Mehrnousch Zaeri-Esfahani - 33 Bogen und ein Teehaus

  • 33 Bogen und eine Teehaus
    Autorin: Mehrnousch Zaeri-Esfahani
    Illustration: Mehrdad Zaeri-Esfahani
    Verlag: Peter Hammer (Auflage 1: 11.01.16) *
    ISBN-10: 3779505223
    Seiten: 148
    Alter: 12-15


    Inhalt:


    Es ist ein autobiografisches Buch über die Diktatur im Iran und die Flucht nach Deutschland im Jahre 1985.


    Die Autorin wird 1974 in Isfahan, Iran geboren. Sie wuchs privilegiert auf.
    Ihr Vater war Arzt, sie hatten Angestellte, ein Haus mit Pol.
    Als kleines Mädchen erlebe sie die Revolution gegen den Schah, den selbsternannten Kaiser. Die Bevölkerung demonstriert, steigt jede Nacht auf die Dächer ihrer Häuser.
    1979 ist es geschafft. Der König geht ins Exil, Ajatolllah Chomeini kommt wieder.
    Nun wird alles besser, denkt die Bevölkerung, doch das Gegenteil ist der Fall.
    Monatlich kommen neue Gesetze heraus.


    "Nach der strengen Kleiderordnung für alle kam das Verbot weltlicher Musik. Im einzigen Fernsehprogramm liefen den ganzen Tag Korangesänge, Kriegslieder und Trauergedichte, rezitiert, gesungen und vorgetragen von Männerstimmen, denn Frauen durften nicht mehr ihre Stimmen einsetzen.
    Spielfilme und Videos wurden verboten. Spiele auch. Schach war nicht mehr erlaubt, Kartenspiele, "Mensch ärgere Dich nicht" und andere Würfelspiele waren es ebenso wenig. Tanzen wurde bei Gefängnisstrafe verboten.
    Am Zayandeh Rud sah man keine Verliebten mehr., Denn zu zweit spazieren zu gehen, ohne verheiratet zu sein, war auch verboten. Verliebt sein war ebenfalls verboten.
    Viele Frauen verloren ihre Arbeit, weil bestimmte Tätigkeiten nur noch von Männern ausgeführt werden durften. Frauen durften sich nicht mehr schminken. Sie durften nicht mehr mit dem Fahrrad fahren und nicht rennen. [....]"


    Als sie eingeschult wird, muss sie gegen ihren Willen ein Kopftuch tragen. Ihre Mutter und ihre Tante versuchen sie zu überzeugen, wie toll es ist, obwohl beide es selber nicht mögen.


    1980 kommt der erste Golfkrieg.
    Jungs im Alter von 13-14 Jahren wurden in der Schule überzeugt, wie toll es ist, in den Krieg zu gehen und einen Märtyrertot zu sterben.
    Die Kinder wurden eingesetzt, um über die Minenfelder zu gehen und versteckte Minen mit ihren Körpern zur Explosion zu bringen.


    Die Autorin hat zwei ältere Brüder. Der 14 jährige leidet schon sehr in der Schule, weil er sich nicht an der Waffe ausbilden lassen will.
    Doch als das Gesetz rauskommt, dass zukünftig alle 15 jährigen eingezogen werden können, beschließt die Familie zu fliehen.


    Über die Türkei reisen sie nach Ostdeutschland und von da in den Westen.
    Mehrnousch erzählt, wie sie die Zeit wahrgenommen hat und wie das erste Jahr in Deutschland war.


    Die Autorin:


    Sie studierte nach dem Abitur Sozialpädagogik und ist seit 1999 in der Flüchtlingsarbeit tätig. Heute arbeitet sie als Autorin und Referentin für Interkulturelle Öffnung und ehrenamtliche Flüchtlingsbegleitung. 2002 gewann sie den Demokratiepreis des Deutschen Bundestages.


    Meine Meinung:


    Grandios!


    In einer so sanften Sprache beschreibt sie das Unbeschreibliche.
    Sie war ein intelligentes, kleines Mädchen, das viel beobachtet hat und versuchte, sich einen Reim von dem Verhalten der Erwachsenen zu machen. Aber auch ihre Eltern waren weltoffene Menschen und bezogen die Kinder mit ein. Auch wenn ihre Geschwister nur am Rande vorkommen, habe ich sie genau so mit ins Herz geschlossen und mich gefreut, als ich gesehen habe, dass ihr Bruder das Buch illustriert hat.
    Und es hat tief mein Herz berührt, dass für die Eltern sofort klar war, lieber fliehen sie in eine ungewisse Zukunft, als das Leben ihres Sohnes aufs Spiel zu setzen.


    Mich hat das Buch wirklich tief berührt.
    Einmal diese Grausamkeiten im Iran.
    Wenn man sich das Zitat oben mal durchliest, da fällt einem doch nichts mehr zu ein. Das können wir uns, in unsere heilen Welt, gar nicht vorstellen.
    Da macht mich einfach nur sprachlos und ich frage mich, wie Menschen es in einer Diktatur aushalten.
    Und ja, ich schäme mich auch ein wenig, dass ich keine Ahnung von der Revolution und ihren Folgen hatte.
    In so Situationen frage ich mich immer, warum die Presse uns eigentlich nie darüber aufklärt.


    Es hat mich auch berührt, wie schlecht deutsche Flüchtlingshelfer sie zum Teil behandelt haben. Und unter welch schlimmen Bedingungen sie teilweise leben mussten. Und das war 1985. Da wurde mir flau im Magen und ich fragte mich, wie schlimm es erst heute sein muss, wo weit mehr Flüchtlinge weit länger in "Großraumbaracken" verweilen müssen.


    Es ist erschütternd, weil es einen den Wahnsinn der Welt spüren lässt. Das was wir weit weg schieben, selbst wenn es vor unsere Haustür passiert.
    Und doch ist es auf eine Art geschrieben, die einen nicht verschreckt. Mehr als einmal hatte ich das Bedürfnis, die kleine Mehrnousch an die Hand zu nehmen.


    Einziger Kritikpunkt: Es wäre schön gewesen, wenn die Jahreszahlen auch im Buch vorgekommen wären und nicht nur in der Vita.


    Für mich ist es ein All-Age-Buch.


    Lest es Ihr Lieben, Ihr werdes es nicht bereuen.
    Eine absolute Kaufempfehlung!
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