Gedichte über Kinder

  • Ich habe einige Gedichte über Kinder aufgeschrieben, die ich euch nicht vorenthalten möchte.



    Der Schrei


    Ein Mensch wird geboren
    und sofort schreit er
    keiner versteht ihn
    doch alle freuen sich.
    Da bin ich, schreit der Mensch
    da, um zu leben.
    Bin ich richtig hier?
    Bei guten Menschen?
    In einem annehmbaren Jahrhundert?
    Kein Krieg geplant?
    Sklaven abgeschafft?
    Habe ich die richtige Hautfarbe?
    Wie steht's mit der Abstammung?
    Darf ich atmen?
    Also los!



    Ludvig Askenazy



    Das Gitter


    Ein ganzes Jahr dauert es
    ehe der Mensch erkennt
    daß sein Laufstall erfunden ist
    aus feinen Fäden geflochten
    an zwei Häkchen aufgehängt
    das ist das ganze Geheimnis.
    Eines Tages stöß der Mensch
    das erste Gitter um
    nichts kann ihn aufhalten.
    An diesem Tag beginnt man um ihn zu fürchten
    und man hört damit nicht mehr auf.


    Ludvig Askenazy



    Honig, Milch und Knäckebrot


    Honig, Milch und Knäckebrot -
    manche Kinder sind in Not.


    Zucker, Ei und Früchtequark -
    macht nur manche Kinder stark.


    Götterspeise Leibgericht -
    kennen manche Kinder nicht.


    Wurst und Käse, Vollkornbrot -
    manche Kinder sind schon tot.


    Jürgen Spohn


    (Ich habe überlegt, ob ich dieses Gedicht hier schreibe, aber es stimmt einfach und deshalt wollte ich es nicht unter den Teppich kehren)


    grüße von missmarple

  • Mir sind beim Stöbern noch zwei schöne Gedichte zu diesem Thema begegnet.


    Ein kleines Gegengewicht zu dem blöden Spruch: "Kleine Kinder, kleine Sorgen, große Kinder, große Sorgen":



    Stör nicht den Traum der Kinder,
    wenn eine Lust sie herzt;
    ihr Weh schmerzt sie nicht minder,
    als dich das deine schmerzt.
    Es trägt wohl mancher Alte,
    des Herze längst nicht mehr flammt,
    im Antlitz eine Falte,
    die aus der Kindheit stammt.


    Julius Hammer




    Dies wär auch gut für die Rubrik "Unser Alter":


    Das große Glück, noch klein zu sein,
    sieht mancher Mensch als Kind nicht ein,
    und möchte, daß er ungefähr
    so 16 oder 18 wär.


    Doch schon mit 18 denkt er halt:
    "Wer über 20 ist, ist alt."
    Kaum ist die 20 knapp geschafft,
    erscheint die 40 greisenhaft.


    Und dann die 40, welche Wende,
    die 50 gilt beinah als Ende!
    Doch nach der 50 -peu a peu
    schraubt man das Ende in die Höh!


    Die 60 erscheint noch ganz passabel,
    und erst die 70 miserabel.
    Mit 70 aber hofft man still:
    ich werde 80, so Gott will.


    Und wer die 80 überlebt,
    zielstrebig auf die 90 strebt.
    Dort angelangt, zählt er geschwind
    die Leute, die noch älter sind.


    Heinz Wannrich