Philip K. Dick - Das Orakel vom Berge / The Man in the High Castle

  • "Vaterland" oder "Geschichte machen" sind großartige Romane und können immer wieder empfohlen werden, aber dieser Roman ist einer der ersten Romane, der sich mit der Frage auseinander gesetzt hat, wie es wohl aussehen könnte, wenn Japan und Deutschland den Zweiten Weltkrieg gewonnen hätten. Dieser Roman zeigt die Zustände in der deutschen und japanischen Besatzungszone des nordamerikanischen Kontinents.


    Ein sehr beeindruckendes und auch beängstigendes Buch von einem der Großmeister der SF-Literatur. Mehr dazu auf dem hohen Berg

  • Bei amazon plant man übrigens zu diesem Roman eine Fernsehserie zu produzieren und hat für den Pilotfilm Ridley Scott bekommen. Ziemlich beeindruckende Darstellung eines von Japan und Deutschland besetzten Amerikas im Jahr 1962. Bin mal gespannt, ob die Serie produziert wird.

  • Wir schreiben das Jahr 1962, doch nicht JFK ist in Washington an der Macht, sondern die USA sind seit Kriegsende ein geteiltes Land. Aufgeteilt unter den Siegermächten Japan und (Nazi)Deutschland, mit einer neutralen Zone zwischen der von Japan regierten Westküste und dem Osten, der unter deutscher Herrschaft steht. Deutsche Herrschaft bedeutet genau das, was man sich vorstellt - strenge Regeln, Zucht und Ordnung, leises Munkeln über Konzentrationslager, Repressalien für Menschen unerwünschter Abstammung.


    Adolf Hitler ist ein alter, kranker Mann, nach allem, was man so hört, dem Tode näher als dem Überleben. In Deutschland rangelt die Nazi-Führungsriege um seine Nachfolge, während in Amerika ein aufsehenerregendes Buch für Furore sorgt, eine Art Alternate History, in der die Alliierten den Krieg gewonnen haben und nicht die Achsenmächte.


    Zufällig bekommt auch Juliana dieses Buch in die Finger und ist fasziniert von dieser gewagten Phantasie. Sie setzt sich in den Kopf, den Autoren unbedingt kennenlernen zu wollen, der als verschlossener, zurückgezogen in einer festungsartigen, abgelegenen Villa lebender Mensch gilt, weil sie wissen will, ob mehr dahintersteckt als nur eine unerhörte Romanidee, und will den Plan, zu ihm vorzudringen, um jeden Preis in die Tat umsetzen.


    Dicks Weltentwurf ist äußerst beklemmend, aber grandios gemacht. Er braucht keine ausschweifenden Schilderungen, um dem Leser Schauder über den Rücken zu jagen. Fast beiläufig zeichnet er das Bild der geteilten, totalitär regierten USA, wirft etwa nebenbei ein, dass man Afrika bereits komplett
    entvölkert hat und sich nun die "minderwertigen" Völker in Osteuropa vorknöpfen will.


    Die Handlung selbst hat mich oft verwirrt, nicht immer konnte ich nachvollziehen, warum wer was tut. Oft nervt mich das so, dass ich das Buch weglege, aber Dicks verstörende Welt hat mich so gefesselt, dass ich mich durch diese Passagen durchgebissen habe, um zu erfahren, wie es in diesem schrecklichen Staat weitergeht. Fasziniert haben mich auch kleine Details wie etwa, dass die japanischen Besatzer unglaublich auf amerikanische Antiquitäten aus dem 19. Jahrhundert stehen und sich folglich ein schwunghafter Handel mit gefälschten Colts aus der Zeit des Bürgerkrieges entwickelt.


    Das Ende hat mich zunächst völlig ratlos und fast etwas enttäuscht zurückgelassen, weil ich erwartet hatte, dass die Geschichte eine ganz andere (konventionellere) Richtung nimmt. Nachdem ich jedoch das informative Vorwort in meiner englischen Ausgabe gelesen und die Sache etwas sacken lassen hatte, fand ich es dann doch irgendwie gut. Merkwürdig, aber
    irgendwie auch genial.



    Das Buch wurde jetzt als Amazon-Serie verfilmt. Ich habe den Pilot gesehen und war ziemlich angetan, auch wenn vieles sehr anders ist als im Buch.
    Ich bin äußerst gespannt, wie das dort weitergeht.

  • So, ich habe heute die letzte Episode der Reihe gesehen und muss sagen, es war schon ziemlich beeindruckend. Die Ausstattung und auch die narrated history sind ziemlich überzeugend und die Art, wie gezeigt wird, wie Menschen versuchen in unmenschlichen politischen Systemen doch gut zu sein, ist überaus packend und glaubwürdig. Ich bin gespannt, ob sich amazon hier zu einer zweiten Staffel entschließt.

  • Was wäre wenn Deutschland und Japan den 2. Weltkrieg gewonnen hätten? Was wäre, wenn sie die USA unter sich aufgeteilt hätten? Wie hätten diese Länder sich weiterentwickelt, was hätte das für die Menschen bedeutet?


    Philip K. Dick geht hier dieser Frage nach, man schreibt das Jahr 1962 (in diesem Jahr ist auch der Roman erschienen), die Pazifikstaaten gehören zum japanischen Kaiserreich, die Atlantikstaaten zum Dritten Reich, zwischen den beiden liegt eine neutrale Pufferzone.


    Der Leser begleitet mehrere Charaktere, Amerikaner, Deutsche, Japaner, Mitläufer und Menschen, die sich, wenn auch meist im Geheimen, auflehnen. Ein Roman kursiert, der das Undenkbare beschreibt, eine alternative Welt, und überall auf Interesse stößt.


    Schon lange wollte ich einmal etwas von diesem Autor lesen, dessen Werke mehrfach verfilmt wurden. Aber erst die Serie „The Man in the High Castle“, die auf diesem Roman basiert, und die mich von Anfang an faszinierte und erschreckte, brachte mich dazu, zu einem der Romane zu greifen. Man kann den Roman sehr gut zusätzlich zur Serie lesen, er ist anders, aber in vielem auch ähnlich, alle wichtigen Szenen des Romans sind auch in der Serie enthalten, erstaunlicherweise sogar die Szene mit Tagomi im Park. Die Serie geht weit, aber in meinen Augen passend, über das Geschehen im Roman hinaus.


    Zurück zum Roman: Mich hat er sofort gefesselt, ich habe mich gefreut, wichtige Personen aus der Serie wieder zu treffen, sie ein bisschen anders beleuchtet zu sehen. Mich hat die Wirklichkeit des Romans, wie die der Serie, erschreckt und nachdenklich gemacht – wie gut, dass sie nicht eingetroffen ist. Als Leser muss man sich schon seine eigenen Gedanken machen, der Roman geht nicht in die Tiefe und er bleibt in vielem offen, aber gerade das finde ich sehr gut.


    Der Roman ist für mich ein Must-Read, ich bin froh, ihn endlich gelesen zu haben und werde sicher auch noch zu weiteren Werken des Autors greifen. Volle Punktzahl und eine absolute Leseempfehlung!

  • Ich habe das Buch auch gelesen und muss gestehen, dass ich die Handlung als sehr langweilig und eintönig empfunden habe. Selbstredend klingt das Szenario spannend, leider kommt diese Spannung im Buch jedoch an keiner Stelle zum Ausdruck. Wie schön wäre es gewesen, hätte man sich mehr Zeit genommen, die Struktur dieser Alternativwelt besser zu erläutern. Ein unglaubliches Potenzial, leider aber verschenkt.


    In der Kürze: Es hätte so gut sein können, war es (für mich) jedoch nicht!