Charles Dickens - David Copperfield (Start: 05.02.2018)

  • Hallo, Ihr Lieben!
    Ganz kurz nur will ich ein Lebenszeichen von mir geben und nicht die schöne MLR mit meinen privaten Sachen belasten. Mutters OP ist gut überstanden, allerdings bin ich nach der Arbeit immer bei ihr und komme zur Zeit gar nicht zum Lesen.
    Wann ich aufhole, weiß ich noch nicht, aber ich werde mich bemühen, den Anschluss nicht zu verlieren.


    Bis dahin habt eine gute Zeit, ich melde mich bald wieder ... :winken:

  • Hallo @Sylli,


    ich habe immer wieder an Dich gedacht heute und die Daumen gedrückt.
    Deiner Mutter gute Besserung!
    Und was das Lesen angeht: ich warte gerne auf Dich. Oder lese alles nochmal.


    anne

    :study: Joseph Roth, Hiob. MLR.

    :study: Vigdis Hjorth, Ein falsches Wort.

    :musik: Leonie Schöler, Beklaute Frauen.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • aber Lust habe ich definitiv. ... Vielleicht steige ich auch aus der LR aus und nehme die Sachbuchleserunde

    Das wäre doch echt super und ich würde mich soooo freuen, wenn wir gemeinsam wieder ein Sachbuch lesen könnten. :friends:
    Und das Thema ist ja wirklich echt spannend, da haben wir sicher viel zu besprechen.

  • Und was das Lesen angeht: ich warte gerne auf Dich. Oder lese alles nochmal.

    Ach, Anne, Du bist doch eine gute und treue Seele. :friends: Aber bitte warte nicht. Vielleicht kann ich am Wochenende das Wochenpensum aufholen. :study:

  • Du bist doch eine gute und treue Seele

    Du darfst mich Peggotty nennen!
    Aber ich lege Wert auf die Feststellung, dass bei mir keine Knöpfe abspringen!!

    :study: Joseph Roth, Hiob. MLR.

    :study: Vigdis Hjorth, Ein falsches Wort.

    :musik: Leonie Schöler, Beklaute Frauen.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • Die lassen ganze Landschaften vor ihrem Leser erstehen, und diese
    Landschaften stehen auch noch in Bezug zu den Personen.
    Dickens ist da irgendwie pragmatischer.

    Ja, Landschaftsbschreibungen sind äußerst spärlich, aber dafür gibt es sehr schöne und ausführliche Erinnerungen, wie zum Beispiel über die
    Tage mit der Mutter oder mit Em`ly. Sozusagen mehr Innen als Außen..........

    Wir sind der Stoff aus dem die Träume sind und unser kleines Leben umfasst ein Schlaf.

    William Shakespeare


    :study: Haruki Murakami - Die Stadt und ihre ungewisse Mauer

    :study: Joseph Roth - Hiob (MLR)

  • Hallo, bin auch wieder da :wink: Auf den Inhalt der beiden Kapitel brauch ich ja nicht mehr einzugehen, wir haben es ja alle gelesen. Ich empfinde sie auch als sehr traurige Kapitel, aber immer wieder aufgehellt zwischendurch wie es Dickens Art so ist.

    Ich würde das eher als Hinweise denn als Spekulationen verstehen. Auf jeden Fall ist es ja immer sehr interessant festzustellen, ob man da auch richtig lag und diese
    Hinweise von Dickens so bewusst gewählt wurden. Für mich macht das einen Teil der Spannung im Roman aus.

    Für mich auch und ich lag in den vorherigen Romanen so manches Mal daneben :loool:

    Das muss schlimm für ihn gewesen sein, im Bewusstsein des Abschieds von seiner Mutter, nach den letzten schönen Stunden mit ihr und Pegotty und
    den furchtbaren Restferien, freut er sich tatsächlich auf die Schule und Steerforth, bei dem er sicher einen Rückhalt erwartet.

    Und wenn wir uns den Alltag in dieser Schule ins Gedächtnis rufen, dann macht es das Ganze eigentlich nur unvorstellbar. Ein ca. 10Jähriger freut sich auf solch eine Anstalt und ist froh, von der "Familie" weg zu kommen :pale: Warum hat Dickens das so grausam inszeniert? Meint Ihr, dass seine eigene Kindheit in seiner eigenen Familie auch so schlimm war? Dass sie finanziell ein Fiasko war, das ist uns ja bekannt - aber emotional? :scratch:?(

    Ja, die Mutter hatte wohl schon vorher Todesahnungen. Am ersten Abend nach Davids Heimkehr bittet sie Peggotty ja sehr inständig, sie nicht zu verlassen: "Verlaß mich nicht, Peggotty; bleibe bei mir. Es wird vielleicht nicht mehr lang nötig sein ..."

    Dieser Satz war mir auch sofort aufgefallen - für eine derart junge Frau (sie kann ja maximal 30 gewesen sein, wenn überhaupt) war das echt auffällig.

    Das in der Tragik ansteigende Rumgeeier scheint mir nicht allzu professionell, aber war wohl nicht mal beabsichtigt, um David noch mehr leiden zu lassen.

    Ich empfand das nicht als so ein Rumgeeier wie Du - wie überbringt man einem Kind eine solche Nachricht, noch dazu wenn man das Kind nicht wirklich kennt und dann dieser Bolzen von Ehemann noch frühstückend daneben sitzt. Es gibt einfach keine "gute" Art und Weise, wie man so eine Nachricht weitergeben könnte :-?

    Ach ja: Mr. Omer, der Schneider, Leichenbestatter und beleibte, lebensfrohe, robbenähnliche Tuchhändler, hat eine Tochter - oder sind alle drei dort arbeitende, junge Mädchen seine Töchter? - Minnie, die wohl mit des Vaters Segen eine mehr als freundschaftliche Beziehung zum Schreiner Joram pflegt. Schätze, die Beiden werden uns auch nochmals im Laufe der Erzählung begegnen...

    Bestimmt treffen wir die noch - Beziehungen scheinen mir das Hauptthema dieses Romans zu sein: Mutter-Kind, Herrin - Personal, Eheleute und Familie, Lehrer - Schüler, hohe - niedrige Schichten …. und dann eben auch junge Leute untereinander :wink:

    Mr. Omer fand ich sehr gut charakterisiert, so kurz sein Auftritt auch war,

    Da zeigt sich für mich immer Dickens Kunst, in wenigen Sätzen viel auszudrücken :love: und Omer ist ihm hervorragend gelungen

    Was macht man zuerst? Sich freuen das David ein paar Stunden mit seinen "liebsten Frauen" alleine verbringen kann. Sich ärgern wie Fam. Murdstone mit David und seiner Mama umgeht. Mit David trauern, weinen um seine Mama. Darüber schmunzeln, wie fröhlich/entspannd bei Fam. Omer zu gehen kann

    Alles zugleich und doch nacheinander wie man es eben liest O:-)

    Da fehlen einem gewiss immer die Worte.

    immer, selbst im Freundeskreis :cry:

    Immerhin lässt uns Dickens nicht allzu lange hängen, gleich in Kapitel 8 erfährt David das Schlimmste, diesmal zeigen alle etwas Taktgefühl und Rücksicht, was er ja auch ein bisschen genießt. Diese kindliche Ehrlichkeit fand ich ganz süß.

    Ich fand es überraschend, wie gut sich der Erwachsene Dickens in dieser Szene in das Kind David hineinversetzen konnte. Denn es ist ja eine sehr kindliche Haltung, die David da an den Tag legt.

    ein bisschen überrascht, dass Murdstone tatsächlich wohl in Trauer ist.

    Das hat mich allerdings auch sehr überrascht - hätte ich nicht erwartet. Und in der Intensität kann es doch keine Zurschaustellung gewesen sein, dazu ist ihm David ja viel zu unwichtig.

    Ja, aber warum eigentlich nicht ?

    Schule kostet Geld - glaubst Du wirklich, dass Murdstone für den verhassten Stiefsohn auch noch weiter Geld ausgibt? Ich nicht ….

    Dann lag ich mit meinem "to bark - bellen" ja goldrichtig.

    und wie :loool:

    Aber wenn man die damaligen Verhältnisse so kennt, dann dürfte man eigentlich eher so wie Peggotty denken und am besten ein Singleleben führen.

    Aber das siehst Du aus heutiger Sicht - damals war das eher undenkbar und dafür war Davids Mutter auch nicht wohlhabend genug.

    Ich tippe auf ein simples Abhängigkeitsverhältnis.

    Nur wer ist von wem abhängig? Was weiß Steerforth über Creakle, dass ihm der nichts tut? :-,8)

    Ich finde das gut, dass Du ab und an das Original zitierst.
    Die Sätze wirken viel poetischer und emotionaler als im Deutschen.

    Dann hab ich hier einen Satz, der mir sehr gut gefallen hat:

    Zitat von Dickens

    All this, I say, is yesterday's event. Events of later date have floated from me to the shore where all forgotten things will reappear, but this stands like a high rock in the ocean.

    eine schöne Vorstellung, ein schönes Bild :) so, und jetzt lese ich mal weiter damit Ihr nicht so weit voraus seid :study:

    viele Grüße vom Squirrel



    :study: Joseph Roth - Hiob

    :study: Mike Dash - Tulpenwahn


  • zu Kapitel 8
    Als sich herausstellte, dass David ein kleines Brüderchen bekommen hat, hatte ich ganz kurz die verquere Hoffnung, dass Mr. Murdstone nun etwas "unfester" geworden wäre - aber weit gefehlt. :wuetend:

    Der Stiefvater bezeichnet ihn als verstockt, Miss Murdstone zählt die Tage bis die Ferien zu Ende sind; David muss ohne Beschäftigung im Wohnzimmer ausharren bis es 9 Uhr ist, das muss für ein Kind ja alles ganz schrecklich sein. Die Mutter wird ebenfalls immer wieder getadelt, und David freut sich schließlich auf die Rückkehr in diese grauenhafte Schule, vor allem auf ein Wiedersehen mit Steerforth

    Unmöglich, wie die beiden Murdstones sich gegenüber David aufgeführt haben. Einerseits können sie seinen Anblick nicht ertragen und andererseits erlauben sie ihm aber auch nicht, dass er sich auf sein Zimmer oder in die Küche zurückzieht. Ekelhaft fand ich auch, als Mrs. Murdston ein Riesentheater gemacht hat, als David seinen kleinen Bruder auf dem Arm hatte. Davids Mutter wurde mittlerweile ja wirklich sehr das Gehirn gewaschen und mich hat es sehr traurig gemacht, dass sie nicht für ihren Sohn eingetreten ist. Der einzige Lichtblick war der glückliche erste Abend. :love:


    zu Kapitel 9

    Mrs Creakle übermittelt die Botschaft etwas umständlich: "War Deiner Mama nicht wohl, fiel es Dir auf, sie ist krank, wie ich heute morgen erfuhr, gefährlich krank. Ja, also eigentlich ist sie tot". Das in der Tragik ansteigende Rumgeeier scheint mir nicht allzu professionell, aber war wohl nicht mal beabsichtigt, um David noch mehr leiden zu lassen.

    Gut fand ich, dass sie ihn nach der Hiobsbotschaft sich hat in ihren Räumen ausweinen lassen.

    Eine wunderschöne Szene, auch wenn sie sooooo traurig war :love::cry:

    Die Erzählung von Pegotty ging mir auch sehr nahe. :cry:

    Und dann der Besuch bei M. Omer : „ich kannte Ihrn Vater. Er war 5Fuss neuneinhalb Zoll hoch und liegt 25 Fuß tief in der Erde“ Rattattattat.

    :totlach: Der war echt gut. Mr. Omer ist auch so ein herrlich schräger Charakter.


    zu Kapitel 10

    Aber was ihn nun im Hause Murdstone rwartet, ist wohl eine noch perfidere Art der Behandlung. Er wir schlicht mißachtet und vernachlässigt. Das steigert seine Einsamkeit noch und es bleibt nur nochPeggotty, die aber bald auch den Haushalt verlassen muss. Zum Glück darf David für eine Zeit mit zu den Pegottys gehen und dort erlebt er recht glückliche Tage.

    Ich war so heilfroh, dass er mit zu Pegotty durfte. Schlimm fand ich aber, wie Pegotty und er es anstellen mussten, um die Erlaubnis dafür zu bekommen. Die beiden wussten genau, dass es niemals so aussehen dürfte, dass David ja vielleicht Vergnügen an dem Ausflug finden könnte, denn dann hätte die Gefahr bestanden, dass es ihm verboten wird. Schrecklich, wie sich alle diesen beiden Tyrannen anpassen und unterordnen mussten.


    Ich liebe diese Leute in ihrem Hausboot, die so herzlich und lieb sind.

    Geht mir genau so. Sie sind so lieb und herzensgut. Ich würde fast sagen, zu gut, denn Mr. Pegotty hat den manipulativen Steerforth nicht vergessen und schein immer noch sehr angetan von diesem zu sein. 8-[

    Und ein Dachzimmer steht ihm in Peggottys neuem Zuhause immer zur Verfügung.

    Das war ein schönes Zeichen, dass David immer eine Zuflucht haben wird. :love:

    Sylli! Pfui! Willst Du die kleine Emily diesem Verführer zum Fraß vorwerfen!

    Ich befürchte ja, dass sich Emily ihm selbst zum zum Fraß vorwerfen wird. :pale:


    Kapitel 11
    Irgendwie sind mir unterwegs eure Zitate zu Kap. 11 verloren gegangen, also muss es jetzt auch so gehen. :lol: Ich hatte den Eindruck, das in diesem Kapitel das erste Mal Davids Alter (10 Jahre) erwähnt wurde, oder? So kann ich ihn nun auch besser einordnen. Das Kapitel war sehr trist und traurig. Der kleine David erkennt schon früh den Wert vergangener Freuden und Freunde und weiß um deren Vergänglichkeit. Eigentlich sollte ein Kind so etwas nicht wissen :cry: und in dem Kapitel wird deutlich, dass er noch ein Kind ist. Wie er z. B. mit seinem Geld nicht klar kommt und den Verlockungen der Süßigkeiten nicht widerstehen kann (und dann hungern muss). Die Familie Micawber war mir zunächst total suspekt und ich habe die ganze Zeit überlegt, welches Übel ihm von dieser Seite blühen wird, ob sie ihm sein weniges Geld aus der Tasche ziehen oder ihn irgendwie in ihre Schulden verwickeln werden. Aber zum Glück erweisen die Micawbers sich in dieser Hinsicht als recht harmlos.



    Hallo, Ihr Lieben!
    Ganz kurz nur will ich ein Lebenszeichen von mir geben und nicht die schöne MLR mit meinen privaten Sachen belasten. Mutters OP ist gut überstanden, allerdings bin ich nach der Arbeit immer bei ihr und komme zur Zeit gar nicht zum Lesen.

    Ich drücke die Daumen, dass es deiner Mutter schnell wieder besser geht.

    Liebe Grüße,
    Tine


    :study: Ken Follett - Die Waffen des Lichts

    :study: Trude Teige - Als Großmutter im Regen tanzte

  • dass sie nicht für ihr Kind kämpft und für David eintritt, sondern sich total von dem Mann unterbuttern lässt.

    Ich denke, das hängt damit zusammen, dass die Stellung der Frau im 19. Jhd. eine ganz andere war. Das Familienoberhaupt war der Mann, und dessen Wort daher auch "Gesetz".

    Andererseits denke ich, dass sie in der damaligen Zeit nach erfolgter Heirat gar keine andere Möglichkeit mehr hatte, als sich dem "festen" Tyrannen unterzuordnen.

    Ja, hier schreibst Du es genauso.

    Ich befürchte nur, dass Pegotty seinem Werben stattgibt und David noch eine liebevolle Bezugsperson mehr daheim fehlen wird.

    Ja, sicher, aber der armen Peggotty war ja gekündigt worden, die musste sich nun auch um ihr eigens Überleben kümmern. Da bot sich natürlich eine Ehe als Alternative zu einer neuen, vielleicht schlechteren Stellung an. Ich meine, gelesen zu haben, dass Peggotty sagt, sie wollte dann lieber gleich im eigenen Haushalt und nicht bei fremden Leuten arbeiten.
    Witzig auch Davids beiläufige Bemerkung, ihm käme vor, als hätten die Murdstones auch ihm gerne zum ersten des Monats "gekündigt".

    Also ich wäre damals wohl zerbrochen

    Das sind sicher auch viele Kinder, die allein auf sich gestellt, auf die schiefe Bahn gerieten oder in Fabriken 10 Stunden und mehr gearbeitet haben. Alt wurde sicher keiner von denen.

    Ist Euch auch aufgefallen, dass Dickens kaum Landschaftsbeschreibungen gibt?

    Ehrlich gesagt nein, weil ich die gar nicht mag. Da muss ich mich immer so bemühen, mir das vorzustellen ...

    Warum hat Dickens das so grausam inszeniert? Meint Ihr, dass seine eigene Kindheit in seiner eigenen Familie auch so schlimm war? Dass sie finanziell ein Fiasko war, das ist uns ja bekannt - aber emotional?

    Doch, ich glaub schon, dass die auch emotional schlimm war. Ein finanzielles Desaster belastet die familiäre Situation immer, heute wie damals, da ist ein liebevoller Umgang eher schwer vorstellbar.

    glaubst Du wirklich, dass Murdstone für den verhassten Stiefsohn auch noch weiter Geld ausgibt? Ich nicht ….

    Ich auch nicht!

    Aber das siehst Du aus heutiger Sicht - damals war das eher undenkbar und dafür war Davids Mutter auch nicht wohlhabend genug.

    Ja, die Frauen damals, dürfen wir überhaupt nicht mit den heutigen vergleichen. Da lagen noch Welten und viele Kämpfe dazwischen.

    Als sich herausstellte, dass David ein kleines Brüderchen bekommen hat, hatte ich ganz kurz die verquere Hoffnung, dass Mr. Murdstone nun etwas "unfester" geworden wäre

    Männer des 19. Jhds sicher nicht. Die nahmen Kinder, vor allem Söhne, oft erst zur Kenntnis, wenn sie sich schon mit ihnen unterhalten konnten. Vorher fielen sie in den Zuständigkeitsbereich der Frauen.
    Windelwechselnde Männer sind erst ein (erfreuliches) Phänomen des 20. und 21. Jhds.

    Davids Mutter wurde mittlerweile ja wirklich sehr das Gehirn gewaschen und mich hat es sehr traurig gemacht, dass sie nicht für ihren Sohn eingetreten ist.

    Ich glaube, dass das nichts mit Gehirnwäsche zu tun hatte. So war die Gesellschaft, so die Stellung des Mannes, so die der Frau, daran wurde nicht gerüttelt. Sicher haben es viele Frauen auch besser getroffen mit ihrem Ehemann als die arme Klara; dennoch glaube ich, dass es diese Kombination oft gab. Erst wird das gutgläubige Weibchen umschmeichelt, doch in der Ehe zeigt sich erst das wahre Gesicht des Angetrauten.

    Ich befürchte ja, dass sich Emily ihm selbst zum zum Fraß vorwerfen wird.

    Ja, das denke ich auch. Also wird es sicher noch so richtig interessant.

    das in diesem Kapitel das erste Mal Davids Alter (10 Jahre) erwähnt wurde, oder?

    Kommt mir auch so vor. Der arme Knabe musste mit 10 Jahren zu arbeiten anfangen.

    Die Familie Micawber war mir zunächst total suspekt

    Mir auch, aber die wurden so witzig beschrieben, dass sie mir gleich gefallen haben, mit ihrem "elastischen" Gemüt; in einem Moment nahe am Selbstmord wegen der Schulden und eine Stunde später in aufgeräumter Stimmung fröhlich schmausend.
    Und Mrs. Micawber immer mit einem Zwilling an der Brust, wie David bemerkt.
    Die Verhältnisse im Schuldturm fand ich auch interessant. Als Mr. Micawber sich unter den Schutz des "Bankrottgesetzes" stellte, kam er wieder frei. Das erinnert doch irgendwie an die moderne Form des Privatkonkurses.
    War das jetzt Kapitel 10 oder 11? Muss ich nachschauen. Kapitel 12 habe ich, glaube ich, noch nicht gelesen.

  • @Sylli
    :friends::kiss:


    Wenn ich alleine bin, dann bin ich nah am Wasser gebaut und wenn ich in Gesellschaft schaue, dann nicht.

    Okay :lol: Ich kann das nicht trennen und mein Mann veralbert mich dann oft ^^

    Schule kostet Geld - glaubst Du wirklich, dass Murdstone für den verhassten Stiefsohn auch noch weiter Geld ausgibt? Ich nicht ….

    Ja, das wird sicher der Grund gewesen sein. Ich denke immer nicht an die Verbindung Schule gleichbedeutend mit Kosten. Da bin ich wieder zu sehr im Jetzt mit meiner Denke.


    Sein Entschluss zu Tante Betsey zu flüchten, basiert allerdings nur auf einer kleinen, vielleicht in der Erinnerung der Mutter verklärten Szene, die die sonst
    als ganz furchtbar empfundene Tante in einem andern Licht stehen lässt.

    Ähnlich wie David setze ich meine ganze Hoffnung auf die Tante.

    Ich nicht, Ich glaube die wird aus allen Wolken fallen sollte er sie wirklich finden und da auftauchen. . Vielleicht liege ich falsch und bin zu pessimistisch aber ich hab da kein gutes Gefühl. Aber ich lass mich mal überraschen, spekulieren bringt ja eh nix ^^


    Diese ganze Episode mit den Micawbers fand ich höchst wunderlich: wie Sie David los Vertrauten behandeln, ihn i mit reinziehen, im Positiven wie im Negativen, ihn integrieren aber auch irgendwie benutzen. Und sehr gestaunt habe ich auch über die historischen Facts mit dem Schuldnergefängnis , irgendwie eigenwillig...

    Ja, ich fand diese ganze Situation auch sehr seltsam. Und vor allem waren die alle ständig nur vor Rührung und Ergriffenheit am Gruppen- und Dauerheuen :lol:
    Aber so merkwürdig wie sie auch waren, sie waren David trotzdem ans Herz gewachsen und mir tat der Abschied leid. Seltsame Typen waren das aber keine bösen.


    Seine Frau ist ja auch nicht viel anders ...

    Ne, sie fand ich fast noch schlimmer, so extrem theatralisch :geek::lol:


    Ich sehe den kleinen David richtig durch die Straßen hetzen, seinem Koffer
    und diesem üblen Bösewicht hinterher.

    Das war ja mal richtig übel. :shock: Manche schrecken echt vor nix zurück, nicht mal einem Kind Koffer und Geld zu klauen. :thumbdown:


    Ist Euch auch aufgefallen, dass Dickens kaum Landschaftsbeschreibungen gibt?

    Wenn ich da an die deutschen Zeitgenossen denke - Storm, Fontane etc. und vor allem Stifter -
    da ist das völlig anders. Die lassen ganze Landschaften vor ihrem Leser erstehen,

    Und ich liebe es :drunken: Thomas Hardy kann das übrigens auch gut :thumleft:
    Ja, Dickens ist in dieser Hinsicht eher zurückhaltend, er konzentriert sich sehr auf die Personen. Manchmal überzeichnet er sie in seinem Eifer etwas zu sehr, finde ich.

  • Willst Du die kleine Emily diesem Verführer zum Fraß vorwerfen!

    Sicher ... ist ja sonst fad, wenn alle nur höchste moralische Grundsätze vertreten.

    Aber - eigentlich - wenn ich mir das so überlege:
    Ja, Du hast Recht. Da würde es richtig spannend.

    :loool:

    In diese Schuldgefängnisse zog dann die ganze Familie ein

    Das fand ich sehr interessant.

    Mr. Micawber ist auch so eine merkwürdige Gestalt. Völlig unfähig, für sich und seine Familie zu sorgen, hin- und herschwankend zwischen

    Ja, so wie des Dichters Vater, den hat er sich wohl stark zum Vorbild genommen.

    "O was willst du,
    o meine Augen und Glieder, was willst du,
    o meine Lunge und Leber, was willst du?
    O goru! goru!"

    Ist das nicht herrlich?! Eine tolle Nebenfigur, zumindest kann ich mir nicht vorstellen, dass dieser Verrückte noch einmal irgendwo auftaucht. Wirklich unheimlich und zugleich faszinierend.

    Da bin ich wieder zu sehr im Jetzt mit meiner Denke.

    Nicht nur Dich erwischt es immer wieder.
    Bei unseren Sachbuchrunden hatten wir dieses Problem auch oftmals, und haben uns gegenseitig an die Gegebenheiten der Zeit, über die wir lasen, erinnert.

    Ne, sie fand ich fast noch schlimmer, so extrem theatralisch

    Ja, und immer mit einem Zwilling an der Brust.

    manche schrecken echt vor nix zurück, nicht mal einem Kind Koffer und Geld zu klauen.

    Ich glaube, das war früher keine Seltenheit, Kinder gehörten zu den schwächsten Mitgliedern der Gesellschaft, die waren leicht zu betrügen. Jugendschutz gab es damals noch keinen.


    Heute auf der Arbeitsfahrt habe ich ordentlich aufgeholt mit der Leserei. Ein paar Anmerkungen hätte ich noch, aber ich nehme einen neuen Post, wird sonst zu lang.

  • so extrem theatralisch

    ja - aber immer bemüht, auf ihre gute (???) Herkunft zu verweisen,
    zumindest habe ich das so aufgefasst. "Mein Vater und meine
    Mutter" - und später dann: "meine Familie"
    aber das ist bloß Getue, nichts dahinter.
    Zwei Seifenblasen, sie und ihr Mann! Aber liebenswert!

    :study: Joseph Roth, Hiob. MLR.

    :study: Vigdis Hjorth, Ein falsches Wort.

    :musik: Leonie Schöler, Beklaute Frauen.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • Also die kommenden Kapitel entschädigen den ganzen Trübsinn. Die Tante Betsey Trotwood ist so herrlich beschrieben und agiert so toll. Ich mag die beiden, also Mr. Dick und die Tante. Vor allem als die Tante mal Tacheles redet mit den Murdstones und wenn sie nochmal ihren Rasen betreten haut sie persönlich den Hut von Mrs. Murdstones Kopf. Ich fand auch die weiteren Kapitel gut und nun geht's erstmal wieder aufwärts. :love:


    Das war alles gut erzählt, aber total bedrückend, richtiggehend depressiv, dass war nicht schön. Ich bin gespannt wie es nächste Woche weitergeht. :study:

    :study: 13 Gebote (Mortimer Müller) 274 / 426 Seiten

    :study: Einfach Mensch sein (Sy Montgomery) 32 / 208 Seiten


    SUB: 857

  • In Kapitel 11 kommt mir David wieder sehr erwachsen vor, weil er selber gar nicht glauben kann, dass sich niemand um ein so aufgewecktes, lernbegieriges Kind wie ihn, kümmert. Stattdessen schickt man ihn auf einen für ihn völlig ungeeigneten Arbeitsplatz. Durch seine Manieren und seine Interessen fühlt er eine deutliche Distanz zu seinen Kollegen, und der kleine David, der nun ganz allein für seine Mahlzeiten sorgen muss, wundert sich selber, dass er nicht auf die schiefe Bahn gerät, zum Dieb oder Vagabunden wird.
    Das sind sehr reife Gedanken, finde ich, vor allem hört er von seinem Stiefvater ja nur, dass er zum Herumlungern tendiere und zu nichts tauge. Es zeugt schon von großer Charakterstärke, dass er sich in dieser für ihn so traurigen und hoffnungslosen Zeit nicht treiben lässt, seine Arbeit weiter verrichtet, sich von dumpfen und zwielichtigen Gesellen fernhält.
    Wir können uns ja gar nicht vorstellen, dass sich ein 10-jähriger selbst versorgen muss, und in einer Kneipe Bier bestellt, das er auch ausgeschenkt bekommt. Der Wirt wundert sich ebenfalls, und holt sogar seine Frau, um dieses Kind zu bestaunen. Das wird demnach auch für ihn keine alltägliche Situation gewesen sein.


    Kapitel 12
    Davids Vermieter, die Micawbers sind wieder sehr originelle Typen. Da könnte sich manches Ehepaar heutzutage ein Beispiel nehmen an den beiden, die trotz aller Schulden zusammenhalten wie Pech und Schwefel.
    Gut gefallen hat mir auch das "elastische" Gemüt der beiden; in einem Moment will sich Mr. Micawber das Leben nehmen (während Mrs. Micawber in Ohnmacht fällt) und eine Stunde später verdrücken sie schon wieder ein opulentes Mahl.
    Dass die Micawbers, denen sich David sehr verbunden fühlt, London verlassen wollen, bestärkt ihn in seinem Entschluss, sein weiteres Leben selbst in die Hand zu nehmen. Eine sehr mutige Entscheidung, die der kleine David trifft. Rührend auch die Szene, als der kleine Bub seinem Koffer auf dem davonfahrenden Wagen hinterherhetzt. Kinder waren leicht zu bestehlen, und das wurde auch weidlich ausgenützt.
    Außer seiner Tante hatte er halt keine Angehörigen, und so macht er sich ohne Geld und Gepäck auf den Weg zu ihr, mit "... wenig mehr, ... als ich an dem Abend in die Welt mitgebracht hatte, wo ihr meine Ankunft so ungelegen gewesen war."


    In Kapitel 13 will der kleine David also zu Fuß nach Dover marschieren (ich habe keine Ahnung, wie weit das sein könnte). Die Szene mit diesem zweiten verrückten Pfandleiher fand ich wirklich köstlich, eine tolle Figur hat Dickens so ganz nebenbei geschaffen.
    Mich wundert nur, dass der kleine Bub keine Angst hatte im Freien zu schlafen, Diebe und Vagabunden gab es ja gewiss etliche. Wie wir ja schon gesehen haben, sahen sie keinen Grund, Kinder zu verschonen. David fürchtete sich ja auch vor ihnen und mied jedes Zusammentreffen.
    Die Tante zu finden, als er endlich Dover erreicht hatte, war auch nicht ganz leicht, trieben doch die Befragten auch noch ihren Spaß mit ihm. Die Reaktion der Tante auf Davids Offenbarung hat mir gut gefallen. Ich denke, dass das eine ganz propere Person ist, hin und wieder zwar recht schroff, aber eine, die das Herz auf dem rechten Fleck hat. Sie dürfte zu den wenigen Frauen gehören, die keinen Mann braucht, Ehen genauso verabscheut wie Buben (sie wünschte sich ja eine Betsey Trotwood als Patenkind), und ich habe mich gefragt, ob wir noch einen Grund erfahren werden, warum das so ist.
    Davids Mutter kritisiert sie auch, weil sie auf diesen Kerl, der da um sie herumscharwenzelte, hereingefallen ist, bezeichnet sie sogar als Wachspüppchen, also formbar in den Händen des Ehemannes. Gewundert hat mich auch, dass die Tante so klar erkannte, dass dieser Tyrann Murdstone Klara das Herz brach, sodass sie jeden Lebenswillen verlor.
    Und sogar Peggottys Ehe verurteilt sie und wünscht ihr, dass ihr Mann sie verprügelt. Männer mag sie also nicht, die Tante, außer Mr. Dick, für den sie ein großes Herz hat. Mit seinen praktischen Ratschlägen hat er mir gleich gut gefallen. Ich stelle ihn mir jedenfalls sehr gutmütig vor.
    Etwas seltsam fand ich nur die "Esel-Attacken". Könnte man dieses Rasenstück nicht irgendwie mit einem Zaun umgeben, dann wäre das Problem doch gelöst.


    Morgen finde ich hoffentlich Zeit die beiden letzten Kapitel des Wochenpensums zu lesen. Mir gefällt das Buch sehr gut, weil es ganz anders ist, als alles, was man sonst so liest.

  • ch habe keine Ahnung, wie weit das sein könnte

    Pi mal Daumen 150 km :-k


    Ich bin übrigens ganz froh über Dickens fehlende Neigung zu Landschaftsbeschreibungen - die sind nicht so meins :-,

    viele Grüße vom Squirrel



    :study: Joseph Roth - Hiob

    :study: Mike Dash - Tulpenwahn


  • Männer mag sie also nicht, die Tante, außer Mr. Dick, für den sie ein großes Herz hat. Mit seinen praktischen Ratschlägen hat er mir gleich gut gefallen. Ich stelle ihn mir jedenfalls sehr gutmütig vor.

    Vielleicht hat sie da selbst einiges erlebt und diese Erfahrungen führten zu ihrer sehr kritischen Position gegenüber der Männerwelt. Es gibt eine kleine Szene,
    die ich einfach herrlich fand:

    Zitat

    Perhaps she fell in love with her second husband,` Mr. Dick suggested.
    `Fell in love!` repeated my aunt, `What do you mean? What business had she to do it?`


    Ich kann @Gaymax da nur zustimmen. Dieses Kapitel lässt nach all dem Schatten mal wieder etwas Licht in die Welt des kleinen David. Was für eine Genugtuung
    muss es für David gewesen sein, als Tante Betsey sich die beiden "Mordsteins" zur Brust nimmt. Ein schönes Kapitel und übrigens fand ich die Eselsszenen sehr
    genial. Gut, da überzeichnet Dickens bis an die Grenze, aber mich haben die Bilder amüsiert und auch an alte Slapstick Filme erinnert. :thumleft:

    Wir sind der Stoff aus dem die Träume sind und unser kleines Leben umfasst ein Schlaf.

    William Shakespeare


    :study: Haruki Murakami - Die Stadt und ihre ungewisse Mauer

    :study: Joseph Roth - Hiob (MLR)

  • Oh sorry Leute, da bin ich wohl etwas schnell vorgeprescht. Die Szene mit den "Mordsteins" ist ja schon aus dem 14. Kapitel........... :uups:

    Wir sind der Stoff aus dem die Träume sind und unser kleines Leben umfasst ein Schlaf.

    William Shakespeare


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