.Heinrich Heine

  • Ich habe dieses Buch ebenfalls sehr gerne gelesen. Einerseits wegen der doch so fremden Kultur und Geschichte des an sich - abgesehen von den Schlagzeilen in den Nachrichten - fremden Landes, anderseits weil der Autor ein genialer Erzähler ist. Gebannt verfolgt man die problematische Beziehung des Amir zu seinem Vater, die Hassliebe zu Hassan im Hintergrund der politischen Umwälzungen.


    Insgesamt gesehen hätte ich mir gewünscht, objektiver und detaillierter über das Leben und die Gesellschaft Afghanistans zu erfahren. Im 2. Teil des Buches (Amirs Besuch in seiner ehemaligen Heimat) überwiegt die Gut-Böse-Darstellung, die Geschichte erscheint mir sehr konstruiert und das Ende gleicht eher einem Produkt Marke Hollywood.


    Dennoch ist mein Gesamteindruck ein äußerst positiver!

    Herzliche Grüße
    Rosalita


    :study:
    Wenn das Schlachten vorbei ist - T.C. Boyle


    *Life is what happens to you while you are busy making other plans* (Henry Miller)

  • Ich lese dieses Buch gerade (zur Zeit habe ich erst ein Drittel) und bin davon ebenso beeindruckt wie von "Tausend strahlende Sonnen".

    "Books are ships which pass through the vast sea of time."
    (Francis Bacon)
    :study:
    Paradise on earth: 51.509173, -0.135998