Autor: Yasunari Kawabata
Titel: Die schlafenden Schönen, aus dem Japanischen übersetzt von Siegfried Schaarschmidt
Originaltitel: Nemurero bijo erschien erstmals 1960
Seiten: 130 Seiten in fünf Kapiteln
Verlag: Suhrkamp Taschenbuch
ISBN: 9783518396858
Der Autor: (Suhrkamp-Verlagshomepage)
Yasunari Kawabata, 1899 in Osaka als Sohn eines Arztes geboren, studierte englische und japanische Literatur. 1926 wurde er mit seiner Erzählung Die Tänzerin von Izu bekannt. 1968 erhielt Yasunari Kawabata den Nobelpreis für Literatur. Von 1948 bis 1965 war er Präsident des Japanischen PEN-Zentrums. Yasunari Kawabata hatte maßgeblichen Anteil an der Entwicklung der japanischen Literaturszene nach dem Zweiten Weltkrieg. 1972 nahm sich Kawabata das Leben.
Inhalt: (Klappentext, leicht gekürzt)
Ein Mann an der Schwelle zum Alter wird von einem Freund eingeführt in ein Freudenhaus besonderer Art. Es ist für alte Männer bestimmt und bietet junge Frauen im Tiefschlaf an. Eguchi verbringt - in kürzer werdenden Abständen - mehrere Nächte in diesem Haus neben immer anderen jungen Frauen und Mädchen, die zurückhaltend und genau, sinnlich und diskret beschrieben werden. Eine jede ist anders. Eine jede weckt andere Phantasien, andere Erinnerungen an Frauen, die Eguchi in seinem Leben gekannt hat, an die eigene Ehefrau und die Töchter, an Geliebte, an Bekanntschaften einer Nacht.
Meinung:
Rund vier Jahre ist es nun schon wieder her, seit ich Kawabatas empfehlenswerte Novelle „Tausend Kraniche“ las. Noch immer ist mir diese Erzählung im Gedächtnis und längst wollte ich weitere Bücher des japanischen Literaturnobelpreisträgers lesen. Nun also „Die schlafenden Schönen“, ein wohl nicht nur für westliche Leser sonderbares Buch.
In fünf Kapiteln werden fünf Nächte geschildert, in denen der 67-jährige Eguchi eine sonderbare Herberge aufsucht: Junge Frauen werden durch eine nicht näher bestimmte Droge in Tiefschlaf versetzt, und ältere Herren dürfen nochmals die „jugendliche Frische“ erleben, Mädchen „nach Milch riechend“, mit „unverdorbenen Lippen“ und „langen, anmutigen Zehen“.
Auch wenn Eguchi sich viel darauf einbildet, im Gegensatz zu den vermutlich älteren Gästen noch ein „echter Mann“ zu sein und noch kein „Greis“, ist der Zweck dieser Zusammenkunft eher sinnlicher Art. Der Sexualverkehr verstößt gegen die Hausregeln. Somit bleibt es bei Schilderungen der weiblichen Schönheit, der Geruch oder die weiblichen Bewegungen im Schlaf erinnern den Erzähler an seine Jugendliebe, Ausflüge mit seinen Töchtern, an einen früheren Kuss, usw. Zu Beginn fragt er sich noch, ob es moralisch in Ordnung ist als hässlicher, alter Mann neben wehrlosen, wie Spielzeug hergerichteten Frauen zu liegen. Er überlegt, wie es wohl wäre, wenn er der Frau den Hals zudrückte, oder sie im Schlaf schwängerte. Natürlich erhielte er dann wohl Hausverbot, aber welches Abenteuer bietet eine ruhige Nacht neben einer jungen Dame sonst noch?
Und so sind alle fünf Kapitel eine Mixtur aus Beschreibungen weiblicher Formen, Gerüche und Erinnerungen an vergangene Leidenschaften. Anfangs fragt sich Eguchi wie der Leser, welchen Sinn ein solches Etablissement hat, auf welche Art die Frauen in den Schlaf versetzt werden, welche Frauen das eigentlich sind, aber mit den weiteren Besuchen wird Eguchi immer abgeklärter, aber auch aggressiver.
Eine merkwürdige Geschichte, die hauptsächlich aus den Gegensätzen Jugend und Alter, Frauen und Männer, Schönheit und Hässlichkeit sowie Unschuld und Gewaltphantasien besteht. 130 spannungsarme Seiten mit einem unbefriedigenden, offenen Ende. Kawabata war bereits über sechzig Jahre alt, als er diese Geschichte verfasste. Er hätte damit gegen seine eigenen Ängste des Älterwerdens angeschrieben, las ich irgendwo. Vielleicht bin ich dafür noch zu jung, aber ich konnte mit dem Text nicht viel anfangen, und wüsste auch nicht, ob ich ihn „älteren Herren“ in meinem Bekanntenkreis empfehlen würde.