Jon Evans - Tödlicher Pfad

  • Paul Wood hat einen gut bezahlten Job als Programmierer, doch wichtiger als das Geld ist ihm die Tatsache, daß sein Arbeitgeber ihm erlaubt, jedes Jahr mehrere Monate frei zu nehmen, um in den entlegensten Winkeln der Erde Trekking-Touren zu unternehmen. Seine jüngste Tour folgt dem Annapurna-Circuit-Trek im Himalaya, doch der Spaß findet ein jähes Ende, als Paul in einer Ruinenstadt die Leiche eines Rucksacktouristen findet. Die beiden schweizer Messer, die aus seinem Augenhöhlen ragen, sagen selbst dem Unerfahrensten, daß es sich nicht um einen natürlichen Tod handelt. Doch Paul ist nicht wirklich unerfahren - zwei Jahre zuvor, beim Trekking durch Afrika, wurde seine Freundin Laura umgebracht und ihre Leiche auf die gleiche Weise verstümmelt.


    Die nepalesische Polizei erklärt den Todesfall offiziell zum Selbstmord, um keine Panik unter den Touristen heraufzubeschwören. Aber Paul kann es nicht auf sich beruhen lassen, denn die Sache ist nicht nur um Lauras wegen persönlich für ihn: der Mörder ist ihm offenkundig ebenfalls auf der Fährte.
    Dank des Desinteresses der Polizei, bleibt Paul nur, selbst zur Jagd auf den Mörder zu blasen, und er tut dies in der einzigen Art und Weise, die er beherrscht - mit Hilfe des Internets. Schnell findet er heraus, daß diese beiden Morde nicht die einzigen sind. Die Theorie, daß ein Serienmörder in der dritten Welt umgeht, ist geboren. Wieder daheim in San Francisco wendet er sich an "Big Earth", das unangefochtene Sprachorgan für Rucksacktouristen. Es gelingt ihm, Talena Radovich, Web-Editor von Big Earth, zur Mithilfe zu bewegen, obgleich er sie anfänglich nicht ganz von seiner Theorie überzeugen kann.


    Doch als Paul erkennt, wer hinter den Morden steckt, braucht er mehr als ihre Hilfe, um die blutige Laufbahn des Täters zu beenden, bevor er ihm selbst zum Opfer fällt.


    * * *


    Jon Evans Krimi beginnt ausgesprochen mitreißend, verliert aber leider schnell an Spannung, hauptsächlich, weil Evans die Handlung komplizierter macht als nötig. Aber die Grundidee ist gut und von der Art "Hab ich nie drüber nachgedacht, aber ergibt irgendwie einen Sinn", was dem Ganzen Glaubwürdigkeit verleiht. Der Rucksacktourismus bedeutet für viele arme Länder das große Geld, und es ist durchaus bekannt, daß Morde an Touristen nicht an die große Glocke gehängt werden, um niemanden abzuschrecken. Daß sich jemand diese Tatsache zunutze macht, um seiner Mordlust zu frönen, klingt gar nicht so weit hergeholt. Auch die Frage, wie man einem Mörder beikommt, der sich die ganze Welt zum Tatort nimmt, ist interessant.


    Das Buch hat leider auch große Schwächen. Ganz generell gesprochen, hätte ich es gern gesehen, wenn Jon Evans sich schlicht mehr Raum gegeben hätte. Ich hätte mir zum Beispiel tiefer gehende Charakterisierungen der Figuren und eine bessere Beschreibung der Trekking-Szene gewünscht, die sehr nach dem Motto "Wer das mal erlebt hat, dem muß man es nicht beschreiben" gehalten sind. Ich denke jedoch, daß ich nicht der einzige Leser bin, der nicht zum Leben aus dem Rucksack geboren ist, und so ist mir diese Welt etwas fremd geblieben.
    Trotzdem, allein wegen der Grundidee durchaus empfehlenswert.


    Hoffentlich viel Spaß beim Lesen
    Ute