Doris Lessing - Das fünfte Kind

  • Doris Lessing - Das fünfte Kind


    Genre: Drama
    Erscheinungsjahr: 2005 (erstmals 1988 )
    Seiten: ~ 160



    Inhalt:
    Harriet und David lernen sich auf einer Firmenfeier kennen und verlieben sich sehr schnell ineinander. Ziehen auch schnell zusammen und bums, ist die Dame schwanger.
    Ein paar Monate später das zweite Mal und kurz darauf das dritte Mal und nicht mal zwei Jahre später das vierte Mal.
    Alle Schwangerschaften sind nicht ganz einfacher, aber auch nicht kompliziert. Die Kinder sind gesund und munter.
    Dann wird Harriet wieder schwanger. Dieses Mal ist alles anders. Das Kind tritt schon nach wenigen Wochen und bereitet Harriet tierische Schmerzen. Die neun Monate werden die Hölle.
    Doch als das Kind auf die Welt kommt, wird es noch schlimmer. Ben ähnelt eher einem Gnom als einem Menschen, ist schon mit wenigen Monaten gewalttätig, läuft sehr schnell und scheint sowieso alles andere als normal zu sein.
    Kurz darauf kommen zwei Tiere ums Leben und die anderen Kinder werden in Angst und Schrecken versetzt.
    Ben kommt daraufhin in eine Heilanstalt. Harriet hält die Ungewissheit nicht aus und besucht ihn. Sie findet ihn halt tot, in einer Zwangsjacke, bedeckt von seinem eigenen Kot.
    Also nimmt sie ihn wieder mit nach Hause. Doch damit fängt er eigentlich Albtraum erst an, an dem ganz langsam die Familie zerbricht...


    Amazon sagt das hier:
    Vier wunderbare Kinder haben Harriet und David - das fünfte jedoch ist von Geburt an ein bösartiger Troll, der das Glück der Familie zerstört. Woher kommt seine Grausamkeit?




    Kritik:
    Zu allererst muss ich sagen, dass ich am Anfang wirklich Probleme mit dem Schreibstil hatte. Er war sehr altmodisch irgendwie...und ich brauche ne ganze Zeit, bis ich mich da rein gelesen habe.
    Im Laufe des Buches gewöhnt man sich jedoch dran, so dass man nicht jeden Satz nochmal lesen muss, um ihn zu verstehen *g*


    Die Geschichte...
    Wenn man den Klappentext liest, erwartet man einen Thriller. Eine guten Thriller.
    Die Erwartung wird enttäuscht. Es ist kein Thriller, aber trotzdem schon spannend.
    Es ist schon hart, was das Kindchen so abzieht...sich mit einer Motoradgang zusammenrauft und Diebstähle verübt und so weiter...


    Das Ende ist allerdings lasch.
    Irgendwie wird das Ganze nicht aufgeklärt...
    Die Familie ist kaputt, die anderen Kinder leben mittlerweile im Internat bzw bei den Großeltern, David arbeitet sich zu Tode, Harriet sitzt alleine zu Hause.
    Ben ruscht von einer Gang in die nächste, baut sich eine eigene auf. Und man wartet einfach darauf, dass sich irgendwas ergibt.
    Tut es aber nicht. Es gibt einfach keine Auflösung. Das Ende ist offen...


    Nichtsdestotrotz fand ich das Buch nicht schlecht.
    Man hätte vllt mehr draus machen können, aber es geht schon.



    Wertung:
    2,5 von 5

  • Das Buch habe ich vor ca. 15 Jahren gelesen, und es hat mich sehr beeindruckt. Allerdings kannte ich Doris Lessing, die vor einigen Jahren immer wieder als Kandidatin für den Nobelpreis galt, und ihren Schreibstil schon vorher durch Kurzgeschichten und Erzählungen. Ich besitze eine alten Ausgabe, deren Klappentext nie und nimmer einen Thriller vermuten ließ.
    Wahrscheinlich liest man das Buch anders, wenn man die Geschichte aus Elternsicht betrachtet. Dann wird es einem beim Lesen schon schauerlich ums Herz ...


    Zwölf Jahre nach "Das fünfte Kind" hat Doris Lessing einen zweiten Band geschrieben "Ben in der Welt".
    Inhaltsangabe nach Amazon:
    Im vorliegenden Folgeroman hat Ben den Kontakt zu seiner Familie bereits verloren und lebt überwiegend auf der Straße. Er behauptet, achtzehn zu sein und sieht aus wie vierzig. Die Menschen, denen er begegnet, starren ihn an. Irgend etwas stimmt nicht mit ihm. Man könnte ihn für ein Tier halten, doch er ist zivilisiert gekleidet und isst mit Messer und Gabel. Dass er manchmal aus Hunger Vögel fängt und sie roh verspeist, weiß niemand. Die, die ihn kennen, wissen höchstens, dass er eine auffällige Vorliebe für Fleisch und Obst besitzt.
    Doris Lessings Figur steht für eine Einsamkeit, die ungeheuerlich ist, auch wenn es immer wieder Gründe gibt, aus denen sich Leute für Ben interessieren, ihm sogar aufrichtige Zuneigung entgegenbringen. Nach und nach erst fügt sich ein klares Bild für den Leser zusammen, das das schwierige Außenseitertum von Ben erklärt.


    Es geht hier vor allem um Bens Sehnsucht, Menschen zu finden, die so sind wie er. Auf seinen Weg trifft er Leute, die ihn ausnutzen, die ihm selbstlos helfen, die ihm Freundschaft anbieten oder ihn zu medizinischen Forschungen benutzen wollen.
    Obwohl es in beiden Büchern um dieselbe Person geht, kann man "Ben in der Welt" auch als eigenständiges Buch lesen, weil außer ihm keine anderen Figuren aus "Das fünfte Kind" vorkommen.


    Marie

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Es ist schon einige Jahre her, dass ich dieses Buch gelesen habe, und genauso verblasst sind meine Erinnerungen daran.


    Grundsätzlich habe ich es als positiv in Erinnerung, es liest sich flüssig und die Geschichte ist sehr spannend. V.a. hat mich die Situation der Mutter betroffen gemacht. Nach 4 "braven" Kindern kommt da plötzlich Ben und wirft alles durcheinander. Ben - von Natur aus größer und stärker als alle anderen, auffällig in Aussehen und Verhalten. Mir hat das Kind furchtbar leid getan, da sein "Anders-Sein" von der Gesellschaft nicht akzeptiert wurde und die Familie bzw. die Mutter in die Isolation trieb. Ebenso Mitleid wie Bewunderung hatte ich für die Mutter übrig, die ohne Wenn und Aber zu ihrem Kind stand und die Hürden zu meistern versuchte.


    Übrigens gibt es eine Fortsetzung zu diesem Buch, die mir fast noch besser gefallen hat: "Ben in der Welt". Hier hat Ben seine Familie verlassen und versucht nun - mehr schlecht als recht - alleine in der Welt zurecht zu kommen.


    edit: Marie war schneller :lol:

    Herzliche Grüße
    Rosalita


    :study:
    Wenn das Schlachten vorbei ist - T.C. Boyle


    *Life is what happens to you while you are busy making other plans* (Henry Miller)

    Einmal editiert, zuletzt von Rosalita ()

  • Zitat

    Original von Rosalitaedit: Marie war schneller :lol:


    Dafür hast Du ans Cover gedacht, das ich vergessen habe. :lol:


    Marie

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  • Vielleicht habe ich das mit dem 'Thriller' ja auch nur so verstanden.
    Es klang halt so. Böses Kind terrorisiert die Eltern und so...
    Vllt intepretiere ich das einfach falsch *gg*


    Ich stimme euch voll zu, was die Mutter betrifft.
    Diese Veantwortung und immer der Glaube, dass er vllt doch noch normal werden kann...
    Allerdings fand ichs schon ein wenig 'merkwürdig', dass immer wieder so daruaf gepocht wurde, dass er eine andere Spezies ist und so...gerade im letzten Teil vom Buch...

  • Bei mir ists auch schon einige Zeit her, dass ich das Buch gelesen habe. Ich erinnere mich noch recht gut an meine Gedanken bei der Lektüre. Ich hatte mit Ben keinerlei Mitleid, dafür aber sehr viel mit seinen Geschwistern. Die Ärmsten hatten keinerlei Familienleben. Und die Mutter setzte alles für dieses eine Kind aufs Spiel. Mir stellte sich oft die Frage, ob die Frau das Recht hatte, vier Kinder plus Ehemann für Ben zu "opfern".

  • Na ja, man kann aber davon ausgehen, dass er gestorben wäre.
    Wer weiß.


    Ich finde, dass er eigentlich eher sechs Leben zerstört hat.
    Obwohl man bei den drei großen Kindern das ja nicht so unbedingt sagen kann. Sie fühlen sich zwar zu Hause nicht mehr wohl, aber sie sind ja woanders untergekommen.


    Aber im Grunde - JA.
    Sechs Leben...
    Erschreckend.

  • Ich habe "Das fünfte Kind" im letzten Herbst gelesen und war absolut erschüttert.
    Ob die Mutter das Kind im Heim lassen sollen? Schwerwiegende Entscheidung. Mein Verstand sagt ja, mein Gefühl als Mutter nein. Ich hätte dies nicht mit meinem Gewissen vereinbaren können. Was ich nicht verstehe - warum kam von keiner qualifizierten Seite Hilfe?!
    Ich will auf jeden Fall noch den Folgeband "Ben in der Welt" lesen. Erhoffe mir da so manche Antwort.
    Gruß Wirbelwind


    :study: Margaret Skjelbred, Die Perlenkönigin

    :study: Naomi J. Williams, Die letzten Entdecker









    Bücher sind die Hüllen der Weisheit, bestickt mit den Perlen des Wortes.

  • Zitat

    Original von Wirbelwind
    Ich will auf jeden Fall noch den Folgeband "Ben in der Welt" lesen. Erhoffe mir da so manche Antwort.


    @ Wirbelwind, wenn Du das Buch unter dieser Fragestellung liest, wird es Dich wahrscheinlich enttäuschen, denn es enthält auch keine Antworten. Es ist nur die Geschichte, wie es mit Ben als Erwachsenem weitergeht.


    Zu Harriets "Ehrenrettung": Wer weiss denn schon im Voraus, welche Folgen seine Handlungen im Einzelnen haben werden? Als Außenstehender kann man aus der Distanz die Vorgehensweisen anderer betrachten und sich überlegen, wie die Konsequenzen aussehen könnten. Wenn man aber persönlich mit all seinen Gefühlen in einer Situation steckt, gehorcht man der inneren Stimme.
    Harriets Entscheidung gehört zu den "Alternativen des Teufels", d.h. es ist gleich, wie sie sich entscheidet, für irgend einen wird die Entscheidung zum Verhängnis.


    Marie

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  • Weise Antwort. :wink:


    Schade, dass "Ben in der Welt" keine Antworten liefert, aber ich lese es trotzdem unter anderen Voraussetzungen. Danke für den Hinweis!


    Gruß Wirbelwind


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  • Vorweg: es ist sehr schade, dass hier ohne jeden Spoiler über den Inhalt diskutiert wurde. Zum Glück habe ich nicht hier reingeschaut, bevor ich das Buch gelesen habe.


    Ich weiß nicht, wer dieses Buch als "Thriller" einsortieren wollte, das ist sicher die falsche Bezeichnung - "Familiendrama" wäre passender.
    Anfangs wird seitenlang die Familienidylle geschildert, die aber auch einen falschen Beigeschmack hat. Harriet und David sind mir einfach irgendwie suspekt. Anders kann ich es nicht ausdrücken. Dann kommt Ben ins Spiel, das fünfte Kind. Und plötzlich wird alles anders.


    Was mir fehlt, ist eine Erklärung. Was ist (mit) Ben?
    Eine Erklärung gibt Harriet selbst


    Was mich wirklich betroffen gemacht hat, ist die Reaktion der Familie und der Umwelt,


    Warum traut sich niemand, außer Harriet, der Wahrheit ins Gesicht zu sehen?


    Die letzten 20 Seiten haben es noch mal so richtig in sich:


    Ich hatte einige Probleme mit diesem Buch, aber die letzten 50 Seiten (also das letzte Drittel) haben mich ein wenig entschädigt. Plötzlich ist Spannung da und viel Stoff zum Überlegen.
    Das Ende lässt alles offen... und das ist schon irgendwie unbefriedigend. Da mir der Schreibstil von Doris Lessing nicht so ganz zusagt, werde ich die Fortsetzung wahrscheinlich nicht lesen.


    Von mir gibt es :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: , denn nur 50 Seiten, die mich wirklich gefesselt haben, sind einfach nicht mehr wert.

    Gelesen in 2024: 9 - Gehört in 2024: 6 - SUB: 626


    "Wenn der Schnee fällt und die weißen Winde wehen, stirbt der einsame Wolf, doch das Rudel überlebt." Ned Stark

  • Bei mir sind es auch schon mehr als zehn Jahre her, dass ich das Buch gelesen habe. Und es hat mich damals zu tiefst beeindruckt.
    So sehr, dass ich mir das Buch noch als Hörbuch besorgt habe. Was auch sehr gut war.


    Die ganze Familienidylle bricht zusammen mit der Geburt des fünften Kindes. Alles ist anders als bisher.
    Mich hat es fasziniert, wie die Autorin es geschafft hat, die Spannung um das Kind aufzubauen, ein Thriller war es auf keinen Fall, und dennoch absolut spannende Geschichte, die einen erschaudern lässt. Der Schreibstil hat mir sehr gut gefallen: eine schlichte sachliche Erzählart, die auf mich sogar, zum Teil, emotionslos wirkte, und dabei ging es um großes Unglück und Zerrissenheit der Mutter, um die Abgründen der menschlichen Seele und große Einsamkeit.


    Bedauerlicherweise, bin ich immer noch nicht dazu gekommen, die Fortsetzung zu lesen. Vielleicht kommt es noch irgendwann :)

    2024: Bücher: 99/Seiten: 43 438

    2023: Bücher: 189/Seiten: 73 404

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    Macdonald, Helen/Blaché, Sin - Prophet