Heinrich Böll- Der Zug war pünktlich

  • Mein erster Eindruck 8-[
    ... war alles andere als positiv! Im ersten Atemzug nachdem ich das Buch fertig gelesen hatte, war ich froh es beiseite legen zu können. So einfach wie ich mir das vorstellte, war das letztendlich doch nicht. Ich habe ständig darüber nach gedacht, wie Heinrich Böll die Grausamkeiten des Zweiten Weltkrieges erläuterte. Nebenbei beschrieb er Gefühle so detailgetreu, dass man sich in die Situation "hineinfühlen" konnte, obwohl ein junger Mensch sich des Ausmaßes dieses Krieges niemals gewahr werden könnte!
    Daher möchte ich euch Heinrich Böll und sein Erstlingsbuch "Der Zug war pünktlich" einmal vorstellen.
    Sicher es ist nicht jedermanns Sache (das habe ich am Anfang von mir auch gedacht) aber wenn man wissen möchte, wie der Zweite Weltkrieg aus der Sicht der einfachen Soldaten war, der sollte dieses Buch lesen!


    Heinrich Böll in seiner Zeit


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    In Heinrich Bölls Erzählung „Der Zug war pünktlich“ geht das Sinnlose aus dem Erlebnis des Zweiten Weltkrieges hervor. Er selbst war sechs Jahre lang ein einfacher Wehrdienstleistender in diesem und verfasste somit das Werk, um seine dort gewonnenen Erlebnisse zu verarbeiten.
    Heinrich Böll wurde am 21. Dezember 1917, als Sohn von Viktor und Maria Böll, in Köln geboren. In den Jahren von 1924 bis 1928 besuchte er die Volksschule in Köln. 1928 wechselte er auf das „Staatlich Humanistische Kaiser-Wilhelm-Gymnasium“ in derselben Stadt, wo er 1937 sein Abitur erwarb. Am 30. Januar 1933 wurde Hitler Reichskanzler. Der Nazi-Terror breitete sich auch in Köln aus. In der Familie Böll sprach man häufig und offen über die politischen Ereignisse. Außerdem fanden in der böllschen Wohnung illegale Treffen katholischer Jugendverbände statt.
    Wie sich anhand der im Nachlass gefundenen Manuskripte, Erzählungen und Gedichte nachweisen lässt, begann Böll bereits im Jahre 1936 sein literarisches Schaffen. Nach seinem Hochschulabschluss begann er eine Buchhändlerlehre, die er jedoch nach elf Monaten wieder abbrach. Heinrich Böll wurde 1938 zum Arbeitsdienst eingezogen und immatrikulierte sich im Sommer des darauf folgenden Jahres an der Universität in Köln, um klassische Philologie und Germanistik zu studieren. Aber schon im Herbst 1939 wurde er, kurz vor Kriegsausbuch, zur deutschen Wehrmacht einberufen.
    Zunächst absolvierte er eine Ausbildung zum Infanterist. In der folgenden Zeit erfuhr Heinrich Böll das Alltagsleben eines deutschen Soldaten und das eines Besatzungssoldaten in Frankreich. Des Weiteren machte er während des Krieges immer wieder Schwarzmarkterfahrungen. Vorerst besaß Böll eine naive Haltung zum Krieg. Er hielt ihn zwar für „absolut unparadiesisch“, empfand die Kasernen jedoch, die für ihn das „absolute Institut des Stumpfsinns“ waren, als ein „viel schlimmeres Gräuel“. Gepeinigt vom „barbarischen Schwachsinn“ des Wehrmachtgeschwätzes hatte er Angst zu „verblöden“ und wünschte sich an die Front. Man stationierte ihn in Frankreich, Polen, Ungarn und nach einem Lazarettaufenthalt wieder in Frankreich. Schließlich setzte man Böll an der Westfront ein, nachdem er auf der Krim, an der rumänischen Front und einige Zeit im Westen Deutschland gewesen war. Den ganzen Krieg über versuchte Heinrich Böll, der kein Offizier werden wollte, dem Dienst zu entkommen. Zunächst schrieb er Freistellungsgesuche, um studieren zu können, später zog er sich künstlich Krankheiten zu oder fälschte Urlaubscheine. Viermal wurde er verwundet.
    Schon „in der entsetzlichen und bestialischen Hölle der Ostfont“ baute Böll einen abgrundtiefen Hass gegenüber allem Militärischen auf und seine Meinung verschlechterte sich noch, als er während seinem Einsatz an der Westfront im April 1945 in amerikanische Kriegsgefangenschaft in der Nähe von Reims geriet und später in britische Gefangenenlager bei Waterloo überwiesen wurde. Nach einer Wanderung durch amerikanische und britische Kriegsgefangenenlager wurde er im September 1945 entlassen. Der Krieg lehrte ihn „die Hilflosigkeit des Mannes“ und „wie lächerlich die Männlichkeit doch ist“. Von 1939 bis 1945 hatte Böll keine literarischen Werke verfasst, sondern nur Briefe aus dem Krieg an seine Frau und seine Familie geschrieben.
    Im November 1945 kehrte er nach Köln zurück und fand dort seine vollständig verwüstete Heimatstadt vor. Aufgrund des Hungerns und der Bedingungen in den Gefangenenlagern war Heinrich Böll zunächst für zwei Jahre krank. Später konnte er seine Schwarzmarkterfahrungen, die er während des Krieges gesammelt hatte, für die Nachkriegszeit umsetzen und beging, wie viele andere auch, Diebstähle, um nicht zu verhungern. Er schrieb sich erneut in der Kölner Universität ein, um eine Lebensmittelkarte zu erhalten.
    Im Herbst 1947 wurde die „Gruppe 47“ von Hans-Werner Richter und Alfred Andersch, beide Antifaschisten, gegründet. Auch Böll war Mitglied dieser literarisch gerichteten Vereinigung. Zwischen 1945 und 1947 hatte er rund 60 Novellen in circa zehn verschiedenen Zeitschriften veröffentlicht.1947 entstand Bölls erstes Buch „Der Zug war pünktlich“, welches 1949 veröffentlicht wurde. Da die Honorare der Veröffentlichungen nicht zum Leben reichten, bewarb sich Böll auf verschiedene Stellen. In den nächsten Jahren brachte er einige Romane, Erzählungen und Essays heraus. Im Jahre 1952 schrieb er das Bekenntnis zur Trümmerliteratur, indem er sich mit den Menschen, die aus dem Krieg kamen und in den Trümmern lebten, identifizierte. Er wollte daran erinnern, dass der Mensch nicht nur existiert, um verwaltet zu werden und dass die Zerstörung in unserer Welt nicht nur äußerer Art ist. Heinrich Böll setzte nun sein literarisches Schaffen fort und erhielt verschiedene Preise für seine Werke. Sein politisches Engagement als Schriftsteller wurde immer stärker. Die Zahl seiner essayistischen Schriften und Reden überschritt die seiner Romanen und Erzählungen. 1972 erhielt er den Nobelpreis für Literatur.
    Im Jahre 1979 bekam Böll plötzlich eine Gefäßerkrankung im Bein, aufgrund deren er in den nächsten Jahren mehrmals operiert werden musste. Nur einen Tag nach seiner Entlassung aus dem Krankenhaus starb er schließlich, am Morgen des 16. Juli 1985, in seinem Haus, in dem kleinen Eifelort Langenbroich. Unter großer Anteilnahme seiner Kollegen, der Politiker und der Bevölkerung wurde er drei Tage später in Bornheim-Merten beigesetzt.



    Kurze Inhaltszusammenfassung des Buches


    Die Erzählung „Der Zug war pünktlich“ von Heinrich Böll beginnt auf dem Bahnhof einer Stadt im Ruhrgebiet. Ein Soldat namens Andreas sucht sich einen Platz im Fronturlauberzug, der ihn zurück an die Ostfront bringen soll. Es ist eine trostlose Fahrt. Immer wieder schießen ihm düstere Gedanken durch den Kopf und die Angst vor dem baldigen Tod bestimmt sein Denken. Die Männer, die der Zufall zusammengewürfelt hat, sitzen in einer Ecke, spielen Karten miteinander und versuchen ihre Sorgen mit Schnaps zu betäuben. Andreas erinnert sich an sein bisheriges Leben zurück. Er stellt fest, dass er alle hasst, die den Krieg als eine Selbstverständlichkeit empfinden oder diesem etwas Gutes abgewinnen können. In Lemberg hält der Zug und Andreas besucht mit seinen neugewonnenen Freunden, Willi und dem Blonden, ein Bordell. Hier begegnet er einer polnischen Spionin, die als Prostituierte Nachrichten für den Widerstand Polens sammelt. Ihr Name ist Olina und da sie Mitleid für den deutschen Soldaten empfindet, will sie ihn retten. Für Andreas verstärkt sich jedoch die Gewissheit, dass der Tod naht. Dieser tritt dann auch, während dem Fluchtversuch, durch eine Bombenexplosion, ein.


    :dance:Zu guter Letzt


    Ich möchte darauf verweisen, dass all die Informationen von der Seminarfachgruppe (meine drei Teammitglieder Maria, Josi, Anna) und mir zusammen gestellt worden sind.
    Und: wer jetzt eine leise Ahnung bekommen hat und dessen Interesse geweckt worden ist, lest dieses Buch!


    :study: :study: :study:

    "Cuimhnich có leis a tha thu"


    -altes gälisches Sprichwort-

  • Cartiona


    Ich habe deinen Beitrag editiert und das Thema geändert, da dort nicht nur der Autor, sondern auch der Buchtitel stehen sollte.
    Den Thread habe ich zu den >Erzählungen< verschoben, da das Buch zwar biografische Elemente enthält, aber kein Biografie ist. :idea:


    Gruss Bonprix ;)

  • Ich habe dieses Buch vor Jahren verschlungen... Wie in allen Werken des Autors aus der unmittelbaren Nachkriegszeit spricht eine grosse Mitmenschlichkeit aus diesen Zeilen, hier gemischt mit einer Art Unabwendbarkeit: man ahnt das drohende Unheil. Solche Buecher haben mir geholfen, etwas vom Erleben des einfachen Soldaten zu erahnen.


    Ganz grosse Empfehlung fuer dieses Buch und ein Dank an Cartiona!

  • Ich liebe dieses Buch. Und auch osnst ist Böll ein Author den ich sehr schätze. Das Bedrpckende ist ja das das ende eigentlich garnicht anders sein kann.

    Laß uns fliegen, schöne Sehnsucht, näher an unsre Träume
    Laß uns wieder atmen, laß uns wieder sehn
    Entfache dieses Feuer, in mir dieses Feuer
    Und nichts als dieser Traum wird wahr
    ein Traum so fern und doch so nah

  • Es ist jetzt schon ziemlich lange her, dass ich fast alle Böll'schen Werke gelesen habe, u.a. auch "Der Zug war pünktlich". Durch die Beschreibung dieses Einzelschicksales werden die Grausamkeiten und Auswirkungen des Krieges so richtig bewusst gemacht.


    Ich bin immer wieder fasziniert von Bölls klarem, schnörkellosen Stil, der so sehr unter die Haut geht und es wird Zeit, dass ich so manche Bücher von ihm wieder zur Hand nehme.

    Herzliche Grüße
    Rosalita


    :study:
    Wenn das Schlachten vorbei ist - T.C. Boyle


    *Life is what happens to you while you are busy making other plans* (Henry Miller)

  • Nun bin ich also vom Thread "Ich lese gerade ..." zu den "Empfehlungen" gewechselt.
    Hat alles seinen Grund und für die oben geschriebenen Beiträge bedeutet es gleichzeitig ein gerechtfertigtes "hochschieb" :wink:


    Meine Ausgabe war mehr eine Sammlung von Erzählungen. Begonnen natürlich mit
    "Der Zug war pünktlich" weiter gings mit
    "Der Mann mit den Messern"
    "Damals in Odessa"
    "Wanderer, kommst du nach Spa"
    "Unsere gute, alte Renèe"
    "An der Brücke"
    "Die Botschaft"
    "Mein teures Bein"
    "Lohengrins Tod"
    "Die schwarzen Schafe"


    Vorab kann ich sagen, dass mir das Buch sehr gefallen hat. Danke an alle die mir den Tipp gegeben haben.


    Böll schafft es auf eine sehr persönliche Art, Anteil am Krieg zu nehmen. Keine Hinweise auf die Politik, oder Abschweifungen auf die Schlachten. Seine Handlung bezieht sich auf einige wenige Personen, denen er aber jede Minute seiner Handlung widmet. Man hat das Gefühl, man selber steigt in den Zug und durchlebt alle Momente bis hin zum Einstieg in die Generalskarosse.
    Jeder von uns hat schon einmal einen neuen Lebensabschnitt begonnen. Dem "alten" hat er dann ebenso wie Andreas nachgeschaut. "Das letzte mal..." Ich selber kann von ähnlichen Erlebnissen sprechen. Ob aus der Schule, von der Armee, oder aus dem Studium. Das letzte mal das Klingelzeichen, der letzte Wachdienst, die letzte Nacht im Internat. Recht einfache Dinge holtBöll zur Veranschaulichung heran und er ist permanent Zentimeternah bei seinen Protagonisten . Ich roch förmlich die Luft im Zug, hatte das rattern der Schienen beim lesen unter mir, hab die Karten gegeben und mich nach dem Schnaps geschüttelt.
    Alles Dinge die wir aus dem Alltag kennen und die recht einfach eingeflochten wurden.
    So macht Literatur Spaß.
    Böll schreibt auch nicht vom Leid der ANDEREN, sondern vom Leid SEINER Mitwirkenden. Jeder hat sein persönliches Erlebnis im Krieg gehabt. Der betrogene Ehemann, der geschändete Blonde und eben Andreas, dessen Unheil näherkommt, wie in einem Kegel. Dem Unheil rast er unaufhaltsam entgegen und es scheint kein entkommen zu geben.


    Der Krieg ist sicher nicht mein Lieblingsthema, aber so hautnah "einfach" beschrieben, kann man Anteil am brutalem Leben der Soldaten nehmen.


    Ich kann Böll nur weiterempfehlen und würde mich freuen den Thread irgendwann wieder oben zu sehen.

    Seien Sie vorsichtig mit Gesundheitsbüchern - Sie könnten an einem Druckfehler sterben. #-o


    Mark Twain