"Die Rebellen" - Jimmy Carter

  • "Die Rebellen" habe ich in der letzten Lesenacht begonnen.
    Autor ist der ehemalige Präsident der USA Jimmy Carter
    Da ich gerne mehr über die Wurzeln der USA wissen wollte, ihren Patriotismus und ihr Lebensgefühl, dachte ich, ich sei mit einem historischen Roman ganz gut bedient, zumal der Autor wohl sicher historisch korrekt recherchiert hat und aus Georgia, wo das Buch hauptsächlich spielt, stammt.


    Hier mal meine ersten Eindrücke aus der Lesenacht:
    ... Mir gefällt der sachliche, schnörkellose Stil, mit dem Carter die Protagonisten beschreibt und beginnt, die Handlungsstränge zu spinnen. (Keine großen Beschreibungen von Gefühlen à la "Von Winde verweht" )Nach der vorangestellten Personenliste werden das wohl eine ganze Menge. Das Buch spielt übrigens in einem Zeitraum von1763-1785.
    Und auch die politische Diskussion zwischen dem jungen Henry und seinem zukünftigen Schwiegervater ist sehr interessant. Im Schnellkurs erfährt man etwas über die Magna Charta und was die Kaufleute in den Kolonien so gegen Konig aufbringt (keine Steuern von Bürgern, wenn sie nicht entsprechend im Parlament vertreten sind) Und dass bei Nichtbeachtung der Steuergesetze nicht mehr die Geschworenengerichte in den Kolonien (vor denen man nichts zu befürchten hätte, sondern vor britischen Marinegerichten kommen) Tja, man merkt schon, worauf es hinauslaufen wird ...


    ... Ja, meine Lektüre gefällt mir. Auch der nüchterne Erzählstil, der die ungerechte Gesetzgebung und die korrupte britische Verwaltung beschreibt, die die kleinen Farmen unter Druck setzt, ist informativ und gut erzählt. Das ganze würde ich bisher allerdings nicht Abenteuerroman nennen. Wenngleich schon so einiges passiert, wird aber alles nicht spektakulär aufgebauscht, sondern manchmal in zwei bis drei Sätzen erzählt. Dadurch ist die Handlung ziemlich dicht - habe erst 100 Seiten (gutes Timing , nein, wohl eher Zufall) gelesen, aber es ist doch schon wirklich viel passiert. Das hat Mr. Carter (oder seine Lektoren oder sonstwer) wirklich gut hingekriegt. Bin mal gespannt, wie sich das Ganze weiterentwickelt. Langsam spitzt sich die Auseinandersetzung zwischen Gouverneur und den Regulatoren zu, und die Quäker sind schon vertrieben. (Ist kein Spoiler, denn man erfährt ja schon aus der Liste der Personen, dass es den Protagonisten nicht in North-Carolina hält, sondern nach Georgia verschlägt.) ...


    ... Das Buch schreitet munter voran, doch es erscheint ein bisschen "blutleer". Ist schwer auszudrücken, was ich damit meine. Man hat das Gefühl, das die Personen irgendwie nicht so recht lebendig sind. Sie handeln, sie haben durchaus Gefühle, aber es entsteht - noch nicht zumindest - keine Beziehung, Nähe, die man als Leser zu ihnen empfindet. Ein bisschen so ist es, als ob "ein Programm" abgespult wird und alle relevanten Themen angeschnitten werden müssen. Und oft geschieht das so, dass ein "Unwissender" von einem "Wissendem" belehrt wird (sei es Henry von seinem Schwiegervater über Politik und britische Verwaltung, sei es Mavis von Epsey über Spinnen und Weben, oder Kindred von Newota über das Leben der Creek-Indianer) alles für den Leser ungemein informativ und interessant - aber von einem historischen Roman erwarte ich schon, dass die Charaktere lebendig wirken. Hier sind es - ich überspitze es einmal, so krass ist es wirklich nicht - eher bestimmte Typen von Menschen, die für den Fortlauf der historisch belegten Geschichte nötig sind und nicht so "echt" wirken...



    Und heute habe ich das Buch beendet.
    Es entwickelte sich leider zusehends öder. Die einzelnen Kämpfe wurden geschildert - und das waren wirklich eine Menge :mrgreen: . Wer was wann und wie eroberte, irgendwann hörte ich auf, mir die Kommandeure und Gouverneure zu merken.
    Interessant blieben allerdings schon die Protagonisten - von denen es auch eine Menge gab: Der Milizführer aus Georgia, mit seinem Hass auf die Briten und die Indianer, ber eher besonnene Farmer, der sich dann aber doch zum Kampf entschieht, der Farmer, der mit den Indianern sympathisierte, der britische Offizier, der in die Händer der "Söhne der Freihei" fiel und seitdem seinen Rachefeldzug von Florida aus als Führer der Ranger begann ...
    Aber die drögen Machtkämpfe und Schlachten machten das Lesen doch zusehends schwerer. Auch die schriftlichen Berichte an den Gouverneur lasen sich schwer, überlesen ging aber nicht, weil in einem Nebensatz dann doch mal was wichtiges stand. Bei Carters Erzählstil konnte ich auch nicht öfter mal quer drüberlesen, weil die Protagonisten ja doch irgendwie und irgendwo auftauchten und ich ja auch schon nachvollziehen wollte, warum beispielsweise Savannah von wem erobert wurde, wer wohin floh - kurz die politische Situation verstehen wollte ...


    Ich merke, dass wird eine etwas zusammengestoppelte Buchvorstellung.
    "Die Rebellen" bringen auch kein Gesamtbild des Unabhängigkeitskampf, das Buch spielt hauptsächlich in Georgia und den benachbarten Staaten. Washington wird eher mal am Rande erwähnt.


    Aber immerhin habe ich das Buch zu Ende gelesen. Man sollte halt bei der Lektüre wissen, worauf man sich einlässt. Von einem historischen Roman erwarte ich schon mehr "Roman", d.h. ich möchte auch eine gute Geschichte erzählt bekommen. Die Geschichte war ja auch an und für sich gut, aber ich hätte mir von den insgesamt 600 Seiten gut 250 Seiten dröge Kampfhandlungen lieber erspart. Das war mir zu viel lokal begrenzte "History".


    Gelernt habe ich allerdings u.a., wie man jemanden teert und federt, ohne dass er stirbt und dass die Quäker mit nicht verheirateten Schwangeren nicht gerade zimperlich umgingen ...


    grüße von missmarple

  • Woooow, Kompliment Missmarple, du hast es dir wirklich nicht leicht gemacht. Ich hatte vorher ein Interview mit Carter im Stern gelesen und erinnere mich, dass ich dachte ich mag ihn also muesste ich auch seine Buecher moegen. Aber bei diesem werde ich dann doch mal eher sehen ob ich es irgendwo ausgeliehen kriege. :wink:

  • Am Wochenende habe ich nun endlich Carters Erstling ausgelesen.


    Dazu muss ich sagen, meine Erwartungen waren wohl etwas zu hoch. Der Name des Autors und der ansprechende Klappentext haben mich zum Kauf des Buches verleitet. Aber ich kann nicht einmal sagen, dass "Die Rebellen" grottenschlecht wären, nie!! Aber was mir fehlte, war das Mitfiebern, das Mitfühlen mit den Hauptpersonen. Irgendwie sind sie mir nicht ans Herz gewachsen.


    Mit diesem Buch habe ich sehr viele Informationen über die Lebensweise und -verhältnisse in der "neuen Welt" erhalten, nicht zu vergessen, dass ich manche Schlacht jetzt recht detailgetreu nachstellen könnte.


    Missmarpels Eischätzung kann ich gut nachvollziehen, ich habe es ebenso empfunden.


    Irgendwo habe ich gelesen, dass Jimmy Carter 7 Jahre zum Schreiben seines Romans brauchte, ich glaube so ein wenig hat er sich auch gequält.


    Fazit: Ich bedaure es nicht den Roman gelesen zu haben, aber ein zweites Mal werde ich ihn nicht lesen.


    Liebe Grüße


    Karthause :cat: