Katharina Groth - Das Ranking

  • Perfection (Das Ranking) - Katharina Groth


    Gedankenreich Verlag
    388 Seiten
    Dystopie
    Einzelband
    Offizieller Taschenbuch-ET:
    28. März 2018


    Inhalt:


    Was geschieht, wenn der Wert deines Lebens von Schönheit, Sympathie und Fitnesslevel abhängig ist? Das Ranking entscheidet.


    Crystals Leben ist perfekt. Trotz der zerstörten Außenwelt lebt sie in einem Apartment der Hochrangigen und fügt sich in das System, das ein weltweites Videovoting vorgibt. Die optimale Dosis Sport, Pflege, Gesundheit, Schlaf – all das entscheidet der Computer für sie.
    Bis zu dem Zeitpunkt, als sie im Ranking aufsteigen und in die Zentralstadt ziehen soll.


    Ks Leben ist ein tägliches Ringen mit dem Tod. Er und sein Bruder B gehören zu den Namenlosen und bewohnen die niedrigsten Etagen von Neutropolis. Sein einziges Ziel ist es, seinen schwer kranken Bruder mit ausreichend Medikamenten zu versorgen.
    Er hat es bereits vor langer Zeit aufgegeben, im Ranking aufzusteigen und kämpft nur noch um ihr Überleben.
    Doch all das wird unwichtig, als Crystal in sein Leben tritt.
    Eine schicksalhafte Begegnung, eine Liebe, die nicht sein darf und eine Rebellion, die das System stürzen will. Wie weit kann man von Perfektion entfernt sein, wenn sie doch so nah ist?


    Eine Dystopie, die sich unsere Jagd nach Followern zur Brust nimmt.


    Meinung:


    Mein erster Gedanke nach dem Beenden des Buches: Wow.
    Mein zweiter: Ein paar computertechnische Begriffe zu viel, aber sonst.
    Was für eine Dystopie.
    „Perfection“ muss man wirken lassen.
    Für alle, die gerne Dystopien lesen, ist das auf jeden Fall ein höherklassiges Buch! Es erinnerte mich in den ersten Zügen ein wenig an „Beautiful Liars“, aber das ist vermutlich nur dem Umstand geschuldet, dass das Setting zu Beginn ein Hochhaus ist. Mehr oder weniger.


    Als Leser betritt man eine zwiegespaltene Welt. Es gibt nur wenige Städte und wenn man möchte, so gesehen eine Hauptstadt. Die Zentralstadt.
    „Perfection“ spielt hauptsächlich in Neutropolis und eben der Zentrale.
    Es gibt ein lebenserhaltendes System, das alle Menschen miteinander verbindet: Das Internet bzw. die Technik.
    Ein jeder besitzt ein Implantat hinter dem Ohr, das über Leben, Gesundheit, Schlaf, Essen, Sport und vieles mehr entscheidet.
    Man kann sich das vielleicht so vorstellen als hätte man Siri oder Alexa im Ohr, die einem den aktuellen Kontostand ansagen, ob man sich zu viel zumutet, ob man essen muss und und und.
    Grundsätzlich also eine Idee, die das Leben leichter macht.
    Wenn da nicht diese Kluft wäre. Denn mit dem System entsteht eine Schere zwischen den Reichen und den Armen. Die Währung heißt B-Coints.
    Hat man welche, lebt man oben. Hat man keine, ist man nichts und niemand und wird exekutiert. Je höher man lebt und je mehr Follower man hat, desto höher das Ranking innerhalb der Stadt.
    Je tiefer, desto schlechter. Einfaches Prinzip oder?


    Nun. Mal angenommen, das mit dem Ranking schmeckt nicht jedem.
    Wie auch, wenn die Unteren Hunger leiden und Krankheiten, wie dem bösen gelben Nebel ausgesetzt sind?


    K und B leben in Minus 3 oder war es 4? Auf jeden Fall sehr weit unten und kämpfen täglich ums Überleben. Als Geschwister hängen sie natürlich sehr aneinander und K riskiert für Bs Krankheit fast immer alle seine B-Coints und damit sein Leben. Die Atmosphäre ist düster, alles schwimmt im Dreck, die Wohnräume sind beengt, die Nahrungsrationen knapp und pappig.


    Ganz anders bei Crystal. Sie ist auf Platz 11 des Stadtrankings, lebt in den sauberen oberen Etagen und tut alles dafür, um in die Zentralstadt ziehen zu können, wo sie ab Platz 10 die Chance zu hat. Das lässt für sie nur einen Schluss zu: Bestmöglich leben, viele Follower, immer aktuell sein, ein Vorbild.


    Allein sich dieses Szenario vorzustellen löst bei mir eine Gänsehaut aus.
    Crystal und K kommen aus so unterschiedlichen Welten, dass es schier unmöglich ist, eine gemeinsame Zukunft zu erahnen. Es kommt also, wie es kommen muss, wenn grundverschiedene Dinge aufeinander treffen:
    Es bricht Chaos aus. Das System löst einen Fehler nach dem anderen aus.
    Für die Menschen in der „perfekten“ Welt heißt das: Umdenken, Isolation oder Löschung.


    Ich könnte noch ewig so weitermachen.
    „Perfection“ hat so viele Variablen, die es zu beachten gilt.
    Wichtig ist erstmal nur: Eine aufregende neue Welt, die von Technik dominiert und von Biowaffen in Schach gehalten wird.
    Eine Hetzjagd ausgelöst durch einen Umbruch, durch eine Rebellion.
    Eine Zusammenführung zweier Parteien, die im System als inkompatibel gelten.
    Eine Flucht, die spannender nicht sein könnte.
    Ein Plottwist, den ich nur halb habe kommen sehen.
    Gefühlt eine Mischung aus diversen Dystopien, die zusammen eine fesselnde Geschichte ergeben.


    Die Autorin schafft es mit ihrem Stil auf den 388 Seiten die Stimmung von Angst und Beklemmung zu Freude und Euphorie zu Ekel und Verwirrung schwanken zu lassen. Mal ist man voller Adrenalin, wenn Crystal und K sich grade näher kommen oder Casus einen waghalsigen Plan vorstellt, mal schwirrt einem der Kopf von den vielen Datenflüssen, Stromnetzwerken, Fehlern im System. Eine große Spannungswelle also.


    Fazit:


    „Perfection“ ist, gerade in der heutigen Zeit, wie der Klappentext schon sagt, brandaktuell. Zwar haben wir nicht mit Biowaffen zu tun, aber der Grundgedanke bleibt der Gleiche.
    Ich würde nicht sagen, die beste Dystopie, die ich je gelesen habe, aber vom Ranking her schon sehr weit oben. Diese Anziehung zwischen den Protagonisten, dieser Kontrast und vor allem der Blick in eine weiter Zukunft haben eine mächtige Sogwirkung.


    Für alle Fans von „Beautiful Liars“ und „Cassia & Ky“. Für Computernerds als spannendes Gedankenexperiment oder für technikverliebte zur Erweiterung des Horizonts. Aber auch für alle, die einfach dystopievernarrt sind.


    Bewertung:


    ⭐️⭐️⭐️⭐️⭐️ (5/5)