Fjodor Dostojewkij - Schuld und Sühne / Verbrechen und Strafe / Prestuplenie i nakazanie

  • Nur welche Übersetzung soll ich denn jetzt wählen? :-k


    Auf jeden Fall eine gute Wahl, mit diesem Buch weiterzumachen! Übersetzungen gibt es ja so viele... - wer von uns hat sie schon alle gelesen oder könnte sie vergleichen? Aber jene neue Übersetzung von Svetlana Geier hat wirklich einen sehr guten Ruf! Ich las sie mit Freude.


    Früher hatte ich, ebenfalls sehr gerne, jene von E.K. Rahsin gelesen... Da mag es inzwischen natürlich schon billigere Ausgaben auf dem Markt geben?! Allerdings würde ich bei Dostojevski nicht deswegen am Geld sparen.

  • Vielen Dank! Im Monemt habe ich noch einige Büche zu lesen, aber für dieses Jahr ist "Schuld und Sühne" auf jeden Fall noch fest eingeplant...Ich bin mal gespannt, wies mir gefällt.

    "Eine ganze Stunde der Seligkeit! Ist das etwa wenig, selbst für ein ganzes Menschenleben?" - Dostojewski

  • Nun kann ich endlich auch "Schuld und Sühne" zu meinen gelesenen Büchern zählen. Wie bei vielen Klassikern ging es mir auch bei diesem so, dass ich stellenweiße absolut gefesselt war und dann wieder nur sehr langsam voran kam. Im Ganzen bin ich der Ansicht, dass dieser Roman zu recht ein Klassiker ist. Dostojewkij versteht es ausgezeichnet die menschliche Psyche zu beschreiben und nach dem Beenden des Buches werde ich mich wohl noch eine ganze Weile gedanklich mit ihm beschäftigen (und mach das nicht ein gutes Buch aus?).


    Zur Person Sonja:

    Sie ist hier absolut eine sogenannte Christusgestalt. Geheimnisvoll bleibt das immer... Ist auch gut so.

    Genau so habe ich sie auch beim lesen wahrgenommen. Ihre Selbstlosigkeit und Opferbereitschaft ist schon übermenschlich.

    Auch Dunjas ehemaliger Arbeitgeber, der Gutsbesitzer Swidrigailow, spielt eine interessante Rolle, und so manche unheimliche und geheimnisvolle Figur versteht Dostojewski so geschickt in das Geschehen einzuflechten, dass man das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen möchte.

    Swidrigailow ist in der Tat ein sehr interessanter Charakter und ich muss zugeben, dass ich nicht entgültig Schau aus ihm geworden bin...


    "Schuld und Sühne" wird sicher nicht das letzte Werk Dostojewski gewesen sein, welches ich lesen werde.

    "Eine ganze Stunde der Seligkeit! Ist das etwa wenig, selbst für ein ganzes Menschenleben?" - Dostojewski

  • Inhalt


    Der erste große Roman von Dostojewski, welcher 1866 erschienen ist, handelt von Rodion Romanowitsch Raskolnikow, welcher in St. Petersburg Rechtswissenschaften studiert. Als Student lebt er in äußerst ärmlichen Verhältnissen in
    einem kleinen Zimmer, in welchem er intensiv über die Klassifikation der Menschen nachsinnt. Sich selbst zu den größeren, bedeutenderen und wertvolleren Menschen zählend, ermordet er nach längerer und reiflicherÜberlegung eine alte Pfandleiherin, welche für ihn zu den niedrigeren, lebensunwertern Menschen zählt – sie ist für ihn nicht mehr als eine Laus. Es gelingt Raskolnikow, nach dem Mord unentdeckt zu bleiben. Nach außen ein perfekter Mord … Leider machten ihm, anstatt ungerührt und teilnahmslos über die Leiche hinweg zu sehen wie seinerzeit Napoleon über Leichen hinwegsah, sein Inneres, sein Gewissen, seine Seele einen Strich durch die Rechnung …


    Meine Meinung


    Ich war überrascht, wie leicht und flüssig dieses Werk von Dostojewski zu lesen war. Überrascht war ich aber auch von dieser – zumindest meiner Meinung nach – Handlungsarmut der Geschichte, wenn sich das so sagen lässt. Insbesondere als der Mord geschehen war, legt Dostojewski das Augenmerk vielmehr auf das Innenleben von Raskolnikow, was für mich auch das Herzstück dieser Geschichte ausmacht. Er beschreibt mit einer solchen Intensität, teilweise auch Grausamkeit und Brutalität die Folgen des schlechten Gewissens und lässt den Leser hier keinesfalls verschont. Raskolnikow wird von Paranoia, Alpträumen, Misstrauen und allerlei psychosomatischen Folgen heimgesucht und der Leser ist bei all dem unmittelbar dabei und in der Gedankenwelt von Raskolnikow gefangen. Erfasst von dieser schwermütigen und trübseligen Stimmung ist man versucht, das Buch am liebsten ab und zu zur Seite zu legen, um dem ein wenig zu entfliehen. Wenngleich das Buch auch seine Längen hatte, was meiner Meinung nach auf den detailreichen und ausführlichen Schreibstil von Destojewski zurückzuführen ist, und trotz der vielen Nebenfiguren mit ihren russischen Namen und zusätzlichen Kosennamen, ist dieses Werk wundervoll. Für mich ist es auch eine Abschreckung und Warnung zugleich - es führt vor Augen, wie leicht und schnell man sich das eigene Leben zerstören kann und aufgrund einer selbst getroffenen Entscheidung vom einen auf den anderen Augenblick eine vollkommen andere Person ist als zuvor.


    Eine kurze Anmerkung zur Übersetzung: Mir fällt bei Klassikern die Wahl der Übersetzer nicht ganz leicht. Bei diesem Werk galt bis 1994 die Übersetzung von E.K. Rahsin als Standard. 1994 wurde die Ausgabe von Swetlana Geier komplett neu übersetzt und so erhielt dieses Werk anstelle des Titels „Schuld und Sühne“ „Verbrechen und Strafe“. Ich kam mit der Übersetzung sehr gut klar und war diese sehr flüssig und angenehm zu lesen.


    Mein Fazit

    Ein Werk, in dem die großen Fragen des Lebens behandelt werden: Moralvorstellungen, Glaubensüberzeugungen, Freundschaften, Verbrechen, Strafe bzw. Sühne und das ganze durchzogen von psychologischen und philosophischen Gedankengängen. Ein Werk, das mich aufgrund seines Tiefgangs überzeugt hat. Für mich eine klare Leseempfehlung.

  • Schon Henry Miller wies immer wieder darauf hin, dass er Dostojewski für den größten Psychologen unter den Schriftstellern hielt. Und auch ich finde, dass kaum einer so auf das Innenleben seiner Personen eingeht und es seziert, wie Dostojewski das konnte. (Wenn ich es auch nicht Psychologie nennen würde. )
    Mir ist aber immer wichtig, auch auf seine Ironie und Witzigkeit hinzuweisen, die man im Leserausch oft außer acht lässt. Aber wenn man darauf achtet, kommt als weiterer Genuss immer wieder auch ein kleines Lachen dazu.

  • Dem stimme ich ganz zu.


    Was den Witz anbetrifft mag es sein, dass uns manches dazwischenkommt, da wir, aus anderem Kulturbereich kommend, von gewissen Unverständlichkeiten (für uns) behindert werden, diesen Humor wahrzunehmen.


    Vor Jahren sah ich eine phantastische russische Verfilmung in mehreren Teilen (auf Russisch) vom "Idioten", und man kam aus dem Lachen nicht raus. Und so sehen also die Russen diesen Mann (auch).


    Als drittes charakteristisches Element würde ich sicherlich erwähnen, dass Dostojewski sowohl einer der ernstzunehmendsten Zweifler am Glauben war, wie auch zur selben Zeit einer, der ihn vielleicht besser als die meisten verstanden hat. Diese wahrhaftige Mischung ist vielleicht die beste Antwort für Suchende?


    Immer wieder: Hut ab!

  • Sein Verhältnis zur Religion ist für mich ein ewiges Rätsel. Sehr oft sind die Vertreter der Relligion, vor allem die Wundermönche, höchst bizzarre Gestalten. Auch sind seine philosophischen Exkkurse per se religionskritisch. Andererseits scheint er die russische Kirche als außerhalb jeder Kritik zu verstehen. Zweifel, so verstehe ich es, war zu jener Zeit wohl auch ein Zeichen von Frömmigkeit, indem man nicht einfach glaubte, sondern seinen Glauben eben immer wieder neu erkämpfen musste. (Persönlich wäre es für mich ja schön, ihn als Atheisten zu sehen, aber ich denke, dass er das bestimmt nicht war).


    Aber ich bin sehr froh, hier jemanden gefunden zu haben, der die humoristische Seite von Dostojewski kennt.

  • ### Inhalt ###

    1865. Raskolnikow ist Student der Rechtwissenschaften aus St. Petersburg. Er lebt zurückgezogen. Er lebt in einem winzigen Zimmer im Zentrum der Stadt und hat schon vor einiger Zeit aufgehört seinen Studien nachzugehen. Er verdient kein Geld, obwohl er es als Lehrer von Kindern reicher Eltern könnte. Seine Schwester Dunja und seine Mutter, Pulcheria, lieben und vermissen ihn - beide wohnen weit außerhalb der Stadt in finanziell schwierigen Verhältnissen. Sie setzen große Hoffnungen in ihren Bruder und Sohn und hoffen auf dessen glänzenden Karriereaufstieg. Da sie wissen, dass er in finanziellen Schwierigkeiten steckt, hat ihm seine Mutter vor einiger Zeit einen großen Teil von ihrer Rente abgezwackt und Dunja plant eine Heirat mit dem fadenscheinigen Rechtsgelehrten Pjotr Petrowitch Luschin, um Radion, ihrem Bruder, aus dieser materiellen Sicherheit heraus zu unterstützen. Das alles weiß und vermutet er teilweise aus einem letzten Brief von seiner Mutter und er hasst das Gefühl, dass sich Mutter und Schwester für ihn aufopfern (müssen). Er hadert mit seinem Schicksal und seiner selbstgemachten Not und fasst einen folgenschweren Entschluss: Er will eine alte Beamtenwitwe und Pfandleiherin, bei der er ebenfalls Wertgegenstände verpfändet hat, ermorden, um mit der Beute seinem Leben die nötige Stabilität zu geben. Er setzt diesen Gedanken in die Tat um und entkommt unerkannt.


    ### Meinung ###

    Ein Buch wie einziger atemloser Alptraum. Die inneren Dialoge: Raskolnikow diskutiert tagelang wie im Fieber mit sich selber, um sich die innere notwendige Spannung für diese Tat zu geben. Er rechtfertigt diesen zukünftigen Mord damit, dass die Welt um eine Bürde befreit würde. Er entwirft Übermenschen-Theorien, nach der es einigen wenigen Menschen erlaubt sei solche Taten zu begehen. Und dann auf der Spitze dieser gedanklichen Raserei begeht er diesen Mord.

    Ich will jetzt auch nicht weiter auf alles eingehen, was dann noch kommt. Nur das: Weitere zermürbende Zwiegespräche mit sich selbst und der Polizei, der Kontakt zu seiner Familie, seiner Schwester und seiner Mutter und dem ehemaligen Studienkollegen Rasumichin, der sich aufopfernd, liebevoll und selbstlos um Raskolnikow aufgrund von dessen sich nach dem Mord einstellenden Ohnmacht kümmern möchte. Die innere Verhärtung, die er gegen diese Liebesbekundungen aufbringen muss, da er ja nun ein Mörder ist, der so etwas nicht verdiene, lassen ihn in ein ständiges Spiel von geistiger Umnachtung, Verzweiflung und sinistre Bösewichtsgedanken verfallen. Es gibt viele weitere Charaktere in diesem Buch, die alle miteinander zusammenhängen, die alle mit ihren interessanten Geschichten auf wenig Raum durch dichte Dialoge zu Wort kommen. Es sind Geschichten von bitterer Not, von Gemeinheit, von Liebe und Verzweiflung. Die Handlung ist eng mit der Stadt St. Petersburg verwoben. Alle erwähnten Plätze und Straßen, in denen Raskolnikow umherstreift, gibt es wirklich. Man fragt sich: Wie kann Raskolnikow als empfindsamer Mensch unter der Last seiner Tat jemals wieder an eine Zukunft denken. Bis zum Schluss wissen wir es als Leser nicht und glauben auch nicht daran. Das Ende ist bitter, der Weg dahin ebenso. Die Liebe der ebenfalls vom Leben geschändeten Sonja ist das einzige, was ihn vielleicht noch retten kann.


    ### Fazit ###

    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

    Wir blicken in den Kopf eines Menschen, der einen Mord begangen hat, der sich selbst gegenüber die Tat bis zum Schluss rechtfertigt, tief im Inneren jedoch daran zerbricht.

    Der ideale Tag wird nie kommen. Der ideale Tag ist heute, wenn wir ihn dazu machen. -- Horaz


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