Qiu Xiaolong - Tod einer roten Heldin / Death of a Red Heroine

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    "Der Kriminalroman des chinesischen Autors Qiu Xialong zeigt ein im gesellschaftlichen Umbruch begriffenes China. Der gewaltsame Tod einer roten Heldin ruft Oberinspektor Chen auf den Plan, der bei seinen Ermittlungen schon bald ins Visier der alten Nomenklatura gerät.
    Ein Stipendium in den USA eröffnete dem in Schanghai geborenen und aufgewachsenen Qiu ungeahnte Möglichkeiten. Nach dem Blutbad auf dem "Platz des himmlischen Friedens" entschied er sich, in den Vereinigten Staaten zu bleiben und die Verhältnisse in seinem Heimatland schriftstellerisch zu dokumentieren. Die erste angenehme Überraschung besteht darin, dass er dies in seinem ersten Roman nicht von Verbitterung geprägt tut, sondern ein sehr differenziertes Bild der chinesischen Gesellschaft auf ihrem Weg in die Moderne zeichnet.
    Die Konstruktion des Romans ist denkbar konventionell. Aus einem Kanal wird die Leiche von Guan Hongying gefischt, die als nationale Modellarbeiterin überregionale Berühmtheit erlangt hatte. Guan wurde eindeutig Opfer eines Verbrechens. Die Ermittlungen führen Oberinspektor Chen auf die Spur des bekannten Fotografen Wu, dem Sohn eines hohen einflussreichen Kaders. Wu hatte die Arbeiterin nach einer kurzen heftigen Affäre urplötzlich fallen lassen. Als kompromittierende Fotos auftauchen, wird Chen von seinem Mentor Li aus politischen Gründen zurückgepfiffen. Doch Chen denkt nicht daran, den Fall ungelöst abzuschließen."


    Die politischen Anspielungen die mich am Anfang sehr stoerten, machen am Ende des Buches mehr Sinn. Es bleibt der etwas bittere Beigeschmack, dass der Autor hier mit dem Regime abrechnen will und dabei ziemlich uebertreibt. Er macht aus fast allen Chinesen Kommunisten und das stimmt meiner Meinung nach so nicht. Der Kriminalfall steht etwas im Hintergrund und soll wohl auch nicht das Hauptthema des Buches sein.
    Wenn man den Uebertreibungen die Spitze nimmt, dann ist es ein interessantes Buch ueber das Leben im China der 90er, wie ich glaube.
    Viele Gruesse aus dem verregneten Hongkong. :twisted:

  • Janmmat hat geschrieben

    Zitat

    ein interessantes Buch ueber das Leben im China der 90er, wie ich glaube.


    Da kann ich Dir nur zustimmen @janmaat, die Schilderungen des Gesellschafts- u. Alltagslebens in China fand ich sehr interessant. Der Kriminalfall ansich ist solide, aber eher durchschnittlich gestickt, nicht gerade spektakulär und die Ermittlungen gehen nicht nur wegen der politischen Behinderungen eher zäh voran, aber ich habe mich trotzdem nicht gelangweilt, eben weil einem die Lebenssituation der Menschen in Shanghai so anschaulich näher gebracht wird.
    Ob bzw. wie sehr mit der Beschreibung der politischen Verhältnisse in China übertrieben wird, kann ich natürlich nicht beurteilen, interessant fand diesen Aspekt aber schon. Ich finde eigentlich gar nicht, dass er „aus fast allen Chinesen Kommunisten macht“, er zeigt schon unterschiedliche Typen und Meinungen. Dass Beamte (zumindest nach außen hin) liniengetreue Parteigenossen zu sein haben, kann ich mir schon vorstellen. Manchmal wirkt der Umgangston, diese mit politischen Floskeln durchsetzten Reden, freilich schon etwas überspitzt.
    Insgesamt ist die Sprache eher schlicht gehalten - aber schön u. interessant fand ich die Beispiele klassischer chinesischer Lyrik, die immer wieder eingestreut werden.

    Gruß Bibliomana :cat:
    "Man kann im Leben auf vieles verzichten, aber nicht auf Katzen und Literatur!"

  • Inhalt
    Shanghai in den 90er Jahren, nach der Kulturrevolution: Chen Cao ist Leiter der Spezialabteilung im Shanghaier Polizeipräsidium. Eigentlich war für ihn eine Diplomatenkarriere vorgesehen, doch aufgrund der politisch bedenklichen Vergangenheit eines Verwandten übt er nun den Beruf eines Polizisten aus. Seine Vorliebe für Literatur und Dichtkunst macht ihn zudem zu einem in Literaturkreisen anerkannten Lyriker und Übersetzer.
    Als die nationale Modellarbeiterin Guan Hongying ermordet aufgefunden wird, deklariert das Zentralkommitee der Kommunistischen Partei dies als politischen Fall und weist ihn der Spezialabteilung um Oberinspektor Chen und Hauptwachtmeister Wu zu. Kommissar Zhang, einem alten, angesehen Kader, sollen sie regelmäßig den Stand der Ermittlung mitteilen. Je mehr die Ermittlungen fortschreiten, desto klarer wird Chen und Wu, dass der Fall nicht nur aufgrund des Status der Ermordeten politisch brisant ist. Die Spuren führen direkt in die obersten politischen Kreise.


    Autor (amazon.de / Hanser Verlagsseite)
    Qiu Xiaolong wurde 1953 in Shanghai geboren. Er arbeitete als Übersetzer, veröffentlichte Lyrik und Literaturkritiken. Seit 1988 lebt er in den USA, wo er seit 1994 chinesische Sprache und Literatur lehrt.
    Ein Stipendium in den USA eröffnete Qiu ungeahnte Möglichkeiten. Nach dem Blutbad auf dem "Platz des himmlischen Friedens" entschied er sich, in den Vereinigten Staaten zu bleiben und die Verhältnisse in seinem Heimatland schriftstellerisch zu dokumentieren.


    Meine Meinung
    Ich liebe es, wenn in Krimis nicht nur auf Leichen, Ermittlungsarbeit und Spannung gesetzt wird. Tod einer roten Heldin entwirft ein umfassendes Gesellschaftsbild des Chinas nach der Kulturrrevolution. Ob Wohnungszuweisungen, Telefonanschlüsse bis hin zu Beförderungen, politische Kontakte und hohe gesellschaftliche Stellenwerte sind entscheidend. Der Mord an einer nationalen Modellarbeiterin, die die kommunistischen Ideale öffentlichkeitswirksam propagandierte, ruft in diesem System selbstverständlich die Politik auf den Plan.


    Der Autor hat einen wunderschönen Schreibstil, der zum Verweilen einlädt. Die Hauptfigur ist nebenher Lyriker, sodass sich hier und da einzelne Verse von Chen und erfreulicherweise auch Auszüge anderer chinesischer Dichter aus verschiedenen Dynastien einfinden, die perfekt zum Handlungsverlauf passen. Eine schöne Idee, Qiu ist selbst Lyriker. Er baut die typisch asiatische Atmosphäre gut auf. Mit Chen und Wu hat er sehr realistische Hauptfiguren geschaffen.


    Dieser Krimi ist einer von der gemächlichen Sorte. Literweise Blut wie gesundheitsgefährdenden Nervenkitzel wird man hier nicht finden. Es ist mehr die Realitätsnähe, die schockiert und sprachlos macht.


    Fazit
    Krimi mit packender Gesellschaftsstudie :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5: