Lew N. Tolstoi - Anna Karenina

  • Hallo
    Anna Karenina habe Ich vor kurzem zueende gelesen und es steckt mir jetzt noch in den Knochen . Es war ein sehr aufwühlender, intensiver aber auch anstrengender Roman. Die Charalktere waren alle sehr gut dargestellt und man konnte sich sehr gut in Annas Situation hineinversetzen. Auch wenn der Roman in einer ganz anderen Zeit und Gesellschaft spielt als der unseren finde Ich doch das man ein gutes und verständliches Bild des 19 Jahundert. Das Problem war wie du es beschriebn hast man musste öfters Pausen einlegen um ein bisschen zu verdauen , da die Sprache, eine sehr alte und langatmige aber auch wundervolle lyrische ist. Mein Problem war nur das Ende wo alles sehr schnell geht und Ich nicht folgen konnte und mich überrumpelt fühlte.
    Ja ein Liebesroman ist es ganz sicher nicht sondern eher eine Gesellschschaftsanalyse.
    Empfehlung : Wer es lesen möchte sollte sich einen ruhigen Ort suchen mit einer Tasse Tee und entspannender Musik.

  • Die Geschichte um Anna Karenina hat mich von Anfang an gefesselt, auch wenn Tolstois Erzählstil manchmal recht umständlich und schleppend ist.

    Er hat einfach ein Händchen dafür, Personen und Charaktere aus unterschiedlichen Winkeln zu beleuchten und sie sich entwickeln zu lassen.


    Stellenweise ist das Buch sehr tragisch, aber es bietet einen guten Einblick in die damaligen russischen Gesellschaftsverhältnisse und wird erst lebhaft durch die Erfahrungen und Ereignisse, die sich auch im Umfeld der eigentlichen Hauptfigur abspielen.


    Kein Buch, das man innerhalb von ein paar Tagen durchliest, aber auf jeden Fall eine Gedankenreise wert.

    Wer niemals ganze Nachmittage lang mit glühenden Ohren und verstrubbeltem Haar über einem Buch saß und las und las und die Welt um sich her vergaß, nicht mehr merkte, dass er hungrig wurde oder fror [...] nun, der wird wahrscheinlich nicht begreifen können, was Bastian jetzt tat .


    Die unendliche Geschichte, Michael Ende

  • ### Inhalt ###

    Moskau und St. Petersburg sind der Schauplatz dieser Geschichte aus dem Russland des 19. Jh. Ihre Protagonisten sind Grafen, Barone und Fürsten. Zu Ihnen gehören die wichtigen Familien: Oblonskij, Schtzerbatzkaja, Lewin, Karenia und Wronskij. Die Familien sind durch Heirat untereinander verbunden. Die beiden Hauptprotagonisten sind Anna Karenina und Konstantin Lewin, die beide nur am Rande miteinander zu tun haben, sich aber über Familienbande kennen. Wie ist nun die Handlung?

    Der Roman beginnt damit, dass von dem Seitensprung von Stepan Arkardjitsch (Stiwa), dem Mann von Darja Alexandrowna (Dolly) berichtet wird. Der Haussehen hängt mächtig schief. Stiwa zieht seine Geheimwaffe, er lässt seine Schwester Anna Karenina, die Frau von Alexej Alexandrowitsch, einem hohen Beamten in Petersburg, nach Moskau reisen, um als Schlichterin zu fungieren. Ihr gelingt auch tatsächlich das Unmögliche und sie kittet das Ehepaar wieder einigermaßen. Dabei verliebt sie sich jedoch in den Grafen Wronski, in den sich eigentlich die junge Katharina Schtzerbatzkaja (Kitty) verliebt hat. Wronski verliebt sich ebenfalls in Anna und eine verhängnisvolle Beziehung nimmt ihren Lauf. Kitty zutiefst gekränkt leidet monatelang Liebeskummer. Ein Heiratsanwärter Kittys, Lewin, leidet ebenfalls, da dessen Antrag von Kitty kurz vor Bekanntwerden der Liaison zwischen Wronskij und Anna abgelehnt wurde mit Kittys Hinweis, sie sei schon einem andern versprochen, was zu diesem Zeitpunkt jedoch auch nur auf einer Hoffnung beruhte. Beide sind also zutiefst gekränkt, Lewin gibt insgeheim die Hoffnung aber nicht auf.


    ### Meinung ###

    Das Buch ist lang, fast tausend Seiten. Tolstoi-typisch liest man den Roman aber flüssig und ohne Anstrengung. Ich finde Tolstoi schafft es immer wieder durch eine schnörkellose, aber eingängige Sprache mit Leichtigkeit die Handlungen, das Denken und das komplexe Gefühlsleben der Protagonisten federleicht darzulegen. Die enormen Spannungen und Ängste, die sich aufgrund des Ehebruchs zwischen Anna und ihrem Mann, aber auch zwischen Anna und ihrem Liebhaber sowie auch zum Rest der damaligen streng gläubigen Gesellschafft ergeben, werden bis in die feinste gedankliche Verästelung wunderbar beschrieben. Das gleiche gilt auch für die Beschreibung und die Entwicklung des Verhältnisses zwischen Lewin und Kitty.

    Wie auch in Tolstois "Krieg und Frieden" wird dem Thema Landwirtschaft in Gestalt des Gutsherren Lewin viel Raum gewidmet. In vielen Darlegungen und Beschreibungen wird die Landwirtschaft und das Verhältnis zwischen Gutsherren und Bauern beleuchtet. Man verfolgt Lewins umfangreiche Gedanken zu den Themen Gerechtigkeit/Ungerechtigkeit bzgl. Arbeit, Lohn und Besitz, aber auch dessen Gespräche diesbezüglich zu anderen Gutsbesitzern. Auch die Beteiligung des Adels an öffentlichen Ämtern zum Gemeinwohl wird immer wieder heiß diskutiert. Für mich waren dies immer durchaus spannende Passagen. Auch die Beschreibung des Landlebens in Form der beliebten Vögeljagden in den umliegenden Sümpfen waren immer wieder schön zu lesen. Es werden bei gesellschaftlichen Zusammenkünften zwischen den Familien weiterhin Themen wie die Gleichberechtigung der Frau diskutiert, bei der auch schon angedacht wurde, die Frau wichtige öffentliche Ämer bekleiden zu lassen, was von dem Vater von Kitty mit einem Lächeln beseite gewischt wird.

    Am intensivsten ist natürlich das Innenleben von Anna und Wronskij dargestellt. Das Leid und die Qual ihres ungesetzlichen Zusammenseins, der damit verbundenen Schande und der Benachteiligungen sind unglaublich plastisch dargestellt. Anna wird von der Gesellschaft ausgeschlossen, sie darf ihren Sohn nicht mehr sehen und das bringt sie gefühlsmäßig fast um. Auch ihre ständige Angst, dass sie ihr neuer Liebhaber fallen lässt, treibt sie fast in den Wahnsinn. Die Wandlung ihres Innenlebens und ihrer Gedanken gipfeln zum Schluss in purem Wahn, der einen als Leser sehr betroffen macht - besser kann man wohl die Gedanken eines Menschen in dieser Situation nicht beschreiben!

    Insgesamt eine breit angelegte Geschichte, in der die Protagonisten in vielen eigenen Kapiteln zu Wort kommen, in denen wir sie im Umgang mit anderen Menschen erleben und wir sie besser kennenlernen. Die Figuren sind alle sehr plastisch und reichhaltig dargestellt, sodass ich mir die Personen auch im Nachhinein noch immer gut ins Gedächtnis rufen kann.

    Ich glaube, dass Tolstoi Anna und Lewin nicht umsonst als Hauptpersonen gewählt hat. Beide beschreiten in der Geschichte unterschiedliche Wege, Innerlich wie Äußerlich. Lewin ringt innerlich immer wieder mit seinem Platz in der Welt. Die großen Philosophen und die Religion können ihm lange keinen inneren Frieden bzgl. der Frage nach seinem Platz in der Welt verschaffen. Der Übergang von einem Ich-bezogenen Menschen, der nur für sich lebt hin zu einem Menschen, der sich für andere einsetzt, der liebt, ist sehr fein und wechselhaft beschrieben.

    Anna geht fremd und leidet und kämpft daraufhin um einen Platz in der Welt. Nun muss man sagen, dass Anna als Frau natürlich grundsätzlich in einer schlechten Position war. Wenn man damals als Mann fremd ging, war das ein Vergehen, über das man mit gefühlt einem Augenzwinkern hinweggesehen hat. Ging man als Frau fremd, war man geächtet und stand immer kurz davor mit Schimpf und Schande aus der Gesellschaft ausgeschlossen zu werden und bettelarm auf der Straße zu landen. Die Männer hatten ja ihre Ämter, waren Großgrundbesitzer und hatten ein gutes Einkommen.

    Also: Insgesamt eine Geschichte, welches einem die Augen öffnet bezüglich vieler wichtiger Themen der damaligen Zeit: Der Partnersuche, Der Ehe, dem Fremdgehen, der Landwirtschaft, der Freizeit der Adeligen. Einfach ein sehr guter Roman mit einem genauen Blick auf die Zeit und das Denken der Menschen.


    ### Fazit ###

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    Ein feiner, tief eintauchender Blick in das Leben und Denken der Adeligen im 19. Jh. in Russland bzgl. Leben, Partnersuche, Ehe und Fremdgehen.

    Der ideale Tag wird nie kommen. Der ideale Tag ist heute, wenn wir ihn dazu machen. -- Horaz


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