Tom Wolfe - Die Helden der Nation / The right stuff

  • Der Autor (Q: Amazon): Tom Wolfe (geb. 2. März 1931 in Richmond, Virginia; eigentlich Thomas Kennerly Wolfe Jr.) ist ein US-amerikanischer Schriftsteller und Journalist. Er lebt auf Long Island.


    Kurzbeschreibung (Q: Amazon): The right stuff - der Stoff aus dem die Helden sind - beschreibt ein Amerika auf der Höhe seiner Zeit und eine Gruppe waghalisger Männer, die mit ihrem Mut das Abenteuer Raumfahrt möglich machten.



    Ich habe bisher ein Viertel des großen Reportageromans über das Mercury-Programm gelesen, das erste bemannte Raumfahrtprogramm der USA, das in Reaktion auf den "Sputnik-Schock" 1958 etwas hopplahopp übers Knie gebrochen wurde. Statt wirklichen Raketenflügen, bei denen Piloten eine Rakete starten, fliegen und landen, sollen die Mercury-Raketen katapultartig ins Weltall geschossen werden und von der Bodenstation aus gelenkt werden. Weswegen sich die militärischen Testpiloten seinerzeit eigentlich kaum dafür interessierten. Braucht man doch keine Piloten, sondern nur "Versuchskaninchen". Haben sich dann natürlich doch alle für gemeldet. :wink:


    Der Reportageroman ist sehr wortgewaltig, ein ständiger Strom. Wolfe schanppt sich bestimmte Figuren der Geschichte (z.B. auch mal die Ehefrau eines Piloten) und beleuchtet sie näher. Dann mäandert die Handlung chronologisch weiter oder folgt einer erklärenden Abschweifung. Wie daraus ein großer Hollywoodfilm werden konnte ("Der Stoff, aus dem die Helden sind", 1983, Philip Kaufman), ist mir noch ein Rätsel, muss doch aus dieser klar journalistischen Mammutarbeit erst einmal ein Fiktions-taugliches Personal herausgearbeitet werden. In der vorliegenden Form ist das Buch eine sehr gute Vorlage für eine große Dokumentation mit Off-Erzähler und massig Archivmaterial, aber nicht für einen Spielfilm (Notiz an mich: Film demnächst anschauen!) [-X


    Gerade fand die Pressekonferenz statt, auf der die "Mercury Seven", die sieben ausgewählten Astronauten für das Mercury-Programm, der Weltöffentlichkeit vorgestellt werden. Der Leser nimmt daran an der Seite einer bisher noch nicht aufgetauchten Figur teil, dem eher maulfaulen Piloten „Gus“ Grissom. Sehr geschickt gelingt es Wolfe in dieser Szene, sowohl das medienöffentliche Interesse und die öffentliche "Sehnsucht nach Helden" herauszuarbeiten, als auch einen tiefen Blick in die Psyche eines pragmatischen Piloten zu versuchen, der all dieses Trara nicht braucht und nicht begreifen kann. Direkt daran geknüpft wird ein Exkurs über das Heldische und den Zweikampf, in dem einige wenige Recken für die Allgemeinheit den Kopf hinhalten, was kulturwissenschaftlich an sich ja schon interessant ist und als Schablone für die damalige Weltraumbegeisterung eine mehr als nötige Anmerkung darstellt.


    An dieser Szene ist der "dichte" Schreibstil Wolfes sehr gut zu erkennen, will ich meinen: Man wird mit Eindrücken, Tatsachen, Meinungen und Möglichkeiten geradezu bombardiert. Manche Szenen nehmen auf diese Weise kein Ende, wenn sich wie bei einer Zwiebel gerade diverse Themen abarbeiten können. Das ist manchmal anstrengend, aber immer auch sehr anregend. Bin sehr wirklich sehr gespannt, wie es weitergeht. Und auch gespannt auf meinen Eindruck am Ende des Buches, wenn plötzlich alles vor einem ausgebreitet da liegt. :thumleft:

    White "Die Erkundung von Selborne" (103/397)

    Everett "God's Country" (126/223)


    :king: Jahresbeste: Gray (2024), Brookner (2023), Mizielińsky (2022), Lorenzen (2021), Jansson (2020), Lieberman (2019), Ferris (2018), Cather (2017), Tomine (2016), Raymond (2015)

    :study: Gelesen: 55 (2024), 138 (2023), 157 (2022), 185 (2021), 161 (2020), 127 (2019), 145 (2018), 119 (2017), 180 (2016), 156 (2015)70/365)
    O:-) Letzter Kauf: Martinson "Schwärmer und Schnaken" (15.04.)