Hazel Gaynor - Das Mädchen aus dem Savoy / The Girl from the Savoy

  • „Wunderbare Abenteuer erwarten jene, die danach suchen…“


    England 1916. Dorothy „Dolly“ Lane und Teddy waren seit Kindheit die engsten Freunde und bis der Krieg ausbrach, haben sie sich ewige Liebe geschworen. Doch dann bricht der Krieg aus in all seiner Härte und lässt Dolly allein zurück. Um wenigstens einen ihrer Träume zu verwirklichen, nämlich irgendwann als Tänzerin an einem Theater Karriere zu machen, geht sie nach London und fängt als Zimmermädchen im berühmten Savoy-Hotel an. Dort ist sie ihrem Traum schon etwas näher, denn im Savoy geben sich die berühmtesten Regisseure, Theaterschauspielerinnen und Musiker die Klinke in die Hand. An ihrem ersten Tag stößt sie in strömendem Regen mit Perry Clements zusammen und die beiden kommen ins Gespräch, haben sofort eine Wellenlänge. Aber sie verlieren sich aus den Augen. Erst als Dolly auf die Anzeige eines „Komponisten mit Anfangsschwierigkeiten“ antwortet und sich als Muse bewirbt, trifft sie Perry wieder und erfährt erst später, dass eine der bekanntesten Bühnendarstellerinnen Londons seine Schwester Loretta May ist. Mit Hilfe von Perry und Loretta wird Dolly zu einer Tänzerin und Theaterschauspielerin geschliffen, bis sie endlich die Chance bekommt, auf die Bretter, die die Welt bedeuten, zu schweben und zu brillieren. Aber aller Ruhm ist nichts, wenn die Vergangenheit immer wieder präsent wird und einen nicht loslässt…



    Hazel Gaynor hat mit ihrem Buch „Das Mädchen aus dem Savoy“ einen wunderbaren historischen Roman vorgelegt, der das alte „Swinging London“ der 20er Jahre wieder auferstehen lässt. Der Schreibstil ist flüssig, leicht melancholisch, tiefgründig und gefühlvoll. Die Autorin wartet mit einer bildhaften Sprache auf, die voll von herrlichen Zitaten und Weisheiten ist, die den Leser bei der Lektüre berühren und immer wieder neu gelesen werden wollen. Die Handlung wird aus drei verschiedenen Perspektiven erzählt und gibt dem Leser so einen gelungenen Rundumblick über die verschiedenen Gesellschaftsschichten, die Theaterwelt und das Leben der sogenannten Galeriemädchen. Durch die ständigen Sichtwechsel wird auch die Spannung der Geschichte gesteigert und lässt den Leser immer wieder Mutmaßungen anstellen, was wohl als nächstes passieren wird. Der erste Handlungsstrang spiegelt Dollys Werdegang wieder, in dem auch kleine Rückblenden in die Vergangenheit inkludiert sind. Ein zweiter lässt den Leser am Leben von Loretta May teilnehmen und erfährt einiges über die Theaterszene, die Galeriemädchen und die Bohemian Young People, die zur damaligen Zeit in aller Munde waren. In der dritten Perspektive kommt Terry zu Wort, der sich ins Leben zurückkämpft, nachdem er im Krieg schwer verwundet wurde. Der historische Hintergrund wurde von der Autorin sehr gut recherchiert, geschichtlich belegte Personen mit fiktiven Lebensgeschichten auf herrliche Weise miteinander verwoben. Ebenso geschickt lässt sie das berühmte Hotel Savoy vor den Augen des Lesers entstehen, in dem so viele Menschen täglich ein und ausgehen. Wer das Hotel nicht kennt, sollte es unbedingt einmal zur Teestunde besuchen.



    Die Charaktere sind sehr detailliert und ausgesprochen liebevoll gestaltet, sie besitzen viel Individualität und wirken gerade deshalb wunderbar authentisch und sehr real. Dolly ist eine sympathische junge Frau, die in ihrem Leben schon so manchen Schicksalsschlag einstecken musste und sich dennoch nie die Hoffnung hat nehmen lassen, dass sich Träume doch noch erfüllen. Sie hat ein gutes Herz, ist hilfsbereit und mit Empathie gesegnet. Sie zehrt von den Erinnerungen und nimmt sich Weisheiten zu Herzen, um damit auch andere zu unterstützen. Perry ist ein talentierter Komponist, der in einer Schaffenskrise steckt, da die Kriegserfahrungen ihn zu ersticken drohen. Er denkt ständig an Noten und Töne, wirkt oftmals linkisch und ungeschickt, dabei ist er nur zerstreut und versucht, sein Leben wieder in Einklang zu bringen. Er fühlt sich hilflos und schuldig ob der Dinge, die ihm im Krieg aufgezwungen wurden, und kann diese einfach nicht vergessen, was seinem eigenen Glück im Wege steht. Loretta ist wie ein bunter Schmetterling, als Schauspielerin ist sie berühmt und begehrt, dabei hat sie selbst ein Geheimnis, von dem niemand ahnt und das sie sehr gut zu verbergen weiß, selbst vor ihren engsten Vertrauten. Sie ist sehr offen und ehrlich, liebt die Verwandlung und gibt auch als Mäzenin den Ton an, um zu helfen und zu unterstützen. Protagonisten wie Hettie, Clover, Sissy und auch O’Hara tragen dazu bei, dass der Leser das Gefühl für eine große Familie bekommt, in der sich jeder um jeden kümmert und die mit ihren eigenen Schicksalen und Lebenserfahrungen der Geschichte noch mehr Glaubwürdigkeit verleihen.


    „Das Mädchen aus dem Savoy“ ist ein rundum gelungener historischer Gesellschaftsroman, der sowohl die damaligen Lebensumstände unter die Lupe nimmt als auch die Musik- und Theaterszene wieder lebendig werden lässt. Bittersüße Liebesgeschichten und Einzelschicksale gehen nah und die vereinzelt eingestreuten Briefe öffnen das Herz. Ein traumhaft-schöner Roman, der nicht nur einmal gelesen werden will, zu viel Weisheit verbirgt sich in den Seiten. Absolute Leseempfehlung für ein ganz besonderes Buch, ein Highlight nicht nur für ein Jahr!


    Über die Maßen zauberhafte :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5: .

    Bücher sind Träume, die in Gedanken wahr werden. (von mir)


    "Wissen ist begrenzt, Fantasie aber umfasst die ganze Welt."
    Albert Einstein


    "Bleibe Du selbst, die anderen sind schon vergeben!"
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    gelesene Bücher 2020: 432 / 169960 Seiten

  • Das Buch beginnt im Jahr 1916 in Lancashire England. Teddy Cooper ist in den Krieg einberufen worden und seine Verlobte Dorothy Lane verabschiedet ihn am Bahnsteig. Sie ist Mädchen für alles auf dem Gut Mawdesley. Sie träumt von den Stars der Londoner Westend Bühnen, vom Tanzen, von der Schauspielerei und den großen Revuen. Dorothy will der Armut entkommen.


    Die eigentliche Geschichte startet dann im Jahr 1923 in London. Dorothy hat, obwohl sie unordentlich und unpünktlich ist und zwei linke Hände hat, eine neue Stelle als Zimmermädchen im Hotel Savoy erreichen können. Das Hotel besitzt schon elektrische Beleuchtung, Aufzüge und Zentralheizung. Eine ganz neue Welt für sie. Untergebracht ist sie zusammen mit drei anderen Mädchen. In ihrer seltenen Freizeit besucht sie die Tanzhallen und Lichtspielhäuser. Zufälligerweise lernt sie den Musiker und Komponist, Perry Clements kennen. Seine Schwester Loretta May ist eine berühmte Darstellerin und erobert in einer neuen Musikkomödie das West End. Es ahnt niemand, dass sie Tochter aus einem adeligen Haus ist, Lady Virginia Clements.


    Rückblickend folgen dann immer mal wieder Kapitel über Teddys Zeit im Maghull Militär Krankenhaus, beginnend im März 1919. Er kann sich aufgrund eines massiven Traumas, trotz ihrer Briefe nicht an Dorothy erinnern. Jede Nacht kämpft er in seinen Albträumen weiter im Krieg. Erzählt wird in wechselnden Kapiteln aus der Sicht von Dolly, Teddy und Loretta. Die Kapitel sind sehr schön mit weisen Einsichten aus der jeweils folgenden Erzählung überschrieben.


    Trotz oder wegen Teddys Zustand, will Dorothy den Krieg nicht gewinnen lassen. Sie ist in die weite Welt gezogen, hat ihren sicheren aber langweiligen Job in Grosvenor Square gekündigt. Sie hat sogar ihre beste Freundin zurückgelassen und versucht ihren Traum zu verwirklichen. Teddy hat diesen Traum immer mit ihr geteilt, sie unterstützt und fest an sie geglaubt. Nach manchen Irrungen und Wirrungen, aufgedeckten Geheimnissen und schwierigen Hintergründen findet die fesselnde Geschichte ein bittersüßes Ende.


    Die Autorin Hazel Gaynor hat sich im Buch „Das Mädchen aus dem Savoy“ einer historisch sehr interessanten Zeit nach dem Weltkrieg gewidmet. So viele Männer sind im Gefecht geblieben oder seelisch und körperlich schwer beeinträchtigt nach Hause zurückgekehrt. Und die vielen jungen Frauen, die in dieser Zeit verantwortungsvolle Aufgaben im Pflegedienst und Fabriken übernehmen mussten, wollen sich nun nicht einfach wieder einreihen.


    Bei Loretta erleben wir drastisch die dunklen Seiten des Erfolges, von dem Dorothy noch täglich träumt. Hazel Gaynor schildert das erschütternde Leid und die Herausforderung dieser Nachkriegszeit eindringlich, detailreich und gut vorstellbar. Man empfindet als Leser mit den sympathischen, starken und nachvollziehbaren Protagonisten mit. Es ist eine Geschichte zum Lachen und zum Weinen.


    Fazit: Historisch interessante Epoche. Eine Geschichte zum Lachen und zum Weinen.


    4,5 von 5 Punkten