Hjalmar Söderberg - Verirrungen/Förvillelser

  • Original : Schwedisch, 1895


    INHALT :
    »Verirrungen«, die Liebesabenteuer eines Flaneurs und Tagträumers. Ein Roman um den Medizinstudenten Tomas Weber, einen charmanten jungen Mann mit ­glänzenden Talenten und großer Wirkung auf die jungen Damen. Tomas verliebt sich in Ellen, die ihm eben seine roten Handschuhe verkauft hat. Es ist mehr als eine Laune und ernst genug, um die Liebe zu Märta aufs Spiel zu setzen, die den heißen Sommer mit ihrer Familie in den Schären verbringt und nur zu Mittsommer in die Stadt kommt.
    Die kühle Eleganz seiner Sprache und die eindrückliche Atmosphäre Stockholms um die Jahrhundertwende machen »Verirrungen«, der wegen angeblichen Unsittlichkeiten bei seiner Veröffentlichung für einen Skandal sorgte, zu ­einem der meistgelesenen Romane der schwedischen Literatur.
    (Quelle : Klappentext, gekürzt)


    BEMERKUNGEN :
    Das Buch geht in fünfzehn Kapiteln über circa zehn Monate und hat den « Anti-Helden » Tomas Weber. Dieser gerade mal Zwanzigjährige hat kürzlich die Lizenz (?) als Medizinstudent erworben und vom Vater Geld erhalten. Im dekadenten Flaniermilieu der Stadt ist dieses auch schnell ausgegeben, und Tomas schwankt zwischen seiner achtzehnjährigen Allzeit-Liebe Märta (die zu heiraten er längerfristig wohl die Absicht hatte) und der jungen, scheuen Ellen. Könnte sie nicht ungefährlicheres Spielfeld für gewisse Erfahrungen sein als deher unantastbare Märta? Doch es geht hin und her, ich kam im Zählen der Pendelausschläge nicht mehr mit. Mal scheint es hier vorbei zu sein, dann wendet er sich erneut an die andere. Etc. Ja, dekadent, und irgendwas stimmt bei Tomas halt nicht. Dass er die für seine Schwester versprochene Arbeit über das « Heilige Sakrament » nicht überzeugend rüberbringen kann, verwundert nicht, nur seine Schwester. Aber vom Stuhl als provozierende Literatur, oder gar als Pornographie (wofür der Roman angeprangert wurde) haut er heute zunächst mal keinen mehr vom Stuhl. Oder ?


    Und ich sagte mir, boff, was soll das Theater ? Denn daran erinnern die anfangs zahlreich auftauchenden Personen. Okay, wer Stockholm kennt, kommt auf seine Kosten : alle paar Zeilen Orts-, Strassen-, Kirchenangaben. Und ein paar kokette, gute Beobachtungen gibt es auch. Doch ansonsten ? Hype um nichts Besonderes ?


    Aber richtig gefesselt hat mich der Roman dann eigentlich erst ziemlich genau ab seiner Mitte : Die Schulden wachsen, die jungen Frauen wehren sich, Zweifel, ja existenzielle, tauchen auf. Plötzlich durchzieht eine Infragestellung seiner Selbst den Roman, eine Form des melancholischen Pessimismus’ : Gehe ich dem nun aus dem Weg, oder rangiere ich mich wieder brav ein oder bevorzuge weiter die Lebenslüge(n) ? Da erinnert der Roman an existenzielle Literatur, die so erst circa 60 Jahre später verbreiteter wurde (meines Wissens nach), oder vermittelt hier und da einen Zweifel, eine Traurigkeit nordischer Art. Das macht das Ganze mir plötzlich interessant(er).


    «… und da ist er plötzlich allein, ein Schiffsbrüchiger auf einem abtreibenden Floß »


    Und Söderberg schreibt woanders mal : « Ich glaube an das Verlangen des Fleisches und die unheilbare Einsamkeit der Seele. »


    Manche Beurteilungen lassen das Ganze im kritischeren Licht erscheinen als ob Söderberg nicht einfach nur jubilierender Dekadenter gewesen wäre, sondern defätistischer Maler verlorener, letztlich einsamer Menschen ?


    AUTOR :
    Hjalmar Söderberg, geboren am 2. Juli 1869 in Stockholm, gestorben am 14. Oktober 1941 in Kopenhagen, war ein schwedischer Schriftsteller des fin-de-siècle. Er ist heute einer der meistgelesenen und beliebtesten Schriftsteller der Jahrhundertwende in Schweden.


    Er wurde in Stockholm als Kind einer Beamtenfamilie geboren und wuchs in Stockholm auf. Nach einem kurzen Studienversuch an der Universität von Uppsala begann er als Journalist zuerst in Kristianstad und danach in Stockholm zu arbeiten, wo er 1897 eine feste Anstellung bei der Zeitung Svenska Dagbladet bekam.


    Söderberg heiratete 1899 Märta Abenius, mit der er drei Kinder bekam. Da sein Einkommen als Journalist und Schriftsteller nicht für einen bürgerlichen Haushalt reichte, kam er bald in finanzielle Schwierigkeiten, die sich verschärften, als seine Ehe einige Jahre später in Brüche ging. Kurz darauf endete auch die lange Affäre, die zum Zusammenbruch der Ehe geführt hatte, und Söderberg zog 1906 nach Kopenhagen, zuerst zeitweise, ab 1907 endgültig, nachdem er die Dänin Emilie Voss kennengelernt hatte. Finanziell war er auf Vorschüsse seitens seines Verlegers Bonnier und vor allem großzügige Darlehen seitens des Freundes und Mäzens Ernest Thiel angewiesen. Sein beträchtlicher Alkoholkonsum ging nun auch in Alkoholismus über.


    Die folgenden Jahrzehnte lebte Söderberg in Kopenhagen, wo er sich vor allem der Religionsgeschichte und politischen Fragen widmete. Seine kritische Beschäftigung mit religiösen Fragen resultierte in den Romanen Jahves eld 1918 und Jesus Barabbas 1928. Sein politisches Engagement richtete sich vor allem gegen den aufkommenden Faschismus, den er in Artikeln vor allem in Göteborgs Handels- och Sjöfartstidning bekämpfte.
    (Quelle und mehr : wikipedia.de)



    Dieser sein Erstlingsroman Förvillelser erschien erstmals unter dem Titel Irrungen 1914, bzw. in neuer, hier verlinkter Übersetzung Verirrungen 2006.


    Gebundene Ausgabe: 208 Seiten
    Verlag: Piper (September 2006)
    Sprache: Deutsch
    ISBN-10: 3492049060
    ISBN-13: 978-3492049061

  • Hier eine Verlinkung zu einer Ausgabe auf Schwedisch:


    Originaltitel: Förvillelser
    Broché: 146 pages
    Editeur : Hardpress Publishing (23 juin 2016)
    Langue : Suédois
    ISBN-10: 131886853X
    ISBN-13: 978-1318868537