KLR: 2. Teil des Romans

  • Hallo,


    ich bin inzwischen in Kapitel 6 angelangt und gebe Heidi recht, die Stimmung ist anders, noch ein bißchen düsterer. Die Krankheit des Fürsten steht mehr im Vordergrund und die "feurigen grauen Augen" spielen auf einmal eine wichtige Rolle.
    Nastasjas Verhalten gibt mir große Rätsel auf. Ich verstehe wie sehr sie verletzt ist, durch ihren "Ziehvater" auch durch das Geschachere wer sie nun heiratet und für wieviel Geld, aber warum sie die Männer deswegen dauerend gegeneinander ausspielt, ist mir nicht klar. Da sie in diesem Teil bisher aber noch nicht persönlich aufgetreten ist kann ich mir noch kein Bild machen.


    Katia

  • Gestern habe ich das 4. Kapitel beendet und ich muss sagen, es geht mir wie euch, der Gesamteindruck des 2. Teils ist ein ganz anderer.


    Dazu kommt, dass wohl nicht nur der Fürst etwas verwirrter ist, nein, ein paar Fragezeichen haben sich in meinen Augen auch festgesetzt. Habe ich im 1. Teil noch gedacht, dass Nastasja wegen der ihr durch Totzki in der Vergangenheit zugefügten Verletzungen zu einer berechnenden Frau wurde, fällt es mir doch schwer, ihre innere Zerissenheit (ihre Unentschlossenheit) so richtig zu verstehen.


    Was ich auch nicht richtig verstanden habe, warum ist Rogoshin mit dem Fürsten zu dem Mütterchen gegangen und hat um deren Segen gebeten?


    Aber vielleicht klären sich meine Fragen beim Lesen der weiteren Kapitel auf.

  • Hallo!


    Nastasja: Ich denke, dass sie sehr zerrissen ist, zwischen ihren Gühlen steht. Sie wird sich in den Fürsten verliebt haben, und kann durch ihre Schuldgefühle nicht dazu stehen (gefallendes Mädchen). Aber dieses Hin und Her geht mir ein wenig auf die Nerven :roll:


    Rogoshin: Bei ihm ist wohl so eine Hass-Liebe entstanden. Wenn er den Fürst nicht als Nebenbuhler betrachten würde oder er keiner wäre, dann wären sie wohl ganz dicke Freunde geworden. So steht zwischen ihnen immer eine Frau. Aber seinen besten Freund möchte er von seiner Mutter gesegnet haben.


    Ach, schlimm, keiner weiß mehr was er will, und wie er sich verhalten soll.


    Und diese ganze Verzwickung führt wohl auch dazu, dass der Fürst wieder seine Anfälle bekommt. Denn bei dieser Krankheit tragen die äußeren Umstände dazu bei, Sinneseindrücke, Reizüberflutung wie oft die Anfälle kommen.


    Ein richtiger Chaos herrscht #-o
    (Und das mag ich eigentlich gar nicht :wink: )

  • Zitat

    Original von Heidi Hof
    Und diese ganze Verzwickung führt wohl auch dazu, dass der Fürst wieder seine Anfälle bekommt. Denn bei dieser Krankheit tragen die äußeren Umstände dazu bei, Sinneseindrücke, Reizüberflutung wie oft die Anfälle kommen.


    In dem Moment, wo er den Anfall bekommt, trifft das sicher in sehr extremem Maße zu! Danach kommt der Roman auch wieder in ruhigeres Fahrwasser, auch wenn ich denke, dass dieser angebliche Sohn, der plötzlich auftaucht, doch noch einige Verwirrung stiften wird (ich weiß noch nichts, er tauchte gerade vor ein paar Seiten auf).


    Das Verhältnis zwischen Rogoschin und Lew sehe ich auch so, allerdings ist mir nicht so ganz klar, warum Lew mit ihm befreundet ist - Rogoschin wird ja eigentlich fast durchweg unsympatisch beschrieben....


    Katia

  • Dein Warum fand ich gut, Katia :wink:


    Hatte ich zu Beginn noch gedacht, dass Dostojewski sehr schön schreibt, liegt jetzt das Buch mehr herum, als dass es gelesen wird. Irgendwie ist es teilweise an den Haaren herbei gezogen, und lauter Zufälle.


    Warum macht er das :?: :idea:


    Es erinnert im zweiten Teil an eine Tragödie, dort hat man auch diese Zuspitzung. Nur lese ich nicht gerne Tragödien :wink:

  • Ich bin fast fertig, noch 10 oder 20 Seiten. Also diese heißen Diskussionen auf der Veranda, wow, da bin ich nicht immer mitgekommen, warum Lisaweta ab und an so völlig in die Luft geht. Und unser Fürst erscheint mir fast schon ein bißchen zu gut und zu naiv, er wird heftigst angegriffen und wenn er nur minimal anfängt auszuteilen, dann macht ihn sofort irgendjemand nieder.
    Bin gespannt ob Nastasja im nächsten Teil wieder eine größere Rolle spielen wird...


    Katia

  • Mensch,ihr seid schnell! :shock:


    Ich hatte jetzt ein bisschen ein "Tief" mit dem Buch, irgendwie wollte ich nicht so richtig und es fand sich auch wenig Zeit .... aber jetzt bin ich wieder mitten drin und hoffe, heute den 2. Teil zu Ende lesen zu können.


    Gedanken mache ich mir auch darüber, warum Lew die Freundschaft mit Rogoshin aufrecht erhält. Rogoshin schätze ich als berechnend, launisch-aggressiv ein. Es liegt wohl in der Natur des "Gutmenschen" des Lew, dass er trotzdem zu Rogoshin hält, dass er ihm Mut macht.


    Nastasja kann ich momentan noch gar nicht einschätzen. Einerseits spielt sie mit den Männern und wickelt sie um den Finger - andererseits habe ich den Eindruck, sie überspielt ihre wahren Gefühle. In einer kurzen Szene (als sie das Heirats-Angebot des Fürsten ablehnte mit der Begründung, er sei zu gut für sie, sie würde ihn in ein negatives Umfeld bringen etc.) zeigte sie ja doch dass sie sich sehr wohl Gedanken macht und Verantwortung übernehmen kann.


    Jetzt aber - im 2. Kapitel weiß sie ja überhaupt nicht, was sie will. Na gut - ja - sie will wohl den Fürsten und kann sich wohl nicht durchringen... ich bin schon sehr gespannt, welche Eigenschaften Nastasja noch an den Tag legen wird.

    Herzliche Grüße
    Rosalita


    :study:
    Wenn das Schlachten vorbei ist - T.C. Boyle


    *Life is what happens to you while you are busy making other plans* (Henry Miller)

  • Zitat

    Original von Rosalita
    Gedanken mache ich mir auch darüber, warum Lew die Freundschaft mit Rogoshin aufrecht erhält. Rogoshin schätze ich als berechnend, launisch-aggressiv ein. Es liegt wohl in der Natur des "Gutmenschen" des Lew, dass er trotzdem zu Rogoshin hält, dass er ihm Mut macht.


    Der Fürst möchte mit Jedem Gut-Freund sein, das wirst du noch lesen und bestimmt staunen. Er lässt sich alles gefallen, nimmt alles hin, und ist sehr unterwürfig :-?

  • Zitat

    Original von Heidi Hof
    Der Fürst möchte mit Jedem Gut-Freund sein, das wirst du noch lesen und bestimmt staunen. Er lässt sich alles gefallen, nimmt alles hin, und ist sehr unterwürfig :-?


    Gelle, Heidi, das sind genau die, die du magst .... :mrgreen: ;)

    Herzliche Grüße
    Rosalita


    :study:
    Wenn das Schlachten vorbei ist - T.C. Boyle


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  • So, spät aber doch habe ich auch den 2. Teil hinter mich gebracht.


    Ich kann mich immer noch nicht durchringen, ein Urteil über das Buch abzugeben. Einerseits hält es mich im Bann, will ich doch immer wieder wissen, wie es weitergeht, andererseits habe ich schön langsam diese ganzen Intrigen, Schmeicheleien, Gefühlsausbrüche usw. satt. Ich hoffe, dass diese Tonart nicht so die nächsten 400 Seiten (denn soviele sind es noch, ich bin jetzt grad bei der Hälfte) weitergeht, denn sonst würde mein Urteil ins Negative kippen.


    Ich tu mich sehr schwer, die Charaktere einzuschätzen. Meint es überhaupt noch jemand gut und ehrlich mit dem Fürsten? Bis vor kurzem gefiel mir eigentlich Lisaweta ganz gut, sie machte den Eindruck einer Frau, die die Fäden in der Hand hält und es auch mit dem Fürsten ganz gut meinte. Aber jetzt musste ich lesen, dass das eigentlich gar nicht so ist.


    Lebedew und Keller erweisen sich indes als Kumpanen der ganz üblen Art. Intrigen werden geschmiedet, die Leute werden gegenseitig ausgespielt und es wird alles auf dem Rücken des Fürsten ausgetragen. Gut nachvollziehbar sein Gedanke in Kapitel 11, als er endlich wieder alleine war

    Zitat

    er bekam plötzlich furchtbare Lust, alles hier im Stiche zu lassen und weider dorthin zurückzufahren, woher er gekommen war, weit hinaus, in die Einsamkeit, möglichst sofort und ohne Abschied nehmen zu müssen."


    So, und jetzt bin ich schon gespannt, was mich im 3. Kapitel erwartet!

    Herzliche Grüße
    Rosalita


    :study:
    Wenn das Schlachten vorbei ist - T.C. Boyle


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  • Auch ich habe den 2. Teil jetzt endlich fertig gelesen. Ich habe mich dabei deutlich schwerer getan, als beim 1. Teil. Die Streitereien und Intrigen sind so gar nicht mein Ding. Aber auch das ständige sich entschuldigen, unterwürfig sein und jedem-Freund-sein-Gehabe des Fürsten stellt meine Geduld auf so mancher Seite schon ganz schön auf die Probe. Auch Lisaweta Prokowjewna hat mich mit ihren teilweise schon histerischen Auftritten sehr irritiert. Aber das könnte ich mir noch mit ihrer mütterlichen Besorgtheit erklären.


    Der einzig konstante Charakter ist für mich momentan Rogoshin, er ist schon der passende Gegenspieler zum Fürsten. Ich denke, bei dieser Konstellation hat sich Dostojewski weit mehr gedacht, als ich beim Lesen interpretieren kann. Da bin ich mir aber nicht ganz sicher, wie weit ich gedanklich da gehen kann. Wenn ich mir den "Kreuztausch" noch mal vor Augen führe, könnte ich gleich ganz große religiöse Dinge hinein interpretieren. Auf der anderen Seite sehe ich auch die historische Situation Russlands Mitte des 19. Jahrhunderts sehr gut dargestellt. Dieser 2. Teil ist für mich so eine Art Gesellschaftsanalyse. Der alte Adel steht dem aufkeimenden Bürgertum gegenüber. Dieser gesellschftliche Konflikt würde natürlich auch die Intrige mit dem Zeitungsartikel erklären.


    Im Vergleich zum 1. Teil ist der zweite Teil aber auch sprachlich etwas schwerfälliger. Auch fehlen mir solche tiefer gehenden Gedanken, wie sie mir beim Lesen des 1. Teils (z.B. Todesstrafe) kamen. Vielleich ist das aber auch meinem genervten Lesen einzelner Passagen geschuldet. :-?


    Mir fehlte in diesem Abschnitt Nastasja, ihr Auftritt ist für meinen Geschmack etwas kurz geraten. Habe auch erst ein paar Seiten später mitbekommen, dass sie das in der Equipage war. Da habe ich noch mal rückwärts lesen müssen.


    Abschließend kann ich sagen, der zweite Teil hat mich nicht so begeistert, wie der erste Teil. Ich freue mich aber auf den 3. Teil, den ich heute noch beginne.

  • Zitat:Hatte ich zu Beginn noch gedacht, dass Dostojewski sehr schön schreibt, liegt jetzt das Buch mehr herum, als dass es gelesen wird


    Hallo zusammen,
    ich habe bisher eure beiträge verfolgt und war anfangs auf gleichem lesetempo wie die meisten hier. allerdings sitze ich jetzt am anfang des 2. Teils fest.deshalb iverstehe ich dich heidihof zu diesem zeitpunkt. warum ist das so? ich weiß nicht ob das eher am inhalt als an der schreibweise liegt, das nicht motiviert?
    zum 1. teil noch mal nachtragend: einerseits spiegeln sich interessante Menschenkenntnisse des Erzählers (eigentl. nicht zu verwechseln mit dem Autor Dostoj. [-X) oder vorsichtiger formuliert : starke psychische Hineinversetzung in die Figuren in den vers. Situationen, die gut nachvollziehbar sind (vgl. trotz,wut,naivität,verbundenheit,höflichkeit) bzw. vorstellbar (todesstrafe) .aber andererseits war ich etwas gelangweilt, da ich bereits schon in victor hugos: der letzte tag eines verurteilten (an den auch im anhang meiner ausgabe verwiesen wird) mit der todesstrafe-thematik konfrontiert wurde und auch brecht seine spuren mit der gute mensch von sezuan hinterlassen hatte, so dass ich nicht gerade so begeistert war von der Geschichte her. Welche von mir aber unabhängig von der achtung vor dostojewskis verarbeitung dieser thematiken (nicht zu vergessen die zeitl. einordnung : dostojewski vor brecht! bzw. der idiot mit anspielung auf hugos letzer tag eines...!) seine eigen wert besitzt!
    Inwiefern sieht ihr diese Vergleiche in der Todesstrafe -Thematik und verhalten (des guten menschen von sezuan) aus den genannten Werken zum Idioten bzw. Fürsten ??? Habt ihr viell. eins der bücher gelesen? Liebe Grüße ;)

  • apple: mein Tipp für dich: halte durch, es lohnt sich! :thumright:


    Mir ging es ganz ähnlich. Ich hatte besonders während des 2. Teiles auch eine große Durststrecke, und ich wollte zeitweise das Buch zur Seite legen. Für den 2. Teil brauchte ich fast eine Woche. Stellenweise konnte ich die Personen nicht mehr zuordnen, wusste nicht mehr, was wer zu wem sagt, usw.


    Aber die Lage beruhigt sich wieder, und v.a. im 3. Teil wird es wieder überschaubarer. :thumright:


    Brechts "Der gute Mensch von Sezuan" behandelt wohl eine ähnliche Grundthematik. Kann in dieser Welt ein Mensch "durch und durch gut" sein, lässt es die Welt, die Gesellschaft überhaupt zu. Brecht zeigt auf, dass es an sich nicht möglich ist, es sei denn, die ganze Gesellschaft ändert sich. Und "der gute Mensch" zieht das Verhalten ja auch nicht durch, denn er/sie würde ja draufgehen.


    Mal sehen, wie lange es der Fürst noch schafft, bzw. wie er enden wird.


    Victor Hugos Werk kenne ich leider nicht (aber werd ich mir vorsorglich gleich mal vormerken :thumright: )

    Herzliche Grüße
    Rosalita


    :study:
    Wenn das Schlachten vorbei ist - T.C. Boyle


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  • Ich wollte eigentlich gestern abend den zweiten Teil zu Ende lesen, habe dann aber das Buch im 9. Kapitel (nach immerhin rund 400 Seiten) zugeklappt und erst mal wieder zurück ins Regal gestellt. :-k


    Es ist mir zunehmend schwerer gefallen, mich auf die vielen Personen, die ständig auf der Bildfläche erscheinen (und die der Fürst merkwürdigerweise immer alle irgendwie zu kennen scheint, ob nun persönlich oder aus Erzählungen, so als ob Petersburg ein einziges Dorf wäre) zu konzentrieren und mich auf ihre Anliegen und Gedankengänge einzulassen. Mich in Personen einzufühlen, die mir erst einmal fremd und undurchschaubar vorkommen, fällt mir eigentlich nicht schwer und macht für mich gerade auch beim Lesen den besonderen Reiz aus. Dass mir das hier nicht so recht gelingen will, wundert mich schon etwas. Ich denke, es ist für mich einfach nicht das richtige Buch zum jetzigen Zeitpunkt.


    Ich wünsche euch auf alle Fälle weiterhin viel Spaß beim Lesen und Diskutieren und werde eure Kommentare natürlich mit Interesse verfolgen. :thumright:


    Liebe Grüße
    Siebenstein :wink:

    :montag: Judith Hermann - Daheim


    "Sehnsucht nach Liebe ist die einzige schwere Krankheit, mit der man alt werden kann, sogar gemeinsam."
    (Bodo Kirchhoff: Die Liebe in groben Zügen)


  • @ Siebenstein: Das ist aber schade :(


    Ich muss ehrlich gestehen, dass ich auch ziemlich haderte (da war ich ungefähr so weit wie du), und wenn mein "Umfeld" nicht momentan so "ruhig" wäre und ich wenig Stress habe, deshalb werde ich es bis zum Schluss durchziehen.


    Wir werden berichten wie es weiter verläuft vielleicht kannst du dich doch irgendwann einmal aufraffen!

    Herzliche Grüße
    Rosalita


    :study:
    Wenn das Schlachten vorbei ist - T.C. Boyle


    *Life is what happens to you while you are busy making other plans* (Henry Miller)

  • Hallo,


    ich bin jetzt auch mit dem zweiten Teil fertig....es geht mir wie euch. Hat mir der erste Teil noch echt gut gefallen, fand ich den zweiten Teil zäh zu lesen und bin stolz durchgehalten zu haben.
    Ich habe im Moment auch wenig Lust weiter zu lesen, aber ich gebe im noch eine Chance und hoffe dass der dritte Teil wieder besser wird.
    Unseren Fürst mag ich immer noch....wenn auch zunehmend mitleidiger....man möchte ihn manchmal schütteln, aber ich denke das wird eher noch schlimmer und sicher nicht besser. Zu gut für diese Welt möchte man ihm manchmal die Welt ändern damit er rein passt....grins.


    Liebe Grüße Alexa

    LG Alexa :D


    Lesen ohne Denken ist dasselbe wie Bausteine anhäufen, ohne etwas damit zu tun.
    (Rabindranâth Tagore, 1861-1941, ind. Dichter, 1913 Nobelpr.)


    :study: