John Irving - Owen Meany / A Prayer for Owen Meany

  • Ich habe Owen Meany gerade fertig gelesen und bin immer noch hin und weg. Es ist eins von den Büchern, wo man bis zum nächsten Buch erstmal 2 Tage warten muss, weil es einen noch so beschäftigt. Den Vergleich mit der Blechtrommel hab ich beim Lesen gar nicht gezogen, der kam mir erst jetzt beim Lesen im Forum. Die Blechtrommel kenn ich bisher nur als Film, aber auf das Buch bin ich jetzt neugierig geworden. Und Owen Meany hab ich mir jetzt bei Amazon bestellt (ich hatte es mir in der Bibliothek ausgeliehen), denn so einen Schatz muss ich im Regal stehen haben, ausserdem les ich das Buch bestimmt irgendwann nochmal. :compress:

    Ich :study: gerade:
    Mohammed Hanif: Eine Kiste explodierender Mangos


    SUB am 04.05.2014: 281
    gelesene Bücher 2014: 32

  • Und Owen Meany hab ich mir jetzt bei Amazon bestellt (ich hatte es mir in der Bibliothek ausgeliehen), denn so einen Schatz muss ich im Regal stehen haben, ausserdem les ich das Buch bestimmt irgendwann nochmal. :compress:


    Genau so gings mir auch! :winken:

    "Wie wenig du gelesen hast, wie wenig du kennst - aber vom Zufall des Gelesenen hängt es ab, was du bist." Elias Canetti

  • Ich reihe mich ein in den Club der Owen-Meany-Nachkäufer - habe das Buch auch tatsächlich schon 2 x gelesen.


    Schön, dass es Dir auch so gut gefallen hat, Cola! :cheers:

  • John Irvings Owen Meany dürfte zu den Büchern zählen, die viel zu oft missverstanden werden. Das wird mir spätestens beim Lesen dieses Threads klar. Eigentlich wollte ich hier nichts posten, weil ich niemandem auf die Füße treten will. Aber die Grundidee John Irvings zum Buch so unter den Tisch zu kehren, das verdient dieses Buch überhaupt nicht, wie ich meine.


    Also sag ich’s hiermit ganz deutlich: Möglicherweise haben einige von Euch ein Buch mit dem Titel Owen Meany gelesen, aber Ihr habt allem Anschein nach nicht das Buch gelesen, das John Irving geschrieben hat. Der Owen Meany, den Irving geschrieben hat, ist keinesfalls ein toller romantischer Held, der sich für andere aufopfert, um sie zu retten. Er ist ein ekelhafter Vollidiot, einer aus der „Looser“-Kategorie, sogar einer von den ganz taktlosen, die sich immer und überall unrechtmäßig einmischen und ein bodenloser Angeber noch dazu, und sein Freund John ist auch nicht viel besser. Man kann sich den Owen zum Helden möglicherweise schön- und schieflesen, aber dazu muss man kategorisch viele Details und Hinweise aus der Aufmerksamkeit beim Lesen wegfallen lassen. Liest man jedoch alles im Buch sehr aufmerksam, dann tut sich das eigentliche A Prayer for Owen Meany auf, das Buch dahinter, das Buch, das John Irving bewusst und absichtlich für den Leser geschrieben hat: ein Buch, das am Leser selbst schärfste Kritik übt, Kritik an seinem unaufmerksamen und unkritischen Leseverhalten, seiner Gutgläubigkeit, seiner unbegründeten Überzeugtheit und der evtl. daraus resultierenden (aber nicht weniger unbegründeten) Überheblichkeit.


    Ich werde alles Folgende spoilern müssen, denn wer das Buch noch nicht gelesen hat, sollte sich von mir nicht davon abhalten lassen, selbst wach und aufmerksam die Sachverhalte im Buch zu entdecken, um so wenigstens nach der Lektüre rückblickend sein Erfolgserlebnis haben zu können. Man sollte auf jeden Fall dem Anliegen im Buch, dass Bücher kritisch zu lesen sind, alle Aufmerksamkeit widmen.
    Wer meint, mit Owen als Heldenfigur voll und ganz in der richtigen Schiene zu liegen, der sollte meine Interpretation im folgenden Spoiler auch nicht lesen, denn er wird sich nur über mich ärgern, wie ich meine – und das lohnt sich für niemanden, für Euch nicht und für mich sowieso nicht 8-[ .




    John Irving hat in seinem Buch immer wieder, an Dutzenden von Stellen darauf aufmerksam gemacht, dass man kritisch lesen soll, dass man nicht alles glauben muss, was man liest, dass man oft mehr dahinter finden kann als das, was vordergründig geschrieben steht. Zumindest sollte man nicht alles gutgläubig und fanatisch aufnehmen, sondern eine wachsame/kritische Haltung beibehalten. Warum das allerdings an den Lesern gänzlich verloren gegangen ist, verstehe ich eigentlich nicht. Um ehrlich zu sein, macht es mich sogar wütend: da lesen sich die Leute eine romantische Heldengeschichte zurecht, die so papp-süß und schmierig-kitschig ist, dass man sie jedenfalls nicht als gut bezeichnen kann, aber auf gar keinen Fall als genial. Naja, halbwegs könnte ich das noch verstehen, wenn man Irving zum ersten Mal liest :lol: .


    Falls ich Euch das Vergnügen am „Owen Meany“ jetzt versaut haben sollte – ich muss gestehen, dass es mir gar nicht so leid tut, Ihr habt‘s Euch mit Euren Kommentaren hier im Thread vielleicht sogar ein klitzekleines bisschen verdient? O:-) Wie man dieses Buch als eine schmierig-kitschige Bestätigung für schicksalhafte Vorbestimmung und für blinde Akzeptanz von Glaubensbelehrungen lesen kann, das geht einfach über meinen Horizont :shock::evil: .


    Dass der Owen Meany nicht nur hier im BT falsch verstanden wurde und wird, zeigt allerdings auch, dass wir den Autor nicht gänzlich aus der Verantwortung entlassen können. Er scheint definitiv zu viel von den Lesern verlangt zu haben. Allerdings weiß ich nicht, wie man noch aggressiver als in den ersten Kapiteln des Owen Meany versuchen kann, den Leser aus der Reserve zu locken, um ihn zum Nachdenken zu motivieren. Wir haben nämlich in der MLR zum Buch festgestellt, dass das Buch überhaupt nicht gut zu lesen ist, wenn man die Protagonisten gleich zu Anfang als nervig erkennt. Dann liest sich das Buch als weitgehend aggressiv und irritierend und wird zu einer recht unangenehmen Leseerfahrung. Aber Irving hat auf diese Weise versucht, eine kritische Haltung im Leser zu provozieren – allerdings weitgehend umsonst, wie man feststellen kann.
    Ich habe bei Umberto Ecos Das Foucaultsche Pendel schon Magenschmerzen bekommen, als ich lesen musste, dass das Buch so verstanden wird, dass Eco angeblich eine Templer-Theorie geschrieben haben soll - schlimm genug #-o . Aber den Owen Meany kann und will ich so nicht stehen lassen. Das hat Herr Irving meines Erachtens nach dann doch nicht verdient.


    Ich frage mich, was kommt als nächstes von Lesern? Vielleicht bietet irgendjemand demnächst eine Interpretation von Saint-Exupérys Der kleine Prinz als erotischen Roman, oder vielleicht als Agenten-Thriller?! ( :mrgreen::geek: ) Nur zu, immer her damit … :twisted::twisted:

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    Saul Bellow, (1915-2005 ), U.S. author,
    in Herzog

  • Aber die Grundidee John Irvings zum Buch so unter den Tisch zu kehren, das verdient dieses Buch überhaupt nicht, wie ich meine.


    Ich finde es etwas vermessen, wie du dir hier die Deutungshoheit über ein Buch zuschreibst. Ich möchte meinen, dass man auch dieses Buch so oder so lesen kann und die Eindrücke dazu von Leser zu Leser verschieden wirken - wie eigentlich immer.
    Von daher finde ich es etwas anmaßend, die Eindrücke anderer Leser - auch derer in diesem Thread - zu negieren und zu tun, als hätten hier alle, außer deiner Wenigkeit, dieses Buch falsch verstanden.
    Insbesondere dann, wenn deine Argumentation für deine Interpretation des Buches, für meinen Geschmack doch sehr an den Haaren herbei gezogen ist. So gern ich deine Ausführungen dazu nachvollziehen möchte - für mich ist liest sich das, als würdest du den Inhalt des Buches in ein Raster zurechtpassen, welches so, zumindest für mich, in keinster Weise nachvollziehbar ist.
    Das kannst du natürlich gerne tun und prinzipiell finde ich verschiedene Betrachtungsweisen und Blickwinkel zu Büchern immer spannend und positiv - dabei macht aber immer der Ton die Musik und ich finde es recht frech, die Meinungen und Eindrücke anderer Leser zu belächeln und abzustempeln, wie du das in diesem Fall tust.
    Und ganz davon abgesehen: sollte John Irving dieses Buch tatsächlich auf deine Interpretation hin ausgelegt haben, so spricht das nicht gerade für dessen Fähigkeiten als Autor. Denn ich behaupte mal, dass sich die Mehrzahl der Leser dieses Buches doch eines gewissen Intellekts bedienen können, um die Geschichte erfassen und interpretieren zu können :wink:

    "Wenn ich einer Untergrundkultgemeinschaft beitrete, erwarte ich Unterstützung von meiner Familie!" (Homer Simpson)


    :montag:

  • Ich finde es etwas vermessen, wie du dir hier die Deutungshoheit über ein Buch zuschreibst. Ich möchte meinen, dass man auch dieses Buch so oder so lesen kann und die Eindrücke dazu von Leser zu Leser verschieden wirken - wie eigentlich immer.


    Damit hat Eol sicherlich recht.
    Ich glaube selbst, dass ich da gestern viel zu weit gegangen bin und einen deplatzierten Beitrag geliefert habe. Eine aufrichtige Entschuldigung für meine ausfällige Art von gestern biete ich hiermit an für: Susannah, Darcy, Siebenstein, JuleBule, Gracie, fensterfisch, Wilaja, Marie, gberndt, felidae, Kementari, Rosalita, Karthause, martin1969, Magnolie, mofre, daniii, serjena, Buchkrümel, Cola, cheriechen und Magdalena.
    Dass ich eine völlig andere Meinung vom Buch habe, muss nicht unbedingt Eure Meinung zunichte machen.
    Nochmals: es tut mir leid! :uups:





    Insbesondere dann, wenn deine Argumentation für deine Interpretation des Buches, für meinen Geschmack doch sehr an den Haaren herbei gezogen ist. So gern ich deine Ausführungen dazu nachvollziehen möchte - für mich ist liest sich das, als würdest du den Inhalt des Buches in ein Raster zurechtpassen, welches so, zumindest für mich, in keinster Weise nachvollziehbar ist.

    Eol, Du kannst meine Meinung nicht nachvollziehen, ich die Deine nicht. Es wird keinen Zweck haben, dies zu wiederholen. Wenn man eine festgefahrene Meinung hat, dann wird sich die nicht ändern, weder bei Dir noch bei mir ebensowenig.
    In diesem Sinne war es völlig dumm von mir, den Beitrag von gestern zu posten.

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  • Damit hat Eol sicherlich recht.
    Ich glaube selbst, dass ich da gestern viel zu weit gegangen bin und einen deplatzierten Beitrag geliefert habe.


    Hypocritia
    schön, dass du es sagst.
    Ich habe zwar das Buch noch nicht gelesen, lese allerdings die Rezensionen gerne, und als ich die deine lass, war ich ehrlich gesagt überrascht.
    Nicht von der Interpretation, denn die mag ja durchaus stimmen und ist von dem Gedanken her interessant, aber der Ton kam wirklich nicht sonderlich gut an.
    Was nun?
    Muss mir wohl schnell das Buch beschaffen, und das verpasste nachholen :)

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  • Eol, Du kannst meine Meinung nicht nachvollziehen, ich die Deine nicht. Es wird keinen Zweck haben, dies zu wiederholen. Wenn man eine festgefahrene Meinung hat, dann wird sich die nicht ändern, weder bei Dir noch bei mir ebensowenig.
    In diesem Sinne war es völlig dumm von mir, den Beitrag von gestern zu posten.


    Dumm war das in keinster Weise. Wie schon erwähnt, finde ich deinen Ansatz interessant und der mag, auch wenn ich ihm nicht zustimme, zumindest für dich sehr stimmig sein, das ist ja vollkommen in Ordnung. Nur die Formulierung fand ich etwas sehr gewagt, weil ich mich als begeisterter Leser dieses Buches schon etwas angegriffen fühlte. Ich hoffe, dass du weitere Beiträge dieser Art verfasst, die sehr gerne sehr kontrovers sein können - nur lass anderen Lesern deren Meinung, auch wenn du sie insgeheim albern findest (das gelingt mir selbst auch nicht immer, vor allem wenn es um Filme und Musik geht :wink: ).

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  • Hypocritia:


    Deinen Interpretationsansatz finde ich sehr interessant. Wobei ich zugeben muss, dass auch in mich einreihe in die Riege derer, die den Owen einfach nur lieben. Aber beim nächsten Lesen des Owen (ich habe ihn bisher ca. 5 mal gelesen und werde ihn sicherlich nochmals lesen) werde ich Deine Gedanken im Hinterkopf behalten und das überprüfen.


    Für mich allerdings ist bisher der Owen einfach nur liebenswert. So wie alle Protagonisten von John Irving. Ich kenne alle Bücher von ihm - bis auf die letzten beiden - und am meisten mag ich an John Irving, dass selbst die durchgeknalltesten, manchmal sogar richtiggehend verrückte Menschen von ihm so beschrieben werden, dass sie liebenswert sind. Dies ist für mich eigentlich hinter jedem Buch von John Irving die Grundidee: merkwürdige Menschen so beschreiben, dass man sie doch gern haben muss. Von daher ist Deine Interpretation schon richtig, Owen ist ein kleiner Besserwisser, aber so wie Irving ihn beschreibt, hab ich ihn trotzdem furchtbar lieb :)


    Irving beschreibt mit Vorliebe Menschen, die nicht so ganz "normal" sind. Aber ich glaube, nie mit der Intention, dass man die dann unsympathisch finden soll. Und der Owen ist von allen Loosern, die er zum Protagonisten erwählt hat, mir der liebste. Ich lese Irving eigentlich immer als wen, der Menschen, die im "echten" Leben aus dem Raster fallen und Außenseiter sind so beschreibt, dass man sie in sein Herz schließt. Direkt glaubwürdig muss das für mich nicht sein, solange es mein Herz öffnet und ich beim nächsten kleinwüchsigen Menschen, der mir begegnet, meine Vorurteile ein wenig beiseite schieben kann und mich mit ihm einfach normal unterhalten.


    Natürlich beschreibt John Irving mit Owen Meany keine Geschichte, wie sie so tatsächlich passieren könnte. Aber wann tut Irving das schon? Gerade für das Skurrile, das nicht ganz aber fast tatsächlich so möglich ist, liebe ich Irving und auch den Owen.


    Und meine persönliche Deutung fast aller Bücher von Irving ist: Leute, habt ein bisschen Verständnis für die Menschen, die nicht 0815 sind. Für die, die merkwürdige, vielleicht sogar unsympathische Sachen machen. Und natürlich übertreibt Irving da. Wer erschlägt schon wen beim Baseball? Aber viele fühlen sich schuldig am Tod geliebter Menschen. Hätte ich doch bloss angerufen, dann wäre dieser Mensch später aus dem Haus und würde noch leben. Irving übertreibt, aber für mich persönlich ist er der Autor, der immer die Sehnsüchte, Gedanken etc. anspricht, die mir sowieso so im Kopf rumspuken. Und dafür liebe ich ihn. Und den Owen liebe ich ganz besonders. Denn wer, der so verstoßen wird wie Owen, träumt nicht davon, einmal ein Held zu werden?


    Und ob Owen nun ein Held ist oder ein Arsch und ob Johnny das alles verklärt in der Erinnerung, das soll jeder selbst entscheiden.

  • Vorneweg, ich schliesse mich Hypocritia an, wobei ich das Buch insgesammt fantastisch finde, aber die handelnden Personen nicht so gut wie sie scheinen, ich kann es leider nicht so gut ausdrücken wie du das gemacht hast, aber Owen nervt ganz schön. Trotzdem ist es eines meiner liebsten Irving Bücher.

    Denn wer, der so verstoßen wird wie Owen, träumt nicht davon, einmal ein Held zu werden?


    Wer verstösst ihn denn, etwa seine Eltern? Eher hat er seine Eltern verstossen, will sie nie dabei haben, schickt sie gar ziemlich ruppig weg. Na ja und das Finale :roll:
    Ich glaube ich muss mich durch das Original plagen, anscheinend geht manches verloren und du Monika hast es bestimmt englisch gelesen.
    Auf jeden Fall ist es in nächster Zeit wieder einmal auf meiner Leseliste. :wink:
    Liebe Grüsse Mara

    :study: Ich bin alt genug, um zu tun, was ich will und jung genug, um daran Spaß zu haben. :totlach: na ja schön langsam nicht mehr :puker:

  • Vor vier Tagen habe ich Irvings "Owen Meany" beendet und hatte nun genug Zeit, das Gelesene zu verdauen, bzw. mich in diesem Thread zu informieren, wie es euch mit diesem Roman erging.
    Um es vorweg zu nehmen: Ich bin sehr froh, seit langem einmal wieder ein Buch dieses Autors gelesen und dabei solch ein gutes erwischt zu haben. Bislang konnte ich mich nicht mit allem anfreunden, was John Irving zu Papier gebracht hat. Das "Hotel New Hampshire" ist nach wie vor einer meiner Lieblingsromane, bei "Zirkuskind" war ich einfach nur froh, als es endlich vorbei war...
    Manchmal erzählt mir Irving einfach zu ausladend und ich ertappe mich bei dem Gedanken: Muss ich das wissen? Wenn der Spannungsbogen aber so gelingt wie bei "Owen Meany" muss die Antwort ganz klar lauten: Ja, muss man wissen! Denn immer wieder flickt Irving vermeintlich Nebensächliches zu einem kompletten Plot zusammen und die Puzzleteile rücken im Verlauf der Geschichte an ihren Platz.
    Und das Ende - meine Güte - das wird mir wohl ebenso wie einigen von euch lange in Erinnerung bleiben.
    Inhaltlich ist hier schon einiges wiedergegeben worden und vieles wurde diskutiert. Manche aus meiner Sicht wunderliche Thesen über eine zweite Interpretationsebene kann ich nicht nachvollziehen, aber das ist ja das tolle an der Literatur: das jeder für sich selbst etwas anderes mitnimmt. Und sollten da einige von uns etwas nicht richtig verstanden haben, so muss ein Schriftsteller damit wohl leben können.
    Was hatte der Roman nun mir zu sagen? Worum ging es inhaltlich für mich?
    Nicht so sehr um religiösen Fanatismus, sondern eher um Glaubensvielfalt, und darum, dass der eigene Glaube etwas sehr Persönliches ist.
    Unabhängig von Konfessionen und Strömungen. Und genauso schwierig, wie es ist, jemanden von der Richtigkeit einer Sache zu überzeugen, ist es, einen anderen davon abzubringen.
    Für mich ging es darum, dass innere Größe und Selbstbewusstsein nicht immer mit strahlender Schönheit und Größe daherkommt, sondern davon abhängig ist, was man über sich selbst denkt, und welche Bedeutung man für einen anderen Menschen hat.
    Nicht mit der Masse zu marschieren, quer zu denken, unbequem zu sein, wenn man von etwas überzeugt ist, auch darum ging es für mich. Und selten sind solche Querdenker der Gesellschaft - wie Owen - große Sympathieträger, die man gerne immer um sich hat...
    Auch mir ging er zuweilen gehörig auf die Nerven - ein schöner Antiheld, der aber in einem immer beständig war: in seiner über jeden Zweifel erhabenen Freundschaft zu John, dem Ich-Erzähler.
    Und vielleicht ging es auch einfach darum in dem Buch...um Freundschaft, die bleibt, und die sich den oft schrägen Wirrungen des Lebens stellt...auch über den Tod hinaus.

  • Danke, @jacky73, dass du dieses großartige Buch nochmal aus den Tiefen des Forums gehoben hast. Ich freue mich immer, wenn jemandem das Buch gut gefällt.

    Trotzdem ist es eines meiner liebsten Irving Bücher.

    ?( Hast du nicht vor zwei, drei Tagen im 365er etwas anderes gesagt? :-k

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Muss mir wohl schnell das Buch beschaffen, und das verpasste nachholen

    Es hat zehn Jahre gedauert bis ich zu diesem Buch kam. :uups: Ja, so kann es gehen, wenn man so viele tolle Bücher zu lesen hat. Aber es freut mich sehr, dass ich nun dabei bin. Zu Ende habe ich es noch nicht ganz gelesen, aber ganz gleich was noch kommt, ich werde den Roman nicht mehr mögen, als jetzt. Davon bin ich überzeugt. :)


    Ich habe bislang neun Romane von John Irving gelesen, nur zwei davon mit :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: Sternen bewertet. "Owen Meany" erhält von mir auch keine hohe Wertung. Ich fand einiges von John Irving besser, als Owen Meany. Meine erste Begegnung mit dem Autor war "Bis ich dich finde" - ich habe das Buch inhaliert und konnte es nicht aus der Hand legen. Unvergessliches Leseerlebnis. :thumleft:


    Beim "Owen Meany" verhält es sich anders. Ich mochte alle Charaktere nicht, außer vielleicht Dan Needham. Ich wurde mit der Geschichte nicht warm. Es mag sein, dass ich auf der kognitiven Ebene irgendetwas nicht ganz verstanden habe, aber ich kenne mich, und in der Regel suche ich eher einen emotionalen Zugang zu den Büchern. Im Fall von "Owen Meany" hat beides nicht funktioniert. Ich mag die Geschichte nicht. [-(


    Den Anfang erlebte ich noch als vielversprechend. Eine lebhafte Geschichte zweier Freunde, die jedoch in eine stellenweise langatmige Abhandlung über verschiedenen Themen ausartete. Meine Geduld bei der Geschichte wurde doch arg strapaziert. Erst im letzten Drittel wurde es wieder lebendiger und tragender. Ich fand, dass einige Szenen und Fakten für die Story keine relevante Rolle spielten, sodass ich diese für überflüssig halte.


    Dennoch bin ich sehr froh, mir selbst von dem Roman ein Bild gemacht zu haben. :D Und ich freue mich auf andere Romane des Autors, zwei habe ich noch auf dem SuB. John Irving kann definitiv sehr gut erzählen. Was mir auch beim "Owen Meany" gut gefallen hat. Auch der Stellenwert einer Freundschaft in diesem Roman war für mich ein positives Erlebnis. Aber im Großen und Ganzen ein mittelmäßiger Lesegenuss. Tut mir leid für die Fans :wink:

    2024: Bücher: 90/Seiten: 39 866

    2023: Bücher: 189/Seiten: 73 404

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    Lese gerade:

    Scalzi, John - Die Gesellschaft zur Erhaltung der Kaiju-Monster

  • Ach, schade!


    Aber auch interessant, wie unterschiedlich man Bücher empfinden kann. Ich fand in dem Buch keine Seite zu viel, und auch wenn Owen Meany kein besonders zugänglicher Typ ist, mochte ich ihn trotz allem irgendwie. Und Johnny sowieso.