Karen Joy Fowler - Der Jane Austen Club/The Jane Austen Book Club

  • Der Jane-Austen-Club, das sind fünf Frauen, die allesamt die Romane der großen englischen Schriftstellerin lieben, und ein Mann, der die Bücher gerne kennenlernen möchte und darum, zunächst etwas widerwillig, Aufnahme in den Damenzirkel findet. Jeden Monat nehmen sich die sechs eines von Janes Büchern vor und treffen sich bei einem anderen Mitglied zu Hause, um über den Roman, aber auch über Gott und die Welt zu sprechen. Dabei prallen häufig Welten aufeinander, denn die Charaktere sind doch sehr unterschiedlich: die ruhige Sylvia, die gerade nach über 30 Jahren von ihrem Mann verlassen wurde, ihre draufgängerische Tochter Allegra, die etwas exzentrische Hundezüchterin Jocelyn, mit der Sylvia schon seit Kindertagen befreundet ist, die Lehrerin Prudie, die alle mit ihren französischen Zitaten in den Wahnsinn treibt, die etwas chaotische Bernadette und Grigg, der Hahn im Korb, der mit drei älteren Schwestern groß geworden ist und ein Faible für Science fiction hat.


    Dieser bunte Haufen liest sich innerhalb eines halben Jahres durch sechs Austen-Romane, erlebt einige Irrungen und Wirrungen im Liebes- bzw. Privatleben und erinnert sich an mehr oder minder schräge Kindheits- und Jugenderlebnisse. Dadurch, dass in jedem Abschnitt eine andere Figur im Mittelpunkt steht, wirkt das Ganze etwas episodenhaft, und es ist schwierig, sich für die einzelnen Charaktere wirklich zu erwärmen, weil "ihr" Kapitel meist gerade dann zu Ende geht, wenn man gerade begonnen hat, sich für sie zu interessieren. Oder auch nicht - während ich einen Teil der persönlichen Geschichten ganz gerne mochte, haben mich andere eher genervt.


    Es ist wohl so gedacht, dass jeder der sechs eine Entsprechung in Austens Romanen hat, was mir, die ich mich mit Austen nur bedingt auskenne, natürlich nicht aufgefallen ist und mir dadurch wohl auch einen Teil des Lesevergnügens geraubt hat, so dass ich insgesamt nur ein mittelmäßiges Fazit ziehe und mich zwischendurch auch mal echt gelangweilt habe.


    Was mir allerdings wirklich gut gefallen hat, war Fowlers ironischer Humor. Der konnte einige Längen/Schwächen aufwiegen und mich bei der Stange halten. Ein Lesehighlight war das Buch für mich allerdings nicht.


    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

  • Ich habe bislang nur den Film gesehen, dafür habe ich alle Austenromane gelesen, weshalb ich eigentlich in Erwägung gezogen habe, das Buch auch noch zu lesen. Wobei ich jetzt nach deiner Rezension zugegebenermaßen immer noch schwanke.

    Stell dir vor, es gibt nur einen Menschen, dem du vertraust. Der dich so sehen darf, wie du bist. Er ist deine Familie.
    Und plötzlich verliebst du dich in ihn.
    Wenn du es nicht wert bist, dass er dich liebt, wirst du alles verlieren.
    Was wirst du tun?

    Taranee: Zeiten des Zweifels

  • Echte Jane-Austen-Liebhaber wissen: Ihre Romane enthalten mehr als nur fesselnde Geschichten und interessante Charaktere. Die Figuren, die Jane Austen entworfen hat, sind vielfältig; charmante, hinterlistige, liebenswerte, verschlagene oder einfach komplette Hohlbrote treten in den unterschiedlichsten Konstellationen auf und machen aus jeder Handlung etwas ganz besonderes. Und die Handlungen selbst sind - wenn man hinter das Standartschema des Settings blickt - so facettenreich, dass es viele verschiedene Lesarten gibt. Man kann sich auf die Beziehungsgeflechte fokussieren und eine herzzerreißende Liebesgeschichte lesen. Oder man setzt die starken Frauencharaktere in den Kontext der Zeit und bewundert die Geschichten als emanzipatorischen Akt. Oder, oder, oder.


    Dank dieser vielen "oders" hat der Jane Austen Club einiges zu diskutieren. Die Besetzung ist handverlesen und besteht nur aus eingefleischten Lesern Jane Austens und solchen, die es werden wollen. Jocelyn höchstpersönlich hat die Gruppe zusammengestellt, die sich nun monatlich in bei einem anderen Mitglied trifft, um jeweils ein anderes Buch der geliebten Autorin durchzusprechen. Dabei könnte die Lesetruppe heterogener nicht sein: da hätten wir die frisch getrennte Hausfrau und deren künstlerisch und handwerklich sehr begabte Tochter, die nach Außen hin recht aggressiv ihre Homosexualität postuliert. Diese beiden treffen zusammen mit einer jungen, unsicheren Lehrerin, einer lebenserfahrenen Romantikerin und einem charmanten Science-Fiction-Fan - selbiger auch das einzige männliche Mitglied des Leseclubs. Jocelyn selbst ist eine unabhängige und selbstständige Frau, die sich in der Hundezucht einen Namen gemacht hat.
    So verschieden sie alle auch sein mögen, verbindet sie doch das Interesse und die Leidenschaft für Jane Austens Werke. Daher gibt es natürlich viel zu besprechen.


    Diese Besprechungen nehmen einen nicht unerheblichen Teil der Geschichte ein, stehen aber dennoch in einem harmonischen Verhältnis zur eigentlichen Handlung.
    In der müssen alle Charaktere durch die eine oder andere emotionale Konfliktsituation, sodass erstens der Lesekreis langsam auch zu einem Freundeskreis zusammenwächst und zweitens die Figuren nicht so rollenstereotypisch wie am Anfang dargestellt bleiben, sondern alle eine Entwicklung durchmachen und gewissermaßen mit Hilfe von Jane Austens Romanen und des Lesekreises wachsen.
    Diese Idee finde ich sehr sehr schön, auch wenn die Story an sich nicht besonders komplex gehalten ist. Dennoch ist sie gut geschrieben - locker und flüssig - und mit schön ausgearbeiteten Figuren bestückt. Für mich war es eine ideale Urlaubslektüre, die sowohl leicht zu lesen als auch für erneute Austen-Lektüren sehr anregend ist. Da sich inhaltlich sehr stark mit den Werken der Autorin auseinandergesetzt wird, bringt dieses Buch wohl umso mehr Spaß, je besser man die behandelten Werke kennt. Dennoch ist es nicht nur für Jane-Austen-Kenner ein nettes Zwischendurch-Buch, sondern auch für solche, die es werden wollen.

    Wenn wir uns nicht gelegentlich verirren, dann haben wir uns nicht genug bewegt.
    Florian Illies

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