Marie Benedict - Frau Einstein / The Other Einstein

  • 1896 Zürich. Die Serbierin Mileva Maric, deren wohlhabende Familie und besonders ihr Vater sie immer gefördert haben, tritt am Züricher Polytechnikum als erste Frau ihr Studium in Mathematik und Physik an. Schnell wird ihr klar, dass sie in eine Männerdomäne eingedrungen ist, denn sie muss sich der Vorurteile ihrer Kommilitonen erwehren und gleichzeitig mit ihrer Intelligenz punkten, was natürlich Neid und Missgunst hervorruft. Allerdings ist unter ihnen einer, der nicht nur ihr Wissen bewundert, sondern ihr auch sonst zugetan ist. So trifft Mileva auf Albert Einstein und bald kommen sich die beiden näher und verlieben sich. Milevas Eltern stehen der Beziehung zu Einstein eher skeptisch gegenüber, aber auch das wirkt sich nicht auf ihre Liebe aus. Jedoch bekommt die Beziehung bald einige Risse, obwohl die beiden intellektuell auf einer Ebene liegen, als nur Albert für gemeinsame wissenschaftliche Erkenntnisse die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit weckt und Mileva auch sonst außen vor lässt, nachdem sich der Erfolg eingestellt hat.


    Marie Benedict hat mit ihrem Buch „Frau Einstein“ einen sehr unterhaltsamen historischen Roman mit biographischem Hintergrund vorgelegt. Der Schreibstil ist flüssig, gefühlvoll und gleichzeitig fesselnd und erzählt aus der Sicht von Mileva in der Ich-Form. Schnell taucht der Leser in Milevas Welt ein und darf an ihrem Leben teilhaben, ihre Gedanken und Gefühle kennenlernen. Durch die gute Recherche der Autorin erhält der Leser Einblick in die damalige Welt, in der eine Frau keinen leichten Start an einer Universität hatte, da dies als reine Männerdomäne galt. Frauen wurden keine besonderen Fähigkeiten in Bezug auf Mathematik, Physik und Wissenschaft im Allgemeinen zugetraut. Es bedurfte also eines sehr gefestigten und starken Charakters, um sich dieser Männerdominanz auszusetzen und zu bestehen. Gleichzeitig gewährt die Autorin einen Blick in das Zusammenleben von jungen Frauen, die alle ein Ziel vor Augen haben: das Studium.


    Die Charaktere sind sehr lebendig ausgestaltet und in Szene gesetzt worden. Sie wirken authentisch und realitätsnah. Mileva ist eine intelligente junge Frau, die sich, obwohl körperlich gezeichnet, mit einem Studium einen Traum erfüllt. Sie ist emanzipiert und weiß sich durchzusetzen, auch wenn es sie innerlich verletzt, von ihren Kollegen so minderwertig behandelt zu werden. Wahrscheinlich hat sich Albert Einstein deshalb auch idealer Mann an ihrer Seite herauskristallisiert, weil er ihren Geist und ihr Wissen anziehend fand. Mileva ist mit Albert Einstein zu Beginn der Beziehung zwar auf Augenhöhe, allerdings lässt sie sich von ihm immer mehr in den Hintergrund drängen, je mehr Erfolg die gemeinsam erarbeiteten Ergebnisse haben. Einstein entpuppt sich daher als nicht besser als seine alten Kommilitonen, die sich am Wissen anderer bereichern und den Erfolg für sich verbuchen wollen. Sie können nicht teilen oder zugeben, dass sie es nicht allein geschafft haben. Albert wird als egoistischer Mann dargestellt, der nicht mal seine eigene Tochter anerkennen will und Mileva am Ende auch noch betrügt. Und Mileva hatte zu Beginn das Image einer starken Frau, die am Ende doch zu schwach war, sich durchzusetzen. Die Frage im Hinterkopf bleibt allerdings immer: ist es wirklich so gewesen oder ist es Teil der fiktiven Interpretation der Autorin.


    „Frau Einstein“ ist sehr interessanter und unterhaltsamer historischer Roman über eine Frau, die sich in einer Männerwelt einen Platz erkämpft, am Ende doch zurückstecken muss und deren eigenes Können nur so wenig gewürdigt wurde. Eine Leseempfehlung für diese Geschichte!


    Gute gemachte :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5: .

    Bücher sind Träume, die in Gedanken wahr werden. (von mir)


    "Wissen ist begrenzt, Fantasie aber umfasst die ganze Welt."
    Albert Einstein


    "Bleibe Du selbst, die anderen sind schon vergeben!"
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    gelesene Bücher 2020: 432 / 169960 Seiten

  • EIN TRAGISCHES FRAUENSCHICKSAL


    Mileva Marić wurde 1875 in Serbien (damals zu Österreich/Ungarn gehörend) geboren. Frühzeitig erkannte der Vater ihre außergewöhnliche Begabung und herausragende Intelligenz. Er unterstützte das auffällige Potential seiner Tochter und ebnete ihr den Bildungsweg. Junge Mädchen waren in der Regel in der damaligen Zeit per Gesetz vom Besuch einer höheren Schule ausgeschlossen und damit war der Zugang zu einem Studium verwehrt. 1896 beginnt sie, als einzigste Frau am Polytechnikum in Zürich, Physik zu studieren. Mit Feuereifer stürzte sie sich in das Studium. Nur Albert Einstein schien von allen Mitstudenten der jungen Frau wohlgesonnen zu sein. Ihre Beziehung entwickelt sich langsam, aber beständig nimmt das tragische Schicksal Milevas seinen Lauf...


    Noch nie vorher hatte ich von Albert Einsteins erster Frau etwas gelesen oder gehört. Marie Benedict verstand es, mir in einem schönen, emotionalen Schreibstil den Lebensweg der begabten jungen Frau nahe zu bringen. Der Roman ist aus der Ich-Perspektive geschrieben, d. h. aus der Sicht von Mileva. Das bedeutet, dass die Autorin den weltberühmten Albert Einstein nur durch den Blickwinkel seiner ersten Frau agieren läßt. Der Leser sollte jedoch dabei berücksichtigen, dass hier eine fiktive Geschichte der realistischen Persönlichkeiten erzählt wird. Das Leben der Beiden wird nachvollziehbar dargestellt, bekannte Quellen werden eingearbeitet.
    Viele Faktoren trugen dazu bei, dass die Träume der jungen hochintelligenten Frau nicht wahr werden konnten. Das berühmte „Hätte-Wäre-Wenn“ kam mir bei der Lektüre immer wieder in den Sinn. Das gilt aber gleichermaßen für beide. Wäre z. B. Albert Einstein der geniale Erfinder geworden, ohne Mileva? Ihr größter Fehler war, dass sie vom Beginn ihrer Liebe an, mehr von seinen als von ihren Fähigkeiten überzeugt war, sich ständig von ihm unterbuttern ließ und stets seine Interessen über ihre eigenen stellte. Diese Gefahr hatte bereits Milevas Vater vorausgesehen: "Du behältst stets dein Tempo durch das Leben bei - solange keine Kraft von außen auf dich einwirkt. Ich hoffe sehr, dass keine äußere Kraft dich jemals bremsen wird."(S. 57) Diese "äußere Kraft" war ausgerechnet der Mann, den sie so sehr liebte, ihr Albert. Sein Versprechen: „beruflich und privat auf Augenhöhe“ hat er nie eingelöst (S. 134). Tut mir leid, das so schreiben zu müssen, doch er hat sie regelrecht und sehr bewußt um ihren wahrscheinlich beträchtlichen wissenschaftlichen Beitrag an seiner Arbeit betrogen.


    Zwangsmäßig verglich ich meinen eigenen beruflichen Werdegang mit dem von Mileva. Ich bin in der DDR aufgewachsen und hatte keinerlei Beschränkungen, um das Abitur abzulegen und trotz Kind ein Direktstudium erfolgreich zu beenden (mit 22 Jahren). Dabei stand mir in der gesamten Zeit niemand und nichts im Wege. Im Gegenteil, ich erfuhr jede Menge Unterstützung, auch von meinem Mann. Überlegenswert ist, wie es derzeit mit den Möglichkeiten für Mädchen/Frauen bestellt ist. Ich werte nicht, denn das kann jede für sich und ihre Situation beurteilen. Die heutigen gesellschaftlichen Bedingungen lassen aber meiner Meinung nach viel Raum zur Verbesserung offen. Es gäbe noch viel zu tun. Zum Glück haben wir nicht mehr die Zustände wie zu Frau Einsteins Zeiten, aber es gibt auch keinen Grund mit der Lage der Frauen zufrieden zu sein.


    Fazit:
    Mir hat das Buch sehr gefallen. Es berührte mich. Mileva Marić wurde zu einem Opfer ihrer Zeit. Ein tragisches Frauenschicksal! Es wird mich noch eine Weile beschäftigen.
    Ich bewerte mit fünf von fünf Sternen und gebe sehr gern meine unbedingte Lese-/Kaufempfehlung. :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

  • Hinter jedem erfolgreichen Mann steht eine noch erfolgreichere Frau


    Das Cover beschreibt den Inhalt des Buches. Die Frage, kann es Mileva Maric´ sein? Die Frau über die geschrieben wird. Die Gestaltung gefällt mir, hat nichts aufregendes aber doch etwas Anziehendes.


    Zum Inhalt:
    Mileva Maric` hat, dank der Hartnäckigkeit ihres Vaters, einen Studienplatz für Physik und Mathematik an der Universität in Zürich erhalten. Dort lernt Mileva, Albert Einstein kennen. Die junge Frau ist anfangs sehr zurückgezogen, auch ihren Mitbewohnerinnen gegenüber und taut erst mit der Zeit auf. Die Entwicklung die Mileva durchmacht, kann man sich heute in der westlichen Welt gar nicht vorstellen, aber sie meistert ihr Leben. Mit allen Höhen und Tiefen. Und der berühmte Einstein kann im Nachhinein froh sein, dass er diese hochintelligente Frau kennengelernt hat.
    Mein Fazit:
    Der Autorin Marie Benedict ist ein sehr toller Roman gelungen. Ich habe mich selten so gut in einem Buch aufgehoben gefühlt. Auch wenn es größtenteils Fiktion ist, um die Geschichte von Mileva und Albert, ist doch auch hier immer ein kleiner Funken Wahrheit dabei.
    Es musste eine sehr große Aufgabe gewesen sein, alle Werke über die zwei Protagonisten zusammenzusuchen und durchzuarbeiten. Hier eine Geschichte zu bringen, die keine Biografie ist, sondern ein interessanter Roman, der mit keinem Male langweilig war. Für mich auch ein Pluspunkt, dass keine übertriebene Verlängerung der Geschichte erfolgt ist. In der Kürze liegt die Würze. Hut ab. Auch ein Lob an die Übersetzerin Mareike Heimburger.
    Es gibt zwar ein paar Rechtschreibfehler, aber die überliest man. Also nicht so dramatisch.


    Ich kann hier eine klare Leseempfehlung aussprechen und vergabe auch die volle Punktzahl.

    :lol::totlach: Jede Minute, die man lacht, verlängert das Leben um eine Stunde (chinesisches Sprichwort)

  • Im Herbst 1896 schreibt sich die Serbin Mileva Marić als einzige Frau für das Studium der Mathematik und Physik an der Universität Zürich ein. Ihr Kommilitone Albert Einstein zeigt reges Interesse für die blitzgescheite junge Frau und stört sich auch nicht an ihrer Gehbehinderung. Bald ist er gern gesehener Gast beim Musizieren mit Milevas Freundinnen und begleitet sie auf Ausflügen und Wanderungen.

    Als die junge Frau 1901 schwanger wird, geraten die Verliebten in eine schwierige Situation. An eine Ehe ist nicht zu denken, da Albert noch immer keine feste Anstellung hat. Mileva hingegen konnte ihr Studium nicht erfolgreich abschließen, und bringt als ledige Mutter auch noch Schande über sich und ihre Familie. Mit der Heirat 1903 scheint sich doch noch alles zum Guten zu wenden, allerdings muss Mileva dafür einen hohen Preis zahlen.


    Die Idee, über Albert Einsteins hochbegabte erste Frau Mileva einen Roman zu schreiben, hat mir sehr gut gefallen. Die Autorin lässt ihre Protagonistin in der Ichform erzählen, wodurch sie dem Leser ihre Sicht der Ereignisse sehr eindrucksvoll nahebringen kann. Beinahe die Hälfte des Buches befasst sich mit den ersten Jahren des Kennenlernens, den gemeinsamen Unternehmungen und wissenschaftlichen Disputen bis zur Geburt der unehelichen Tochter.

    Besonders gut ist es Marie Benedict gelungen, die strengen gesellschaftlichen Konventionen der damaligen Zeit darzustellen. Eine junger, aufstrebender Akademiker durfte sich in der sittenstrengen Schweiz keinen moralischen Fauxpas leisten, wenn er Aussicht auf eine sichere Anstellung haben und seine Karriere vorantreiben wollte. Für heutige Leser ist es schwierig zu verstehen, warum Albert Einstein so gar nichts von seiner erstgeborenen Tochter wissen wollte, obwohl er die Mutter des Kindes 1903 ja ohnehin geheiratet hatte.

    Sehr gut hat die Autorin herausgearbeitet, wie die hochintelligente Mileva durch Ehe und Mutterschaft langsam immer weiter in die ihr von Haus aus zugedachte Rolle gedrängt wurde. Wie sehr sie tatsächlich an der Entstehung der Relativitätstheorie beteiligt war, wird sich kaum noch feststellen lassen, doch hat Marie Benedict ihre eigene Theorie dazu sehr glaubwürdig entwickelt. Milevas weitere Beschäftigung mit der Physik trotz ihrer Heirat und den vielen Verpflichtungen musste schließlich den Anforderungen des Alltags weichen. Ohne akademischen Abschluss und ohne Unterstützung ihres Mannes konnte sie - im Gegensatz zu Madame Curie - mit keiner eigenen Karriere rechnen. Während Albert Einsteins kometenhaftem Aufstieg entfernte sich das Ehepaar immer weiter voneinander. Für den berühmten Physiker war seine erste große Liebe letztlich nur noch eine Haushälterin, mit der er keine Gesprächsbasis mehr hatte.

    Dieses Auseinanderleben, aber auch den Einfluss der Gesellschaft auf Frauen, die aus den üblichen Normen auszubrechen versuchen, hat die Autorin in ihrem Roman sehr gut beschrieben. Nur durch besonders günstige Umstände konnte ein solches Vorhaben gelingen; Mileva Einstein war so viel Glück nicht beschieden.

    Nicht nur inhaltlich, auch stilistisch fand ich den Roman sehr unterhaltsam und lesenswert. Das Studentenleben mit den vielen anregenden Diskussionen, der Caféhauskultur, den Ausflügen und Wanderungen in die schöne Schweizer Bergwelt sind genauso lebendig und bildhaft beschrieben wie die späteren Kontroversen und Konflikte des Ehepaares.

    In den Anmerkungen erfährt der Leser von den Beweggründen der Autorin, sich mit dem gewählten Thema auseinanderzusetzen, von Fiktion und Wahrheit. Mich hat dieser Roman jedenfalls neugierig gemacht auf das tatsächliche Geschehen im Hause Einstein.


    Lesenswerte :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

  • Die Idee, den Roman aus der Sicht der Ehefrau von Albert Einstein zu schreiben, fand ich sehr erfrischend. Der Autorin ist es gelungen die Welt von Mileva Marić lebhaft und emotional darzustellen. Am Ende des Romans findet sich ein Nachwort, in dem die Autorin erklärt, was in dem Roman der Recherchen entspricht und was der schriftstellerischen Freiheit. Das Nachwort fand ich genauso interessant wie den Roman selbst. :thumleft: Mir hat es gefallen die Welt und das Zusammenleben mit dem bedeutenden Physiker unserer Zeit aus Sicht seiner Frau und Geliebten zu sehen. Sehr einnehmend und gefühlvoll berichtet die Autorin von dem Leben mit Albert Einstein. Von der Freuden aber auch von der Schwierigkeiten. Die Bedeutung von Mileva im Leben des Physikers wird sehr deutlich gemacht. Es wird ja gemunkelt, dass der Einstein nicht alles allein erarbeitet hat, dass die hochbegabte und talentierte Mileva große Hilfe in seinen wissenschaftlichen Projekten war. Die Autorin geht der Frage nach, was wäre wenn, und versucht sich in diesem Roman an biografische Fakten zu halten. Sehr interessant und auf jeden Fall zu empfehlen.

    2024: Bücher: 73/Seiten: 32 187

    2023: Bücher: 189/Seiten: 73 404

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