Heinrich Hoffmann - Der Struwwelpeter

  • Autor: Heinrich Hoffmann
    Titel: Der Struwwelpeter
    Seiten: 20 Seiten
    Verlag: Schwager & Steinlein
    ISBN: 9783849901363


    Der Autor:
    Heinrich Hoffmann, 1809 in Frankfurt (Main) geboren und dort 1894 verstorben, war ein deutscher Psychiater und „Gelegenheitsversemacher“ (Zitat Wiki)


    Inhalt: (Klappentext)
    Wenn die Kinder artig sind,
    kommt zu ihnen das Christkind,
    wenn sie ihre Suppe essen
    und auch das Brot nicht vergessen,
    wenn sie ohne Lärm zu machen,
    still sind bei den Siebensachen,
    beim Spazierngehn auf den Gassen
    von Mama sich führen lassen,
    bringt es ihnen Gut´s genug
    und ein schönes Bilderbuch.
    Tja, und eben dieses Bilderbuch verfasste Dr. Heinrich Hoffmann für seinen Sohn zu Weihnachten 1844 und illustrierte die Geschichten auch gleich selber. Kurz darauf veröffentlicht als „Lustige Geschichten und drollige Bilder für Kinder von 3-6 Jahren“


    Meinung:
    Noch kein eigener Thread für solch einen Kinderbuchklassiker? Okay, das Werk ist sicherlich etwas in die Jahre gekommen, und dennoch: es wird ständig wieder aufgelegt und Generationen von Kindern wurden mit Hilfe der Geschichten „erzogen ? / angeleitet? / oder doch gequält?“ Man sieht es an den bisherigen Bewertungen: an dem Werk scheiden sich die Geister. Will man seine Kinder heute noch mit dem bösen Friederich erziehen, der Fliegen die Flügel ausreisst und Katzen quält, bis ihn der geschlagene Hund ins Bein beisst? Oder mit Paulinchen, die verbotenerweise mit dem Feuerzeug spielt und sich dabei selbst anzündet? Oder Robert, der trotz Unwetterwarnungen das Haus verlässt und vom Sturm fort geweht wird? Hans Guck-in-die-Luft, der Zappel-Philipp und der Suppen-Kaspar sind ein paar weitere Figuren, von denen die meisten zumindest mal gehört haben. Auch Grimms Märchen sind überraschend brutal (wenn man mal von den Disney-Versionen absieht), und sicherlich haben sich die Erziehungsmethoden in den letzten 150+ Jahren gewandelt. Auch ich drohe nicht meinem Kleinen, ihm die Daumen abzuschneiden, wenn er weiter daran lutscht (übrigens entsprechend blutig bebildert vom Psychiater Heinrich Hoffmann selbst).
    Ich habe es also für mich gekauft, schwelge in Erinnerungen wie ich als kleiner Junge die gleichen Bilder mit leichtem Schauer betrachtet habe. Die Geschichten wurden mir damals übrigens auch nicht mit erhobenem Finger eingetrichtert. Heute betrachte ich die Bilder aus nostalgischer Sicht, störe mich nicht an der Bezeichnung „kohlpechrabenschwarzer Mohr“, amüsiere mich eher über dieses Lehrbuch der Kindererziehung und suche zum Vorlesen lieber ein schönes Buch von Astrid Lindgren heraus.

  • Oh ja, der Struwwelpeter. Ich kann heute noch einige Passagen aus dem Stand auswendig. Und ich habe das Buch auch (gegen den Widerstand der Gemahling) mit den Kindern damals angeschaut. Es braucht natürlich die gehörige Dosis Humor, aber daran mangelt es nicht. Ich glaube auch nicht, dass Hoffmann das damals alles so bierernst gemeint hat. Dazu ist es einfach zu übertrieben, insofern geht es in Richtung Satire. (Auch damals wurden keine Daumen abgeschnitten).
    Schön, noch einmal an dieses Stück deutscher Kultur erinnert zu werden.

  • "Konrad, sprach die Frau Mama,
    ich gehe aus und du bleibst da...[... ]"
    Schön, dass es jetzt eine Rezension zu diesem schönen Werk gibt! :thumleft:

    "Books are ships which pass through the vast sea of time."
    (Francis Bacon)
    :study:
    Paradise on earth: 51.509173, -0.135998

  • Meinen Kindern habe ich es vorgelesen, denn: Was mir nicht geschadet hat, kann für sie auch nicht schlimm sein. :rambo:


    Allerdings würde ich mich nicht trauen, es meinen Enkeln vorzulesen, weil es zu Konflikten mit Sohn und Schwiegertochter käme. :eye: Kinder der 2010er sind halt viel sensibler als Kinder der 1980er. :roll:

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • es meinen Enkeln vorzulesen, weil es zu Konflikten mit Sohn und Schwiegertochter kä

    Kenne ich :-)
    Die Kinder erkennen aber schnell das Muster: Verbot --> Übertretung des Verbots --> Strafe.
    Gerade heute haben wir den Zappelphilipp wieder zitiert, aus gegebenem Anlass:
    "Er gaukelt
    Und schaukelt
    Er trappelt
    Und zappelt
    Auf dem Stuhle hin und her.
    Konrad, das missfällt mir sehr!"

    :study: Joseph Roth, Hiob. MLR.

    :study: Vigdis Hjorth, Ein falsches Wort.

    :musik: Leonie Schöler, Beklaute Frauen.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • Gerade heute haben wir den Zappelphilipp wieder zitiert, aus gegebenem Anlass:

    Aus heutiger Sicht betrachtet ist das Buch auch sehr interessant - wenn auch nicht wegen der pädagogischen Maßnahmen. :wink: Aber der Zappelphilipp würde heute vermutlich als ADHS-ler diagnostiziert.

    "Books are ships which pass through the vast sea of time."
    (Francis Bacon)
    :study:
    Paradise on earth: 51.509173, -0.135998

  • Meinen Kindern habe ich es vorgelesen, denn: Was mir nicht geschadet hat, kann für sie auch nicht schlimm sein. :rambo:


    Allerdings würde ich mich nicht trauen, es meinen Enkeln vorzulesen, weil es zu Konflikten mit Sohn und Schwiegertochter käme. :eye: Kinder der 2010er sind halt viel sensibler als Kinder der 1980er. :roll:


    Ich persönlich habe das Struwwelpeter-Buch als Kind in den Siebzigern und Achtzigern gehasst. Die Märchen von Andersen mochte ich nicht, die der Grimm-Geschwister haben mich häufig irritiert. Besprochen und erklärt wurde sowas in meiner Herkunftsfamilie nicht.


    Vielleicht gab und gibt es zu allen Zeiten Kinder, die solche Geschichten nicht einfach "wegstecken", sondern still an den Ängsten und schlechten Gefühlen herumlaborieren, die davon ausgelöst werden? Ebenso, wie es Kinder gab und gibt, denen die Geschichten überhaupt nichts ausmachen? Und vielleicht gab und gibt es zu allen Zeiten Eltern und Großeltern, die solche Geschichten beim Vorlesen sinnvoll einbetten, relativieren, mal kritisch gegen den Strich bürsten oder einfach nur gemeinsam mit den Kindern laut darüber lachen, wie dumm diese Geschichten teilweise sind, und welche, die das nicht tun und die Kinder mit ihren Gedanken, Gefühlen und Assoziationen allein lassen?


    Das Buch mag ein Klassiker sein, aber einer, der an meinen Kindern mindestens vorerst vorbeigehen wird. Diese Bildungslücke nehme ich gern auf meine Kappe. :lol:

    :study: Han Kang - Griechischstunden

    :musik: Asako Yuzuki - Butter (Re-???)

    :montag: Jane Austen - Stolz und Vorurteil (Reread)

    :montag: Sally Coulthard - Am Anfang war das Huhn