William M. Thackeray - Jahrmarkt der Eitelkeit/ Vanity Fair

  • Jahrmarkt der Eitelkeit
    William Makepeace Thackeray


    Über den Autor


    William Makepeace Thackeray wurde 1811 in Calcutta geboren, wuchs als Halbwaise in englischen Internatsschulen auf und studierte in Cambridge Jura. Danach journalistische Versuche und Kunststudium in Paris. 1837 Rückkehr nach England, ab 1842 erste Veröffentlichungen unter Pseudonym. Er starb 1863 in London. (Quelle: dtv)


    Über das Buch


    "Ein Roman ohne Held" - so der Untertitel des berühmten englischen Klassikers, 1847 bis 1848 in Fortsetzungen erschienen – ist dieses Monumentalbild aus der viktorianischen Zeit nur bedingt: Es gibt nicht nur eine herausragende Figur, sondern einen ganzen Fundus. Allen voran die so verschiedenen Schulfreundinnen Amelia Sedley und Becky Sharp.
    Thackeray schildert in diesem großen Gesellschaftsroman den "Jahrmarkt der Eitelkeiten", auf dem sich die viktorianische Society tummelt, aber die Gesellschaftskritik wird so durch Ironie, Satire und Situationskomik gebrochen, daß man um ein Schmunzeln und Lachen beim Lesen nicht herumkommt. Und mit Becky ist dem Dichter zudem eine der faszinierendsten Frauengestalten der englischen Literatur gelungen. (Quelle: dtv)


    Meine Meinung


    „Jahrmarkt der Eitelkeit“ ist ein kritischer Gesellschaftsroman, der Mitte des 19. Jahrhunderts geschrieben wurde und um1813 in England beginnt.


    Zunächst hatte ich ein wenig Probleme mit den unzähligen Namen und auch ein wenig mit der Sprache, aber nach ein paar Kapiteln, gab es diese kleinen lesetechnischen Hindernisse nicht mehr.


    Allerdings hat Thackeray einen sehr eigenwilligen Stil, der mir leider bereits nach 250 Seiten die Lust aufs Weiterlesen verdarb. Der Autor ist nicht nur Erzähler, sondern auch noch kritischer Beobachter und Kommentator. Immer wieder unterbricht er seine Handlung, um den Leser direkt anzusprechen und ihm seine Schlüsse aus den vorangegangenen Ereignissen zu präsentieren. Dadurch gerät die eigentliche Geschichte leider viel zu sehr ins Stocken. Oft habe ich den Faden verloren oder war einfach aus der eigentlich sehr interessanten Handlung herausgerissen. Zu Beginn fand ich diese Einschübe noch auflockernd und amüsant, aber da Thackeray mit diesen Unterbrechungen nicht gerade geizt, wurde aus dem schönen Stilmittel, eine lästige Angelegenheit.
    Hier möchte ich gerne eine liebe Freundin zitieren, da man es besser kaum ausdrücken kann. Susanne H. schrieb: „.. wenn er sich doch nur nicht immer so sehr einmischen würde und alles endlos kommentieren und mit seinen eigenen Erfahrungen aufblähen würde! Dann wäre der Roman nicht so lang und würde sich auch viel flüssiger lesen!“
    Des weiteren schweift der Autor sehr gerne in unwichtige Details ab, was mich leider oftmals ein wenig gelangweilt hat.


    Dennoch hat dieser Roman auch absolut seine Vorzüge. Thackeray hat tolle, sehr facettenreiche Figuren entworfen, die erst nach und nach und sehr subtil ihr wahres Gesicht zeigen. Das hat mir außerordentlich gut gefallen.
    Auch erzählt er seine Geschichte mit sehr viel Witz und leichter Boshaftigkeit, zieht Ereignisse und Personen ins Lächerliche ohne dabei wirklich brüskierend zu werden. Ich habe mich wirklich stellenweise köstlich amüsiert!


    Gerechterweise sollte ich aber noch erwähnen, dass nicht allein Thackerays Weitschweifigkeit und Kommentare mich dazu bewegt haben, das Buch nicht zu Ende zu lesen, sondern auch die Tatsache, dass ich bereits die Verfilmung kenne und sehr schätze.
    Anfangs empfand ich die Filmadaption sehr nah am Buch und konnte mich daher wunderbar auf die Geschichte einlassen. Als aber eine meiner Lieblings-Film-Figuren so gar nicht zu dem im Buch vorkommenden Charakter passen wollte, konnte ich mich nur noch schwer auf den Roman konzentrieren, da mir immerzu die Filmsequenzen im Kopf herumspukten...


    Insgesamt möchte ich, auch wenn ich nur so wenig von dem Buch gelesen habe, jedem diesen Roman ans Herz legen, der den Film noch nicht kennt. Dann lohnt es sich sicherlich, sich auch durch Thackerays Kommentare zu beißen...


    Meine Bewertung


    Einer Bewertung werde ich mich aus zwei Gründen enthalten.
    Zum einen, weil ich von mehr als 800 Seiten gerade einmal 250 gelesen habe und zum anderen, weil ich nicht unvoreingenommen an das Buch heran gegangen bin, da ich den Film bereits kannte und liebe. Somit musste das Buch ungerechterweise immerzu meinen Vergleichen mit dem Film standhalten, was natürlich nicht immer gelingen kann. Dafür kann aber ja das Buch nichts, zumal es zuerst 'da war'.

  • Es ist zwar schon ein paar Tage her, dass ich das Buch gelesen habe, aber ich habe es in sehr positiver Erinnerung. Thackerays Abschweifungen habe ich gar nicht mehr im Kopf - sie haben mich also wohl nicht all zu sehr gestört. Ich habe das Buch als amüsant, leicht bösartig (Becky ist schon ein besonderer Hauptcharakter, habe ich in Büchern aus dieser Zeit selten so gelesen) und spannend im Kopf. Den Film kenne ich natürlich mal wieder nicht - das kennt ihr inzwischen ja vielleicht schon von mir :)


    Die Ausgabe, die Cait verlinkt hat, habe ich auch: sie ist zwar für ein Taschenbuch sehr teuer, hat aber schönes Papier und viele zeitgenössische Illustrationen (vielleicht sogar vom Autor selbst??).


    Katia

  • Bei mir ist es auch schon länger her, dass ich dieses Buch gelesen habe. An die Abschweifungen kann ich mich allerdings auch nicht erinnern. Mir hat das Buch sehr gefallen. Becky ist wirklich ein ganz anderer Charakter als sonst, aber als Gegenpart zu Amelia sehr gelungen.
    Den Film kenne ich - wie Katia - nicht.

  • Das Buch stammt aus einer Zeit, in der die Autoren noch Zeit zum Schreiben und die Leser noch Zeit zum Lesen hatten.


    Ich bin begeistert von dem Werk, da es wirklich nicht nur umfangreich die einzelnen Personen in ihreen Entwicklungen darstellt, sondern auch gleichzeitig immer wieder der Autor mit eigenen Bemerkungen ins Geschehen eingreift. Er schreibt,, als wäre er immer dabei gewesen.
    Das Buch gibt einen guten, kritischen Einblick in die englische Gesellschaft jener Zeit und wenn ein entsprechender "kritischer Apparat" angehängt ist, in dem alles Mögliche (Geschichtlich, kulturell etc) genau erklärt wird (meine alte Ausgabe hat natürlich sowas), ist es sehr verständlich und informativ.


    Und ein Buch am Film zu messen, finde ich etwas unpassend. Beim Film müssen Zugeständnisse gemacht werden, um dem Publkumsgeschmack zu schmeicheln.


    Und überlege dir mal, was wichtiger ist- das Buch oder der Film, den scheinbar kaum jemand kennt, und der in wenigen Jahren wohl ganz vergessen sein wird, im Gegensatz zum geschriebenen Werk.
    Dies nur als betroffene Anmerkung zu deinem Satz :
    Als aber eine meiner Lieblings-Film-Figuren so gar nicht zu dem im Buch vorkommenden Charakter passen wollte, konnte ich mich nur noch schwer auf den Roman konzentrieren

    Neue Lektüre:
    John Norman : Die Nomaden (Gor-Reihe, Bd 4 )
    Wo man liest, da lass dich ruhig nieder,
    böse Menschen lesen keine Bücher

  • Ich habe das Buch gerade erst fertig gelesen, und muss sagen, dass es mir im Gesamten ziemlich gut gefallen hat, wenngleich ich mich Cait zum Teil anschließen muss, was die Abschweifungen angeht, denn was bringt es denn, zu überlegen, wie das Buch hätte lauten können bzw. müssen, wenn es in der anderen Gesellschaftsschicht spielen würde, denn das tut es ja nicht, und daher finde ich solche und ähnliche Stellen absolut unnötig. Nachdem ich mich dann allerdings an die Sprache gewöhnt habe, und beschlossen hatte, solche Abweichungen mehr oder weniger auszulassen – sonst hätte ich dieses Buch wohl auch nicht bis zum Schluss lesen können – konnte ich mich mit der Geschichte auch ziemlich gut anfreunden.
    Den Film habe ich zwar auch schon gesehen, aber das ist inzwischen schon so lange her, dass ich mich kaum noch an die Handlung erinnern konnte, und nur noch die schönen Bilder im Kopf hatte, die zumindest den Anfang des Films für mich so besonders machte. Insgesamt hat er mich aber nicht in meiner Lesehaltung beeinflusst.
    Es war einmal sehr interessant, diesen Klassiker zu lesen, aber ich bin mir nicht sicher, ob ich das noch ein zweites Mal tun werde, denn ich muss zugeben, dass ich vor dicken Büchern ohnehin meistens zurückschrecke und lieber dünne lese. Und wenn es sich dann noch um ein so weitschweifiges handelt, dann habe ich oft nicht so viel Freude an ein einem Buch. Dennoch kann ich es aber weiterempfehlen, denn ich finde, es handelt sich bei Vanity Fair –Jahrmarkt der Eitelkeit durchaus um ein Buch, das man wenigstens einmal im Leben gelesen haben sollte.

    With freedom, books, flowers, and the moon, who could not be happy? ― Oscar Wilde

  • Klassiker! Mein "Lieblingsthema"...
    Ich habe es versucht, wirklich. Weil ich das viktorianische Zeitalter nicht uninteressant finde. Ich habe sogar den Film gesehen, nachdem mir das Buch so gar nichts vermitteln konnte, aber klarer wurde es dadurch nicht.
    Der Film war genauso weitschweifig und umständlich. Nein, für mich sind solche Bücher nichts, weil ich mich zwar erinnere, dass ich Thackerays Stil zuweilen recht witzig fand, aber die Geschichte bei mir nicht mal während des Lesens hängengeblieben ist.
    Schade, denn ich meine auch, dass man das Buch gelesen haben muß. Leider ist das ein persönliches Dilemma, von dem nicht nur Thackeray betroffen ist: ich tue mich mit Klassikern unheimlich schwer, weiß nicht warum.

  • Ein Roman mit einigen Längen!


    Die Entwicklung insbesondere zweier Damen und anderen Figuren wird hier vom Autor beschrieben und von einem auktorialen Erzähler kommentiert. Rebecca, Tochter eines Malers und einer Balletttänzerin, wird in der gleichen Mädchenschule unterrichtet wie Amelia, die aus einer reichen Kaufmanns-Familie stammt. Rebecca ist eine sehr erfolgreiche Hochstaplerin, sie lässt ihr Äußeres immer für sie arbeiten, und in der Hoffnung auf eine gute Partie, angelt sie sich einen Spross einer adeligen Familie, doch seine Erbtante lässt durch diese Liaison ihren Neffen unberücksichtigt.


    Amelias Verlobter aus Kindheitstagen wird ebenfalls enterbt aufgrund seiner Heirat, da ihr Vater eine große finanzielle Niederlage und seinen Ruin erlitten hat. Und so kämpfen vier Schicksale um ihr Auskommen, ihre Anerkennung und Stellung in der Gesellschaft. Das eine Paar auf hocherhobenen Füßen und voller Selbstbewusstsein, das andere in Selbstüberschätzung und genügsamer Demut.


    Diese Ausgangssituation wird von historischen Ereignissen, die Schlacht bei Waterloo sowie Napoleons Untergang, eingerahmt. Alles in Allem ist das ein sehr interessanter Stoff für einen großen Roman! Wenn da nicht der leidige Kommentator wäre, der immer wieder die Handlung in die Länge zieht. So entsteht etwa in der Mitte des Geschehens (m. M. n.) ein großes Loch, da er dort in die Zukunft vorweg nimmt. Störend dabei ist, dass eben der Roman nicht von irgendeiner Atmosphäre, Sprache oder sonstige literarische Feinheiten getragen wird, sondern lediglich von den Figuren und deren Entwicklung im Rahmen ihrer Zeit. Durch das Einmischen des Kommentators nimmt sich der Autor selbst sein Spannungsfeld und dem Leser das Lesevergnügen.


    Zum Schluss wird es teilweise nur noch nervend, wenn der Leser von einer Abschweifung in die nächste gezogen wird. Persönlich mag ich eigentlich den auktorialen Erzähler wie beispielsweise im „Zauberberg“, aber dieser hier ist mir am Ende arg aufgestoßen. Zu Beginn als er seinen „Jahrmarkt der Eitelkeit“ vorstellt, war er witzig, spritzig und oft auch ironisch, im Laufe des Geschehens werden seine Einmischungen immer mehr belehrend und aufdringlich!

  • Ich bin gerade wieder davon fasziniert wie unterschiedlich Literatur auf den Leser wirkt.


    Thackeray hat einen sozialkritischen Roman geschrieben, der heute noch sehr aktuell ist. Wo findet man keine Selbstverliebtheit, Selbstdarstellung und Hingabe auf dem "Jahrmarkt der Eitelkeit"? Es scheint Dinge zu geben, die sich wohl nie ändern werden. Ich fand die Protagonisten herrlich lebendig dargestellt. Wobei ich interessanterweise fand, dass gerade Becky die meiste Entwicklung mitgemacht hatte, wobei die positiveren Charaktere in meinen Augen eher eindimensional blieben. Gegen Schluss zu gab es bei einem positiven Charakter eine leichte Änderung, die ich persönlich als doch überraschend empfand. So viel Mumm hätte ich demjenigen doch nicht zugetraut.


    Thackeray hat sein Buch nicht umsonst "Jahrmarkt der Eitelkeit oder Ein Roman ohne Held" genannt. Denn Helden sieht man hier eher vergeblich, es ging ihm um die sozialkritische Darstellung der Gesellschaft. Es sei denn die Becky sieht man als Heldin an, schlängelt sie sich doch recht geschickt durch alle gesellschaftlichen Schichten.
    So richtig amüsant waren für mich die satirischen und kritischen Einwürfe des Erzählers. Angesprochen wurde nicht nur "der Leser", sondern je nachdem wie es gerade passend zur Situation des Romanes war wurde man als "Leserin" oder was auch immer angeredet und das gab dem ganzen noch mal einen besonderen Anstrich. Belehrend oder nervig empfand ich die Einwürfe in keinster Weise.


    Als ich das Buch angefangen hatte, befürchtete ich schon ein wenig, dass mir doch mit der Zeit das ganze langweilig und mir die Anmerkungen auf die Nerven gehen könnte, immerhin sind es ja 913 Seiten, die es zu lesen gab. Aber ich habe mich bei der Lektüre bis zum Schluss köstlich amüsiert und keine Sekunde gelangweilt, deshalb vergebe ich sehr gerne 5 Sternchen für dieses Buch.


    Ich schließe meinen Eindruck mit dem Schlusswort des Romanes:


    Zitat

    Ach, vanitas vanitatum! Wer von uns ist auf dieser Welt ganz glücklich? Wem werden alle seine Wünsche erfüllt? Und wenn sie uns erfüllt werden, sind wir dann wohl zufrieden? Kommt, Kinder, laßt uns die Puppen einsperren und die Bude zuschließen, denn unser Spiel ist nun aus.

    Nimm dir Zeit für die Dinge, die dich glücklich machen.


    SuB-Leichen-Challenge 2024: Alle Bücher bis inkl. 2022 [-X

    Klassiker-Challenge 2024


  • Über 900 Seiten Klassiker, da habe selbst ich, die gerne mal ältere Schinken liest, ziemlich gezögert. Spätestens seit meinem letzten Versuch mit Dostojewski weiß ich, wie deutlich weniger Seiten unendlich lange werden können. Hier habe ich mich einfach nur von Seite 1 bis 900undwas köstlich amüsiert. Gestrig ist daran außer Pferd und Wagen so rein gar nichts, zu jeder Handlungsweise und Person fällt einem mindestens ein Mensch ein, der genau so tickt (und sei es man selbst) .
    An mancher Stelle hätte ich mir allerdings ein Begleitheft gewünscht, denn man merkt stilistisch recht deutlich, dass Thackeray immer wieder andere Autoren veralbert. Nur... welche das genau sind, wäre manchmal schon interessant zu wissen gewesen. Kollegen Dickens meine ich hier und da erkannt zu haben, aber das wars dann auch.
    Absolutes Bonbon und ewiger Quell der Freude ist die Namensgebung. Meist weiß man schon anhand des Namens, mit welcher Sorte Person man es gleich zu tun haben wird. Und das dann über drei Sprachen verteilt.


    Zur Bewertung muss ich nicht lange nachdenken: :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

  • @CKStreet
    Du machst einen echt neugierig auf dieses Buch. :wink: Das hole ich mir evtl. mal aus der Bücherei. Allerdings in deutscher Ausgabe :loool:
    Ist das nicht auch mal verfilmt worden ? :-k