Emmanuelle Pirotte - Heute leben wir / Today we live / La petite fille et le SS

  • Klappentext:
    EIN SS-OFFIZIER RETTET JÜDISCHES MÄDCHEN: Renée ist 6 oder 7, ganz genau weiß sie es nicht. Als elternloses jüdisches Mädchen wird sie im letzten Kriegswinter vor den Deutschen versteckt – bei den Nonnen, dem Pfarrer, den Bauern in den Ardennen. Bis sie dem SS-Offizier Matthias in die Hände fällt. Er verschwindet mit ihr im Wald, um sie zu erschießen, aber plötzlich nimmt alles einen ganz anderen Lauf. Dieses Mädchen mit den dunklen Augen wird Matthias Leben für immer verändern.


    Zum Buch:
    Der Schutzumschlag ist glänzend und fällt durch den leuchtend roten Schriftzug des Titels direkt auf. Das kleine Mädchen zeigt sich nur zum Teil und hat wunderschöne Augen, aber mit einem traurigen und ängstlichen Blick. Eine ansprechende Gestaltung, die erahnen lässt, dass sich hier eine dramatische Geschichte hinter den Buchdeckeln versteckt.
    Das Papier ist fest und hochwertig, und die Schrift ist groß, was ich angenehm beim Lesen finde .


    Erster Satz:
    "Das geschmierte Brot blieb dem Vater an den Lippen hängen."


    Meine Meinung:
    "Heute leben wir" ist der Debütroman der Schriftstellerin Emmanuelle Pirotte. Ich erhielt dieses Buch als Buchflüsterer von buecher.de. Nachdem ich den Klappentext gelesen habe, war mir klar, dass dies nicht unbedingt eine Geschichte ist, die ich mir im Buchhandel ausgesucht hätte. Mein Bauchgefühl sollte Recht behalten.


    Es ist Winter im Jahre 1944 – es herrscht Krieg. Renée, ein jüdisches kleines Mädchen, wird in einem Dorf der bergischen Ardennen von Bauern versteckt bis die amerikanischen Truppen die Ortschaft belagern. Renée wird vom Dorfpfarrer in einen Jeep der Amerikaner gesetzt. Dachte er – doch der Wagen gehörte den SS Soldaten und Renèe trifft dabei auf Matthias. Er wiedersetzt sich seiner Pflicht sie zu töten und erschießt seinen Kameraden, um dem Mädchen das Leben zu retten. Getarnt begibt sich Matthias mit Renèe auf die Flucht.


    Der Schreibstil von Emmanuelle Pirotte ist gewöhnungsbedürftig und keine leichte Kost. Der Text las sich holprig durch zu kurze Sätze. Die Autorin wollte damit ausdruckstark rüberkommen, was für mich stumpf und unlesbar wirkte.
    Die Schriftstellerin nutzte viele altertümliche Begriffe, die man heute im normalen Sprachgebrauch nicht verwendet und die der Geschichte in keinster Weise vorangetrieben haben.


    Der geschichtliche Hintergrund ist präsent und es gibt Rückblenden und historische Berichterstattungen. Mich haben diese Erzählungen und die Tatsache, dass diese Story mitten im Krieg spielt, abgeschreckt.
    Ich quälte mich durch die Seiten und fand zu den Charakteren keinen Bezug. Ich las die Zeilen, war aber mit dem Verstand und Herzen nie im Geschehen. Geschrieben wurde abwechselnd in den Sichtweisen von Renèe und Matthias, was mir sonst immer gefallen hat. Aber hier hat es den gewünschten Effekt, der Charaktertiefe oder dem Drama nahe zu sein, für mich verfehlt.


    Ich habe bei der Hälfte aufgegeben und das Buch abgebrochen, weil es mir keinen Spaß gemacht hat.


    Fazit:
    "Heute leben wir" von Emmanuelle Pirotte erzählt von einer Kriegsgeschichte im Jahre 1944 über ein jüdisches Mädchen und einem SS Soldaten. Mich konnte die Geschichte und der Schreibstil nicht begeistern. ~ Kriegsdrama mit historischem Hintergrund ~ anspruchsvoller Text ~ kein Lesegenuss, sondern ein Zeilenquäler


    Meine Wertung: :bewertung1von5:

  • Der letzte Kriegswinter im Dezember 1944. Renée ist ein 7jähriges jüdisches Mädchen, das seine ganze Familie verloren hat. Sie wird in den belg. Ardennen von verschiedenen Leuten vor den Deutschen versteckt. Durch einen Irrtum landet sie in einem amerikanischen Jeep, der jedoch von 2 verkleideten SS-Offizieren gefahren wird. Alles scheint auf ihre Hinrichtung hinzuführen, doch einer der Offiziere - Matthias - nimmt ihr Schicksal in seine Hände und nimmt sich ihr an.
    So unglaublich beginnt der Debüt-Roman von Emmanuelle Pirotte. Alleine die Thematik sprach mich bereits ungeheuer an. Leider wurden meine Erwartungen nur z. T. erfüllt. Ich erhoffte mir eine Reflexion des Protagonisten Matthias, der immerhin als SS-Offizier eine hinreichende Vorgeschichte bot. Dies fand jedoch nach meinem Empfinden nirgends wirklich statt. Die einzige Reflexion die er erlebte war die, dass er sich eigentlich recht allein in der Welt befand und dies auch gezielt so gewählt hatte. Dann taucht dieses Mädchen auf und auf seltsame Weise fühlt er sich ihr verbunden. Wenn sie älter gewesen wäre, hätte man es Liebe auf den ersten Blick nennen können.
    Es entwickelte sich zu meinem Leidwesen eher eine Art Abenteuerroman über die Flucht inmitten der verwirrenden Verhältnisse in einem Frontbereich des Krieges. Die gesellschaftlichen Knackpunkte der damaligen Zeit - Angst, Verrat auch von Freunden, Grausamkeiten ungewohnter Art - werden nur angekratzt und erst recht nicht vertieft.
    Die Gedankengänge der Renée werden hingegen gut dargelegt. Mir mangelt es an einem nachvollziehbaren Charakter in Person des Matthias. Er ist mir viel zu wenig heraus gearbeitet und hier wurden Chancen vertan, eine so grenzwertige Person wie einen SS-Offizier wirklich nahe zu bringen. Er wirkt eher wie eine Maschine, der durch Renée etwas Sand ins Getriebe gerät. Für mich ist diese Figur absolut unergründlich.
    Dafür birgt der Roman jedoch ausreichend Spannung und er lässt sich sehr gut lesen. Wenngleich im Mittelteil einige Längen zu spüren sind, holt er im letzten Drittel nochmal kräftig Luft. Verblüffend ist, dass es Pirotte gelungen ist, den Leser so weit zu bringen, trotz des unausgegorenen Charakters von Matthias eindeutig für diesen Partei zu ergreifen, selbst wenn er mehrfach Menschen töten muss.
    Bei mir stand das Wohl der kleinen Renée im Vordergrund, die ich offenbar mit dem Überleben von Matthias in Zusammenhang brachte. Sie konnte in meinen Augen nur überleben, wenn Matthias dies auch gelang. Ohne ihn wäre sie verloren gewesen. Auch das ein genialer Streich der Autorin.
    Gestört hat mich etwas das diffus Esoterische, das latent mitklang, wenn es immer wieder um die Frage ging, warum Renée so auf Matthias wirkte - warum er sich so komplett gegen jede Vernunft verhielt. Genau wie bei der Frage, was Renée an Matthias hängen lässt. Eine Vaterfigur m. E. nicht, denn das waren die vorherigen Männer, die sie versteckten, wesentlich eher. Es wird ein unsichtbares Band gewoben, nur weil es diese Story braucht, um zu funktionieren. Das gab dem Ganzen einen leichten Mystery-Touch, der m. E. in einem solchen Roman fehl am Platze ist.
    Angenehm empfand ich hingegen, dass sämtliche Gewalttaten eher sachlich geschildert wurden. Ohne große Ausschmückung oder jedes Pathos. So kann man sich auch diesen schwierigen Szenen annehmen, ohne überwältigt zu werden.
    Fazit: Durchaus empfehlenswert für Leser, die sich mit der Thematik gerne beschäftigen und auch für Neueinsteiger, da einem nicht zu viel abverlangt wird. Da gibt es deutlich anspruchsvollere Bücher, die aber dann auch meist keine Romane sind.


    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

  • Ein französisches Original erahnend öffnete ich die verlinkte Stelle. Es handelt sich aber sicherlich nicht um "De profundis", sondern eher um "La petite fille et le SS" (also in etwa Das kleine Mädchen und der SS-Soldat), siehe untige Verlinkung:


    https://www.amazon.fr/petite-f…TF8&qid=1517260939&sr=1-3
    (ich versuchte mehrmals die ISBN-Verlinkung; es klappte nicht)


    Es gebe einiges anzumerken an die obigen Rezis. Ich denke insbesondere bei den Bemerkungen von Katis-Bücherwelt, dass es vielleicht wieder eine Frage der Erwartung war. Wie kann ich etwa bei halbwegs vorhandenem Wissen über den Inhalt eine Geschichte (siehe Klappentext) einen Inhalt OHNE Verbindung zum Krieg erwarten? Bzw dass dieser mich abschreckt? Oder "Spaß", wie Du es nennst? Ich finde das irgendwie fast fehl am Platze, so sehr man das eventuell von seinen Büchern erwartet. Dann sollte man solche Themen halt nicht lesen und erspart sich unnötige Enttäuschung. Sollte aber nicht dem Buch die Schuld geben.

  • Bei Amazon.de und Amazon.com wird die französische Version des Buches unter 'Today we live' gelistet. Ich persönlich finde es sehr verwirrend, wenn eine französische Autorin einen Roman in französicher Sprache von einem französischen Verlag unter einem englischen Titel veröffentlichen lässt, aber vielleicht war das nicht ihre Entscheidung.
    Anscheinend wurde es aber 2015 schon einmal ausschließlich in Frankreich veröffentlicht unter 'La petite fille et le SS'. Scheint damals kein Verlagsbuch, sondern ein Selbstpublisher-Buch gewesen zu sein.


    In englischer Sprache gibt es das Buch anscheinend (noch) nicht.

    Die Erfindung des Buchdruckes ist das größte Ereignis der Weltgeschichte (Victor Hugo).

  • Es gebe einiges anzumerken an die obigen Rezis. Ich denke insbesondere bei den Bemerkungen von Katis-Bücherwelt, dass es vielleicht wieder eine Frage der Erwartung war. Wie kann ich etwa bei halbwegs vorhandenem Wissen über den Inhalt eine Geschichte (siehe Klappentext) einen Inhalt OHNE Verbindung zum Krieg erwarten? Bzw dass dieser mich abschreckt? Oder "Spaß", wie Du es nennst? Ich finde das irgendwie fast fehl am Platze, so sehr man das eventuell von seinen Büchern erwartet. Dann sollte man solche Themen halt nicht lesen und erspart sich unnötige Enttäuschung. Sollte aber nicht dem Buch die Schuld geben.

    Das sehe ich auch so.
    Man wusste doch beim Lesen des Klappentextes schon, was da in etwa auf einen zukam. ?(




    Allerdings hatte auch ich (und ich lese gerne und viele Bücher über die NS-Zeit) so meine Probleme mit "Heute leben wir".
    Ich will jetzt aber nichts doppelt und dreifach Posten, denn ich habe meinen Eindruck schon im ABS-Thread hinterlassen.



    Anscheinend wurde es aber 2015 schon einmal ausschließlich in Frankreich veröffentlicht unter '[size=10]La petite fille et le SS'. Scheint damals kein Verlagsbuch, sondern ein Selbstpublisher-Buch gewesen zu sein.

    Das erklärt natürlich so einiges. :wink:
    Ich weiß schon, warum ich einen weiteren Bogen um Selfpublisher mache... :-,

  • Ein französisches Original erahnend öffnete ich die verlinkte Stelle. Es handelt sich aber sicherlich nicht um "De profundis", sondern eher um "La petite fille et le SS" (also in etwa Das kleine Mädchen und der SS-Soldat), siehe untige Verlinkung:

    Du hast natürlich recht mit dem Original, danke für die Aufmerksamkeit :wink: