Franziska zu Reventlow: Sämtliche Werke in fünf Bänden

  • Endlich eine Gesamtausgabe von F. zu Reventlows Werken -- dachte ich zuerst. War ja höchste Zeit, da schrieb diese Frau wunderbar ironische Romane und Erzählungen, und das erschütternde Tagebuch (postum veröffentlicht) ist ein Klassiker der Moderne.
    Jedenfalls, von außen sehen die 5 Bände (http://www.amazon.de/exec/obid…11900/028-6417580-1739702) edel aus, keine Frage. Aber die Herausgeber waren, mit einer Ausnahme, nicht so professionell wie die Drucker und Buchbinder.
    Die Bände 1, 2 und 5 sind dem erzählerischen Werk FzRs gewidmet. Hier ging's für die Herausgeber also vor allem darum, gut etablierte Texte neu zu edieren, bibliographische Informationen zu liefern und ein gutes Nachwort zu schreiben.
    Bei Band 1 (http://www.amazon.de/exec/obid…11919/028-6417580-1739702) ist das hervorragend gelungen, da gibt's nix zu meckern.
    Bei Band 2 (http://www.amazon.de/exec/obid…11927/028-1134730-5410935) hingegen liest man ein Nachwort, das einem im Proseminar jeder Dozent um die Ohren hauen würde (pikanterweise ist der Herausgeber von Bd.2 ein Germanistik-Professor).
    Band 5 (http://www.amazon.de/exec/obid…11951/028-1134730-5410935) wiederum wäre vollkommen in Ordnung, wäre nicht ein wichtiges Werk, der "Schwabinger Beobachter", drastisch und kommentarlos gekürzt worden.
    Der 4. Band (Briefe) (http://www.amazon.de/exec/obid…11943/028-6417580-1739702) ist durchwachsen; einerseits sind über 100 bisher unveröffentlichte Briefe enthalten, und das ist allemal lobenswert und steht über aller Kritik. Dumm nur, dass der zuständige Herausgeber bei der Edition selbst geschlampt hat, etliche Briefe erkennbar falsch datiert hat (Briefinhalt und zugewiesenes Datum können nicht übereinstimmen!), und ein ziemlich aussagefreies Nachwort dazu hingeknallt hat. Aber immerhin, hier überwiegt noch das Positive.
    Völlig in die Hose gegangen ist aber Band 3 (Tagebücher) (http://www.amazon.de/exec/obid…11935/028-6417580-1739702). Angeblich sind sie neu ediert, aber das ist glatt gelogen. Die zuständige Herausgeberin hat mit unglaublicher Dreistigkeit den Text der 1971er-Ausgabe abgeschrieben, und dieser Text ist und bleibt fehlerhaft wie nur was, strotzt vor Auslassungen und Lesefehlern, Umformulierungen des O-Textes usw. Sowas als neu edierte, "überarbeitete "wissenschaftliche Ausgabe" zu deklarieren ist glatter Betrug!
    Fazit: Finger weg von dieser "Gesamtausgabe"! Die Bände 1 und 5 lohnen sich wegen der Kommentare/Nachworte. Band 4 bringt wenigstens noch tatsächlich Neues. Aber dass die wichtigste literarische Hinterlassenschaft F. zu Reventlows, ihre Tagebücher, dermaßen verstümmelt wiederaufgelegt werden, gehört durch Nichtbeachtung abgestraft.