Charles Dickens - David Copperfield (Start: 05.02.2018)

  • Seit ich Kinder habe, nehmen mich solche Geschichten furchtbar mit. Mensch, waren diese zwei Kapitel wieder emotional, wie David seit Mutter und Peggotty wiedersieht, diese Glückseligkeit...und über allem schwebt schon die Todesahnung, dann dieses Bild, wie sie ihn :cry: verabschiedet ....
    Immerhin lässt uns Dickens nicht allzu lange hängen, gleich in Kapitel 8 erfährt David das Schlimmste, diesmal zeigen alle etwas Taktgefühl und Rücksicht, was er ja auch ein bisschen genießt. Diese kindliche Ehrlichkeit fand ich ganz süß. Auch sehr süß fand ich Traddles, der David ausgerechnet Gerippe-Zeichnungen als Trost schenkt :wink: .
    Und dann der Besuch bei M. Omer : „ich kannte Ihrn Vater. Er war 5Fuss neuneinhalb Zoll hoch und liegt 25 Fuß tief in der Erde“ Rattattattat. :totlach: Das ist echt tiefschwarzer englischer Humor.Insgesamt scheint die Familie recht herzlich und fröhlich zu sein, womit David verständlicherweise nicht viel anfangen kann. Ich war sehr erleichtert, dass Peggotty ihn gleich in Empfang nehmen durfte und ein bisschen überrascht, dass Murdstone tatsächlich wohl in Trauer ist.
    Peggotty erzählt mit großer Zärtlichkeit von den letzten Tagen der Mutter, wieder nimmt mich die Sprache mit, die Bilder, die sie hervorbringt. Ich muss jetzt erstmal tief durchatmen.
    Habt ihr verstanden, woran sie gestorben ist? Kann ja eigentlich nur Schwindsucht oder etwas anderes infektiöses :-k sein, wenn der Kleine auch gestorben ist.
    Sorry meine Smileys platzieren sich häufig falsch, liegt am Tablet :uups:

    :study: Junge mit schwarzem Hahn- Stefanie vor Schulte


    No two persons ever read the same book (Edmund Wilson)

  • ich hab die beiden Kapitel jetzt auch noch schnell gelesen. Ich komme sonst zu sehr ins Hintertreffen. Morgen Abend erscheint "Kingdom Come: Deliverance" (freue mich da jetzt schon drauf wie Bolle aufm Milchwagen :loool: ) da bin ich dann die nächste Zeit auch wieder mehr am zocken als am lesen. Und wenn mein Mann ab Donnerstag da ist, sind wir viel unterwegs, da bin ich eh kaum am PC.

    Besonders die letzten Zeilen des Kapitels deuten ja auf einen endgültigen Abschied von seiner Mutter hin. Sie steht am Zaun und hält noch einmal das
    das Baby hoch. Eine traurige Szene ...

    Diese Szene fand ich auch sehr traurig.


    Schlimm auch, dass die Mutter nun ihren Mann samt dessen Schwester so vehement verteidigt. Wäre schön gewesen, wenn sie Peggotty etwas beigestanden hätte, aber sie wurde mittlerweile so stark "umerzogen", dass sie auch im trauten Kreis nicht mehr ihren eigenen, ursprünglichen Willen hat.

    Gehirnwäsche würde man wohl heute dazu sagen. Bei so etwas schwanke ich immer zwischen Mitleid und Unverständnis.


    Nun geht es also zur Beerdigung, und wie erfahren jetzt schon, dass er nicht mehr zur Schule zurückkehren wird.

    Ja, aber warum eigentlich nicht ?

    Wer mich aber wirklich sehr berührt hat in diesem Kapitel war der kleine Traddles, als er David ein Blatt mit seinen Gerippen schenkt, um ihn über den Tod der Mutter zu trösten. Da muss man doch lachen und weinen in einem, wenn man sich diesen Liebesbeweis vorstellt.

    Ja, das fand ich auch schön. und nicht nur die Gerippe sondern auch noch sein Kissen hat er ihm mitgegeben für den Weg in der harten Kutsche.

    Bildung und reiches Elternhaus sind nicht immer synonym. und auch gebildete Leute lesen nicht unbedingt gerne

    Ja, sicher kann man das nicht verallgemeinern aber meistens war und ist es doch so, dass Leuten aus gehobeneren Schichten einfach mehr Mittel zur Verfügung standen um Bildung und somit auch den Zugang zu Büchern zu erlangen. Und Interesse muss er ja daran gehabt haben sonst wäre er ja nicht so begierig auf Davids Geschichten gewesen. Aber wer weiss was da war, er ist ja auch ein sehr ungewöhnlicher Schüler und passt auch gar nicht an diese Schule.

    Witzig, wie unterschiedlich wir das empfinden - was sagen denn die anderen dazu? Als wie alt empfindet ihr Taddles???

    In Davids Alter.

  • ja, wer weiß was wir von seiner Geschichte noch erfahren werden :)

    Da David ja nicht wieder zu der Schule zurückkehren wird dann wohl vorerst eher nicht mehr viel :wink: Oder wir begegnen ihm eventuell später an anderer Stelle wieder, das kann ja durchaus sein.

  • So ich habe jetzt erstmal frei. Schreibe noch ein paar Kommentare, dann :sleep: und morgen tauche ich ein in die Welt von David Copperfield. :drunken:

    Interpretationen sind nicht so meins. Sieht man eh, was draus wird.

    Doch mir gefällt das. Nicht nur das Interpretieren, sondern auch das Spekulieren. Ich finde das mit den Namen echt gut, dass man sie herleiten kann. Muss zwar nicht immer stimmen, aber als kleinen Funfact mit den Namen kann ich bei Harry Potter Dolores Umbridge erwähnen, denn Dolores bedeutet im Lateinischen "Schmerzen" (von dolor - der Schmerz). Ich finde das irgendwie immer lustig, auch wenn ich in Büchern manchmal zu viele Verbindungen sehe, die wahrscheinlich eher zufällig sind. :D

    Traddler hat zufällig die schlechte Krabbe erwischt und ist aus Versehen krank geworden ?

    :-k Eine gute Frage. Ich würde erstmal sagen, dass es kein Zufall war, aber warum man ihn noch mehr schikanieren oder vergiften wollte ist mir unklar. :-k

    Und Barkis hatte im Manuskript mehrere unterschiedliche Namen, u.a. auch Barks, also die direkte Substantivierung von "to bark" meine Notes sind echt informativ

    :applause: Dann lag ich mit meinem "to bark - bellen" ja goldrichtig. O:-)

    Ja, die Figuren sind oft extrem. Manchmal sind auch die Guten derart gut und naiv, dass sie einem auf die Nerven gehen können

    Das kann in der Tat auch passieren, ist manchmal ein schmaler Grat bei mir. Vor allem, wenn Figuren, dann dümmlich naiv sind. :wuetend: Aber bisher ist es wirklich gut. Dickens scheint auch ein sehr guter Erzähler zu sein. :thumleft:

    Ich glaube, sie war so gutgläubig und blauäugig - beim ersten Mal hatte sie ja wohl richtig Glück und glaubt vielleicht, dass sie es nun wieder haben wird.

    :-# Aber wenn man die damaligen Verhältnisse so kennt, dann dürfte man eigentlich eher so wie Peggotty denken und am besten ein Singleleben führen. :-k

    Tschuldigung Maxel, aber für meine Begriffe hast du es noch viel zu gut aus gedrückt "Mr. und Mrs Murdstone gehen mir auf die Nerven" Ich könnte ihnen den Hals umdrehen Ja, ich weis es war eine andere Zeit, trotz dem sie setzen sich doch ins *gemachte Nest* und beziehen das Haus der Copperfields und übernehmen glatt mal alles.

    Ich bin eben sanftmütig. O:-):loool:O:-)

    Eine wirklich schöne Szene, die tat so richtig für die Seele gut. Man sah das David sich wenigstens auf Pegotty verlassen konnte bzw. das er doch nicht ganz so alleine im Leben da steht.

    :love:

    Einmal kam bei uns der Schlüsselbund eines Lehrers geflogen, ansonsten hatte er so seine andere Gepflogenheiten einen das Leben zur Hölle zu machen. Denn es ist nicht lustig immer, immer wieder mit Fragen bombadiert zu werden, wenn der Lehrer schon merkt das man null Ahnung hat und einen dadurch bis auf das Blut reizen kann.

    Hatten wir an unserem Internat auch. Ein Sportlehrer warf ein Schlüsselbund, ein Physiklehrer schlug mit einem kleinen Bambusstab, eine Englischlehrerin warf ziemlich zielgenau mit Kreide und eine Erzieherin verteilte Schlaftabletten, damit sie mit ihrem Freund schnackseln konnte. So nen Jungeninternat ist schon ziemlich spannend gewesen. :loool:O:-):loool:

    Einige haben in Steerforth schon den Bösewicht erkannt, während er für mich noch völlig harmlos erscheint. Dem hätte ich nicht mehr Beachtung geschenkt als irgendeiner anderen Figur.

    Als Bösewicht sehe ich ihn zwar noch nicht, aber er hat eindeutig auch nicht nur Gutes im Sinn. Ich glaube auch, dass er noch später eine Rolle im Buch spielen wird und ich vermute sie wird aus Davids Sicht eher zum Schlechten sein und ich hoffe Traddles ist dann derjenige der für David dann Gutes bewirkt. :-k Ein wenig Spekulation. :D

    Ja, immer wieder mal. So hätte Mrs. Trotwood eigentlich Mrs. Badger Trotwood heißen sollen - ein Badger ist ein Dachs oder ein Händler, aber das Verb bedeutet jmd. belästigen, quälen, plagen oder piesacken

    :applause: Liebe sowas. :thumleft:

    Mr. Chillip - der Arzt - heißt im Numberplan (der Skizzenentwurf des Buchs) Mr. Morgan - so hieß der Arzt der Familie Dickens zu Charles Kinderzeit

    :applause::pray: Manchmal sind solche Randnotizen richtig gut und informativ.

    Und hast Du Dich nicht gefragt, warum Steerforth keine Angst vor Creakle hat?

    Das habe ich mich gefragt, aber ich habe noch keine Antwort drauf. Ich tippe auf ein simples Abhängigkeitsverhältnis. :-k

    Wer mir aber sehr ans Herz gewachsen ist, ist dieser arme kleine Traddles mit seinen Gerippen. Den kann ich mir sooo gut vorstellen, wie er beim Nachsitzen in seiner Verzweiflung "einen ganzen Friedhof voller Gerippe" zeichnet. Hoffentlich ergeht es ihm gut in seinem weiteren Leben, wo er schon so viele Schläge einstecken musste, und immer noch ein gutes Herz hat. Ich hoffe, dass wir ihn immer wieder treffen.

    Oh ja. :love: Sehr schön geschrieben @Sylli :love:

    :study: Feuerkind (Stephen King) 34 / 542 Seiten

    :study: 111 Pflanzen die man kennen muss (Klaudia Blasl) 174 / 240 Seiten

    :study: Mit Nachsicht (Sina Haghiri) 0 / 268 Seiten



    SUB: 857

  • jetzt läuft mein Kopfkino auf Hochtouren gehe ich recht in der Annahme, dass Du das Wochenpensum durch hast?

    Ja, so isses............ :wink:

    In Davids Alter.

    Ich schätz ihn etwas älter ein. David dürfte mittlerweile 10 Jahre alt sein. Ist etwas schwierig festzustellen, weil die Schulzeit zeitlich nicht so einfach
    einzuschätzen ist. Traddles war ja schon da, als David in die Schule kam. Sein Name war schon ins Portal eingeritzt.

    Wir sind der Stoff aus dem die Träume sind und unser kleines Leben umfasst ein Schlaf.

    William Shakespeare


    :study: Robert Seethaler - Das Cafe ohne Namen

    :study: Matt Ruff - Ich und die anderen

  • Habt ihr verstanden, woran sie gestorben ist? Kann ja eigentlich nur Schwindsucht oder etwas anderes infektiöses sein, wenn der Kleine auch gestorben ist.

    So richtig kommt das nicht raus aber ich glaube, das war eher psychisch. Ich glaube im Buch stand auch, man kann auch an gebrochenem Herzen sterben. Das Baby ist gestorben weil es keine Muttermilch mehr bekam. Hätte man eine Amme suchen müssen, keine Ahnung warum man das nicht getan hat. Fertige Babynahrung gab es ja da noch nicht :wink:


    Doch mir gefällt das. Nicht nur das Interpretieren, sondern auch das Spekulieren.

    Ne, meins ist das auch nicht so :wink: Hier hält sich das ja echt noch in Grenzen aber ich habe schon Leserunden erlebt wo man permanent die reinsten Verschwörungstheorien entwickelte :batman::shock::totlach: Das trieb ja schon richtige Blüten. Zum eigentlich geschehenen Inhalt wurde da kaum was gesagt sondern nur wild spekuliert. :geek: Ich finde das immer total müssig. Bei einem Krimi würde ich es ja noch einsehen dass man rätselt wer der Mörder ist aber bei einem normalen Roman doch nicht. Das werde ich doch sehen wie die Geschichte weitergeht. Aber wie schon tausend Mal oder gar noch mehr gesagt, nicht nur Geschmäcker und Leseempfinden sind unterschiedlich sondern auch die Art wie man das Ganze generell handelt. :wink: Aktuell gesagt: Jeder Jeck ist anders :jocolor:

  • Auch sehr süß fand ich Traddles, der David ausgerechnet Gerippe-Zeichnungen als Trost schenkt

    Ja, der berührt mich so ungemein mit seinen Gerippen, ich kann gar nicht sagen warum ...

    Das ist echt tiefschwarzer englischer Humor.

    Einfach köstlich! :D

    Habt ihr verstanden, woran sie gestorben ist?

    Ich tippe auf ein "gebrochenes Herz". Vielleicht kam dann noch eine Herzschwäche oder dergleichen dazu, sicher aber hatte sie längst allen Lebensmut verloren, und das macht viel aus.
    Sie fühlt sich bei diesem lieblosen Mann sicher nicht wohl, ein Fehlgriff, der sich nicht mehr rückgängig machen lässt. David behandelt er auch unmöglich, dazu die schreckliche Schule, welche Mutter würde das nicht grämen und seelisch belasten, und doch muss sie es hinnehmen und kann nichts ändern.


    Zu Taddlers : ich stelle ihn mir als 10jährigen vor.

    Ich hätte ihn auch so geschätzt, oder vielleicht sogar noch ein, zwei Jahre jünger.
    Steerforth, der ja wesentlich älter sein soll, stelle ich mir ungefähr als 14-jährigen vor oder so herum.

  • Ich hab vorhin schon an Dich gedacht. Ich hoffe die Strassen sind frei und Ihr kommt dann gut durch zum Krankenhaus.

    Danke, Du Liebe! :friends: Aber mein Mann hat die Fahrt übernommen, damit ich heute noch meinen freien Tag stressfrei daheim verbringen kann. :love: Er hat gerade angerufen, sie sind bereits gut angekommen, die Straßen waren tadellos geräumt und es hat auch nicht mehr geschneit. Mutter ist ein wenig nervös und verwirrt, aber er bleibt bei ihr, bis die Aufnahme erledigt, und sie in ihrem Zimmer ist.

  • Bei so etwas schwanke ich immer zwischen Mitleid und Unverständnis.

    Weil es sich im 19. Jahrhundert abspielt würde ich Mitleid sagen, heute hätte man dafür eher kein Verständnis, obwohl es diese Frauen ja nach wie vor gibt, die sich restlos unterbuttern lassen.


    Ja, aber warum eigentlich nicht ?

    Ich denk, dem Stiefvater ist an Davids Ausbildung nichts gelegen. Dafür will er kein Geld ausgeben.

    Ich würde erstmal sagen, dass es kein Zufall war, aber warum man ihn noch mehr schikanieren oder vergiften wollte ist mir unklar.

    Das denk ich nicht, dass man ihm Böses wollte. Der war einfach ein kleiner Pechvogel.
    Da gibt es ja ein Buch mit dem Titel: "Erst hatte ich kein Glück, und dann kam auch noch Pech dazu" - so stelle ich mir das bei Traddles vor.


    ist manchmal ein schmaler Grat bei mir. Vor allem, wenn Figuren, dann dümmlich naiv sind.

    Ja, bei mir ist der Grat da auch ziemlich schmal; dümmlich und naiv, eine Mischung zum :puker:

    am besten ein Singleleben führen.

    Gerade das war aber für Frauen in dieser Zeit nicht einfach und auch nicht üblich.

    und ich hoffe Traddles ist dann derjenige der für David dann Gutes bewirkt.

    Das hoffe ich doch auch sehr.

    man kann auch an gebrochenem Herzen sterben.

    Ja, das geht auch heute noch. Wer den Lebensmut verliert, wer sich innerlich aufgibt, weil er keinen Ausweg aus einer für ihn schlimmen Situation sieht, der kann dann schon an irgendeiner unbedeutenden Krankheit sterben, die ihm bei stabiler Seelenlage gar nichts ausgemacht hätte.

    Zum eigentlich geschehenen Inhalt wurde da kaum was gesagt sondern nur wild spekuliert. Ich finde das immer total müssig.

    Das finde ich auch.
    Ich halte mich lieber an die vorgegeben Tatsachen. Ob sie mir nun gefallen oder nicht ist wieder eine andere Sache.

  • das Baby hoch. Eine traurige Szene die Dickens mit diesem Satz eindringlich vermittelt.

    Ich finde das gut, dass Du ab und an das Original zitierst.
    Die Sätze wirken viel poetischer und emotionaler als im Deutschen.

    :study: Percival Everett, James.

    :musik: Agatha Christie, Mord im Pfarrhaus.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • Seit ich Kinder habe, nehmen mich solche Geschichten furchtbar mit. Mensch, waren diese zwei Kapitel wieder emotional, wie David seit Mutter und Peggotty wiedersieht, diese Glückseligkeit...und über allem schwebt schon die Todesahnung, dann dieses Bild, wie sie ihn verabschiedet ....

    Ach ich danke Dir ... Mir geht es ja genau so...
    Ich habe gestern Abend weiter gelesen und schniefend im Bett gesessen. Ist nur gut, dass
    mich keiner gesehen hat :pale:
    Ich versuche dann meine Rührung zu neutralisieren und frage mich, wie der alte Dickens das schafft: welche Tricks wendet der an, dass
    gestandene Leute wie ich/wie wir darauf "reinfallen"?

    :study: Percival Everett, James.

    :musik: Agatha Christie, Mord im Pfarrhaus.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • Kapitel 10

    Davids Befürchtungen, dass Mr. Murdstone nun wieder seine Erziehung in die Hand nimmt, bestätigen sich zum Glück nicht. Aber was ihn nun im Hause Murdstone
    erwartet, ist wohl eine noch perfidere Art der Behandlung. Er wir schlicht mißachtet und vernachlässigt. Das steigert seine Einsamkeit noch und es bleibt nur noch
    Peggotty, die aber bald auch den Haushalt verlassen muss. Zum Glück darf David für eine Zeit mit zu den Pegottys gehen und dort erlebt er recht glückliche Tage.
    Schön, wie Dickens Davids Vorstellungen bezüglich seines Wiedersehens mit den Pegottys und vor allem mit Emily beschreibt:

    Zitat

    The idea of beeing surrounded by those honest faces, shining welcome on me; of renewing the peacefulness of the sweet sunday morning, when the bells
    were ringing, the stones dropping in the water, and the shadowy ships breaking through the mist; of roaming up and down with Emily, telling her my troubles,
    and finding charms against them in the shells and pebbles on the beach; made a calm in my heart.

    Was für ein wunderbares Bild..........


    Das Wiedersehen mit Emily ist dann doch etwas anders, denn vor allem Emily ist kein kleines Kind mehr. Sie neckt ihn, verzaubert ihn und kurz gesagt, David
    verliebt sich immer mehr in sie. Hört euch das an..............

    Zitat

    It seems to me, at this hour that I have never seen such sunlight as on those bright April afternoons; that I have never seen such a sunny litlle figure as I
    used to see, sitting in the doorway of the old boat; that I have never beheld such sky, such water, such glorified ships sailing away into golden air.

    Er erlebt eine schöne Zeit und Dickens belebt das Ganze dann noch, indem er das eher ungewöhnliche Werben von Mr. Barkis um Peggotty beschreibt. Total verrückt,
    aber auch sehr witzig. Aber auch diese helle Zeit muss vorrüber gehen, denn Barkis und Pegotty heiraten und David muss Abschied nehmen von den Beiden.


    Kommen wir also zur dunklen Zeit, der Zeit bei den Murdochs, für die David einfach nur lästig ist und den sie komplett ignorieren. Das Einzige was ihm bleibt sind die
    alten Bücher.

    Zitat

    All this time I was so conscious of the waste of any promise I had given, and of my beeing utterly neglected, that I should have been perfectly miserable,
    I have no doubt, but for the old books. They were my only comfort; and I was true to them as they were to me, and read them over and over I don`t know
    how many times.

    Murdstone erklärt David schließlich, das seine Ausbildung teuer war und er kein reicher Mann ist. David wir arbeiten müssen und zwar im Kontor von Murdstone & Grinby,
    einem Weinhandel. Heute würde man das als Kinderarbeit verurteilen, damals war es leider nicht unüblich Kinder in diesem Alter arbeiten zu lassen.


    Auch in diesem Kapitel hält Dickens die Waage zwischen eher bitteren Ereignissen und schönen Zeiten aufrecht. Das ist manchmal schon ein Wechselbad der Gefühle,
    das er den Leser da erleben lässt. Man darf gespannt sein, was David nun in seinem neuen Lebensabschnitt erwartet.

    Wir sind der Stoff aus dem die Träume sind und unser kleines Leben umfasst ein Schlaf.

    William Shakespeare


    :study: Robert Seethaler - Das Cafe ohne Namen

    :study: Matt Ruff - Ich und die anderen

  • Steerforth, der ja wesentlich älter sein soll, stelle ich mir ungefähr als 14-jährigen vor oder so herum.

    Der müsste ca. 16 Jahre alt sein. Es heißt (ich glaube im Schulkapitel) , dass er "ein halbes Dutzend Jahre älter" ist als David.
    Und der ist 9 oder 10 Jahre alt.
    Traddles habe ich mir so alt wie Steerforth vorgestellt, weil ich die beiden Knaben als Gegenpole sehe.

    :study: Percival Everett, James.

    :musik: Agatha Christie, Mord im Pfarrhaus.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • soll ich es für Dich korrigieren?

    Danke!
    Aber lass mal. Du hast bestimmt Wichtigeres zu tun,
    und ich halte das aus.

    :study: Percival Everett, James.

    :musik: Agatha Christie, Mord im Pfarrhaus.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • und frage mich, wie der alte Dickens das schafft: welche Tricks wendet der an, dass
    gestandene Leute wie ich/wie wir darauf "reinfallen"?

    Mich bringt er nicht zum Weinen, das schafft so leicht keiner. Überhaupt bei Romanen, da denk ich mir, ist doch alles nur erfunden (wenngleich mit realem Hintergrund, aber diese Figuren hat es so eben nie gegeben).
    Bei Sachbüchern ist das anders, das sind ja Tatsachen. Die Menschen litten ja wirklich und oft ganz schrecklich. "Die Ehre des Scharfrichters" musste ich beispielsweise abbrechen, das hat mich emotional zu sehr mitgenommen.

    Ich versuche dann meine Rührung zu neutralisieren

    Bei unseren Sachbuch-LR halte ich mich da ganz an @Squirrel. Mir gefällt, wie sie sich von den Ereignissen distanzieren, und auch mit grauenhaften Tatsachen gut umgehen kann.
    Distanz ist die beste Methode, glaube ich ...

  • Ich finde das gut, dass Du ab und an das Original zitierst.
    Die Sätze wirken viel poetischer und emotionaler als im Deutschen.

    Leiderhabe ich keine deutsche Fassung des Buches. Würde mich schon mal interessieren wie einige Passagen übersetzt wurden. Ich finde, Dickens hatte
    eine wunderbare Art zu schreiben. Man hat sofort die Bilder vor Augen. Im Original einfach umwerfend........... :pray:

    Wir sind der Stoff aus dem die Träume sind und unser kleines Leben umfasst ein Schlaf.

    William Shakespeare


    :study: Robert Seethaler - Das Cafe ohne Namen

    :study: Matt Ruff - Ich und die anderen