Alessandro Manzoni - Die Verlobten / Die Brautleute / I promessi sposi

  • Zum Inhalt
    Renzo und Lucia haben bereits den Termin für die Hochzeit festgesetzt, als der Priester Don Abbondio sich weigert, die beiden zu trauen. Hinter diesem Streich steckt Don Rodrigo, ein Landedelmann, der selbst ein Auge auf Lucia geworfen hat und der zu jeder Schandtat bereit zu sein scheint unnd jede Menge Macht und Helfershelfer hat.
    So kommt es, dass die beiden Liebenden sich auf unbestimmte Zeit trennen müssen, um den Fängen Don Rodrigos zu entgehen. Lucia sucht sich in einem Kloster zu verstecken, Renzo zieht nach Mailand - doch beide Wege sind nicht sicher.


    Form/Stil
    Das Buch erschein in verschiedenen Versionen zwischen 1821 (erste Ausarbeitung) und 1842 (heutige definitve Form).
    Erstmal muss ich erwähnen, dass ich nicht die unten angegebene Ausgabe gelesen habe, sondern eine ganz alte Übersetzung von 1960 mit wunderbaren Zeichungen.
    Das Buch umfasst 38 Kapitel (in meiner Ausgabe 914 Seiten!!), von denen sich einige aber ausschließlich dem Zeitgeschehen widmen. Der Schreibstil ist zwar flüssig, strotzt aber (wie damals üblich) vor Abschweifungen. Zu jeder Person, die auftaucht, wird die Vorgeschichte erzählt, was zwar einerseits der Charakterdarstellung hilft, andererseits aber die Handlung lähmt. Dazu kommen politische und soziale Hintergründe (spanische Herrschaft, Hungersnöte, die Pest), die nur teilweise in die Handlung eingebunden sind. Offensichtlich wollte Manzoni hier keine stringente Handlung darstellen, sondern ein umfassendes Bild von den damaligen Zuständen schaffen und liefert dem Leser so wesentlich mehr Hintergrundinformationen als notwendig gewesen wäre.



    Meine Meinung
    Die Geschichte selbst ist interessant: die andauernden Verwicklungen und Hindernisse - auch wenn das Ende vorhersehbar ist. Auch die verschiedenen Personen haben mir gefallen, die Abschweifungen zu den einzelnen Lebensgeschichten waren erträglich.
    Was mir einfach zuviel war, sind die Kapitel, in denen die Handlung nicht weitergeht, weil mal wieder irgendetwas anderes in aller Ausführlichkeit geschildert wird. Die Handlung selbst hätte vermutlich leicht auf 400 Seiten gepasst....
    Für mich also einfach zu langatmig und zäh zu lesen. Schade, denn ich hatte mir mehr erwartet. :x

  • Ariel


    Mit Interesse habe ich dein Lesen dieses Klassikers verfolgt. Bin auch gar nicht überrascht über deine abschliessende Rezension. Ich begreife auch deine Worte

    Zitat

    Für mich also einfach zu langatmig und zäh zu lesen


    Stimmt es liest sich nicht besonders leicht, ich erinnere mich ( in den italienischen höheren Schulen gehörte er zur Pflicht, gehört vielleicht heute noch, das weiss ich nicht :-? ) wie wir uns mit diesem Werk "herumschlugen". Dennoch " I Promessi Sposi" gehört für mich heute noch zu den Perlen unter den Klassikern.


    Zitat

    Offensichtlich wollte Manzoni hier keine stringente Handlung darstellen, sondern ein umfassendes Bild von den damaligen Zuständen schaffen und liefert dem Leser so wesentlich mehr Hintergrundinformationen als notwendig gewesen wäre.


    Das war die Absicht des Autors und zu diesem Zwecke hat er sich mit umfassender Literatur über die damalige Zeit, akribisch vorbereitet, er las, unter anderem Giuseppe Ripamonti , Pietro Verri, Melchiorre Gioia, (Historiker), bevor er mit dem Roman begann. Es war im wichtig diese seine Inspirationen der Wahrheit, des Bösen und des Guten dem Leser vermitteln zu können. Die zur damaligen Zeit herrschenden sozialen, politischen, wirtschaftlichen und vor allem Moralischen Zustände in der Lombardei beschäftigten Manzoni sehr, was er mit diesem Werk vortrefflich zum Ausdruck bringt.


    Goethe sagte:

    Zitat

    "Manzonis Roman überflügelt alles, was wir in dieser Art kennen"


    Gruss
    Serjena

    Gebt gerne das, was ihr gerne hättet: Höflichkeit, Freundlichkeit, Respekt. Wenn das alle tun würden, hätten wir alle zusammen ein bedeutend besseres Miteinander.

    Horst Lichter

    Einmal editiert, zuletzt von serjena ()

  • @ Serjena


    *schenkt ihr ein n für Anriel - ich bin doch kein Waschmittel* :lol:


    Danke für Deinen ausführlichen Beitrag, wirklich sehr informativ. Soweit ich weiß, gehört es in Italien immer noch zur Pflichlektüre - und im Studium der Italienischen Literatur auch.


    Dem Goethe kann ich mich da nicht so ganz anschließen, aber als Meister seines Faches wird er das wohl besser wissen als ich kleiner Bücherwurm. Für mich wäre bei diesem Roman nur wenniger mehr gewesen.

  • :)  Anriel


    Danke für das n :wink: Bei Ariel könnte man jedoch, wenn es nicht so profan wie ein Waschmittel klingen sollte, an den Engel Ariel, an das Gedicht von Sylvia Plath Ariel oder der literarischen Figur in Shakespeares Der Sturm, Goethes Faust II und Alexander Popes Der Raub der Locke denken. :D


    Gruss
    Serjena


    Denoch, ich werde dich selbstverständlich Anriel nennen, wie es sich gehört.

    Gebt gerne das, was ihr gerne hättet: Höflichkeit, Freundlichkeit, Respekt. Wenn das alle tun würden, hätten wir alle zusammen ein bedeutend besseres Miteinander.

    Horst Lichter

  • Ich habe das Buch seit einigen Jahren im Regal stehen. Ich hab es mir mal für die Uni gekauft, und - wie ich gestern anhand eines noch zwischen den Seiten steckenden Lesezeichens erkennen konnte - auch bis zweihundert Seiten vor Schluss gelesen. Wie gesagt, das ist gut und gerne sieben Jahre her, deswegen muss ich jetzt von vorne anfangen.


    Auf den ersten Seiten fiel es mir wegen des sehr ausschweifenden Erzählstils von Manzoni doch etwas schwer, mich in das Buch einzufinden. Nun aber, nach knapp hundert Seiten, gefällt es mir eigentlich wieder sehr gut. Die Geschichte zeigt deutlich die Verzweiflung der einfachen Leute, die sich gegen die Obrigkeit einfach nicht zu helfen wissen. So wollen Renzo und Lucia so gern heiraten, haben auch schon alles dafür getan, damit dies möglich wird - und dann, nur weil der fiese Don Rodrigo es sich in den Kopf gesetzt hat - werden ihre Plänbe durchkreuzt. Der Pfarrer wagt es nicht, sich gegen dieses Heiratsverbot der beiden zur Wehr zu setzen, da er mit einer grausamen Strafe rechnen muss.
    Mittlerweile finde ich es eigentlich wieder ganz spannend, dass Manzoni eben nicht nur die Handlung wiedergibt, sondern auch Einblicke in die Lebensumstände der damaligen Zeit zulässt und dem Leser diese näherbringt. Dadurch erst wird das Buch meiner Meinung nach zu einem Klassiker. Auch ich hätte es andernfalls als reine Liebesgeschichte gelesen und mich wohl nicht nachhaltig beeindrucken lassen. Zu sehen, wie sich diese fiktive Handlung aber in den echten historischen Kontext fügt, finde ich spannend. :)


    Es wird sicher noch eine Weile dauern, bis ich mit diesem Werk durch bin, aber interessant ist es schon jetzt allemal. :)

  • Strandläuferin: Du erinnerst mich gerade an ein Buch, das ich mir explizit auf meine re-read Liste gesetzt habe. Die Lektüre ist jetzt auch schon ein paar Jährchen her, aber ich weiß noch, dass mich das Buch mit seinen verschiedenen Erzählebenen (ich kann mich noch an die fiktive Liebesgeschichte und die historische Geschichte über die Pest erinnern) ziemlich fasziniert hatte. Beim ersten lesen konnte man das alles gar nicht erfassen und mir ist bestimmt einiges entgangen.
    Jetzt fehlt mir nur die Zeit, damit ich es lesen könnte :roll:

  • Sofie: Ich bin im Moment selbst erstaunt davon, wie gut das Buch ist. Es ist total toll geschrieben / übersetzt und bisher finde ich es auch überhaupt nicht langweilig. Zudem trägt die Sprache auch sehr dazu bei, dass man sich alles sehr gut vorstellen kann. Ich bin wirklich froh, dass ich es jetzt mal von meinem SUB erlöst habe, denn dieses Buch lohnt sich auf jeden Fall, finde ich. :)

  • Anriel hatte das Buch ausführlich und gut vorgestellt, und wenn ich nun hier was dazuschreibe, dann einfach auch, um nochmals auf diesen großen italienischen Klassiker aufmerksam zu machen. Italienische Bekannte versicherten mir, dass er auch heute noch studiert wird und wirklich zum Grundstock italienischer Literatur gehört, wie ja auch Serjena betonte.


    Es ist zweifelsohne wahr, dass die historischen Abschweifungen, die ausführlichen Beschreibungen einiger Personen und auch manche Reihungen, Aufzählungen, Parallelen teils nicht mehr unserer heutigen „Geschwindigkeit“ im Lesen, bzw. Schreiben entsprechen, bzw. wir da Längen sehen und spüren. Mir ging es ebenso und ich habe zwei, drei eher historische Passagen quer gelesen.


    Dennoch verspürte ich ein Vergnügen, diesen Schmöker zu lesen: zwischen den Zeilen steckt oft so viel Humor und man kann oft schmunzeln. Zur selben Zeit bleiben der Hintergrund (Hungersnot, Krieg und Pest) und die Situation für unsere beiden Hauptfiguren dramatisch. Wird hier dann eine noch alte Sicht auf die Welt dargestellt, in der letztlich doch alles nach Schmerz und Durchgang zum Neuen erblühen kann? Man kann das dann fast etwas zu erbaulich finden, doch ich konnte darin manch Schönes entdecken! Für mich nicht nur Liebes-, und Zeitgeschichte, sondern auch Einblick in eine Form der Religiösität, die teilweise mit großem Respekt dargestellt wird (insbesondere auch in den Figuren eines Pater Cristoforo und anderer Kapuziner, oder des, historischen, Federico Borromeo).


    Die neue Übersetzung von Burkhard Kroeber aus dem Jahre 2000 (?, eine andere kenne ich auch nicht) finde ich sprachlich ganz ausgezeichnet: man fühlt sich in einer „klassischen“ Sprache und einem gewissen Fluss – ganz toll!


    ZUM AUTOR: Alessandro Francesco Tommaso Manzoni (* 7. März 1785 in Mailand; † 22. Mai 1873 ebenda) war einer der bedeutendsten italienischen Dichter und Schriftsteller. (Quelle und weitere Informationen bei: http://de.wikipedia.org/wiki/Alessandro_Manzoni )


    Ins Deutsche übersetzte Werke:
    Inni sacri, 1815 (dt. Heilige Hymnen, übersetzt von Paul Heyse, Berlin 1889)
    Osservazioni sulla morale cattolica, 1819 (dt. Bemerkungen über die katholische Moral, übersetzt von Joseph v. Orsbach, Köln 1835)
    Il cinque Maggio, 1821 (dt. Der fünfte Mai, übersetzt von Johann Wolfgang von Goethe, 1822), Paul Heyse (1871) u. a.
    Adelchi, 1822 (dt. Adelgis, übersetzt von Karl Streckfuss, Berlin 1827)
    La Monaca di Monza (Teilstück aus Fermo e Lucia, 1823), postum veröffentl. 1954 (dt. Die Nonne von Monza, übersetzt von Heinz Riedt, Nymphenburger Verlagsanstalt, München 1964, dtv 1988)
    I Promessi Sposi, 1827, rev. Ausgabe 1840–42 (zahlreiche deutsche Übersetzungen unter dem Titel Die Verlobten, von Daniel Leßmann, Berlin 1827, rev. 1832, und Eduard v. Bülow, Leipzig 1828, rev. 1837, bis Johanna Schuchter, München 1923, und Ernst Wiegand Junker, München 1960; bisher letzte Neuübersetzung unter dem Titel Die Brautleute, deutsch von Burkhart Kroeber, Hanser, München 2001; dtv 2003)
    La colonna infame, 1842 (dt. Die Schandsäule, nach einer anonymen Übersetzung von 1843 hrsg. und übers. von Wolfgang Boerner, Vorwort von Leonardo Sciascia, Verlagsgruppe Vis-à-vis, Berlin 1988, dtv 1990)

  • ### Inhalt ###

    Die Lombardei im 17. Jahrhundert: Renzo und Lucia, zwei Menschen aus dem einfachen Volk, er ein Seidenspinner, sie eine Bäuerin, wollen heiraten. Der ortsansässige Graf Don Rodrigo zieht jedoch alle Fäden, um diese Heirat zu verhindern, da er ein Auge auf Lucia geworfen. Die beiden sind gezwungen zu fliehen. Dies führt beide auf eine lange beschwerliche Reise der Trennung, in der sie die von der Willkür der Herrschenden und von der wütenden Pest beschwerte Welt ertragen müssen, um am Ende doch wieder wie durch ein Wunder zusammenzufinden.



    ### Meinung ###

    Dieses Buch war eines der beschwerlichsten und am wenigsten unterhaltsamsten Bücher, die ich je gelesen habe. Ich weiß, dass dieses Buch, das 1830 in seiner finalen Fassung erschienen ist und an dem Manzoni fasst 10 Jahre gearbeitet hat, in der Literaturwissenschaft gefeiert wird als ein Meilenstein der italienischen Literaturgeschichte, da in diesem Buch erstmalig eine Vereinigung von historischen Grundlagen mit der freien Geschichtenerfindung, die einem Roman zu eigen ist, innewohnt. Manzoni hatte den Anspruch, ein Werk zu schreiben, "das als Darstellung eines bestimmten Gesellschaftszustandes mittels Geschehen und Charaktere" zu verstehen ist, "die der Realität so ähnlich sein müssen, dass sie uns als eine wahre Geschichte erscheinen., die irgendwo aufgefunden wurde." (Brief an Claude Fauriel). Das Ergebnis ist ein Buch, das für mich zäh wie Kaugummi ist. Aus meiner Sicht ist ihm die Verbindung aus Historie (Pest in Mailand, Kriege und Machtverhältnisse zwischen den Adeligen dieser Zeit) und der Geschichte Renzos und Lucias überhaupt nicht gelungen. Beide Stränge stehen einfach unmotiviert und in keinem guten quantitativen Verhältnis nebeneinander. Wenn er beginnt von den Machtverhältnissen dieser Zeit zu berichten, so reihen sich Namen an Namen, Information an Information, die in keinem Zusammenhang zur Geschichte stehen, ebenso, wenn es um die Schilderung der Pest geht, alles ellenlang auf vielen, vielen Seiten beschrieben. Dabei verweist er immer wieder auf die Quellen. Es war jedes Mal eine kleine Wohltat, wenn er endlich wieder auf die Geschichte zurückkam, aber auch die war oft nur das Vehikel, um immer wieder auf die Historie Bezug zu nehmen. Die Sprache ist ausufernd, voller Schnörkel und dazu gemacht, zu zeigen, was für ein großartiger Fabulierer Manzoni ist. Oft habe ich viele Abschnitte gelesen, kaum was verstanden und trotzdem weitergelesen. Das passierte immer bei den historischen Abschnitten.



    ### Fazit ###

    :bewertung1von5: :bewertung1von5:


    Wer Lust auf ein Dokument hat, das Literaturwissenschaftler-Herzen höher schlagen lässt, der greife zu diesem Buch, wer Unterhaltung sucht, halte sich fern davon.

    Der ideale Tag wird nie kommen. Der ideale Tag ist heute, wenn wir ihn dazu machen. -- Horaz


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  • Squirrel

    Hat den Titel des Themas von „Alessandro Manzoni - Die Verlobten (auch Die Brautleute)“ zu „Alessandro Manzoni - Die Verlobten / Die Brautleute / I promessi sposi“ geändert.