Tim Erzberg - Sturmfeuer

  • Eine Geschichte, die erst an Fahrt gewinnen muss, dann aber gut auf dem Wasser liegt


    Der Kriminalroman „Sturmfeuer“ von Tim Erzberg ist der zweite Teil, in dem es sich um Fälle auf Helgoland dreht. Auf knapp 400 Seiten begleiten wir die drei Polizisten der Station auf Helgoland. Anfangs wird noch von einem Unfall ausgegangen, als ein kleiner Junge von zehn Jahren bei einer Regatta verschwindet. Eben noch waren alle Kinder auf der Zielgeraden, doch als die jungen Segler ins Ziel einlaufen fehlt jemand. Die Nummer 17. Sein Vater war so stolz auf seinen Sohn, da er doch recht weit vorn lag, nur ein Moment der Ablenkung und niemand hat bemerkt, was da vor sich ging. Ist er mit dem Boot vom Kurs abgekommen? Ist er aus dem Boot gefallen, bei einer Wendung,aber wo ist er dann? Eine große Suche beginnt, Taucher sind da, die Kinder aus der Schule verteilen sich auf der Insel und suchen mit Ferngläsern alles ab, doch man findet den kleinen Nils einfach nicht mehr. Seine Mutter kommt auch auf die Insel und ist nicht gerade begeistert, gibt dem Vater die Schuld für das ganze, denn wer lässt schon einen Zehnjährigen so etwas machen und stichelt ihn dann auch noch so an? Die Suche geht weiter, irgendwann findet man das Boot und später seine Rettungsweste, aber der Junge bleibt unauffindbar. Anna Krüger ist Polizistin auf der Insel und ihr Chef Paul Freitag und ihre neue Kollegin Saskia versuchen jeden Anhaltspunkt zu finden, der etwas zu der Lösung beitragen kann. Vom Festland her, sehen sie die Aufgaben der Inselpolizei doch eher als etwas sehr langweiliges an, als wäre auf der Insel nichts los und wer dort arbeitet, der hat eh keine richtige Lust etwas zu machen. Als dann auch noch der Vater des Jungen scheinbar einen Selbstmord begeht, wird Anna irgendwie nicht ruhiger. Sie kann nicht glauben, dass das mit Nils ein Unfall war und dass sich sein Vater in den Tot gestürzt hat. Aber wer war es dann und warum?


    Meinung zum Buch:
    Das Cover fand ich sehr interessant, wir sehen eine Häuserzeile mit bunten Häusern, jedes in einer anderen Farbe. Dagegen sticht der wolkenverhangene Himmel, der doch sehr deutlich von einem Unwetter spricht, was da auf die Insel zukommt und so scheint es auch.
    Die Charakter gefallen mir gut. Jeder hat seine eigenen Probleme und man versteht sie auch. Auch spielen neben den Polizisten noch ein paar andere Anwohner der Insel eine gewisse Rolle, sei es der Hummerbudenbesitzer, die Hure oder der Arzt. Alle haben sie ihre Ecken und Kanten. Tja und dann gibt es da noch Stalin. So heißt Annas Migräne. Die sich am Anfang doch sehr in den Text eingemischt hat, was zu Beginn doch etwas nervig wurde, sich aber im Laufe des Buches wieder beruhigt hat und sogar eine glaubwürdige Entstehungsgeschichte und seine Berechtigung findet.
    Die erste Hälfte des Buches zieht sich irgendwie. Mir fehlte die Spannung. Klar es ist was passiert, mit Nils und seinem Vater, aber irgendwie war es mehr ein Suchen in den Untiefen der rauen See und es ging nicht voran. Doch dann ab der Hälfte nimmt die Geschichte Fahrt auch und gerade in den letzten Zügen glaubt man irgendwann einfach nicht mehr an das Gute im Menschen. Das hat mir wirklich gut gefallen.
    Also gebt dem Buch eine Chance!
    Interessant an der Gestaltung sind auch die Einschübe aus der Vergangenheit von Helgoland, die auf die Bombardierung von 1945 anspielen und dort eine eigene Geschichte erzählen. Sie sind jeweils am Ende eines Kapitels angebracht und springen in der Zeit hin und her. Auch gibt es im Laufe des Buches, ab einem gewissen Punkt kursiv gedruckte Gedankengänge, wem die gehören, wer weiß?


    Fazit:
    Wer nichts dagegen hat sich erst einmal ein wenig über die Insel, die Bewohner und die Meinung der Landpolizei ein Bild zu machen und so lange durchhält, bis die Fahrt endlich aufkommt, der wird hier glaube ich nicht enttäuscht. Deshalb gebe ich dem Buch 4 Sterne, den einen Abzug, weil es etwas langatmig anfängt, aber dennoch die Handlung und die Charaktere etwas hermachen.

  • Tja und dann gibt es da noch Stalin. So heißt Annas Migräne. Die sich am Anfang doch sehr in den Text eingemischt hat, was zu Beginn doch etwas nervig wurde,

    Ja, das hat mich beim ersten Band "Hell-Go Land" auch genervt (ebenso wie Joe O´Loughlin und "Mr Parkinson" bei Michael Robotham).
    Verhält Anna sich in diesem Buch auch so unglaubwürdig dumm und leichtsinnig?

    "Books are ships which pass through the vast sea of time."
    (Francis Bacon)
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  • Der 10-jährige Nils verschwindet bei einer Segelbootregatta vor der Küste Helgolands von einem Boot. Eine Suchaktion bleibt leider ohne Ergebnis, der Junge taucht nicht wieder auf, nur seine Rettungsweste und das Boot werden gefunden. Kurze Zeit später wird unterhalb der Klippen ein toter Mann gefunden, der Vater von Nils. Die Polizei und das LKA vermuten hier einen Unfall oder Selbstmord, doch Inselpolizistin Anna Krüger vermutet, dass die beiden Fälle etwas miteinander zu tun haben. Sie beginnt, auf eigene Faust Nachforschungen anzustellen und eine Verbindung zu suchen. Um das Motiv zu finden, bringt sie sich dabei selbst in Gefahr und stößt bei ihrer Suche auf Geheimnisse, die schon sehr lange zurückliegen und immer noch verborgen bleiben wollen. Wird es ihr gelingen, den Fall aufzuklären?


    Tim Erzberg hat mit seinem Buch „Sturmfeuer“ den zweiten Kriminalroman um seine Ermittlerin Anna Krüger vorgelegt, der ebenfalls auf der Insel Helgoland angesiedelt ist. Der Schreibstil ist flüssig und atmosphärisch, schon gleich zu Beginn wird der Leser Zeuge spannender dramatischer Ereignisse, die einen regelrechten Sog entwickeln. Die Handlung wird zwar in der Gegenwart erzählt, jedoch findet sich am Ende eines jeden Kapitels ein Abschnitt in kursiver Schrift, der den Leser über die 40er Jahre des vergangenen Jahnhunderts und die damaligen Geschehnisse informiert. Diese Passagen geben erst nach und nach gleich einem Puzzle Dinge Preis, die den Leser erst am Ende das ganze Ausmaß der gegenwärtigen Tat verstehen lassen. Der Autor weist mit spannender Dramaturgie und einer düsteren Stimmung gut mit dem Empfinden des Lesers zu spielen, macht dies aber wieder nichtig durch unzählige Wiederholungen.


    Die Charaktere sind detailliert ausgearbeitet und werden durch ihre individuellen Eigenheiten lebendig. Anna Krüger ist eine etwas schwierige Persönlichkeit, die man nicht auf Anhieb sympathisch findet. Dauerhaft unter Migräne leidend, der sie auch noch einen persönlichen Namen verpasst hat, handelt sie oft unvernünftig und entgegen der Norm, was sie häufig in eigene Gefahr bringt. Sie ist unkonventionell und macht zu viel im Alleingang. Ihr Vorgesetzter Paul ist ein recht sympathischer Typ, allerdings ist auch er nicht vor Fehlern gefeit, weswegen ihm der ein oder andere große Fehler unterläuft. Saskia ist die Neue im Team, soweit man davon überhaupt sprechen kann. Sie wirkt auf den ersten Blick recht naiv und oberflächlich, hat aber auch eine andere Seite, die ebenfalls nicht gerade sympathisch ist. Einzig Nele, Annas beste Freundin, die sich als Prostituierte verdingt, ist ein Lichtblick in der Schar der Protagonisten. Weitere Protagonisten wie etwa die Familie des Toten sind undurchsichtig und geben gleich von Beginn an gute Verdächtige ab.


    „Sturmfeuer“ ist ein solider Kriminalroman, der unterhält, aber mehr leider auch nicht. Vieles ist nach kurzer Zeit vorhersehbar, leider auch der Täter. Für den Urlaub und als Lückenfüller geeignet, aber nicht der große Wurf. Eingeschränkte Leseempfehlung.


    Mittelmaß für :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5: .

    Bücher sind Träume, die in Gedanken wahr werden. (von mir)


    "Wissen ist begrenzt, Fantasie aber umfasst die ganze Welt."
    Albert Einstein


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    gelesene Bücher 2020: 432 / 169960 Seiten

  • Ja, das hat mich beim ersten Band "Hell-Go Land" auch genervt (ebenso wie Joe O´Loughlin und "Mr Parkinson" bei Michael Robotham).Verhält Anna sich in diesem Buch auch so unglaubwürdig dumm und leichtsinnig?

    Haha, ja sie ist noch immer sehr leichtsinnig, dass steht definitiv fest. Ob sie jetzt dumm ist weiß ich nicht so richtig. Sie kommt halt nur sehr naiv rüber, was mich doch teilweise leicht rasend beim Lesen gemacht hat.

  • Bei einer Regatta vor Helgoland verschwindet ein zehnjähriger Junge spurlos. Etwas später ist auch sein Vater tot, abgestürzt von den Klippen. War es wirklich ein Unfall? Das LKA zeigt wenig Interesse, aber Polizistin Anna Krüger ist überzeugt, dass es sich nicht um einen Zufall handeln kann. Sie ermittelt weiter, auch wenn ihr Vorgesetzte Paul Freitag nicht erbaut davon ist.

    Dies ist der zweite Band um diese Inselermittler auf Helgoland. Der Fall ist in sich abgeschlossen.

    Die Atmosphäre in diesem Krimi ist ziemlich düster, genauso düster wie auch das Cover. Zwischendurch erfahren wir auch immer wieder, was im April 1945 auf Helgoland passierte.

    Von Anfang an hat mich diese Geschichte gepackt. Die Polizisten Paul und Anna sind mit sympathisch, ihre Kollegin Saskia weniger, denn sie stichelt gegen Anna und nimmt es auch mit ihrem Liebesleben nicht so genau. Paul lebt von seiner Familie getrennt, man spürt ständig seine Sehnsucht nach der Tochter. Er ist nicht immer einer Meinung mit Anna, unterstützt sie aber dennoch immer wieder. Anna hat schon einiges mitgemacht, auch der letzte Fall hat ihr schwer zugesetzt, aber am meisten Probleme bereitet ihr Stalin, wie sie ihre Migräneattacken nennt. Die sind heftig und beeinflussen ihr Tun, aber mir wurde es manchmal etwas zu viel damit. Anna verbeißt sich gerne und unternimmt auch gerne Alleingänge, mit denen sie sich in Gefahr bringt.

    Auch wenn man schnell ahnt, dass die Kriegserlebnisse etwas mit der Geschichte heute zu tun haben, ist es nicht so einfach dahinterzukommen, warum ein kleiner Junge von seinem Boot verschwindet und sein Vater in den Klippen endet. Doch der Fall löst sich schlüssig und dramatisch auf.

    Mir hat dieser spannende Krimi mit düsterer Inselatmosphäre gut gefallen.

    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5: