Charles Dickens - David Copperfield (Start: 05.02.2018)

  • Hallo,


    ich melde mich nur mal kurz. Zunächst hab ich hier nicht reingesehen, damit ich mich nicht spoiler, aber ich merke leider, dass ich dieser Leserunde aktuell nicht gerecht werden kann. Ich komme momentan kaum zum Lesen und irgendwie ist Dickens gerade nicht das Richtige für mich. Wenn es das nächste mal passt, bin ich gerne wieder mit dabei, aber jetzt muss ich mich leider von euch verabschieden. Ich wünsche euch noch viel Spaß!

    "I see you laugh. Very well, for simplicity’s sake, let us assume I am the center of creation. In doing this, let us pass over innumerable boring stories: the rise and fall of empires, sagas of heroism, ballads of tragic love. Let us hurry forward to the only tale of any real importance." His smile broadened. "Mine." (Kvothe in The Name of the Wind)

    2019: :study: 11 Bücher mit 3.997 Seiten

    :musik:12 Hörbücher mit 18.360 Minuten

  • Der müsste ca. 16 Jahre alt sein. Es heißt (ich glaube im Schulkapitel) , dass er "ein halbes Dutzend Jahre älter" ist als David.Und der ist 9 oder 10 Jahre alt.
    Traddles habe ich mir so alt wie Steerforth vorgestellt, weil ich die beiden Knaben als Gegenpole sehe.

    Genau so geht es mir auch - Gegenpole trifft es gut :wink:

    Ich WILL aber auch, dass er wieder auftaucht und dass es ihm gut geht.
    Man darf doch den Glauben an die Gerechtigkeit nicht so leicht aufgeben

    :lol: nein, darf man nicht, da hast du recht

    Bei mir steht immer Emly. Wieso denn das?

    Tut es im Original auch, aber mit Apostroph: Em'ly :)

    Ich komme momentan kaum zum Lesen und irgendwie ist Dickens gerade nicht das Richtige für mich. Wenn es das nächste mal passt, bin ich gerne wieder mit dabei, aber jetzt muss ich mich leider von euch verabschieden.

    das ist schade, aber manchmal passt es halt einfach nicht. Und Dickens ohne Lust und Zeit zu lesen macht gar keinen Sinn. Lass es Dir gut gehen.

  • Mich bringt er nicht zum Weinen, das schafft so leicht keiner. Überhaupt bei Romanen, da denk ich mir, ist doch alles nur erfunden (wenngleich mit realem Hintergrund, aber diese Figuren hat es so eben nie gegeben).Bei Sachbüchern ist das anders, das sind ja Tatsachen. Die Menschen litten ja wirklich und oft ganz schrecklich. "Die Ehre des Scharfrichters" musste ich beispielsweise abbrechen, das hat mich emotional zu sehr mitgenommen.

    Bei unseren Sachbuch-LR halte ich mich da ganz an @Squirrel. Mir gefällt, wie sie sich von den Ereignissen distanzieren, und auch mit grauenhaften Tatsachen gut umgehen kann.Distanz ist die beste Methode, glaube ich ...

    Ich glaube, bei mir sind es Bilder, Worte ( und außerhalb von Büchern Musik) die anrühren, deswegen gelingt es mir bei Sachbüchern besser mich zu distanzieren, während ich mich bei Romanen auch gerne fallen lasse. Dickens gelingt es besonders gut, in mir eine Saite anzuschlagen, dass auch mal die Tränen fließen. So was ist mir eigentlich sehr peinlich, aber das ist ja das Schöne an Büchern: man kann sich ganz zurückziehen....

    :study: Junge mit schwarzem Hahn- Stefanie vor Schulte


    No two persons ever read the same book (Edmund Wilson)

  • ich erinnert das an Tiere - weiß aber nicht welche - die ihrer Angebeteten auch
    Leckereien wie tote Mäuse oder was weiß ich vor die Füße legen

    :totlach::totlach::totlach:
    Ja, das waren ja auch illustre Dinge, die da von ihm kamen. Von Orangen über Schweinefüsse und ein Dominispiel und weiss der Geier :totlach:


    In diese Schuldgefängnisse zog dann die ganze Familie ein. Das Paradoxe bei den Micawbers ist jha, dass es ihnen dort
    drinnen besser geht als draußen.

    Ja, echt gruselig, oder ? Mich würde ja mal interessieren wie lange die da drin jetzt bleiben müssen. Wahrscheinlich wollen sie da gar nicht wieder weg :totlach:

  • Ihr seid ja der Wahnsinn - ich hatte jetzt 4 Seiten nachzulesen :loool: Von wegen lax... Heute habe ich Kapitel 9 gelesen, einige eurer Beiträge musste ich also noch überspringen...

    Wobei ich allerdings sagen muss, ich musste danach das Buch erstmal aus der Hand legen. Es war doch eine Achterbahn der Gefühle die hier in diesen Kapitel entgegen kommen. Was macht man zuerst? Sich freuen das David ein paar Stunden mit seinen "liebsten Frauen" alleine verbringen kann. Sich ärgern wie Fam. Murdstone mit David und seiner Mama umgeht. Mit David trauern, weinen um seine Mama. Darüber schmunzeln, wie fröhlich/entspannd bei Fam. Omer zu gehen kann :-k

    Ja, in diesen beiden Kapiteln (8 + 9) wurde man emotional ganz schön hin und her geworfen. Irgendwie bilden sie aber auch eine Einheit mit diesen letzten schönen Familienmomenten, dem Kapitelabschluss, der schon auf den Tod der Mutter vorausweist, und dann Davids Abschied von der Schule und der Trauer um die Mutter. Faszinierend, wie Dickens es wieder schafft, mit Mr Omer eine gewisse Leichtigkeit in diese Momente zu bringen!

    Ich schließe mich der Fraktion an, die Traddles eher in Davids Alter verortet hat. Allerdings gefällt mir auch das Argument, dass Steerforth und Traddles konstrastiert werden - da ist was dran, also ist Traddles vielleicht doch älter.


    Traddles Gerippe finde ich auch wundervoll :totlach:

    Seit ich Kinder habe, nehmen mich solche Geschichten furchtbar mit.

    Das kann ich verstehen, zum Beispiel von toten Kindern kann ich auch nicht mehr so leicht lesen wie früher.


    Mr. Mell?Davon bin ich überzeugt.
    So liebevoll, wie der Erzähler diese Figur zeichnet, kann er sie nicht auf Dauer verschwinden lassen.

    Ich würde Mr Mell auch gerne wieder treffen :D Wer weiß, ob sich für ihn nicht noch ein besseres Los findet.
    Das gilt aber auch für viele der anderen Figuren - es sind schon so viele Originale und mehr oder weniger schrullige Typen aufgetaucht - ich hoffe, die kommen noch einmal vor. Es wäre doch schade, sie nur für so wenige Seiten zu entwerfen :wink:

  • Huhu Ihr Lieben, :winken:


    mit 1,5 Wochen Verspätung steige ich nun auch endlich ein (bevor ich mit dem dicken Dickens beginnen wollte, wollte ich zumidest den Follett-Schinken schaffen :lol: ) und bin zuversichtlich, dass ich bis zum Wochenende auch aufgeholt habe. Bis Kapitel 7 bin ich mittlerweile durch und lasse ganz sporadisch einige Gedanken dazu da. :lol:

    Ich finde die Meyrink-Übersetzung in Ordnung, aber einiges von der sprachlichen Eleganz des Originals geht definitiv verloren. Außerdem fehlt in der Übersetzung oft eine besondere Betonung, die im Original durch kursiv gedruckte Wörter gesetzt wird, wodurch dann der ganze Satz anders wirkt.

    Die Meyrink Übersetzung lese ich auch und ich stimme dir zu, dass da irgendwie etwas sprachlicher Zauber fehlt, den ich bei "Große Erwartungen" durchaus noch empfunden habe. Ich werde mal in die Fassung, die @Hirilvorgul verlinkt hat, reinschauen, wie ich mir diese gefallen wird.

    Oje, die fand ich nur völlig irreal, gar nicht wie aus dem wirklichen Leben, eher so eine theatralische Märchenfigur. Mir kommt das ganze überhaupt wie ein Märchen vor.Aber Du hast recht, war ja erst der Anfang. Mal sehen, was noch kommt!

    Das ist immer so faszinierend bei Dickens, dass er es mit ein oder zwei Sätzen schafft, eine Figur sympathisch oder verabscheuungswürdig zu zeichnen, sei es nun die Tante oder auch Mr. Murdstone und seine schreckliche Schwester.

    Der arme Davy tut mir wirklich leid mit einer so schwachen Mutter (obwohl die wahrscheinlich gar keine Wahlmöglichkeit hat, sich dem Gatten samt Schwägerin unterordnen muss) und dem gewalttätigen Stiefvater.
    Ich kann mir schon vorstellen, dass es solche Szenarien tatsächlich gegeben hat. Unverheiratete Schwestern mussten ja auch mitversorgt werden, und wenn sie auf einen so fügsamen Charakter wie Klara trafen, hatten sie leichtes Spiel.
    Der arme David musste ja furchtbare Unterrichtsstunden über sich ergehen lassen, in denen ihm gar nichts mehr einfallen wollte, und geprügelt wurde er auch noch.

    Zuerst habe ich die werte Mama auch bedauert, aber das hat sich später relativiert. Zum einen kam sie mir äußerst kokett, albern und gefallsüchtig vor (z B. als sie von David noch zig mal hören wollte, was bei seinem Ausflug mit Mr. Murdstone über sie gesprochen wurde) und dann fand ich es unmöglich, dass sie nicht für ihr Kind kämpft und für David eintritt, sondern sich total von dem Mann unterbuttern lässt. Andererseits denke ich, dass sie in der damaligen Zeit nach erfolgter Heirat gar keine andere Möglichkeit mehr hatte, als sich dem "festen" Tyrannen unterzuordnen.
    Ich fand es sehr merkwürdig, dass Murdstone der Mutter nachsteigt und bei ihr einzieht, obwohl er doch scheinbar selbst gute Geschäfte führt. Er kommt mir allzu sehr wie ein Mitgiftjäger :batman: vor, der sich gern in gemachte Nester setzt (hat Davids Mutter doch eine Pension von ihrem 1. Mann und das Häuschen geerbt).

    Besonders rührend fand ich die Szene, wie sich David und Pegotty leise durchs Schlüsselloch unterhalten.

    Da ging mir auch das Herz auf :love: , Pegotty ist wirklich ein Engel und ein guter Pol in dem kaltherzigen Heim. Auch ihre Familie in diesem urig gemütlichen Boot (für Kinder bestimmt ein ganz tolles Heim :drunken: ) kam so unglaublich warmherzig rüber.

    wie der Kellner William

    Den fand ich so schrecklich, dass er den kleinen David so dermaßen ausgenutzt hat. Überhaupt dachte ich, nachdem David von seinem Urlaub bei Pegottys Familie zurückkam, dass alles was er so erleben und erdulden muss nur veranschaulicht, dass der Teufel immer auf den größten Haufen macht... :twisted:

    Ich finde den herrlich.Er sucht eine Frau und sucht sie nach ihren Kochkünsten aus. Wie sie aussieht, ist nachrangig.
    Und der Auftrag an das Kind, den Kuppler zu spielen - Mr. Barkis sei "willig" - also das
    ist die originellste Werbung, von der ich je gelesen habe :-)
    Ich bin gespannt, ob die liebe Peggotty den Antrag annimmt.


    Danke für den Hinweis auf "to bark"!

    Über den pragmatischen Mr. Barks musst ich herzlich lachen :totlach: - der war gut. Ich befürchte nur, dass Pegotty seinem Werben stattgibt und David noch eine liebevolle Bezugsperson mehr daheim fehlen wird.

    Nach einer grässlichen Kutschfahrt, eingekeilt zwischen Gepäckstücken und schnarchenden Mitreisenden ist David dann endlich in London angekommen wo ihn niemand erwartet. Da muss ja auch ein gruseliges Gefühl sein. Ich käme mir so ausgesetzt vor.

    Die Sorge hatte ich auch, das der Kleine, nachdem alle Reisenden ordentlich auf ihm rumgehackt haben, allein im düsteren London bleibt. Mr. Murdstone hätte ich es sogar zugetraut, dass er ihn so loswerden will. :wuetend:

    Dickens überzeichnet diese beiden Figuren nicht so stark wie andere, allerdings
    stellt er ihre Verhaltensweisen bloß indem er Creakles heiseres Flüstern durch den Helfer übersetzen lässt. Das wird dann eine Mischung aus Schrecken und Lächerlichkeit.

    So brutal und bösartig Creakles ist, bei der Vorstellung mit dem heiseren Flüstern und dem "Übersetzen" musste ich so lachen... :totlach:

    Der zweite Schüler, J. Steerforth ist der Älteste und wohl auch einflussreichste Schüler. Seine Vorstellung ist dann eher zwiespältig, denn ich empfinde diesen jungen Herrn
    offen gesagt als hinterlistig und manipulativ. Er spielt zwar den Gönner, aber seine wahren Farben zeigt er ja direkt, als er David Geld abknöpft um damit Wein zu besorgen.

    Geht mir bei Steerforth ganz genau so...das ist doch eine ganz linke - aber gutaussehende - Bazille. :twisted: Ein Blender und Schnacker wie er im Buche steht, der die Leute für sich einzusetzen weiß.

    Endlich komme ich zum Schreiben, bin jetzt beim 7. Kapitel angekommen. Ich glaube auch, dass Steerforth uns noch beschäftigen wird, er kommt mir vor wie eine Spinne im Netz, und die Frage, ob Davy eine Schwester hat, hat bei mir alle Alarmglocken schrillen lassen. Ich glaube einfach, dass ein so ausführlich beschriebener Schönling an einer Schule in den wenigsten Geschichten gut besetzt ist. Und der Beschreibung schwingt etwas unheilvolles mit.
    An dieser Stelle finde ich Dickens wieder mal bewundernswert, seine Art, einerseits aus de Sicht des Kindes zu beschreiben und gleichzeitig als Erwachsenen-Erzähler eine erweiterte Draufsicht mit einzufügen, finde ich genial.

    Spinne im Netz trifft es sehr gut. :thumleft: Und auch bezüglich Emly mache ich mir größte Sorgen, zumal der (erwachsene) Erzähler David irgendwann auf ihr späteres nicht allzu gutes Schicksal angespielt hat. Die von dir angesprochene Erwachsenen-Perspektive finde ich einerseits nicht schlecht, da hierdurch Situationen und Figuren sehr gut (und erwachsen) bewertet werden. Ich denke da an die Situation, als David vor vollendete Heiratstatsachen gestellt wurde und erwähnt wird, dass nur ein Wort des Willkommens dazu geführt hätte, dass er Murdstone geachtet und nicht gehasst hätte. Andererseits lässt sich für mich bis jetzt äußerst schwierig die eigentliche Hauptfigur David Copperfield greifen - sein Charakter und Wesen erschließen sich mir noch nicht so ganz. :scratch:

    Trotzdem helfen mir Leserunden immer unheimlich dabei, Klassiker am Stück durchzulesen -

    Das geht mir genau so. Die vielen unterschiedlichen Gedanken, Interpretationen und Denkanstöße finde ich gerade bei Klassikern immer super.


    Mir gefällt das Buch bis jetzt wirklich gut, langsam hole ich auch auf und bin gespannt auf die nächsten Kapitel. :lol:

    Liebe Grüße,
    Tine


    :study: Ken Follett - Die Waffen des Lichts

    :study: Taylor Jenkins Reid - Daisy Jones & The Six

  • Zuerst habe ich die werte Mama auch bedauert, aber das hat sich später relativiert. Zum einen kam sie mir äußerst kokett, albern und gefallsüchtig vor (z B. als sie von David noch zig mal hören wollte, was bei seinem Ausflug mit Mr. Murdstone über sie gesprochen wurde)

    Ja, da fand ich auch seltsam. Das meinte ich damals auch mit Teenagergebaren. Ich glaube wenn sie geahnt hätte was sie sich da an Land zieht, hätte sie nicht so albern rumkokettiert. :roll:


    BTW: Schön, dass Du auch mit in unserer Runde dabei bist ! :friends:

  • Kapitel 13


    David trifft auf den Bodensatz der Gesellschaft, und leider treffen meine Befürchtungen ein: schlimmer geht immer.
    Landstreicher, betrügerische Gebrauchtwarenhändler - da muss jeder schauen, wie er durchkommt.
    Ich wiederhole Brecht: "Erst kommt das Fressen,dann die Moral."
    Dickens ist echt ein Phänomen, wie er das lange vor Brecht in Bilder verpackt. Chapeau!


    Aber ich habe da ein Brett vorm Kopf und brauche Erleuchtung.
    Dieser Singsang, dieses Mantra des alten versifften Händlers:
    "O was willst du,
    o meine Augen und Glieder, was willst du,
    o meine Lunge und Leber, was willst du?
    O goru! goru!"


    Was soll das? Ist das ein Zitat? Ein Refrain aus einem englischen Volkslied? Ein Märchenspruch?


    Ratlose Morgengrüße in die Runde!

    :study: Percival Everett, James.

    :musik: Agatha Christie, Mord im Pfarrhaus.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • Huhu Ihr Lieben, :winken:


    mit 1,5 Wochen Verspätung steige ich nun auch endlich ein (bevor ich mit dem dicken Dickens beginnen wollte, wollte ich zumidest den Follett-Schinken schaffen :lol: ) und bin zuversichtlich, dass ich bis zum Wochenende auch aufgeholt habe.

    Mir geht's ganz ähnlich und ich habe ebenfalls vor, bis zum Wochenende zu euch aufzuschließen. :wink::winken:

  • So bin fleißig am lesen, aber 8 Kapitel für eine Woche wird schwierig glaube ich aber gebe mir Mühe. Schreiben muss ja auch noch sein. O:-)

    Ich finde ja Leute die es verstehen Andere zu manipulieren auch eher interessant als bedrohlich oder böse

    Interessant finde ich diese Menschen auch, allerdings halte ich diese Menschen für besonders gefährlich. Menschen, die so intelligent oder psychopathisch sind, dass sie allein durch Worte oder Auftreten andere Menschen manipulieren finde ich äußerst gefährlich und bedrohlich. Böse müssen sie nicht zwangsläufig sein, aber oft ist auch dies der Fall.

    Mir fällt schon seit Tagen die Konzentration schwer, weil meine Mutter morgen zu einer schwierigen Operation in ein 60 km entferntes Spital muss

    Gute Genesung. :friends:

    Aber nur der erste Abend bis 10 Uhr, den David allein mit der Mutter und Peggotty verbringen kann. Dann wird die Atmosphäre sehr bedrückend.

    Ja der erste Abend ist toll und dann wird es bedrückend. Es kommen immer wieder mal Rettungsinseln wie Omer, aber es kommt mir auch vor wie ein Strudel, wo man immer weiter in diese bedrückende Stimmung gesogen wird. 8-[

    Und an "gebrochenem Herzen" ist früher ja manch einer gestorben.

    Ja. :(:cry: Klang wie eine große Depression mit Herzstillstand. :(:cry:

    Wer mich aber wirklich sehr berührt hat in diesem Kapitel war der kleine Traddles, als er David ein Blatt mit seinen Gerippen schenkt, um ihn über den Tod der Mutter zu trösten. Da muss man doch lachen und weinen in einem, wenn man sich diesen Liebesbeweis vorstellt.

    Ich liebe diesen Charakter und hoffe, dass dieser noch weiter vorkommt. Ich hoffe im Zuge von Steerforth sehen wir auch Traddles wieder. Wahrscheinlich sind sie dann schon sehr viel älter, wenn sie sich wiedersehen. :-k

    Ich hab mal vor Urzeiten ein Buch über die "Stellung des Kindes" im Lauf der Jahrhunderte gelesen. Von daher weiß ich noch, dass die kindgerechte Behandlung eher eine neuere "Erfindung" ist. Früher wurden Kinder oft wie kleine Erwachsene behandelt. Oder denk an die 6 - 7-jährigen, die 10 Stunden in Kohlengruben oder Fabriken schuften mussten.

    :thumleft: Ja, das ist richtig und irgendwie weiß ich das ja auch, das Kinder sehr viel früher "erwachsener" sein mussten. Die schufteten von morgens bis abends und gingen früh zu Bett. 8-[ Sehr harte Kindheit, aber zumindest wurden sie so schnell selbstständig, dass ist heute ja alles ganz ganz anders und auch hatte Familie ein sehr viel höheren Stellenwert als heute. :-k In dem Buch kommen vor allem die negativen Aspekte zum Vorschein. Also ich wäre damals wohl zerbrochen oder wäre mit einem Bollerwagen voller Bücher durch die Lande gezogen wie ein Vagabund. :-k:loool:

    Machst Du bei der geplanten MLR ("Kolumbus' Erbe") ab Mitte April mit? Das würde mich sehr freuen.

    Muss mal nach dem Buch gucken, aber Lust habe ich definitiv. :D Das Problem sind die vielen Leserunden, habe noch "Der Insektensammler" (Jeffery Deaver) als Leserunde, die aktuell auf mich wartet, weil ich "David Copperfield" + zweite Leserunde nicht schaffe. :-k Vielleicht steige ich auch aus der LR aus und nehme die Sachbuchleserunde und lese dann Deaver ohne Leserunde nebenher. :-k

    Ich glaub, der ist nicht mehr so klein - der muss so in etwa Steerforths Alter haben aber ich mag ihn und seine Gerippe auch

    :love: Also, da sie irgendwie alle in dieselbe Klasse gehen sind sie auch im ungefähren Alter, auch wenn ich glaube, das es eine Klasse mit ganz unterschiedlichen Altergruppen damals gegeben hat. :-k Zwischen 8 und 15 Jahren. Traddles dürfte 9 oder 10 Jahre sein. Ehrlicherweise habe ich da kein Plan, aber sein Charakter ist einfach goldig.

    Nimm es als gegeben - Kinder wurden damals nicht unbedingt als Kinder behandelt oder angeredet

    Ich bemühe mich. O:-)

    Damals hat man Kinder, glaube ich, nicht so richtig als Kinder betrachtet, sondern mehr wie kleine Erwachsene. Denk an die Kinderarbeit gerade auch in England im 19. Jhd., wo die bedauernswerten Geschöpfe schon mit 5 oder 6 Jahren in den Fabriken schuften mussten.
    Abgesehen davon, ist es sicher immer furchtbar schwer, einem Kind zu sagen, dass die Mutter gestorben ist. Da fehlen einem gewiss immer die Worte. Somit kommt mir Mrs. Creakles gar nicht soooo grausam vor. Zumindest hat sie David bei sich behalten, und sich doch um ihn gekümmert.

    Mrs. Crakles fand ich in der Szene auch eher kümmernd und rührend. :thumleft:

    witzig, wie unterschiedlich wir das empfinden - was sagen denn die anderen dazu? Als wie alt empfindet ihr Taddles???

    Wahrscheinlich ist Traddles so 8 bis 10 Jahre alt, aber sein Charakteralter ist definitiv sehr viel älter und weiser. :love:

    :study: Feuerkind (Stephen King) 34 / 542 Seiten

    :study: Mit Nachsicht (Sina Haghiri) 14 / 268 Seiten


    SUB: 857

  • Kapitel 11 lese ich gerade, deswegen habe ich noch nicht alle Kommentare gelesen.

    und ein bisschen überrascht, dass Murdstone tatsächlich wohl in Trauer ist.

    Hat mich auch überrascht, zumindest ein wenig, dann ist er wie eh und je. Ich glaube aber das Murdstone vor allem wegen seines eigenen Kindstodes traurig ist und nicht wegen seiner Frau, zumindest nicht so sehr. :-k

    Ja, aber warum eigentlich nicht ?

    Keine Kohle bzw. er will keine Kohle für David ausgeben.

    Ja, das fand ich auch schön. und nicht nur die Gerippe sondern auch noch sein Kissen hat er ihm mitgegeben für den Weg in der harten Kutsche.

    Traddles ist irgendwie ein charakterlicher Goldjunge in der Geschichte. :thumleft:

    Er wir schlicht mißachtet und vernachlässigt. Das steigert seine Einsamkeit noch und es bleibt nur noch
    Peggotty, die aber bald auch den Haushalt verlassen muss. Zum Glück darf David für eine Zeit mit zu den Pegottys gehen und dort erlebt er recht glückliche Tage.
    Schön, wie Dickens Davids Vorstellungen bezüglich seines Wiedersehens mit den Pegottys und vor allem mit Emily beschreibt:

    Rein psychisch gesehen ist eine Beleidigung auch nicht ganz so schlimm wie absolute Ignorierung. Den Murdstones scheint es egal zu sein, was mit David ist. :(:cry:

    Distanz ist die beste Methode, glaube ich ...

    Ist bei mir umgekehrt. In der Realitat kann ich das auch ganz gut. Empathisch sein und wenn ich die Tür zu gemacht habe, dann habe ich Distanz geschaffen. In Büchern ist es oft so, dass ich alle Emotionen auf mich zulasse und wenn eine traurige Szene kommt, bin ich traurig. :cry:

    Ich WILL aber auch, dass er wieder auftaucht und dass es ihm gut geht.
    Man darf doch den Glauben an die Gerechtigkeit nicht so leicht aufgeben

    :thumleft: Da hoffe ich mit Dir. :love:

    Ja, seelische Grausamkeit ist das. Dabei macht sich der kleine David große Sorgen um seine Zukunft, und kam mir sehr erwachsen vor. Aber das waren die Kinder früher wohl generell, weil nicht solch Getue um sie gemacht wurde wie heutzutage.

    Leider wahr. Dieses Früher hatte definitiv seine Nachteile, aber auch seine Vorteile. :thumleft:

    Und ein Dachzimmer steht ihm in Peggottys neuem Zuhause immer zur Verfügung.

    :applause::love:

    Beim "Ulysses" hat Dir das ja auch gefallen, wenn ich mich recht erinnere!
    Wie machst Du es? Kapitelweise abwechselnd mal Buch, mal Hörbuch oder doppelt?

    Ich mache es doppelt. Das Hörbuch ist zwar langsamer als meine Lesegeschwindigkeit, aber die Geschichte ist sehr viel einprägsamer, wenn man hört und gleichzeitig mitliest. :applause::love:

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  • Wo dieser Spruch herkommt ist mir auch ein Rätsel. Aber er trägt wohl auch zu seiner schlechten Reputation bei. Die Jungs die ihn ständig von draußen beschimpfen
    sind wohl auch von ihm betrogen worden. Aber die Figur ist schon wunderbar beschrieben und so passt auch der Spruch, dass er seine Seele dem Teufel verkauft hat.
    Das David sich da nicht abwimmeln lässt und die ganze Zeit vor der Tür wartet, ist ein Zeichen, dass er einen sehr starken Willen hat. So schnell lässt er sich von seinem
    Vorhaben zu seiner Tante zu kommen nicht abbringen.


    Aber das ist ja schon Kapitel 13 und ich wollte vorher noch etwas zu Kapitel 12 und Davids Entscheidung zu Tante Betsey zu flüchten schreiben, ehe ich auf Kapitel 13 noch
    genauer eingehe. Wenn ich das nicht chronologisch mache, fang ich an zu stolpern........... :uups::wink:

    Wir sind der Stoff aus dem die Träume sind und unser kleines Leben umfasst ein Schlaf.

    William Shakespeare


    :study: Robert Seethaler - Das Cafe ohne Namen

    :study: Matt Ruff - Ich und die anderen

  • Kapitel 12

    David hat de Entschluss gefasst, nicht weiter im Weinlager zu arbeiten. Er sieht keinerlei Lerneffekt in dieser Umgebung und hat sogar das Gefühl, dass
    er mit der Zeit seinem Schicksal, so zu werden wie all die anderen in seiner Umgebung nicht entkommen kann.
    Seine Zeit weiter im Lager zu verbringen ist ihm zu wenig und das kann man durchaus verstehen.
    Sein Entschluss zu Tante Betsey zu flüchten, basiert allerdings nur auf einer kleinen, vielleicht in der Erinnerung der Mutter verklärten Szene, die die sonst
    als ganz furchtbar empfundene Tante in einem andern Licht stehen lässt.

    Zitat

    My aunt walked into that story, and walked out of it, a dread and awful personage; but there was one little trait in her behaviour which I liked to dwell on,
    and which gave me some faint shadow of encouragement. I could not forget how my mother had thought that she felt her touch her pretty hair with no
    ungentle hand; (....) I made a little picture out of it, of my terrible aunt relenting towards the girlish beauty that I recollected so well and loved so much,
    which softened the whole narrative.

    David muss sich ja an irgendeine Hoffnung klammern, weil er außer der Tante ja niemanden mehr hat. Und vielleicht ist es ja auch so, dass die Tante, wenn die Szene stimmt,
    gar nicht so fürchterlich ist. Wir kennen ja wirklich nur diese kleine seltsame Szene in der sie aus dem Haus stürmt weil David kein Mädchen ist.

    Wir sind der Stoff aus dem die Träume sind und unser kleines Leben umfasst ein Schlaf.

    William Shakespeare


    :study: Robert Seethaler - Das Cafe ohne Namen

    :study: Matt Ruff - Ich und die anderen

  • Sein Entschluss zu Tante Betsey zu flüchten, basiert allerdings nur auf einer kleinen, vielleicht in der Erinnerung der Mutter verklärten Szene

    Die Tante taucht übrigens auch im 8. Kapitel nochmals kurz auf.
    Da ist es die gute, vorausschauende Peggotty, die das Gespräch auf sie bringt und wissen will,
    ob die Tante David etwas vermachen würde. Peggotty ahnt wohl schon die künftigen Malessen,
    sie sieht ja auch die gesundheitliche Lage ihrer Herrin und
    möchte ihr Goldkind abgesichert sehen.
    Der Erzähler hält sie dem Leser in Erinnerung.

    :study: Percival Everett, James.

    :musik: Agatha Christie, Mord im Pfarrhaus.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • Zu Kapitel 12


    Diese Flucht durch London durch hat mir sprachlich so gut gefallen.
    Da rutscht der Erzähler ins Präsens, reiht viele kleine Sätze aneinander,
    und das wirkt so lebhaft!
    Ich sehe den kleinen David richtig durch die Straßen hetzen, seinem Koffer
    und diesem üblen Bösewicht hinterher.

    :study: Percival Everett, James.

    :musik: Agatha Christie, Mord im Pfarrhaus.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • Ähnlich wie David setze ich meine ganze Hoffnung auf die Tante. Sie wird sicherlich noch eine wichtige Rolle spielen. @drawehat es oben ja schon erwähnt: bereits im 8. Kapitel ruft uns Peggotty die alte Dame als potentielle Retterin ins Gedächtnis. Ich wünsche es ihm so sehr!
    Diese ganze Episode mit den Micawbers fand ich höchst wunderlich: wie Sie David los Vertrauten behandeln, ihn i mit reinziehen, im Positiven wie im Negativen, ihn integrieren aber auch irgendwie benutzen. Und sehr gestaunt habe ich auch über die historischen Facts mit dem Schuldnergefängnis 8-[ , irgendwie eigenwillig...

    :study: Junge mit schwarzem Hahn- Stefanie vor Schulte


    No two persons ever read the same book (Edmund Wilson)

  • Noch zu Kapitel 12


    Das Leben im Schuldgefängnis fand ich auch interessant, da geht es mir wie @cyphella.
    Das scheint mir ein Leben nach Herrn Micawbers Geschmack zu sein:
    da gibt es einen Club, und ein musikalisches Kränzchen, bei dem sie lustige Lieder
    im Chor singen, er kann ungestört seine Petition aufsetzen und seine rhetorische
    Begabung spielen lassen, er wird als "Gentleman" bezeichnet -
    kurz: hier ist er wer. Und muss sich nicht um so banale Sachen wie finanzielle Versorgung
    seiner Familie machen.
    Ich bin wirklich gespannt, welche Lebensnische der Erzähler für diesen liebenswerten, aber
    irgendwie lebensuntüchtigen Menschen findet.
    Seine Frau ist ja auch nicht viel anders ...

    :study: Percival Everett, James.

    :musik: Agatha Christie, Mord im Pfarrhaus.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • Ich wollte zu Kapitel 9 und dem Tod der Mutter noch kurz was anmerken, was
    mir auffiel.
    David sieht, dass der Tod der Mutter ihm eine
    besondere Rolle verschafft, und diese Rolle genießt er.
    "Meine Wichtigkeit gewährt mir gewisse Befriedigung“, sagt er
    sinngemäß und nimmt wie ein Schauspieler ein bekümmertes Aussehen an.


    Dieses große Einfühlungsvermögen des Autors in die Zwiespältigkeiten
    der Seele hat mich erstaunt - neben der Tatsache, dass der Erzähler sich nicht schont
    und uns seine ambivalenten Gefühle mitteilt.

    :study: Percival Everett, James.

    :musik: Agatha Christie, Mord im Pfarrhaus.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • So heute bin ich durchaus weit gekommen.

    Ich verdrücke öfter mal eine Träne bei einem Buch

    Wenn ich alleine bin, dann bin ich nah am Wasser gebaut und wenn ich in Gesellschaft schaue, dann nicht. O:-)

    So was ist mir eigentlich sehr peinlich, aber das ist ja das Schöne an Büchern: man kann sich ganz zurückziehen....

    :thumleft: Deswegen lese ich ja auch so gerne. :loool:

    Diese Flucht durch London durch hat mir sprachlich so gut gefallen.
    Da rutscht der Erzähler ins Präsens, reiht viele kleine Sätze aneinander,
    und das wirkt so lebhaft!
    Ich sehe den kleinen David richtig durch die Straßen hetzen, seinem Koffer
    und diesem üblen Bösewicht hinterher.

    Die Erzählung ist wirklich super, aber immer endet es in einer bedrückenden Lage und richtiges Lebensglück ereilt David Copperfield selten. :(


    Bin echt gespannt wie es ihm nun bei der Tante ergeht, wenn er denn ankommt und nicht vorher von üblen Bösewichtern hinfortgezerrt wird. 8-[

    :study: Feuerkind (Stephen King) 34 / 542 Seiten

    :study: Mit Nachsicht (Sina Haghiri) 14 / 268 Seiten


    SUB: 857

  • und nicht vorher von üblen Bösewichtern hinfortgezerrt wird

    Jein - aber fast, aber fast ...


    Ist Euch auch aufgefallen, dass Dickens kaum Landschaftsbeschreibungen gibt?
    Als David die Peggottys besucht, heißt es nur, dass die Landschaft "flach" ist, und
    auch der lange Weg nach Dover kommt ohne Landschaftsbeschreibungen aus.


    Wenn ich da an die deutschen Zeitgenossen denke - Storm, Fontane etc. und vor allem Stifter -
    da ist das völlig anders. Die lassen ganze Landschaften vor ihrem Leser erstehen, und diese
    Landschaften stehen auch noch in Bezug zu den Personen.
    Dickens ist da irgendwie pragmatischer.

    :study: Percival Everett, James.

    :musik: Agatha Christie, Mord im Pfarrhaus.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).