1. Teil: Beginn bis "Zwei Orden"

  • Ich bin ja schon hin und weg von den ersten Seiten des Buchs. :thumleft:
    Denn es scheint ja genau in diese Richtung zu gehen, womit ich mich schon sehr lange beschäftige:


    Dass jedes Geschöpf bei der Geburt vollkommen ist, quasi die vollkommene Musik in sich trägt. Und das Leben dann Missklänge in diesem System erzeugt. Vielleicht ist das „Glasperlenspiel“, dieser Orden, ein Spiel wie z. B. die Homöopathie, die Akupunktur, Ayurveda u.a., die den Körper, oder das System wieder in die richtigen Schwingungen bringen möchte.

  • Zitat

    Die verfallenden Staaten und die zum Untergange reifen Menschen entbehren freilich auch nicht der Musik, aber ihre Musik ist nicht heiter. Darum: je rauschender die Musik, desto melancholischer werden die Menschen, desto gefährlicher wird das Land, desto tiefer sinkt der Fürst. Auf diese Weise geht auch das Wesen der Musik verloren.


    Diesen Gedanken habe ich noch nicht gedacht, aber er hört sich für mich sehr logisch an, da ist etwas Wahres dran.
    Überhaupt war für mich das erste Kapitel sehr interessant, und mit vielen Gedanken und Gedankenspielen bereichert (ich musste oft aufschauen und darüber nachgrübeln), aber ich musste in einem durchlesen.
    Das Glasperlenspiel hat jetzt eine Bedeutung für mich wie die buddhistische Meditation, eins werden, zur Harmonie und Vollkommenheit streben; auch „Gut“ und „Böse“ harmonisieren können.


    Übrigens das feulletonische Zeitalter soll der Beginn des 20 Jh`s sein, aus der Zukunft betrachtet.

  • Ich melde mich hiermit von der Lserunde ab, da mir Zeit und Konzentration für ein solches schweres Buch fehlt.


    Ich wünsche euch aber eine interessante Leserunde!

    She wanted to talk, but there seemed to be an embargo on every subject.
    - Jane Austen "Pride and prejudice" - +

  • Nach der doch ziemlich anspruchsvollen Einleitung, inder man jedes Wort genau lesen und mitdenken musste, war das erste Kapitel ziemlich einfach zu lesen. Einfach, aber wunderschön. Hesses Sprache ist hin- und mitreißend. Ich habe mich dabei ertappt, dass das Lesen fast wie eine Meditation war, eine erholsame Sache, bei der man die Ruhe des Geschilderten körperlich spürt.


    Was allerdings dieses Glasperlenspiel konkret ist, hat sich mir (noch?) nicht erschlossen.


    Fast schon ironisch fand ich die Hinweise auf Wissenschaften und Tätigkeiten, die eigentlich keinerlei praktischen oder allgemeinen Nutzen haben.

  • Ich habe das erste Kapitel beendet. Ich musste sehr viel nachdenken und habe auch nach einiger Zeit erst in das Buch hineingefunden. Auch mir gefällt die Sprache und vorallem die Gedankengänge. Das Glasperlenspiel als Zusammenhang zwische dem geistigen und musikalischem.


    Allerdings kann ich mich auch (noch?) nicht so richtig hineinversetzen was das Glasperlenspiel wirklich ist?


    Vielleicht kann uns da ja jemand auf die Sprünge helfen.


    Jetzt freu ich mich schon auf das nächste Kapitel.

    Narkose durch Bücher - Das Richtige ist: das intensive Buch.
    Das Buch, dessen Autor dem Leser sofort ein Lasso um den Hals wirft, ihn zerrt, zerrt und nicht mehr losläßt.


    :study: Sarah J. Mass - Throne of Glass / Die Erwählte :study:

  • Zitat

    Original von Lancelot
    Hesses Sprache ist hin- und mitreißend. Ich habe mich dabei ertappt, dass das Lesen fast wie eine Meditation war, eine erholsame Sache, bei der man die Ruhe des Geschilderten körperlich spürt.


    Ja, Lancelot, damit kann ich etwas anfangen, das hast du sehr schön formuliert. Ich empfand das auch so ähnlich, irgendwie schwebend, dahintreibend, und doch so herrlich getragen.


    Ich bin auch gar nicht so gespannt auf die Handlung, oder was das Glasperlenspiel nun wirklich ist, sondern lasse mich treiben von dem Buch, mich inspirieren. Einfach schön :drunken:

  • Zitat

    S. 107 Die wirklich großen Männer der Weltgeschichte haben alle entweder zu meditieren verstanden oder doch unbewußt den Weg dorthin gekannt, …


    Meine Rede. Jesus wusste wie, der Dalai Lama meditiert auch.
    Das ist für die geistige Welt auch unabdingbar.


    Wobei es in der Tat große Männer waren, und obwohl der Roman ja aus der Zukunft heraus geschrieben ist, vermisse ich bei Hesse die Einsicht, dass es auch große Frauen geben kann (Mutter Theresa).
    Der Orden ist nur für Männer, wieder nur eine rein patriarchalische Welt.
    Das stört mich ein wenig.

  • Hallo!


    Ich habe eine 613-seitige Suhrkamp-Taschenbuchausgabe aus dem Jahr 1972.


    Nach dem doch sehr anspruchsvollen Vorwort (an dem ich wohl gescheitert wäre,hätte ich hier nicht gelesen, dass es dann "einfacher" weiter geht) ;) habe ich jetzt mit der Geschichte des Josef Knecht begonnen.


    Was jetzt genau das "Glasperlenspiel" ist, darauf bin ich eigentlich auch nicht wirklich gekommen.
    Wurde nicht zuerst beschrieben, dass ganz ursprünglich tatsächlich Glasperlen in besonderer Kombination aufgefädelt waren? Danach allerdings habe ich so das Gefühl, dass das ganze Spiel sehr abstrakt wird und eigentlich nur mehr in den Köpfen der "Spieler" stattfindet. Da ja nur überaus talentierte bzw. intelligente "Elite"- Schüler in den Genuss des Glasperlenspieles kommen, ist ja das durchaus möglich.
    Ein weiteres Indiz dafür, dass es sich um ein "Denkspiel" handelt fand ich darin, dass die Darstellung eines Zusammenhanges zwischen Mathematik und klassischer Musik beschrieben wird. Obwohl schon mein Musiklehrer behauptete, dass es nichts mathematischeres als die Musik gibt, fällt es mir doch schwer, dies anschaulich anhand von Perlen darzustellen.


    Sofort ins Auge gefallen ist mir das typische Hesse-Charakteristika von den "zwei Seelen". Anhand von Josef Knecht wird sehr anschaulich dargestellt, wie sich seine innere Welt von der äußeren abhebt.


    So steht z.B. bei mir auf Seite 59:


    Zitat

    ...harmonisch und gleichmäßig arbeiteten und wuchsen das Innen und das Außen einander entgegen

    . Und während er innerlich ja schon längst weiß, dass er für die Eliteschule auserkoren ist, scheint er doch, als er es von der Außenwelt erfährt, sehr überrascht.


    Zitat

    Original von Heidi Hof
    Wobei es in der Tat große Männer waren, und obwohl der Roman ja aus der Zukunft heraus geschrieben ist, vermisse ich bei Hesse die Einsicht, dass es auch große Frauen geben kann


    Ist das nicht auch typisch Hesse? Aber da muss ich noch grübeln.... #-o

    Herzliche Grüße
    Rosalita


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    Wenn das Schlachten vorbei ist - T.C. Boyle


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  • Ich habe das Kapitel "Die Berufung" beendet...und muss sagen das sich das Kapitel viel viel leichter lesen lässt als die Einführung. :D


    In dem Kapitel spürt Knecht die Berufung zum Glasperlenspieler, nachdem er bei dem alten Musikermeister vorgespielt hat und ihn mit seinem Spiel begeistert hat. Interessant finde ich das Knecht ihn als eine Zauberer sieht, der ihn berührt hat. Er spürt neue Harmonien zwischen sich und der Welt. Dass das natürlich auch seine Schattenseiten hat ist ja klar, denn Knecht findet sich in der Schule und der Stadt nicht mehr unter Seinesgleichen.


    Ich verstehe es so, dass das Glasperlenspiel kein Spiel im eigentlichen Sinne ist, sondern etwas das sich in den Köpfen der Menschen abspielt und zu dem nur bestimmte "Eliteschüler" auserkoren sind dies zu erlernen. Es ist ein Zusammenspiel von Geist und Musik.

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  • Zum im Buch erwähnten Begriff "Kontemplation" musste ich googeln und fand bei wikipedia folgende - für mich hilfreiche - Zeilen:


    Zitat

    Kontemplation (von lat. contemplari „Anschauung, Betrachtung“) bedeutet allgemein Beschaulichkeit oder auch beschauliche Betrachtung. Kontemplation ist auch als mystischer Weg der westlichen Tradition bekannt. In der Regel wird durch ein kontemplatives Leben oder Handeln ein besonderer Empfindungszustand oder eine Bewusstseinserweiterung angestrebt. Eine kontemplative Haltung ist von Ruhe und sanfter Aufmerksamkeit auf einen Gedanken bestimmt und unterscheidet sich von der Meditation durch die dort angestrebte vollkommene Leere des Geistes.

    Herzliche Grüße
    Rosalita


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  • Vielleicht habt ihr auch die kleine Broschüre, die der Suhrkamp-Ausgabe beigelegt ist. Darin stehen hochinteressante Kommentare und Erläuterungen.


    Was wir schon bemerkt haben: die Einleitung wird auch hier als der am schwersten verständliche Teil bezeichnet.


    Und zum Thema Glasperlenspiel: Hesse hat im ganzen Buch niemals das Wesen oder gar sowas wie eine Anleitung oder gar Spielregeln beschrieben. Das Glasperlenspiel ist "der Inbegriff des Geistigen und Musischen", der "sublime Kult, die Unio Mystica aller getrennten Glieder der Universitas Literarum", ein "Gleichnis für jede reife schöpferische Tätigkeit". (Zitate aus der Broschüre)


    Mit diesem Wissen kann ich mich wieder ganz auf Josef Knechts Werdegang konzenrieren ;)

  • Zitat

    "sublime Kult, die Unio Mystica aller getrennten Glieder der Universitas Literarum",


    Glaub jetzt verstehe ich nur Bahnhof 8-[. Kleine Erläuterung vielleicht 8-[. :D


    Leider habe ich nicht so eine Broschüre. Aber vielleicht hätte ich mir mal so ein Erläuterungsbuch zulegen sollen. :-?

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  • Ich hab mal recherchiert und folgendes über das Glasperlenspiel gefunden:

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    Das Buch, dessen Autor dem Leser sofort ein Lasso um den Hals wirft, ihn zerrt, zerrt und nicht mehr losläßt.


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  • Zitat

    Original von Heidi Hof
    Das Glasperlenspiel hat jetzt eine Bedeutung für mich wie die buddhistische Meditation, eins werden, zur Harmonie und Vollkommenheit streben; auch „Gut“ und „Böse“ harmonisieren können.


    Ja, wie ich oben schon erwähnte, ist das Glasperlenspiel für mich eine Art Meditation aus dem Buddhismus. Die Buddhisten suchen auch das Zentrum, man soll Gleichmut erlernen fern von "Gut" und "Böse". Ganz genau gesagt ist das Glasperlenspiel der Pfad der Erleuchtung für mich.
    Das wird bei Siddhartha sehr schön erklärt wie der Weg dahin führt. Nicht ein Streben zum Guten, denn dann verliert man den Weg ganz schnell, man muss über das "Böse" zum Zentrum finden.
    Hier wurde ja auch schon gesagt, dass ein Streben, die Leidenschaft falsche Beweggründe sind, die nicht aus der Mitte stammen. Falscher Ehrgeiz.


    In welcher Reihenfolge hat Hesse überhaupt die Bücher geschrieben, das magische Theater taucht ja auch auf, ist das Glasperlenspiel das Jüngste?
    Werde ich gleich mal schauen ...

  • Werke (bei Wikipedia kopiert)


    * Peter Camenzind, 1904
    * Franz von Assisi, 1904
    * Unterm Rad, 1906
    * Schön ist die Jugend, 1907
    * Freunde, 1908
    * Gertrud, 1910
    * Rosshalde, 1912-1913
    * Knulp, 1915
    * Demian, 1919
    * Klein und Wagner, 1919
    * Klingsors letzter Sommer, 1920
    * Siddhartha, 1922
    * Die Nürnberger Reise, 1927,
    * Der Steppenwolf, 1927
    * Narziß und Goldmund, 1930
    * Die Morgenlandfahrt, 1932
    * Das Glasperlenspiel, 1943

  • Ich bin nun auch mit diesem Teil fertig.


    Das Buch gefällt mir recht gut, wenn ich mich auch nicht mehr so sehr für Hesse begeistern kann wie vor ca 15 Jahren. Damals habe ich ziemlich viel von Hesse gelesen, war richtig besessen. - Das Glasperlenspiel entging mir aber damals :D


    Ich sehe auch einige Motive aus Siddharta wieder, nur dass sie in diesem Buch breiter und ausführlicher dargestellt werden. Josef Knecht ist also auf der Reise, auf einer äußeren Reise und v.a. auf einer inneren Reise. Mal sehen, wohin es ihn trägt...


    Das Buch erinnert mich übrigens nicht nur an "Siddharta", sondern noch viel mehr an Coelhos "Jakobsweg", wobei natürlich die Reihenfolge eine andere ist, richtig heißt es: Coelhos "Jakobsweg" erinnert mich stark an Hesses "Glasperlenspiel" ;)

    Herzliche Grüße
    Rosalita


    :study:
    Wenn das Schlachten vorbei ist - T.C. Boyle


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  • Zitat

    Original von Rosalita
    Das Buch erinnert mich übrigens nicht nur an "Siddharta", sondern noch viel mehr an Coelhos "Jakobsweg", wobei natürlich die Reihenfolge eine andere ist, richtig heißt es: Coelhos "Jakobsweg" erinnert mich stark an Hesses "Glasperlenspiel" ;)


    Ja, das hatten wir ja schon. Und hier im "Glasperlenspiel" wird das wieder sehr deutlich. Dass Autoren gleiche Thematik verwenden, ist nicht selten, aber Sandhofers Kritkpunkt, dass es dann zumindest neue Aspekte oder einen anderen Ausgang besitzen sollte, stimmt absolut. Coelho hat nichts Neues eingefügt. Positiv ist allerdings, dass wenigstens viele Coelho lesen, die Thematik also weiterhin gelesen wird. Ich lese mittlerweile aber lieber Hesse ;)

  • Zitat

    Original von Heidi Hof
    Ja, das hatten wir ja schon.


    Ja, ich weiß, das hatten wir schon, und ich will es auch nicht wieder aufwärmen.


    Aber es ist mir bisher bei keinem Buch bei einzelnen Stellen so bewusst aufgefallen. Beim Jakobsweg "stolperte" er ja auch über einzelne "Gleichnisse" "Gebote", etc., so wie hier in diesem diese Orakelbefragungen, z. B. das "Urteil der Jugendtorheit".


    Zitat

    Positiv ist allerdings, dass wenigstens viele Coelho lesen, die Thematik also weiterhin gelesen wird.


    Das stimmt allerdings. Aber Coelho hat es doch ein wenig mehr ins 21. Jahrhundert transferiert, und bei ihm kommen auch die Frauen nicht zu kurz! ;)

    Herzliche Grüße
    Rosalita


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