Magnus Brechtken - Die Nürnberger Gesetze

  • Magnus Brechtken / Hans-Christian Jasch / Christoph Kreutzmüller / Niels Weise (Hrsg.): Die Nürnberger Gesetze - 80 Jahre danach Vorgeschichte, Entstehung, Auswirkungen; Wallstein Verlag Göttingen 2017 / Lizenzausgabe Bundeszentrale für politische Bildung Bonn 2017; 311 Seiten; ISBN: 978-3-7425-0118-9


    Der pseudowissenschaftliche Ansatz eines biologistischen Antisemitismus reicht bis ins 19. Jahrhundert zurück. Der Nationalsozialismus entwickelte im Dritten Reich aus der Theorie die realpolitische, diskriminierende Praxis der Nürnberger Gesetze. Sie waren ein Schritt auf dem Weg von der Stigmatisierung über die Aussonderung bis zur Ermordung von Millionen Menschen.


    In ihren Beiträgen leisten die Autoren einen Beitrag zur allgemeinen deutschen und Rechtsgeschichte. Auf anschauliche Art und Weise wird hier Faktenwissen vermittelt, das weit über die Allgemeinbildung hinausgeht.


    Auch und wenn leider nur wenige Abbildungen illustrierend hinzukommen, ist Anschaulichkeit dennoch gegeben. Die Ausführungen sind zwar sachlich und faktenorientiert, ordnen aber auch wenn nötig ein.


    Das Buch gefällt und ist auch für den Laien gut lesbar.

  • In ihren Beiträgen leisten die Autoren einen Beitrag zur allgemeinen deutschen und Rechtsgeschichte

    Das klingt für mich doch zu theoretisch, aber als ich den Namen Magnus Brechtken gelesen habe, ist mir sofort die großartige Biografie dieses Autors über Albert Speer eingefallen. Kennst Du die? Mich hat sie sehr angesprochen, und war auch für den interessierten Laien nicht schwierig zu lesen.

  • @Andreas Rüdig für ein Buch dieses Umfangs und mit dieser Thematik, die von unterschiedlichen Standpunkten aus untersucht wird, reicht Dein Beitrag als Erstrezension bei weitem nicht aus. Entweder Du legst eine ausführlichere Besprechung nach oder ich muss den Thread leider in den Papierkorb verschieben. :|

  • Auf eine Rezension dieses Buches wäre ich sehr gespannt. Das Autorenteam ist hochkarätig, da
    lacht mein historisches Herz! Institut für Zeitgeschichte in München, Wannsee-Haus in Berlin und
    Jüdisches Museum Berlin - besser geht es kaum.

    Das Buch gefällt


    Das glaube ich sofort, aber bisschen genauer hätte ich es gerne. Bitte.




    :study: Percival Everett, James.

    :musik: Agatha Christie, Mord im Pfarrhaus.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • wäre es möglich, dieses Buch in den Deutschland-Thread zu verschieben

    Nein, das ist nicht möglich, da dieses Buch und die darin enthaltenen Beiträge zu breitgefächert sind. Die Konferenz und deren Beiträge, die in diesem Buch enthalten sind, umfassen Geschichte und Gegenwart, Deutschland und Nachbarländer. Man kann es als Geschichts- oder auch politisches Sachbuch auffassen, aber auf jeden Fall ist es ein eigenständiges Sachbuch, das eine eigenständige und differenzierte Rezension verdient und benötig. Somit bleibt der Thread entweder nach einer ausführlicheren Besprechung hier stehen oder wird demnächst (leider) in den Papierkorb verschoben.

  • Somit bleibt der Thread entweder nach einer ausführlicheren Besprechung hier stehen oder wird demnächst (leider) in den Papierkorb verschoben.

    Das wäre jetzt echt schade, wenn er verschoben werden würde. Meinst du nicht @Andreas Rüdig, dass du nicht ein wenig ausführlicher werden könntest? Das Buch klingt nämlich interessant, aber im Moment kann ich mir noch keinen wirklichen Eindruck davon machen.

    Nimm dir Zeit für die Dinge, die dich glücklich machen.


    SuB-Leichen-Challenge 2024: Alle Bücher bis inkl. 2022 [-X

    Klassiker-Challenge 2024


  • Hier eine andere Version:



    Magnus Brechtken / Hans-Christian Jasch / Christoph Kreutzmüller / Niels Weise: Nürnberger Gesetze – 80 Jahre danach Vorgeschichte, Entstehung, Auswirkungen; Wallstein – Verlag Göttingen 2017 / Lizenzausgabe der Bundeszentrale für politische Bildung Bonn 2017; 311 Seiten; ISBN: 978-3-7425-0118-9


    Die Diskriminierung von Juden, ihre Verfolgung und Vernichtung ist ein trauriges Kapitel insbesondere in Europa. Ihren unrühmlichen Höhepunkt fand der Antisemitismus im Dritten Reich, als Millionen Menschen nur aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit getötet wurden.


    Daß der pseudowissenschaftliche Ansatz eines biologistischen Antisemitismus bis in das Deutschland des 19. Jahrhunderts zurückreich, weist Cornelia Essner in ihrem Beitrag „Von Windhuk bis Nürnberg: Zur Frage der kolonialen Kontinuität“ nach. Der Rassegedanken fand in jenen fernen Tagen in das öffentliche Leben Einzug, wurde anfangs auf die „Eingeborenen“ in den Kolonien angewandt und nach dem verlorenen 1. Weltkrieg auf die Juden umgeschrieben.


    Frank Bajor beschreibt in seinem Beitrag „Verdrängung ohne Rechtsgrundlagen Der Antisemitismus in Bädern und Kurorten vor und nach 1933“ sehr anschaulich, wie gelebter Antisemitismus unkoordiniert auf lokaler, örtlicher Ebene funktioniert und dabei faktisch auch staatliches Handeln darstellt.


    Einen kompletten Themenwechsel bietet Annegret Christians. In ihrem Text mit der Überschrift „“Erbgesund und rasserein“ – Die NS-Sterilisationsgesetzbung als erste Phase legitimer Radikalexklusion“ behandelt ein deutschlandweites „Gesundheitsthema“, nicht etwa abstrakt, sondern anhand namentlich genannter, konkreter Fälle.


    Gideon Botsch, Ingo Loose, Thomas Schlemmer und Hans Woelke beschreiben in ihren jeweiligen, unterschiedlichen Fachbeiträgen, wie die Nürnberger Gesetze im europäischen Ausland (Frankreich, Italien, Osteuropa) aufgenommen und gegebenenfalls umgesetzt wurde.


    Alexandra Przyrembel beleuchtet in ihrem Beitrag „“Doing law“ – „Feindgefühle gegenüber Juden: „Rassenschande“ vor NS-Gerichten“ die juristische Seite, wie die Nürnberger Gesetze in der ganz alltäglichen Praxis gehandhabt wurden. Weitere Beiträge zu rechtsgeschichtlichen Themen kommen hinzu.


    Die Besprechung


    Die Autoren sind überwiegend Historiker; ein paar Juristen sind dabei. Dieser berufliche Hintergrund ist den Texten auch überdeutlich anzumerken.


    Inhaltlich und formal genügen die Texte geschichtswissenschaftlichen Ansprüchen. Soweit es die Quellenlage hergibt, werden die Aussagen mittels Quellenanlage belegt; eigene Recherchen – beispielsweise durch Interviews – treten da in den Hintergrund.


    Sehr sachlich und faktenorientiert sind die Ausführungen. Gleichzeitig sind sie aber auch so gut und leicht verständlich, daß sie für einen nichtwissenschaftlichen Leser gut nachvollziehbar sind – Allgemeinverständlichkeit ist also garantiert.


    Die Ausführungen beschäftigen sich überwiegend mit der Vergangenheit. „Klar,“ könnte man nun sagen. „Es geht hier auch um ein Thema der deutschen Geschichte.“


    Es fehlt die Beschäftigung mit der Gegenwart. Was ist aus den Opfern der Zwangssterilisierung geworden? Was aus den „Mischehen“? Und den übrigen Opfern? Gab es beispielsweise Entschädigungsleistungen? Ein Blick auf 80 Jahre deutscher Nachkriegspolitik hätte da schon gut getan.

  • Magnus Brechtken ist Jahrgang 1964. Er wurde in Olsberg, einem Ort in Nordrhein-Westfalen, geboren. Er ist stellvertretender Direktor beim Institut für Zeitgeschichte in München, von daher auf Themen des 20. Jahrhunderts spezialisiert. Außerdem ist er außerplanmäßiger Professor an der Ludwig-Maximilians-Universität München