Agatha Christie - Da waren es nur noch Neun / And Then There Were None

  • Agatha Christie
    Da waren es nur noch neun
    der hörverlag (Audiobook/2003)
    Gelesen von Christian Hoening
    ISBN 3-89940-134-4
    Etwa 220 Minuten Laufzeit
    Euro: 9.99


    Die Soldateninsel befindet sich seit einiger Zeit in neuem Besitz und es kursieren viele Gerüchte darüber, wer der neue Besitzer sein könnte. Einige glauben an einen exzentrischen Millionär, andere an einen Filmstar und wieder andere sind sich ganz sicher, dass hier die Marine geheime Experimente durchführt. Doch niemand weiß wirklich Genaues. Dann bekommen zehn Leute eine Einladung zu einem Wochenende auf der Soldateninsel und neugierig begeben sie sich dorthin. Sie kennen sich untereinander vorher nicht, sind aber sehr interessiert auf die Insel und erfreut über die unverhoffte Einladung von Leuten, die ihnen flüchtig bekannt sind.


    Kaum auf der Insel angekommen, werden die zehn von der Außenwelt abgeschnitten und mit einer Schallplattenaufnahme konfrontiert auf der jeder der zehn eines Kapitalverbrechens angeklagt wird. Daneben findet sich in jedem der zugewiesen Zimmer eine Wandtafel mit dem Kinderlied über die zehn kleinen Soldaten, die nach und nach den Tod finden, bis sich der Letzte schließlich aus Einsamkeit erhängt. In einem Raum des Hauses befinden sich auf einem Tisch auch zehn kleine Soldatenfiguren.


    Nach und nach finden die Besucher der Insel nun auch tatsächlich den Tod und zwar genau in der Weise und der Reihenfolge, wie es den kleinen Soldaten in dem Kinderlied passiert. Nach jedem Tod ist eine der Soldatenfiguren verschwunden. Fieberhaft arbeiten die Gefangenen daran, herauszufinden, wer von ihnen der Mörder der anderen sein könnte und versuchen ihr eigenes Ableben zu verhindern, was ihnen allerdings nicht ganz gelingen will. Und mit jedem Tod wird die Spannung zwischen den verbleibenden Personen, die alle schon einmal durch Absicht oder Vorsatz einen anderen Menschen getötet haben immer nervöser, bis sie schließlich beginnen übereinander herzufallen.


    Die Struktur dieser Geschichte sollte später das Vorbild für die Kriminalkomödie „Eine Leiche zum Dessert“ sein, in der Parodien bekannter Kriminalisten aus der Literatur zu einem ähnlichen Wochenende eingeladen werden. Dieser Film ist selber schon ein gute Besprechung wert und dieser Prototyp der 10-kleinen-Negerlein-Geschichte – Horrorgeschichte oder Thriller, in denen eine begrenzte Zahl von Personen in einer isolierten Umgebung nach und nach den Tod finden – ist absolut hörenswert. Hier ist der Ursprung zu Geschichten wie „Alien“ und „Alien II“, „Das Ding aus einer anderen Welt“, „Planet des Grauens“, „The Hole“ und anderer nervenaufreibender Geschichte, die ihren festen Platz in der Vorstellungs- und Erzählwelt der westlichen Literatur erhalten haben. Die Formel, die Agatha Christie hier geschaffen hat ist genauso gut und genauso oft kopiert wie die der wesentlich bekannteren „Morde es Herrn ABC“.

  • Da bin ich jetzt ein wenig verwirrt.


    Ich besitze dieses Buch unter dem Titel "Zehn kleine Negerlein". Und es ist auch als "Letztes Weekend" erschienen.


    Aber welcher Titel auch immer: diesen Krimi habe ich vor Jahren mit angehaltenem Atem gelesen, nein verschlungen ;)


    Ich fand die Geschichte unheimlich spannend, befand mich immer wieder auf falscher Fährte und war letzten Endes verblüfft, als ich die Auflösung las. Jeder, wirklich jede und jeder hätte der Täter sein können.


    Agatha Christie zeigt hier, dass es nicht immer Hercule Poirot oder Miss Marple sein müssen, die einen Fall auf spannende Weise lösen.

  • Gut daß ich nochmal nach dem Titel gesucht habe. Grade wollte ich einen neuen Thread für "10 kleine Negerlein" aufmachen. (Ich glaube, im Original waren auch die Figuren 10 kleine Negerlein und keine Soldaten.) Ich denke, Du hast Recht, K.G.: Eine Sache von political Correctness. Ich frage mich immer wieder, ob es denn nötig ist, Literatur aus einer Zeit in der es so war, im Nachhinein zu ändern. Es geht ja schließlich nicht um Rassismus in dem Buch.


    Aber jetzt zur eigentlichen Geschichte.
    Es ist schon eine Weile her, daß ich das Buch gelesen habe, aber ich weiß noch, daß es mich sehr fasziniert hat. Wie Lancelot war ich ständig auf der falschen Fährte, habe bei jedem Mord überlegt, ob er nur vorgetäuscht sein könnte oder wer es gewesen sein könnte.


    Und mit der Auflösung hätte ich als allerletztes gerechnet.


    Ein tolles Buch. Nur zu empfehlen!

    Viele Grüße, Alianne


    ---------------------
    Bücher sind Schiffe, welche die weiten Meere der Zeit durcheilen.
    Francis Bacon

  • Das Buch kenne ich nicht, aber ich kann mich daran erinnern, was zu der Namensform "Da waren es nur noch neun" führte. Ein großer Skandal in der Kulturszene von Hannover.


    Bei der Krimicouch gibt es eine ausführliche Erklärung:
    http://www.krimi-couch.de/krim…ehn-kleine-negerlein.html


    Das war 2002 groß in unseren Zeitungen...

    She wanted to talk, but there seemed to be an embargo on every subject.
    - Jane Austen "Pride and prejudice" - +

  • das Original hieß, so glaube ich, "Ten little Indians", dan auch "Ten little Niggers" der ungalublich gute Film "And then there were none" (1945) auf Deutsch "Geheimnis im blauen Schloss" mit Mario Adorf als Diener (1965)


    Also, es gibt wegen der political correctness viele Titel


    Aber das Buch ist Klasse, oben genannte Filme auch

  • Hallo Zusammen,


    ich habe gestern von Amazon erhalten:


    Agatha Christie - Und dann gabs keines mehr


    Also wieder ein ganz anderer Titel bei gleichem Inhalt.


    Es liest sich atemberaubend spannend bis jetzt!


    Aber diese Titelauswahl finde ich fast schon lächerlich :!:


    Gruss, Tanni

    Liebe Grüße von Tanni

    "Nur noch ein einziges Kapitel" (Tanni um 2 Uhr nachts)


  • Zitat

    Original von K.-G. Beck-Ewe


    Hier ist der Ursprung zu Geschichten wie „Alien“ und „Alien II“, „Das Ding aus einer anderen Welt“, „Planet des Grauens“, „The Hole“ und anderer nervenaufreibender Geschichte, die ihren festen Platz in der Vorstellungs- und Erzählwelt der westlichen Literatur erhalten haben. Die Formel, die Agatha Christie hier geschaffen hat ist genauso gut und genauso oft kopiert wie die der wesentlich bekannteren „Morde es Herrn ABC“.


    Die Formel, bei der eine Gruppe von Leuten an einem mehr oder weniger abgeschiedenen Ort nach und nach den Tod findet, läßt sich schon bis wenigstens in die Schauerromantik zurückverfolgen, und gerade im ausgehenden 19. Jahrhundert und den Anfängen des 20. Jahrhunderts kam sie häufig in der englischsprachigen Spannungsliteratur, aber auch auf der Bühne zur Anwendung. Aus dieser Tradition heraus ist z.B. auch Alien entstanden, ebenso wie The Thing (The Hole hingegen steht eher in der Tradition einer anderen oft verwendeten Grundsituation der Krimiliteratur, die sich schon bei Conan Doyle, Poe und Chesterton findet: Dem Leser wird ein Tatort präsentiert und es wird davon ausgehend anhand der Spuren und Beweise zusammengesetzt, was geschehen ist). Leider waren Leser wie Publikum diese Handlungsformel, ebenso wie die artverwandten "Locked Room Mysteries", alsbald Leid, da sie doch arg vorhersehbar war und die Autoren mit immer hanebücheneren Ideen aufwarteten, um den Anstrich von etwas Neuem zu erwecken. Agatha Christies unleugbar grandiose Leistung bestand darin, eine abgenutzte Formel zu nehmen und eine wirklich neue und sozusagen ultimative Variante davon zu erschaffen.

    Ten Little Indians steht in dieser Hinsicht nicht allein. Christie hat gern und oft mit Traditionen und Standardsituationen gespielt - eins der bekanntesten Beispiele dafür ist sicher Murder on the Orient Express, bei dem die altbekannte Frage "Wer von diesen Leuten ist der Täter?" auf unerwartete und geniale Weise beantwortet wird.


    Eins der größten Probleme mit Christies brillanten Varianten ist, daß diese nun, da sie sie ersonnen und benutzt und vor allem weltweit bekannt gemacht hat, natürlich nicht mehr so "überwältigend" sind, d.h. sie werden zwar noch gelegentlich übernommen, doch es fällt den betreffenden Autoren zumeist schwer, ihr Publikum in der gleichen Weise zu überraschen, wie Christies es getan hat. My Little Eye z.B., als einer der Filme jüngerer Zeit, der sich der "Christie-Variante" aus Ten Little Indians bedient, hat recht deutlich mit dem Problem zu kämpfen, daß das Publikum schnell auf einen "Insider" als Täter tippt.


    Gruß
    Ute

  • Hallo Allerseits,


    also, ich habe das Buch nun durch und es war sehr spannend und auch ich habe nicht mit dieser Lösung gerechnet und fand die Idee brillant!


    Am Anfang des Buches steht folgendes:


    Anmerkung des Verlags
    Leider ließen sich im Text dieses Buches Bezeichnungen wie "Nigger Island" und "Zehn kleine Negerlein" nicht vermeiden, da Agatha Christie den ganzen Roman auf dem Kinderreim von Frank Green aus dem Jahr 1869 aufgebaut hat und durch die auch in Wirklichkeit existierende Insel Nigger Island vor der Küste von Devon inspiriert wurde. Diese Bezeichnungen zu ändern würde bedeuten, das Buch völlig unverständlich zu machen. Wir bitten daher um Verständnis für Bezeichnungen, die heute diskriminierend wirken, was weder von der Autorin noch vom Verlag beabsichtigt war.


    Das erklärt Eure Vermutungen als tatsächliche Begründung, denn, am Ende des Buches steht folgendes:


    Über dieses Buch
    "Ten Little Niggers" erschien in der Originalausgabe 1939 bei Collins in London. In Amerika wurde der Roman, mit Rücksicht auf die farbige Bevölkerung, unter dem Titel "And then there were none" veröffentlicht. Dieser Titel wurde später auch in England beibehalten. 1944 erschien die deutsche Ausgabe im Scherz Verlag unter dem Titel "Das letzte Weekend", später umbenannt in "Zehn kleine Negerlein".
    Dieser Titel wurde mit dieser Ausgabe dann nochmals geändert in "Und dann gabs keines mehr".


    Gruss, Tanni

    Liebe Grüße von Tanni

    "Nur noch ein einziges Kapitel" (Tanni um 2 Uhr nachts)


  • Puh, so ein hin und her mit den Namen.


    Mir ist noch ein Film eingefallen, der auch mit diesem Thema spielt: Identity von John Cusack.
    Im Film wird eine Gruppe von Menschen durch einen Sturm in einem Motel eingeschlossen. Es gibt kein Entkommen. Und nach und nach werden die Leute nacheinander getötet. Nur eine Person überlebt. Aber sie kann es nicht gewesen sein...


    Guter Film. Durch ihn bin ich zu diesem Buch gekommen.

    Viele Grüße, Alianne


    ---------------------
    Bücher sind Schiffe, welche die weiten Meere der Zeit durcheilen.
    Francis Bacon

  • Ich wollte auch gerade einen neuen Thread aufmachen, hab diesen dann aber gefunden. Die Auswahl der Titel war mir nicht bekannt. Ich besitze das Buch unter dem Namen "Zehn kleine Negerlein" . Meiner Meinung nach einer der besten Krimis von Agatha Christie. Das Buch hat mich gefesselt und nicht mehr losgelassen bis ich es zu Ende gelesen hatte und der Schluss war wirklich verblüffend. :shock: Wer Agatha Christie mag sollte dieses Buch wirklich lesen.


    Gruß, julchen

  • Vielleicht kann mir jemand helfen: Ich suche dringend die Verfilmung des Buches auf DVD oder VHS. Es muss, wenn ich mich richtig entsinne, ein alter Schwarz-Weiß-Film sein, entweder ein deutscher oder ein englischer.
    Wegen des Titelchaos' bin ich bei Amazon bisher nicht fündig geworden, und auch morses Angabe "Geheimnis im blauen Schloß" führte zu keinem Ergebnis.


    Marie

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Vielleicht kann mir jemand helfen: Ich suche dringend die Verfilmung des Buches auf DVD oder VHS. Es muss, wenn ich mich richtig entsinne, ein alter Schwarz-Weiß-Film sein, entweder ein deutscher oder ein englischer.
    Wegen des Titelchaos' bin ich bei Amazon bisher nicht fündig geworden, und auch morses Angabe "Geheimnis im blauen Schloß" führte zu keinem Ergebnis.


    Marie


    Ich habe den Film gerade letztes WE auf DVD gesehen. Der Film heißt "Da waren's nur noch neun", ist tatsächlich schwarz-weiß, u.a. mit Mario Adorf. ASIN bei Amazon: B000784V9Q


    Ist etwas abgewandelt, u.a. spielt der Film in einem großen Haus auf einem einsamen Berg statt auf der Insel.


    Gruß


    gorarog

  • Es gibt mehrere Schwarz-Weiß-Verfilmungen des Buches, aber ich glaube, Marie, Du meinst die erste Verfilmung von dem Regisseur René Clair aus dem Jahr 1945, die bis heute auch als die beste gilt. Ich habe den Film vor mehr als dreißig Jahren gesehen und fand ihn unglaublich spannend und unheimlich. Erhältlich scheint nur noch der englische Film zu sein, Titel: "And then there were none", ASIN bei Amazon: B00005UPOF. Der deutsche Titel lautet: "Das letzte Wochenende".


    Gruß mofre

    :study: Zsuzsa Bánk - Die hellen Tage

    :study: Claire Keegan - Liebe im hohen Gras. Erzählungen

    :study: David Abulafia - Das Mittelmeer
















  • Ich habe das Buch auch vor Jahren gelesen und fand es wirklich super, fantastisch.
    Das Ende ist total unvorhersehbar, allerdings weiss ich heute auch tatsächlich nicht mehr wer tatsächlich der Mörder war. :-k Es wird wohl an der Zeit es nochmal zu lesen, wäre der SUB nur nicht sooo lang...
    :flower::winken:

  • Vielen Dank, @ gorarog und @ mofre.
    Ich habe tatsächlich den alten englischen Film gesucht. Vor ein paar Jahren (oder waren es Jahrzehnte?) lief er im Fernsehen in synchronisierter Fassung. Leider kann ich mit einem Film in englischer Sprache nichts anfangen, weil ich ihn für eine Arbeit mit Jugendlichen brauche und die jüngsten haben erst vor zwei Monaten in der Schule mit Englisch angefangen.
    Aber vielleicht lässt sich in einer Videothek noch eine alte synchronisierte Kassette auftreiben.


    Marie

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Es macht auch Spaß, den Krimi "andersherum" zu lesen, d.h.: weil ich das Buch schon ein- oder zweimal gelesen, den Film bereits gesehen hatte, konnte ich mich erinnern, wer der Mörder war und wie er die Sache angefädelt und durchgezogen hat. Ich hatte also beim Lesen jetzt das Augenmerk auf den Mörder und seine Glaubwürdigkeit gerichtet: Zum einen darf er in seinen Gedanken nicht die Rolle eines Opfers spielen, z.B. über seine Angst nachdenken wie die anderen Figuren, zum zweiten muss er in seinen Handlungen und Gedanken dennoch als Opfer (in der Betrachtung der anderen Personen und des Lesers) gelten können.
    Natürlich hat Agatha Christie es genial gemacht.


    Marie

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Auch ich liebe dieses Buch über alles, das auch bei mir "10 kleine Negerlein" heisst, genauso wie den Film, "Da warens nur noch neun" mit Mario Adorf. Wahrscheinlich zerreist man mich in der Luft, aber ich finde dass es im Buch ein paar Stellen gibt, wo man weiss, wer nicht der Mörder sein kann, bzw. sogar eine, wo man sogar schon weit vor Schluss darauf kommen kann, wer der Mörder ist. Ich finde das im Film besser gelöst. So eine ähnliche Geschichte wird übrigens auch in "Der unsichtbare Gastgeber" von Gwen Bristow erzählt. Allerdings spielt diese Geschichte nicht auf einer Insel, sondern in einer Wohnung hoch über den Dächern von New Orleans. 8 geladene, prominente Gäste müssen sich mit den Geisteskräften ihres Gastgebers messen um herauszufinden, ob sie weiterleben dürfen. Ist zwar schon eine Ewigkeit her seit ich es gelesen habe, aber soweit ich mich erinnere, fand ich es nicht schlecht.