Marc Kemper - Schmerzflimmern Vol. 2

  • Das Ende ist nah!
    Was wie das müde Mantra eines Weltuntergangstheoretikers klingt, ist für Gregor tägliche Routine: Bei bloßer Berührung muss er dem Tod eines Menschen in einer detaillierten Vision beiwohnen. Um dem Ursprung dieser Bürde auf den Grund zu gehen, begibt er sich auf die Suche nach seinem leiblichen Vater. Als unterdessen die Stadt von einem mysteriösen Anschlag heimgesucht wird, geht zunächst niemand von einem Zusammenhang aus. Zumindest nicht, bis Gregor selbst ins Fadenkreuz der Terroristen gerät ...(Klappentext)


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    Dies ist der 2. Teil der Schmerzflimmern-Reihe und er schließt nahezu direkt an den 1. Teil "Schmerzflimmern" an. Obwohl meiner Meinung nach nicht unbedingt Vorkenntnisse von Nöten sind, würde ich doch empfehlen zuerst den 1. Teil zu lesen. Nur so kommt man in den absoluten Genuß dieses schrägen Fantasy-Thrillers.


    "Er grunzte wütend, während sich seine Zähne in meine Handfläche bohrten. Eigentlich wurden Mitarbeiter der Suchtberatung angewiesen, ihren Patienten nicht die Hand zu geben..." (S. 5 / Beginn)


    Auch in "Schmerzflimmern Vol. 2" begleiten wir wieder Gregor, der eine ganz besondere Gabe hat. Bei bloßer Berührung ist er beim Tod desjenigen hautnah mit dabei. Anders als angenommen sind die meisten Tode alles andere als 08/15 und manchmal an Skurrilität nicht zu überbieten. Somit hatte er aber schon genügend Gelegenheiten einen Blick in die Zukunft zu werfen, die für die Menschheit alles andere als rosig aussieht. Gregor selbst sieht diese Gabe eher als Fluch, da sich dadurch für ihn diverse zwischenmenschlichen Beziehungen zu einem Horrortrip gestalten.


    "...Was definitiv ein Vorteil war, denn es machte eine Frau in meinen Augen deutlich attraktiver, wenn ich nicht jedes Mal eine Todesvision von ihrem hundert Jahre alten, faltigen Arsch erdulden muss, während sie mir einen runterholte." (S. 14)


    Um endlich Klarheit über diesen Fluch zu erhalten, begibt sich Gregor auf die Suche nach seinem ihm unbekannten Vater. Doch dieser Trip entpuppt sich als Supergau schlechthin.
    Nicht nur das seine Visionen nicht mehr das sind was sie einmal waren und sich auch das Auftauchen aus diesen Zeitreisen als kompliziert gestaltet, sondern, dass er in diesen Visionen plötzlich von einer mysteriösen Gestalt gesehen werden kann. Und genau diese ist dabei mehrere Anschläge zu verüben.
    Wer ist diese Gestalt und was hat Gregor mit dieser zu schaffen und wie kann er sie aufhalten?
    Und so beginnt der rasante Road Trip Gregors durch die Zeit.


    Es ist schwer diesen Fantasy-Thriller mit nur wenigen Worten zu beschreiben, aber er ist definitiv skurril, spannend, rasant und so anders - auf jeden Fall mit nichts zu vergleichen.
    Ebenso kann man diesen Roman nur schwer in eine Genre-Schublade pressen - Fantasy? definitiv, aber auch Pharma-Thriller und Dystopie. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass ebenso der Inhalt so viel mehr enthält als nur eine schräge Geschichte. Er ist z.B. gespickt mit makaberen und sarkastischem Humor.


    "Ein beißender Gestank verbreitete sich in der Luft, durch die gerade halb verdaute Avocados, zerkaute Pommes aus Freilandhaltung und per Hand selektierte fairtrade-Reiskörner segelten [...] Zumindest achten Hipster darauf, was bei ihren Körpern rein und raus kam." (S. 76)


    Es begegnen einem Skurrilitäten am laufenden Band, gleichzeitig ist der Plot rasant und spannend, manchmal auch brutal mit gleichzeitig morbiden Humor...


    "Der Baumstamm begrub den armen Typen so ungünstig unter sich, dass dessen kompletter Hals und Unterkiefer vom Gewicht des Holzes zerquetscht wurden. Es wirkte wie ein fehlgeschlagener Versuch einen menschlichen PEZ-Spender zu erschaffen." (S. 27)


    ..und doch enthält die Geschichte so manches Tiefsinnige.


    "..das Einsamkeit nicht zwangsläufig etwas schlechtes sein musste. Sie konnte auch dafür sorgen, dass wir die Schönheit in anderen Dingen besser zu schätzen wussten. Sie sorgte dafür, dass die Nachtluft besser duftet." (S. 15)


    Der Schreibstil ist klar und flüssig und die Erzählweise rasant. Zudem gibt es bei Marc Kemper keine unwichtigen Erwähnungen oder Vorfälle. Jede noch so kleine Handlung, welche anfangs als unwichtig erscheint, oder nur als kurzes Randgeschehen stattfindet, trägt zum Verlauf der Geschichte bei und verläuft mit den größeren Handlungssträngen zu einem großen Ganzen. Einfach nur fix darüberlesen ist hier also nicht.


    Mit dem Ende, zumindest mit einer Szene davon, bin ich jedoch alles andere als glücklich.
    Die actionreiche Schlußszene wirkt nämlich für mich unglaubwürdig und zu aufgesetzt. Hier ist dann auf einmal alles too much und wirkt daher etwas unpassend zum restlichen Teil des Romans. Das ist aber Meckern auf hohen Niveau und fällt vermutlich nur jemandem auf, der im Berufsalltag mit chirurgischen Instrumenten zu tun hat.


    Fazit:
    Auch der 2. Teil von Schmerzflimmern ist facettenreich:
    Skurrilität trifft auf morbiden Humor und tiefsinnige Gedanken. Fantasy trifft auf Thriller und spannender Plot auf rasanten Schreibstil.
    Ein Road Trip nicht nur für den Hauptprotagonisten, sondern auch für den Leser, der erst daraus auftauchen will, wenn das Buch zu Ende ist (ich hab das Buch innerhalb weniger Stunden weginhaliert). Ein Muss für alle die 08/15 satt haben.
    Von mir gibt es daher eine absolute Leseempfehlung! :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:


    © Pink Anemone

  • Dieser zweite Teil der Geschichte rund um Gregor, der durch berühren der Menschen ihren Tod voraussehen kann, hat mir wieder extrem gut gefallen. Sogar noch etwas besser als er erste Teil, da hier so richtig was los war. Ein Ereignis jagte das Nächste. Dieses mal ist Gregor etwas größerem auf der Spur. Er sucht seinen Vater und muss auf seiner Reise so einiges verhindern, was diverse Menschen das Leben kosten würde. Unter anderem muss er auch seinen besten Freund Thomas retten. Wer den ersten Teil nicht kennt, sollte ihn meiner Meinung nach vorher lesen. Es werden zwar diverse Rückblenden kurz angeschnitten, aber letztendlich verpasst man doch so einiges. Die Geschichte ist rasant geschrieben. Gregor bekommt richtig was zu tun und lernt teilweise sehr merkwürdige Leute kennen. Was ich faszinierend finde ist das Ideenreichtum des Autors, die Todesvorhersehungen sind extrem kreativ und super beschrieben, wie bereits im ersten Teil legt der Autor einen schwarzen Humor an den Tag, der das Lesen einfach nur zu einem Vergnügen macht. Mehr davon!!! Die Protagonisten sind gut beschrieben, man hat sie bildlich vor sich, der Spannungsbogen ist durchgehend aufrecht erhalten.

    Auf Veränderung zu hoffen, ohne selbst etwas dafür zu tun, ist wie am Bahnhof zu stehen und auf ein Schiff zu warten. (Albert Einstein)