Lisa Goldstein - Dark Cities Underground

  • Inhalt:
    Die alleinerziehnde Ruthie soll eine Biographie über die Autorin einer berühmten (fiktiven) Kinderbuch-Reihe aus den 50ern schreiben, in welcher Jeremy Jones, der Sohn der Autorin, fantastische Abenteuer in einer unterirdischen Welt erlebt. Die Geschichten entstanden aus Erzählungen des Jungen und beruhten - wie sich im Verlauf der Handlung herausstellt - auf wahren Erlebnissen. In der Unterwelt leben seltsame Gestalten: eine Regenfrau, ein Wahrsageautomat, ein grüner Riese, etc. Angeführt werden diese Figuren von Mr. Sattermole, der nach einem Artefakt sucht und Ruthies Tochter entführt, um Ruthie zu zwingen, es für ihn zu finden. Ruthie und der inzwischen erwachsene Jeremy, der sich an seine Kindheitserlebnisse nicht mehr erinnert, machen sich in den Tunneln der Untergrundbahn von San Francisco auf die Suche. Dabei stellen sie nicht nur fest, dass die Untergrundbahnen aller Großstädte miteinander verbunden sind, sondern dass mehrere Gruppierungen in den Tunneln eigene Pläne verfolgen.


    Meine Meinung:
    Das Buch habe ich mir vor 10 Jahren gekauft, weil mich das Cover ansprach. Ein Klappentext oder eine Inhaltsangabe waren nämlich nicht zu finden. Deshalb ging ich jetz auch völlig ohne Erwartungen an das Buch heran.


    Die Geschichte zog mich rasch in ihren Bann, und je mehr ich voranschritt, desto mehr gefiel sie mir. Seit Neil Gaimans "Neverwhere" (dt.: "Niemalsland") und Christoph Marzis "Lycidas" liebe ich Geschichten, die in U-Bahnen spielen, vor allem, wenn es darin um versteckte Tunnel, aufgegebene Stationen und geheimnisvolle Bewohner geht. Doch bei "Dark Cities Underground" machen sie nur einen Teil der Geschichte aus. Es gibt immer wieder Bezüge zur Mythologie, vor allem der ägyptische Mythos von Isis und Osiris sowie die Gralssage spielen eine große Rolle, aber auch zu bekannten Kinderbüchern wie "Peter Pan" oder "Alice im Wunderland". Dazu kommen die fiktiven Jeremy-Jones-Bücher, die ebenfalls in der Unterwelt spielen. Der kleine Jeremy hatte hinter dem Haus seiner Mutter einen geheimen Zugang zur Unterwelt entdeckt und in diesem geheimnisvollen Reich zahlreiche Abenteuer erlebt, die er seiner Mutter erzählte. Diese wiederum schrieb die Geschichten auf und veröffentlichte sie. Später in der Handlung erfährt man auch, worum es in den Büchern geht und wie diese Geschichten mit den übrigen Ereignissen zusammenhängen.


    Doch man liest auch noch andere Geschichten: von drei seltsamen Schwestern, von verkorksten Familien und von zwei verfeindeten Ingenieuren, die für den Bau der Londoner U-Bahn zuständig waren und dabei eigene Pläne verfolgten. So gibt es nicht nur Geheim- und Privattunnel und verlassene Stationen, sondern auch versteckte Schätze und eine U-Bahn-Linie, auf der ein Zug fährt, der den Mondzyklen folgt. Es gibt geheime Verbindungen zwischen den Untergrundsystemen verschiedener Großstädte, Menschen, die seit Jahrzehnten in den Tunneln unter den Städten leben und verschiedene Gruppierungen, die eigene Interessen verfolgen und dafür die Energie aus dem Untergrund nutzen. Je mehr man erfährt, desto interessanter und komplexer wird das Ganze.


    Lediglich mit der Hauptfigur wurde ich nicht warm. Ruthie (allein schon der Name störte mich, weil er so kindisch ist) ist unsensibel im Umgang mit anderen, verfolgt stur ihre eigene Agenda und interessiert sich nicht im Geringsten für die Belange ihrer Mitmenschen. Bei ihren Nachforschungen über das Leben der Autorin und ihres Sohnes kümmert sie sich nicht um deren Privatsphäre, sondern belästigt beide und andere Personen aus deren Umfeld auf äußerst aufdringliche Weise. Bei den Ereignissen in den Tunneln geht es ihr nur darum, ihre Tochter zurück zu bekommen, was aus allen anderen wird, ist ihr genauso egal wie die Pläne der diversen Fraktionen. Sollen sie doch die Welt unterjochen, Hauptsache, Ruthie hat ihre Tochter wieder. :roll: Leider blieben dabei die beiden anderen Hauptfiguren auf der Strecke. Sarah, die versucht, ihren verstorbenen Mann ins Leben zurückzuholen, und deren Weg Isis' Suche nach Osiris hätte wiederspiegeln können, verschmilzt irgendwann mit dem Hintergrund der Handlung. Manchmal wird sie noch in einem Nebensatz erwähnt. Selbst ihr großer Auftritt gegen Schluß verkommt zu einem nebensächlichen Ereignis, so als seien weder sie noch ihr Leben oder ihre Taten je wichtig gewesen. Auch Jeremy, der zu Beginn des Buches noch eine eigenständige und tiefgründige Persönlichkeit war, verblasst im Laufe der Handlung immer mehr. Immerhin hat er ab und zu noch einen wichtigen Beitrag zu den Ereignissen zu leisten. In seinem Fall könnte das Absicht gewesen sein, um Ruthies Gefühle für ihn wiederzuspiegeln.


    Fazit:
    Trotz der charakterlichen Mängel hat mir das Buch gut gefallen. Die Verknüpfungen zwischen verschiedenen Mythologien, einigen Kinderbuchklassikern und den Untergrundbahnen mochte ich sehr.

    Verführung Volljähriger zum Bücherkauf sollte nicht unter 5 Jahren Stadtbibliotheksmitgliedschaft bestraft werden!