Paul Auster - Stadt aus Glas / City of glass

  • Hab mir im Rahmen der SZ_Bibliothek auch den Band von Paul Auster - Stadt aus Glas zugelegt und gerade fertig gelesen.


    Die Story handelt von Daniel Quinn, einem Krimiautor, der eines Nachts einen mysteriösen Anruf erhält und daraufhin in die Rolle eines Privatdetekivs schlüpft. Als solcher beschattet er einen geistesgestörten Wissenschaftler, der gerade aus dem Gefängnis entlassen wurde. Auftraggeber ist die Frau des Sohnes des Forschers, die Angst hat, der Vater könnte ihn umbringen wollen. Quinn folgt dem Forscher daraufhin auf Schritt und Tritt. Dieser schafft es jedoch zu verschwinden. Quinn weigert sich jedoch, den Fall danach als Abgeschlossen zu betrachten und beginnt in seiner Besessenheit um den Fall immer mehr zu verwahrlosen.


    Stadt aus Glas ist der erste Teil der New York Trilogie Austers.


    Das Buch hat bei mir einen ganz eigenartigen Effekt ausgelöst: Selten habe ich mich während des Lesens so über die Hauptpersonen und deren Handlungen geärgert: Unlogisch, unverständlich, nicht nachvollziehbar waren sie nur allzu oft. Normalerweise würde ich so ein Buch schnell fertiglesen (ich kann Bücher nicht abbrechen und zur Seite legen) und keinen weiteren Gedanken daran verschwenden. Nicht so aber in diesem Fall. Denn sobald ich das Buch abends oder zwischendurch aus der Hand gelegt hatte, fing es an, mich zu beschäftigen. Immer wieder kamen mir Ausschnitte ins Gedächtnis und ich konnte nicht aufhören, darüber nachzugrübeln.
    Aufgrund dieser Wirkung, die das Buch auf mich ausübte, bin ich trotz des Widerwillens, der mich an manchen Stellen beim Lesen begleitete, froh, das Buch zur Hand genommen zu haben.


    Was erwartet ihr von einem Buch? Genügt es, wenn das Lesen Spaß macht oder erwartet ihr, dass es euch auch nachher immer wieder zum Nachdenken anregt und so begleitet? Ideal wäre natürlich beides...


    Liebe Grüße

    Liebe Grüße,
    Azrael


    Aktuelles Buch: "Schwarz zur Erinnerung" von Charlene Thompson

  • ich habe die trilogie vor über 5 jahren gelesen, kann aber aus der erinnerung sagen, dass ich beim ersten buch noch nicht angetan war, beim zweiten buch verwirrt und beim dritten buch begeistert. die charaktere sind eigenwillig und ein wenig verrückt. einige namen tauchen auch in anderen geschichten auf, ohne dass der zusammenhang klar wird. auch das rote notizbuch ist eine wiedererkennung. ich bin seit der trilogie begeisterte auster-leserin. es ist wohl eine typ-frage, ob bücher einen beschäftigen (sollen). mich hat das buch beschäftigt, was sazu geführt hat, mehr von ihm zu lesen. ich kann jedem nur raten, die trilogie komplett zu lesen.
    vio

  • Stimme dir vollkommen zu, vio. Auster ist mein amerikanischer Lieblingsautor.


    Kennst du auch das hier, "Mr Vertigo"?


    Die Geschichte des Waisenjungen Walter Rawley in Amerika in den 20er Jahren, der nach hartem Training bei Meister Yehudin lernt, die Schwerkraft zu überwinden und zu fliegen. Gemeinsam machen sie eine Tournee durchs ganze Land.
    Die Geschichte wird in der Rückschau erzählt von dem alt gewordenen Walter.
    Ein Buch, das viel zu tun hat mit Fliegen und Fallen, mit Abschied, Trauer und Neuanfang.


    Wenn jemand Auster kennen lernen will, ist diese Buch wahrscheinlich geeigneter als "Stadt aus Glas". @ Azrael, probierts doch mal damit (Hab ich dich schon mal mit meinen Tipps enttäuscht *g* :-s:wink:


    Marie

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Ach Marie, du trägst auch nicht grad dazu bei, dass meine Wunschliste schrumpft, hm? Na gut, ich notiers - trotz elend langer Liste :wink:


    Außerdem hat mir mal jemand Timbuktu von ihm empfohlen, das aus der Sicht eines Hundes geschrieben sein soll. Kennst du das?

    Liebe Grüße,
    Azrael


    Aktuelles Buch: "Schwarz zur Erinnerung" von Charlene Thompson

  • Liegt auf dem SUB. Das ist nämlich so: Wenn ich einen Autor sehr liebe, will ich immer ein Buch von ihm im SUB haben, d.h. ich muss mir erst noch einen Auster kaufen, bevor ich Timbuktu lese.


    Was ich aber über das Buch gehört habe: Es ist wohl keine typische Tiergeschichte (in der ein Mensch tut, als wäre er ein Tier, aber letztlich doch menschlich denkt, fühlt und handelt), sondern tatsächlich eine hündische Geschichte.


    Bevor ich deinem Geldbeutel noch näher trete, Azrael: Jede gute Bücherei müsste Mr Vertigo haben. Es liest sich sehr flüssig und locker, wenn man auch ein paar Mal v.a. im ersten Drittel schlucken muss, weil es ziemlich hart ist.


    Marie

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Zitat

    Original von Marie


    Liegt auf dem SUB. Das ist nämlich so: Wenn ich einen Autor sehr liebe, will ich immer ein Buch von ihm im SUB haben, d.h. ich muss mir erst noch einen Auster kaufen, bevor ich Timbuktu lese.


    Das geht mir auch so, Marie. Ich mags dann gar nicht, wenn von dem Autor kein Exemplar am SUB herumliegt. Und ganz schlimm ist das, wenn ich beim Lesen mitten in einer Reihe bin - dann muss der Nachfolger möglichst schon im Regal warten. :wink:


    Und zu Mr. Vertigo: ok, ich mach noch ein Rufzeichen dahinterauf der Liste, dann kommts früher dran beim Kaufen. Bin jetzt ja eh schon neugierig drauf!

    Liebe Grüße,
    Azrael


    Aktuelles Buch: "Schwarz zur Erinnerung" von Charlene Thompson

  • Ich muss sagen, dass ich dieses Buch zu Beginn sehr nervtötend fand, bis zu den Betrachtungen zum Turmbau von Babylon. danach war mein Interesse geweckt und ich ließ mich von dieser kafkaesken Geschichte einnehmen. Das Ende hat mich etwas unbefriedigt gelassen, aber es war schon lesenswert.

  • Ich habe dass Buch eben auch beendet und muss sagen, irgendwie bin ich verwirrt.
    Einerseits hat es mir sehr gut gefallen, vorallem weil die Protagonisten wieder irgendwie so ein bisschen seltsame Persönlichkeiten hatten, aber andererseits, war die Geschichte doch irgendwie ein bisschen seltsam und eigentlich ist im nachhinein nicht wirklich was passiert.
    Aber, wie schon erwähnt, beschäftigt einen dieses Buch irgendwie und ich glaub, da steckt eine ganze Menge dahinter. Man kommt irgendwie nicht davon los... Es sind ja auch noch einige philosophische Ansätze enthalten...


    Werde jetzt noch die anderen 2 Teile der New York Trilogie lesen und bin darauf schon sehr gespannt.


    Lg Lene

    Die Zeit vergeht. Sie weiß es nicht besser.
    (Erich Kästner)

  • Ich hab das Buch vor 4 Jahren *glaub* gelesen und mir ging es damit genau wie Lene...

    lg Schattenlady


    Bücher lesen heißt: wandern gehen in fernen Welten, aus den Stuben über die Sterne
    (Jean Paul)

  • Himmel, gut dass ich den Thread gerade gefunden hab...
    Das Büchlein liegt auch noch etwas verschüttet in meinem SUB und es klingt ganz so, als wäre es nicht schlecht, also mal ein wenig höher legen :-,
    Hat jemand von euch die Stadt aus Glas auf englisch gelesen?

    „Verrücktheit ist unendlich faszinierender als Intelligenz, unendlich tiefgründiger. Intelligenz hat Grenzen, Verrücktheit nicht.”


    Claude Chabrol (*1930), frz. Filmregisseur u. -kritiker

  • Ich war schon vom ersten Satz sehr angetan, der den Leser ohne grosse Umschweife und Vorgeplänkel direkt in die Geschichte schubst:

    Zitat von Paul Auster

    Mit einer falschen Nummer fing es an, mitten in der Nacht läutete das Telefon dreimal, und die Stimme am anderen Ende fragte nach jemandem, der er nicht war.

    Ein gewöhnlicher Kriminalroman ist "Stadt aus Glas" keinesfalls! Was als (ungewollte) Detektivgeschichte beginnt, entwickelt sich zu einer Erzählung, die mit Identitäten und der Existenz der Protagonisten spielt: Daniel Quinn, ein erfolgreicher Krimiautor, schreibt unter seinem Pseudonym William Wilson, identifiziert sich aber auch mit dessen Romanfigur Max Works. Als Detektiv gibt er sich nun als Paul Auster aus... Und der echte Paul Auster (ein Schriftsteller) kommt auch noch vor. Klingt verwirrend? Glücklicherweise lässt sich die Geschichte aber doch mühelos und spannend lesen, und ist nicht künstlich oder intellektuell überheblich geschildert. Auch die Bezüge zu John Miltons "Paradise Lost", dem Turmbau zu Babel, dem Sündenfall und einem verloren gegangenen, einst paradiesischen Amerika, sind trotz der philosophischen Ansätze unglaublich unterhaltsam geschrieben. Die Novelle ist lesenswert, regt zum Nachdenken an, und lässt eine Menge Fragen offen. Somit ist es als reine Kriminalgeschichte sicherlich enttäuschend, aber als spielerische Erzählung um die Frage nach der Identität, dem Zufall, und der Besessenheit zu einer Aufgabe (Vater Stillman mit seiner "Forschung" ebenso wie Quinn mit seinem "Beschützerauftrag") auf jeden Fall empfehlenswert!


    Der amerikanische Originaltitel lautet übrigens "City of glass". Eine Einzelausgabe habe ich nicht gefunden (immer nur als Sammelbund der kompletten Trilogie), aber diese Graphic Novel sieht doch auch sehr schön aus...

  • Ich bin großer Fan von diesem Buch!


    Ich habe auch eine Rezension zu diesem Meisterwerk geschrieben.


    Hier kommt diese:




    Ein einsamer Mann wandert durch New York. Tag für Tag. Einem anderen Mann immer dicht auf den Spuren.


    Der einsame Wanderer heißt Quinn. Und ist eigentlich Autor von Detektivgeschichten à la Raymond Chandler.


    Eines Tages bekommt er einen mysteriösen Anruf. Und plötzlich ist er mitten in einer skurrilen Geschichte, in der es um so viele Dinge geht: ein Junge, der wie Kaspar Hauser isoliert von anderen Kindern aufwächst. Dessen fanatischer Vater, der „die Sprache Gottes“ entschlüsseln wollte und es daher vermied, dem Sohn die richtige gesprochene Sprache beizubringen. Obdachlosigkeit von Menschen, die sich bis vor kurzem noch nie Gedanken um einen Schlafplatz haben machen müssen...


    Ich liebe einfach Paul Auster. Dieses Buch war für mich das erste von diesem ganz wunderbaren Autoren, der ja auch meinen absoluten Lieblingsautoren Haruki Murakami beeinflusst haben könnte. Zumindest haben beide ähnliche Themen (Einsamkeit, Melancholie) und geben diese in einem traumähnlichen / kafkaesken Rahmen wieder.


    Wer die Möglichkeit hat, sollte übrigens auch unbedingt die famose Graphic-Novel „City of Glas“ lesen, die auf dem Roman basiert.


    Einiges wird dadurch vielleicht klarer. Auf jeden Fall sind die Bilder eine Klasse für sich!