Dietmar Grieser - Die guten Geister

  • Klappentext
    Viel zu wenig weiß man vom segensreichen Wirken all der Sekretärinnen und Haushälterinnen, Pfleger und Diener, die den großen Künstlern und Denkern treu zur Seite gestanden sind. 30 dieser vorwiegend weiblichen "Perlen" hat Dietmar Grieser aus ihrer Anonymität hervorgeholt und mit der ihm eigenen Empathie porträtiert: eine schillernde Revue des Dienens und Bedientwerdens, wie sie nur ein Menschenkenner wie der Bestsellerautor ausforschen und schreiben konnte.


    Der Autor
    wurde 1934 in Hannover geboren, lebt seit 1957 in Wien, und ist seit 1973 als Buchautor tätig. Unter seinen mehrfach ausgezeichneten Werken finden sich zahlreiche Bestseller, u. a. Schauplätze der Literatur; Heimat bist Du großer Namen; Sie haben wirklich gelebt; Die böhmische Großmutter; Der erste Walzer u.v. a.


    Wie es mir gefallen hat
    Was wären sie, die Großen dieser Welt, ohne ihre "guten Geister", die ihnen so manche Mühsal, so manche Unannehmlichkeiten des Alltags abnahmen. Einige von ihnen hätten vielleicht nicht all das schaffen können, was ihren Weltruhm begründete, wären sie nicht im Verborgenen zugange gewesen, die unermüdlichen Sekretärinnen, Bedienerinnen, Erzieherinnen oder Haushälterinnen. Nicht selten folgten sie ihren Herrschaften ins Exil, hielten bei diversen Umzügen alle Fäden in der Hand, oder vertraten vielbeschäftigte Eltern auch im emotionalen Bereich bei ihrem Nachwuchs. Sie ertrugen reizbare Genies wie Ludwig van Beethoven, blieben ihrer "Gnädigen" oft über Jahrzehnte in allen Lebenslagen treu ergeben wie Ida Gebauer es mit Alma Mahler-Werfel vorlebte, oder werden aufgrund ihrer kulinarischen Leistungen manchmal selbst zu gefeierten Stars, so wie Emmerich Kalmans Köchin Maria Pervich. Einige gelangten mit ihren Dienstherren zu unsterblichem Ruhm, da sie in jeder Biografie ebenfalls Erwähnung finden, andere werden trotz jahrzehntelanger treuer Dienste im Alter ohne Versorgung zurückgelassen und auch testamentarisch nicht mit dem kleinsten Legat bedacht, wie Hilde Waldo, die sich für Lion Feuchtwanger die Finger wundtippte.
    In zahlreichen informativen Einzelporträts stellt Dietmar Grieser seinen Lesern ganz besondere dienstbare Geister vor, und spannt einen breiten Bogen von Goethes streitbarer Köchin Charlotte Hoyer bis zum ehemaligen Privatsekretär von Königin Elizabeth II., Sir Robert Fellowes. Am häufigsten sind es die Angestellten von Schriftstellern, deren oft unbezahlbare Leistungen der Autor in seinen sorgfältig recherchierten Beschreibungen würdigt. Bei etlichen dieser Symbiosen blieb das Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer distanziert, bei manchen hingegen entstanden enge familiäre Bindungen, die bis ans Lebensende aufrecht erhalten wurden. Die Hofdame der letzten österreichischen Kaiserin Zita, Therese Gräfin von Korff, machte sich um das Haus Habsburg derart verdient, dass ihr sogar das seltene Privileg zuteil wurde, in der Familiengruft in Muri in der Schweiz, ihre letzte Ruhestätte zu finden.
    In seinem gut lesbaren Stil erzählt Dietmar Grieser sehr unterhaltsam von den Unermüdlichen, den Tüchtigen und Fleißigen, die wohl zu allen Zeiten hinter allen Berühmtheiten dieser Welt standen. Oft stellten sie ihr Privatleben völlig in den Hintergrund, um stets für ihre Herrschaften da sein zu können, und manche Arbeitseinsätze erinnern nahezu an moderne Sklaverei. Umso mehr hat mich überrascht, dass die Dienstleistungen oftmals als ganz selbstverständlich hingenommen, und nicht die mindesten Absicherungsmaßnahmen hinsichtlich Krankheit oder Alter getroffen wurden.
    Besonders gut hat mir gefallen, dass sich der Autor auch eines ganz besonderen "Dienstverhältnisses" angenommen hat. Wer noch Fragen zur Entstehungsgeschichte und der Originalbesetzung des Silvesterdauerbrenners "Dinner for one" hat, wird hier umfassend informiert.
    Mit diesem Buch hat Dietmar Grieser den dienst-, sonst ja meist unsichtbaren Geistern der Großen dieser Welt ein sehr eindrucksvolles, würdiges Denkmal gesetzt. Die teils humorvollen, teils berührenden, manchmal auch traurigen Geschichten haben mich sehr gut unterhalten, und sind in ihrer Zeitlosigkeit jederzeit eine Empfehlung wert.

  • blieben ihrer "Gnädigen" oft über Jahrzehnte in allen Lebenslagen treu ergeben wie Ida Gebauer es mit Alma Mahler-Werfel vorlebte

    Ich glaub sie ist auch das Vorbild zu Werfels Roman

    :study: Ich bin alt genug, um zu tun, was ich will und jung genug, um daran Spaß zu haben. :totlach: na ja schön langsam nicht mehr :puker:

  • Danke für die Rezension, liebe Sylli.
    Mich hat das Thema spontan an Goethe und Eckermann erinnert.

    :study: Joseph Roth, Hiob. MLR.

    :study: Vigdis Hjorth, Ein falsches Wort.

    :musik: Leonie Schöler, Beklaute Frauen.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • Ich glaub sie ist auch das Vorbild zu Werfels Roman

    Bei Dietmar Grieser findet sich davon nichts, aber hier steht auch eher das Verhältnis der Alma Mahler-Werfel zu ihrer Ida im Vordergrund. Die Portraits sind ja auch relativ knapp gehalten.