Morton Rhue - Boot Camp

  • Auf Wunsch von Fezzig stelle ich hier mal das neue Buch von Morton Rhue vor. Ich hab es schon im Februar als Leseexemplar von meiner Buchhändlerin bekommen, und hab dann für ihren Laden eine kleine Rezension geschreiben. Da ich ein ziemlich fauler Mensch bin, kopiere ich sie hier einfach mal rein...


    Mit Altersempfehlungen tu ich mir immer ziemlich schwer, weil ich eigentlich nur meine kleine Schwester als Vergleichsmöglichkeit habe, und sie liest eigentlich alle Bücher, die ich auch lese... aber hier würde ich sagen, Kinderbuch ist es auf jeden Fall keines, vielleicht so ab 14, 15?



    Boot Camp
    von Morton Rhue


    In dem Buch geht es um Kinder und Jugendliche, die von ihren überforderten Eltern in Boot Camps geschickt werden, brutale Umerziehungs-Systeme, in denen den „missratenen Sprösslingen“ Manieren beigebracht werden sollen. Aus welchen Gründen auch immer die Jugendlichen dorthin gebracht werden, die Erziehungsberechtigten bezahlen eine Menge Geld und haben darum auch immer recht; nach der Meinung der Kinder wird nicht gefragt.


    Die Hauptperson ist ein hochintelligenter Junge namens Connor, der von seinen Eltern in das Camp Lake Harmony geschickt wird, weil er die Beziehung zu seiner 10 Jahre älteren Lehrerin nicht beendet. In einer Nacht und Nebel Aktion wird er gegen seinen Willen von sogenannten Transporteuren abgeholt, mit Handschellen gefesselt und nach endlosen Stunden im Auto irgendwo ans Ende der Zivilisation gebracht. Am Anfang noch von der Hoffnung beseelt, seine Eltern wollten ihn nur erschrecken und holen ihn bald wieder ab, beginnt für Connor eine Zeit der Demütigungen und Qualen. Gewalt, militärischer Drill und Erniedrigungen sind in dem Camp an der Tagesordnung. Unter solch grausamen Bedingungen soll er lernen, seine Eltern zu respektieren, und zu dem Sohn zu werden, den sie sich wünschen.


    Ein fesselndes Buch über die Auswüchse der sogenannten „Erziehungsmethoden“ in Amerika.


    Morton Rhue schreibt wie immer spannend und flüssig, so, dass es mir unmöglich war, dieses Buch nicht in einem Nachmittag zu lesen.


    lg, Tintenherz

  • Hallo Tintenherz!


    Danke für die Rezension! Ich wußte gar nicht, dass der Verlag ein Leseexemplar rausgeschickt hat. Das hätte ich mir sofort geschnappt! ;)


    Ich mag die Bücher von Morton Rhue!


    "Boot Camp" wandert direkt auf meine Wunschliste! :thumright:


    PS: Ich habe die ISBN nachgetragen, damit deine Rezension auch im Rezi-Index auftaucht. :!:

    She wanted to talk, but there seemed to be an embargo on every subject.
    - Jane Austen "Pride and prejudice" - +

    Einmal editiert, zuletzt von Fezzig ()

  • Ich habe gestern in der Stadtbibliothek nachgefragt, ob sie das Buch bestellt haben (im Katalog ist es nämlich noch nicht verzeichnet). Die Antwort: Bestellt, aber noch nicht geliefert. Aber sobald es eingetroffen und anschließend eingearbeitet wurde, darf ich es lesen!!!!


    Hach, Vormerkungen sind eine gute Sache! Und dann bin ich sogar die erste Entleiherin! :D

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  • HeyTintenherz,


    Wenn du es schon gelesen hast kannst du mir doch sicher sagen, ob es eher eine beschreibung dieser Boot Camps ist, oder ob es um den Jungen geht ?
    Danke schon mal..

  • Nach einem Monat Bearbeitungs- und Wartezeit konnte ich mir heute das Buch aus der Bibliothek abholen. Demnächst mehr, wenn ich etwas weiter als Seite 1 bin...


    (ich freue mich... endlich ist es da!) :loool:

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  • Dieses Buch liegt noch auf meinem SUB und ist gerade - dank deiner Empfehlung - einige Plätze nach oben gerutscht.
    Ach, so viele gute Bücher - und so wenig Zeit...

    Das Paradies habe ich mir immer als eine Art Bibliothek vorgestellt.
    (Jorge Luis Borges)

  • @ Linschen: Tut mir leid, dass ich dir erst jetzt antworte, aber ich hab übersehen, dass hier jemand was geschrieben hat. Falls es dich noch interessiert: Es geht eher um den Jungen, aber anhand seiner Erlebnisse wird natürlich das Leben in so einem Boot Camp beschrieben.


    lg, Tintenherz

  • So, nun habe ich das Buch gelesen. In zwei Abenden - ich konnte es nicht aus der Hand legen.
    Der letzte Satz: "Aber...ich habe es verdient, Sir" (....dass sie mir wehgetan haben), läßt mich noch nicht los. Wie können Eltern es zulassen, dass ihre Kinder mit so drastischen Mitteln "umerzogen" werden?

    "Die Erde ist aller Wesen Erhalterin, sowohl des Menschen, der sie bebaut, als auch des Hamsters, der sie durchwühlt." Friedrich Gabriel Sulzer
    Offroader kommen in den Himmel, durch die Hölle sind wir schon gefahren.


    :study: Der Name des Windes - Patrick Rothfuss

  • Inzwischen habe ich das Buch auch gelesen. Vor dem Lesen dachte ich noch, in Ordnung, jugendliche Straftäter müssen mal lernen, dass es in einer Gesellschaft Regeln und Normen gibt, die einzuhalten sind. Beim Lesen des Boot Camp fragte ich mich in den ersten Kapiteln, was hat Connor denn nur schlimmes getan.



    Für die Eltern wurde die ganze Situation unbequem, sie konnten mit ihrem hochintelligenten Sohn nicht mehr in ihren Kreisen brillieren (dachten sie sicher). Sie hätten sich Gedanken machen, Argumente finden, vor allem sich Zeit nehmen und reden müssen. Aber währscheinlich kannten sie nur Erziehungsmethoden, die man mit Dollars bezahlt. So wird der "missratene" Sohn zur Umerziehung abgeschoben und sie machen sich wohl keine Gedanken, wie diese Umerziehung erfolgen soll. Sie delegieren die Verantwortung. Aber es ist ja gar keine Umerziehung, der Willen der Jugendlichen wird gebrochen.


    Ja, Cassa, bei dem von dir zitierten letzten Satz bekam ich Gänsehaut und einen ganz dicken Kloß im Hals. Denn, nein, diese Behandlung hat kein Jugendlicher verdient. Das ist einfach unmenschlich.


    Bezeichnend für das ganze Buch sind die Kapitelüberschriften, die den Regeln des Boot Camps entsprechen. Morton Rhue hat seinen Roman in der Ich-Form geschrieben, das zieht den Leser aktiv in das Geschehen ein.


    Ich kann es jedem empfehlen. Es wäre auch ein gutes Buch für eine Leserunde.

  • Zitat

    Original von Bonprix
    Ich merke es mal vor für die nächste Leserunde (ab 15.August). :idea:


    Gruss Bonprix :wink:


    Ojah! :bounce:
    Da bin ich dabei. Ich hatte das Buch bereits ausgeliehen, habe es dann aber ungelesen wieder zurück in die Bibliothek getragen. Gerade heute habe ich es wieder mitgenommen. Auf einen Monat zusätzliche Wartezeit kommt es jetzt auch nicht mehr an... ;)

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  • Schade, dass Boot Camp als "Jugendbuch" ausgewiesen ist. Meiner Meinung nach ist es gerade für Erwachsene interessant.


    Die Idee, das Buch in einer Leserunde zu lesen finde ich gut. Auch wenn ich es schon kenne, würde ich mitlesen.

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  • Ich bin zwar bis 23.August im Urlaub, würde aber, wenn es dazu käme, mit Interesse die Leserunde verfolgen und gelegentlich auch meine Meinung mitteilen.

  • Ich bin aufgrund eurer sehr guten und interessanten Meinungen auch schon sehr neugierig auf das Buch geworden und es direkt auf meine Wunschliste (bzw. Bücherei-Liste) gesetzt.


    Bei einer Leserunde im August wäre ich sehr gerne dabei (das Buch ist ja nicht allzu dick, und obwohl ich ab 15. August beruflich sehr viel eingeteilt bin, denke ich doch, dass ich mithalten kann).

    Herzliche Grüße
    Rosalita


    :study:
    Wenn das Schlachten vorbei ist - T.C. Boyle


    *Life is what happens to you while you are busy making other plans* (Henry Miller)

  • Rosalita
    Das Buch liest sich so schnell weg, das glaubt man kaum. Wir hatten jetzt auch Halbjahresabschluss, da war Lesen auch erst deutlich nach 20 Uhr drin, man hat ja auch noch andere "Hobbies" wie z.B. Haushalt... Aber das 'schnell weglesen', hat nichts mit oberflächlichem Geschreibsel zu tun. Es ist ein packender, interessanter und erschütternder Roman. (Nein, ich bekomme für die Werbung, die ich mache, keine Prozente! :wink: )


    Ich habe bei Amazon schon die weitere Bücher von Morton Rhue bestellt.

  • Hallo!


    Tintenherz: Dankeschön, hat sich aber sowieso erledigt, weil ich mir meine Frage mitlerweile selbst beantworten kann.


    Also wirklich Morten Rhue hat es mal wieder geschafft, in einem richtig guten Buch die Fehler unserer Regierung, die Probleme Jugendlicher anzuprangern.
    Mir persönlich hat das Buch sehr gut geafallen, wie Cassa Dar hat mich besonders der letzte Satz mitgenommen, " Aber...ich habe es verdient, Sir ".
    Das Buch hat mich bis heute noch nicht losgelassen.




    lg linschen

  • Im Rahmen der August-Leserunde habe ich dieses Buch gelesen. Es liest sich schnell weg (ist ja eigentlich auch ein Jugendbuch), doch das Thema ist sehr brisant und lässt auch den erwachsenen Leser nicht kalt.


    Die Zustände in diesem Boot Camp werden sehr drastisch geschildert, es herrscht Sadismus, Gewalt, und die sogenannten "Schwererziehbaren" werden durch Untergrabung des Selbstwertgefühles, Androhung von Gewalt, Freiheitsentzug und schweren Strafen fügig gemacht. Diese Methoden entsprechen eigentlich so gar nicht meinem Stil und meiner Ansicht von Erziehung und ich bin überzeugt, dass "angepasste, fügige, kritiklose" Menschen nicht das Ziel einer Erziehung sein können.


    Anhand des jugendlichen Connors wird die Maschinerie dieser Boot Camps verdeutlicht. Connor hat sein Herz am rechten Fleck, hat sich meiner Meinung nach auch keinem Vergehen schuldig gemacht - vielmehr suchen seine Eltern, die mit seinem Lebenswandel nicht so sehr einverstanden sind eine für sie angenehme Lösung - und doch bricht sein Widerstand allmählich. Eine Geschichte, die unter die Haut geht, v.a. in Anbetracht dessen, dass es solche Boot Camps wirklich gibt!

    Herzliche Grüße
    Rosalita


    :study:
    Wenn das Schlachten vorbei ist - T.C. Boyle


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  • Ich kann mich leider gar nicht mehr so genau an den Inhalt des Buches erinnern (vl sollte ich es wieder mal lesen) ... aber was ich bestimmt noch weis ist, dass er mir damals sehr sehr gut gefallen hat :)


    :love: Lesen ist träumen mit offenen Augen :love:


    Ich lese gerade: J.R. Ward Black Dagger

  • Eigentlich hat mir das Lesen dieses Buches keinen Spaß gemacht. Denn das Buch besteht zu 80 Prozent aus Szenen der Gewalt, des Hasses, der Erniedrigung, der Angst. Es war wirklich furchtbar, während des Lesens ständig mit solchen Szenen konfrontiert zu werden. Es gibt kaum Lichtblicke, kaum Szenen, die nicht von Gewalt bestimmt werden. Aber leider ist das Buch gerade deswegen so realistisch.


    Connor ist ein Charakter, der mir nicht unbedingt sympathisch war, mit dem ich aber auf jeden Fall mitgefühlt und -gelitten habe. Wegen einer Lappalie (zumindest würde ich es so bezeichnen) ist Connor von Entführern, die seine Eltern angeheuert haben, im Boot Camp gelandet. Einen Ausweg aus dieser Situation gibt es nur durch Gehorsam, Gefügigkeit und dem Beweis, dass man aus seinen Fehlern gelernt hat. Doch beinhaltet dies eine Art Gehirnwäsche, nach der man jedem Befehl widerstandslos Folge leistet und zugibt, vorher alles falsch gemacht zu haben und nun bedingungslos den Forderungen der Eltern Folge zu leisten. Ist doch klar, dass Connor sich dem nicht so einfach beugen möchte. Er widersetzt sich dem System, lehnt sich auf, hinterfragt vieles, und wird immer wieder bestraft, gefoltert, gequält. Letztlich scheint der letzte Ausweg die Flucht zu sein...


    Alle anderen Charaktere, das heißt die Eltern, die Entführer, die anderen Kinder, die Aufseher, waren mir schreiend unsympathisch. Aber das lag allein an ihrer Rolle, die sie in diesem Spiel spielen mussten. Sie konnten mir einfach nicht sympathisch sein mit all ihrer Gewaltbereitschaft, die sie ausstrahlten. Nur wenige von ihnen zeigten Ansätze von Menschlichkeit, aber auch hier konnte ich keine Sympathien aufbringen, denn sie duldeten das System des Boot Camps aufgrund von nicht nachvollziehbaren Gründen.


    Der Stil ist recht einfach und leicht zu lesen. Insgesamt hat mich das Buch während des Lesens nur zwei Stunden beschäftigt.


    Aber es hallt lange nach und ich finde, dass es ein sehr wichtiges Buch, dass mit der Unterstützung eines guten Lehrers sicherlich auch in der Schule gelesen werden kann.


    Besondere Authentizität erlangt das Buch durch sein Nachwort des Autors. Hierin berichtet dieser von der realen Situation bezüglich Boot Camps. Hier mal die wichtigsten und erschütterndsten Fakten zusammengefasst:


    In Amerika gibt es ungefähr 50 bis 100 Boot Camps, aber auch auf den Philippinen, in Thailand oder der Karibik sind diese nicht selten.


    In den vergangenen 20 Jahren sind circa 40 Menschen im Altern von 13 bis 17 Jahren in einem Boot Camp gestorben. Todesursache waren oft Vernachlässigung, Überanstrengung oder mangelhafte Ernährung.


    Pro Jahr kostet die Unterbringung im Boot Camp bis zu 40 000 Dollar.


    Die Aufenthaltsdauer in einem Boot Camp beträgt durchschnittlich ein bis drei Jahre.


    Eltern heuern oft Transporteure an, also Entführer, die ihre Kinder dann in ein Boot Camp bringen.


    Mein Fazit:


    Ein erschreckendes und beängstigendes Buch, aber auch ein sehr wichtiges und zeitloses Buch, das nicht übergangen werden sollte, sondern das immer wieder gelesen werden sollte.


    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

    "Hab Vertrauen in den, der dich wirft, denn er liebt dich und wird vollkommen unerwartet auch der Fänger sein."
    Hape Kerkeling


    "Jemanden zu lieben bedeutet, ihn freizulassen. Denn wer liebt, kehrt zurück."
    Bettina Belitz - Scherbenmond


    http://www.lektorat-sprachgefuehl.de