Vertrieben, verdraengt, aber nicht... - Wilfried Weinke

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    Kaiser Wilhelm II, der Reeder Albert Ballin, die Künstlerin Josephine Baker, der Hamburger Bankier Max Warburg, der Psychoanalytiker Sigmund Freud, der Zoodirektor Carl Hagenbeck, der Dirigent Leonard Bernstein, der Pianist Robert Casadesus, die Schriftstellerin Helen Keller, der Pianist Rudolf Serkin, die Liste der auf Glasnegativen und wertvollen Fotoabzügen verewigten Persönlichkeiten ist lang - ihre Namen noch heute präsent. Anders ergeht es ihren Porträtisten, den Hamburger Fotografen Emil Bieber, Max Halberstadt, Erich Kastan und Kurt Schallenberg. Alle vier waren in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts als geachtete Fotografen bekannt. Nach der Machtübertragung an die Nationalsozialisten wurden sie wegen ihrer jüdischen Herkunft aus ihrer Heimatstadt verdrängt und ins Exil getrieben. Der Historiker Wilfried Weinke hat in jahrelangen Recherchen fotografische Schätze aus ihrem Arbeitsleben in den 1920er Jahren und in der Emigration zusammengetragen. Er präsentiert lebendig und facettenreich Leben und Werk dieser vier ins Exil getriebenen Fotografen.
    Eigentlich ist das ein Ausstellungskatalog fuer eine Ausstellung im Altonaer Museum die ich besucht hatte. Er ist recht teuer, aber da ich mich fuer historische Fotografie interessiere, war es mir das wert. Zu dem Buch: Als erstes dachte ich, dass diese Fotografen etwas ueberbewertet werden, denn es waren (bis auf Halberstadt ?) fast reine Portraetfotografen. Aber das eigentlich interessante am Buch, wie auch in der Ausstellung, ist die Auseinandersetzung mit der Nachkriegsgeschichte in Deutschland. Ich kann kein Urteil faellen ueber Leute von denen ich nichts weiss bzw. nur von einer Seite gehoert habe, aber was dort ueber einen Fritz Kempe geschrieben steht, bringt mich dann doch zum Nachdenken. Ausserdem sind die Biographien dieser vier juedischen Hamburger Fotografen sehr einfach und fluessig geschrieben und das Hauptaugenmerk liegt naturgemaess auf den Fotos. Was mich eigentlich erschuettert hat, ist dass mir beim Lesen aufgefallen ist, dass ich selbst verharmlose. Also als ich las, dass diese Ausreiseantraege gestellt wurden und erklaert wurde welche Ausruestung und Mittel sie mitnehmen duerfen, ertappte ich mich dabei, dass ich sinngemaess dachte: "Achso, ganz legal und keine Bedrohung." Was natuerlich voelliger Quatsch ist, denn es war ein Unrecht sondergleichen und wer es bis 1938/39 nicht geschafft hatte unter Aufgabe des persoenlichen Besitzes und seines Freundeskreises usw., hatte kaum noch eine Chance. Der Autor ist sehr engagiert und greift viele staatliche und kulturelle Behoerden an, die von den selben Leuten gefuehrt wurden, die vor dem Krieg auch zu diesen Behoerden gehoerten und nach dem Krieg nichts unternahmen um das Unrecht bekannt geschweige denn wieder gut zu machen. Ich fand es sehr interessant und bereue den Kauf nicht.

  • Hallo jannmaat,


    das scheint ja ein sehr interessantes Buch zu sein, welches meine Interessengebiete Biographien/ und die Schicksale unserer jüdischen Mitbürger genau erfasst.
    Aber der >stolze Preis<!! Da muss ich noch wachten, bis es vielleicht mal bei Booklooker gebraucht angeboten wird.


    Grüsse von Bonprix