F.M. Dostojewskij - Die Dämonen / Бесы (Bessy)

  • Hallo!


    Gleich vorweg: Ich bin ein großer Dostojevskij-Fan. Deshalb möchte ich euch nach und anch Bücher von ihm vorstellen. Mein persönlicher Liebling unter seinen Werken ist "Die Dämonen", weswegen ich gleich damit beginne.
    Es handelt von russischen Anarchisten, die eines ihrer Mitglieder ermordet haben. Grund dafür war, dass der Anführer der Gruppe, Pjotr Stepanowitsch, von diesem Mitglied Verrat an der Gruppe fürchtete. Bis auf den Anführer kann niemand aus der Gruppe mit dem Mord leben und alle sühnen ihn schließlich- jeder auf seine Weise.
    Der Roman ist eigentlich ein historisches Dokument. Er erzählt die Geschichte von Sergej Necaev, einem jungen Terroristen, der von 1847 - 1882 politisch im Untergrund aktiv war. Auch er hatte gemeinsam mit seinem Geheimbund "Strafgericht des Volkes" einen Mitstreiter in die Falle gelockt und ermordet (hab mal eine Geschichtsarbeit drüber geschrieben..). Dostojevskij hatte diesen Fall damals in den Zeitungen mitverfolgt und seine Geschichte schließlich auf den Zeitungsberichten aufgebaut.


    Ich kann den Roman echt nur weiterempfehlen!

    Liebe Grüße,
    Azrael


    Aktuelles Buch: "Schwarz zur Erinnerung" von Charlene Thompson

  • ui, das hört sich ja gar nicht schlecht an, habe übrg. >Der Spieler< + >Der Idiot< gelesen und mag Dostojevski ganz gerne - bis vielleicht manchmal die allzu häufigen Konversationen in französisch

  • Jö, noch jemand, der Dostojevskij mag! Na dann werd ich demnächst auch mal "Die Brüder Karamasow" vorstellen, das hat mir auch ziemlich gut gefallen.

    Liebe Grüße,
    Azrael


    Aktuelles Buch: "Schwarz zur Erinnerung" von Charlene Thompson

  • Gerade wollte ich eine Rezession über "Die Dämonen" schreiben, aber das wurde mir ja schon erstklassig abgenommen. Ich habe "Der Idiot", "Schuld und Sühne", "Die Brüder Karamasov", "Der Jüngling" und "Die Dämonen" gelesen, wobei letzterer mein eindeutiger Favorit ist - knapp gefolgt von den Karamasov-Brüdern.


    Ich liebe diese wunderschöne Sprache, die glücklichersweise auch in der Übersetzung nicht verloren geht.


    Von meinem Dostojewskij-Gesamtwerk sind noch "Romane und Erzählungen I und II" übrig, und unlängst habe ich mir das "Tagebuch eines Schriftstellers" gekauft. Schön, wenn noch solche Schmankerl auf dem SUB liegen! :D

  • Welche Übersetzungen sind von Dostojewskij zu empfehlen? Da gab es ja, wenn ich mich nicht irre, in letzter Zeit mehrere Neuübersetzungen.

    ...uns ist gegeben, auf keiner Stätte zu ruhn... (Friedrich Hölderlin)

  • Ich habe das Gesamtwerk von Dostojewki und die "Dämonen"-Übersetzung ist von Marianne Kegel. Im Prinzip finde ich die Übersetzung ok (u. a. wahrscheinlich deshalb, weil ich keinen Vergleich habe), wenngleich mir der Lesegenuss durch so manchen Beistrichfehler etwas verleidet wurde. Aber ich finde, die Schönheit der Sprache bleibt erhalten.


    Lg
    Susannah

  • auch ich bin ein absoluter dostojewskij fanatiker, nur leider fand ich die dämonen nich so spannend wie meine bisherigen lieblinge "schuld und sühne" und "die brüder karamasow"


    ich finde es klasse, dass es noch so viele liebhaber alter literatur gibt


    mfg raskolnikov

  • Zitat

    Original von Raskolnikov
    ich finde es klasse, dass es noch so viele liebhaber alter literatur gibt


    Das hört sich seltsam an :P. Ich bevorzuge Klassiker , und für mich heißt das, dass die Bücher "aktuell" bleiben...


    Dostojewkij fang ich erst an kennen zu lernen, und bis jetzt gefällt es mir :thumright:. Ich habe "Der Spieler" gelesen und jetzt dabei "Schuld und Sühne" zu erforschen ;) . Zwar ist das nicht so viel wie bei anderen hier, aber das kann doch nur heißen, dass ich das Beste noch vor mir habe :flower:.

    :rambo: >>Nur ein Feigling stirbt für die Republik, ein Jakobiner tötet für sie!<< G. Büchner: Dantons Tod


    :study:

  • Ja ich will auf jedenfall dran bleiben, eine sehr ungewöhnliche Geschichte. Das mit Rezi ist eine sehr heikle Sache, habe noch keine verfasst und dann gleich mit so einem Werk anfangen? 8-[

    :rambo: >>Nur ein Feigling stirbt für die Republik, ein Jakobiner tötet für sie!<< G. Büchner: Dantons Tod


    :study:

  • Mit den Dämonen sollte es wieder zur Versöhnung zwischen mir und Dostojewski kommen. Denn nach dem ich vor Jahren den „Idioten“ gelesen hatte, habe ich einen weiten Bogen um diesen Autor gemacht. Ich konnte mit der Figur des Fürst Myschkin so überhaupt nichts anfangen, zudem empfand ich die ganze Handlung als sehr übertrieben und diesen Messias als eher misslungen. Kürzere Prosa stimmte mich dann wieder auf Dostojewski ein („Die Sanfte“ und „Aufzeichnungen aus dem Kellerloch“). Jetzt las ich die „Dämonen“:


    >> Ein Leben verging, und ein zweites begann; dann verging auch das zweite, und es begann ein drittes, und keines hatte einen rechten Abschluss. Der Abschluss war immer wie mit einer Schere weggeschnitten.<<


    Im ersten Teil beschreibt der Autor die handelnden Figuren des Romans. Es fällt auf, dass der lebhafte Dialog, eigentlich ein Kennzeichen von Dostojewski, kaum verwendet wird. Und so wird der Leser ganz langsam (mancher würde es als schleppend empfinden) in die Handlung getragen. Die Hauptfigur im Roman ist Stepan Trofimowitsch Werchowenski, er ist vom Charakter dem Fürst Myschkin schon sehr ähnlich. Er treibt sein Unwesen als Liberaler im Haus der Witwe Warwara Petrowna Stawrogina mit ihrem Sohn Nikolai Stawrogin. Lebt auf deren Kosten, ist ein Träumer und versperrt sich gegen den Zeitgeist, den Stawrogin schon längst überwunden hat. Zurück bleibt bei Nikolai eine auffallend äußere Überheblichkeit gegen jegliche Gefühlsform und Gesinnungen. Stepan drückt also das Gestern und Nikolai das Übermorgen aus, das Heute kommt mit der Figur Pjotr Stepanowitsch Werchowenski ins Spiel und versetzt mit seiner nihilistischen Überzeugung die kleine Provinzstadt in Schrecken. Zum Schluss wird gemordet*, gelyncht und gestorben. Somit ist der Roman wie bei einem Drama in die drei Akte unterteilt.


    *>>Bei dieser wahren Begebenheit wurde auf Veranlassung des skrupellosen Nihilisten Sergei Netschajew ein junges Mitglied seiner Gruppe, der Student Iwan Iwanowitsch Iwanow, von seinen Kameraden ermordet.<< (Quelle: wiki)


    Das Ende des Buches empfand ich auch bei den „Dämonen“ als ein wenig zu „schmalzig“. Der Tod von Stepan Trofimowitsch wurde viel zu ausführlich beschrieben und in einem gewissen Tonfall, den ich als weinerlich empfinde, der des Nikolais war dann die Krönung, und beide hintereinander haben für mich persönlich den Roman gekippt.


    Interessant im Buch finde ich die Auseinandersetzung mit dem Glaube, und so hat zum Beispiel die Figur Kirillow das Problem, eine innere Polarisierung, ein Gefühl, dass es ohne Gott auf der Welt nicht geht, weil der Mensch Mensch ist, und von seiner Logik her, vom Verstand, dass es eben keinen Gott gibt. Dieser Widerspruch, die innere Zerrissenheit, führt dazu, dass Kirillow sich umbringen will und muss, denn er sieht nur diese Möglichkeit aus diesem Dilemma zu entkommen und der Welt etwas auf zu zeigen.


    Bei Stawrogin erfährt man während der Lektüre, dass er eben nicht nur gleichgültig und überheblich ist, sondern innerlich fast zergeht und zerfressen wird von seiner Reue.


    >> Was das Verbrechen selbst anlangt, so sündigen auch viele andere in gleicher Weise, leben aber mit ihrem Gewissen in Ruhe und Frieden und halten das sogar für unvermeidliche Fehltritte der Jugend.<<


    Überall spiegelt sich eine gewisse Diskrepanz zwischen Verstand und Gefühl/Glaube. Im Buch wird das mit Europa gegen Russland veranschaulicht, oder eben mit Atheismus und Frömmigkeit, oder mit den Figuren Stawrogin und Kirillow als Ganzes gezeigt. Das macht den Roman sehr aktuell, zeigt die große Sinnsuche, die historisch sowie gesellschaftlich gestützt wird und auf das 21. Jahrhundert durchaus übertragbar ist.


    >> Der völlige Atheismus ist ehrenwerter als die weltliche Gleichgültigkeit …<<


    Persönlich hat mich dieser Roman nicht so ganz versöhnt. Ich würde weiterhin behaupten, dass mich Tolstoi eher erreicht als Dostojewski, weil ich einfach diese klagende wehleidige Gefühlsduselei nicht besonders gut vertrage.

  • Die Dämonen sind auf jeden Fall auch mein absoluter Liebling unter den Dostojewskiwerken. Alles ist einfach gut, die Personen, die Sprache, die Geschichte. Was aber bisher nicht erwähnt wurde, ist der Humor. Und gerade der ist bei den Dämonen ein wichtiges Stilmittel. Hier vor allem, wenn erklärt wird, aufgrund welchen Werkes Stepanowitsch sich verfolgt fühlt. Das ist sehr komisch! Zu einem großen Teil kommt es mir vor wie eine Persiflage auf den zweiten Teil des Faust. Aber auch immer wieder die Personen, sie werden beschrieben mit einer wunderbaren ironischen Distanz, die einfach köstlich ist.
    Henscheid hat übrigens auch immer wieder auf Dostojewski als Humorist hingewiesen.

  • Nach mehr als 20 Jahren habe ich mal wieder zu einem Roman von Dostojewski gegriffen. Ich hatte stets etwas davor zurückgeschreckt, auch wegen der zahlreichen auftretenden Personen und ihren diversen Namen, die ich früher schon durcheinander brachte. Daher hatte ich mir diesmal auch schon wieder Blatt und Stift parat gelegt, um mir Notizen zu machen, hauptsächlich, damit ich mir die Figuren besser merken kann, und wer zu wem in welchem Verhältnis steht. Das hat mir auch diesmal schon geholfen. Zum anderen erinnerte ich mich bei früheren Lektüren ("Der Idiot" und "Schuld und Sühne") daran, dass die Handlung ausschweifend ist und es "gemächlich" vorgeht. Und auch hier bei der Neuübersetzung von den Dämonen, dient der erste Teil (ca 250 Seiten) erstmal dazu die Personen vorzustellen. Das war teilweise zäh. Ja, es gibt auch ein paar humorvolle Szenen, aber man muss als Leser dranbleiben. Nach einer längeren Lesepause hatte ich Mühe, mich wieder zurecht zu finden. Im zweiten Teil wird es spannender, Konflikte spitzen sich zu, und der dritte, abschließende Teil ist dann wirklich die "lange Durststrecke" wert. So viel zum Aufbau und den Schwierigkeiten, die ich beim Lesen hatte.


    Die Geschichte selbst ist sehr interessant. Mord, Terrorismus, Nihilismus, Schuld und Sühne, Intrigen, Duelle, Generationenkonflikt – alles dabei und dem entsprechend komplex. Mir hat es zudem Spaß gemacht, Sekundärliteratur zu sichten, und da ich mich dem Buch nicht ganz so wie gewünscht widmen konnte, sondern immer wieder mehrere Tage nicht weiterlesen konnte, da hat mir auch die Verfilmung von 1977 geholfen, um «den Faden nicht zu verlieren». Der Vierteiler mit Volker Lechtenbrink als bösartigen Pjotr Werchowenskij und Christoph Bantzer als Stawrogin hält sich erstaunlich nah an die literarische Vorlage. Grosse Empfehlung, wenn man das «gemächliche Tempo», den bereits der Roman vorgibt, «aushalten» mag.


    Mir jedenfalls hat Buch und Verfilmung sehr gefallen. Das Einzige, was mich derzeit abhält weitere Romane von Dostojewski zu lesen, ist mein zeitlicher Mangel, mich intensiv mit dem Buch zu beschäftigen. Denn Zeit und Konzentration sollte man dafür mitbringen.