Charles Dickens - David Copperfield (Start: 05.02.2018)

  • an dem sich ändernden Verhalten Davids dessen negativen Einfluss bemerkt und daher ihre Warnung an David ausspricht

    Das hätte ich wieder so nicht gesehen, weil David sich ja nicht zu seinem Nachteil verändert. Mir kommt immer noch vor, dass wir Steerforths schlechten Einfluss überschätzen. So negativ will ich ihn mir (noch) nicht vorstellen - womöglich wäre ich auf den hübschen Knaben auch hereingefallen, wie manch andere. :uups:

    Was glaubt ihr - wird Steerforth Dora nachstellen, wenn auch nur weil David sie anhimmelt?

    Nein, wird er nicht, sage ich jetzt mal ganz entschieden. Der hat doch ein Auge auf Em'ly geworfen. So sprunghaft wird er wohl nicht sein, oder gar doppelgleisig fahren.

    Aber David ist schon niedlich in seiner Verliebtheit

    Ja, das hat mir so gut gefallen, wie Dickens diese Liebe auf den ersten Blick beschreibt, dieses Gefühl, das den Betroffenen jeder Realität enthebt, ihn unverletzlich und unbesiegbar macht.
    Hab ich mich doch glatt an meine Jugend (und auch später noch) erinnert gefühlt. :D

    so dass sie jetzt selbst für ihren Unterhalt sorgen muss?

    Denk ich auch, dass es so gewesen sein wird. Was Mr. Murdstone jetzt treibt, wissen wir ja (noch) nicht. Die allgemeine Lage könnte sich ja auch sehr verschlechtert haben.

    aber die Beschreibungen sind wirklich wunderschön und bestimmt auch heute noch gültig

    Ja, das sind sie gewiss. :)

    aber auch ohne Nachschlagen war sofort klar, was das bedeutet

    "... ein sentimentaler junger Gimpel ..." steht in der Meyrink-Übersetzung.

    ich hab sie ja auch im Verdacht, dass sie an den stets schwindenden Brandyvorräten in Davids Pantry schuld ist

    Mich hat sie an eine Nachbarin erinnert, die auch immer einen Schluck Schnaps des "Mundgeruchs" wegen nehmen musste. Leider trieb sie diese Obsession dann soweit, dass sie als Alkoholikerin endete.
    Charles Dickens hat da in seiner Umgebung sicher auch genügend reale Vorbilder gehabt.

    aber Dickens beherrscht die Kunst, diese Fäden am Ende fein säuberlich zu einem logischen Knoten zusammenzuführen

    Darauf freue ich mich schon sehr - und dann wird es wohl beim Lesen kein Halten mehr geben, habe ich das Gefühl.

    Natürlich bin ich noch da

    Hätte ich ja auch nichts anderes erwartet. :friends:

    Und gestern war ich ja in Karlsruhe, hab mich mit vielen lieben BTlern getroffen

    ... nachträglich noch viele liebe Grüße an alle, die Du gesehen hast. :winken:

    Bei einem Krimi will ich wissen, wer es war und wieso

    Da wäre "Columbo" ideal für Dich. Kennst Du diese Serien?

  • und wir begegnen dem lieben Traddles wieder.

    Ja, der ist immer noch so sympathisch in seiner Bescheidenheit und Gutmütigkeit.

    und die zwei sparen sich ihren Hausrat zusammen.

    Ist das nicht reizend?! Und fangen mit einem Blumentopf und einem Tisch an ... :roll:

    Und wo wohnt er - bei den Micawbers. Da sind sie wieder!

    Ja, in alter Pracht und Herrlichkeit ...

    Inzwischen finde ich die Micawbers ... leichtsinnig, arbeitsscheu und großmäulig.

    ... und lebensfremd auch noch dazu.
    Obwohl sie mir in ihrer unerschütterlichen, gegenseitigen Treue zueinander irgendwie auch gefallen. Aber dieses Gefühl wird wohl endgültig schwinden, wenn sie den armen Traddles womöglich noch für ihre Finanzierungsplanung einspannen sollten.

  • Gerade ist mir aufgefallen, wie unser MLR-Grüppchen geschmolzen ist.
    :huhu: Hoffentlich ist außer uns dreien noch jemand da. So schlecht ist das Buch ja auch wieder nicht ... :wink:

    Ich bin natürlich auch noch da. Allerdings war ich ganz froh über die freie Woche, weil ich allein drei Abende mit dem Einsortieren einer größeren Nachlieferung für meine Loseblattsammlung verbringen musste :cry:
    Jetzt über's Wochenende wollte ich mit dem Lesen eigentlich wieder anfangen, aber mich hat irgendein gemeiner Magen-Darm-Virus erwischt, der mich gerade sehr effektiv von sämtlichen produktiven Tätigkeiten abhält :krank:

  • aber mich hat irgendein gemeiner Magen-Darm-Virus erwischt, der mich gerade sehr effektiv von sämtlichen produktiven Tätigkeiten abhält

    gute Besserung :friends:

    Manchmal freue ich mich auch (weil ich ja das Ende kenne), so wie Schweinchen Schlau, und denke: Haha, da falle ich aber jetzt nicht drauf rein :-)

    das ist dann aber geschummelt :P:totlach::friends:

    wir begegnen dem lieben Traddles wieder. Er ist bemitleidenswert, finde ich.
    Auch er ist verliebt, sogar verlobt, und die zwei sparen sich ihren Hausrat zusammen. Ob das
    was wird mit der Heirat? Traddles ist finanziell doch sehr beengt...

    ich hoffe doch sehr, dass es was wird damit. Traddles ist wohl so ein Liebling von uns allen mit seinen Skeletten. Das es ihm sooo schlecht ergeht, damit hätte ich nicht gerechnet. Und dass ausgerechnet er die Schulzeit so verklärt :shock:

    Inzwischen finde ich die Micawbers nicht mehr liebenswert-lebensuntüchtig-versponnen-unrealistisch-großzügig-kindlich-heiter,
    sondern verantwortungslos ihren Kindern gegenüber, leichtsinnig, arbeitsscheu und großmäulig.

    ein wenig hast Du schon recht, aber irgendwie mag ich sie noch gut leiden. :uups:

    Das hätte ich wieder so nicht gesehen, weil David sich ja nicht zu seinem Nachteil verändert. Mir kommt immer noch vor, dass wir Steerforths schlechten Einfluss überschätzen. So negativ will ich ihn mir (noch) nicht vorstellen - womöglich wäre ich auf den hübschen Knaben auch hereingefallen, wie manch andere

    Wenn ich mal davon ausgehe, dass David Agnes ständig schreibt, so weiß sie alles über die Wochen mit Steerforth und auch die Zeit in London. Dazu das Vorkommnis im Theater - da ist schon eine Veränderung erkennbar. Für uns heute ist sie marginal, für Agnes in ihrer engen kleinen Welt schon größer… so seh ich das, aber zu Steerforth haben wir beide halt einfach unterschiedliche Ansichten :lol:

    Charles Dickens hat da in seiner Umgebung sicher auch genügend reale Vorbilder gehabt.

    bestimmt

    Ist das nicht reizend?! Und fangen mit einem Blumentopf und einem Tisch an ...

    Ich hab mich so amüsiert -ist schon niedlich, dieser Hausrat :loool:

    Obwohl sie mir in ihrer unerschütterlichen, gegenseitigen Treue zueinander irgendwie auch gefallen. Aber dieses Gefühl wird wohl endgültig schwinden, wenn sie den armen Traddles womöglich noch für ihre Finanzierungsplanung einspannen sollten.

    Das glaub ich irgendwie nicht. Sie haben zwar nichts und wissen nicht, wie sie den nächsten Tag überleben sollen, aber auch David haben sie nicht in ihre Malaisen hineingezogen. Nee, ich glaub, das tun sie nicht :-k

    viele Grüße vom Squirrel



    :study: Kai Seyfarth - Entscheidung in Aleppo: Walter Rößler, Helfer der verfolgten Armenier


  • Das es ihm sooo schlecht ergeht, damit hätte ich nicht gerechnet. Und dass ausgerechnet er die Schulzeit so verklärt

    Ja, das hat mich auch verwundert. Er wurde meiner Erinnerung nach am heftigsten misshandelt. Nach den
    Prügeln legte er immer seinen Kopf in die Arme - also irgendwie ging mir das ans Herz (einmal Mutter, immer Mutter...).
    Und noch mehr hat er mir leid getan, als er das eines Tages nicht mehr machte. Er hat die Misshandlungen einfach
    weggesteckt, sie gehörten zu seinem Alltag.
    Und jetzt diese Gelassenheit und die fast freundliche Erinnerung an seinen Quälgeist ...?

    Obwohl sie mir in ihrer unerschütterlichen, gegenseitigen Treue zueinander irgendwie auch gefallen.

    Mir kommt dieses sentimentale Getue inzwischen wie eine Pose vor.
    Sie wirken immer mehr wie Schauspieler auf mich, die eine bestimmte Rolle spielen: die der
    sentimentalen Verliebten.
    Ihnen fehlt jeder Bezug zur Realität, und ich wüsste gerne, wovon sie eigentlich leben. Das einzige, was sie
    gut können, ist das Schnorren.
    ich habe heute meinen strengen Tag, ich merke es schon selbst ... 8)

    :study: Edvard Hoem, Der Heumacher.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • Kapitel 28


    Ach diese Micawbers :wuetend:
    Das gemeinsame Essen ist so schön erzählt: das Essen ist zwar eigentlich misslungen, aber die
    Improvisationen machen den Abend offenbar sehr behaglich, und es geht sehr freundschaftlich zu.


    Aber Mrs. Micawber: wie dumm und geschwollen sie daherredet, wie sie über Dinge redet, von denen sie
    nichts versteht, wie sie sich aufbläht, großmäulig, angeberisch, ein Schmarotzer erster Güte...!
    Ich habe den Eindruck, dass David sie inzwischen durchschaut, da er Traddles vor ihnen warnt.
    Leider zu spät.


    Littimer taucht bei dem Essen plötzlich auf, er sucht Steerforth
    - und am Ende taucht Steerforth genau so unvermittelt auf.
    Eigentlich werden wir als Leser ständig darauf hingewiesen, dass Steerforth sich irgendwo herumtreibt und
    Übles plant.

    :study: Edvard Hoem, Der Heumacher.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • zu Kapitel 28

    Littimer taucht bei dem Essen plötzlich auf, er sucht Steerforth
    - und am Ende taucht Steerforth genau so unvermittelt auf.
    Eigentlich werden wir als Leser ständig darauf hingewiesen, dass Steerforth sich irgendwo herumtreibt und
    Übles plant.

    David hat ja bei Littimer immer das Gefühl durchschaut zu werden. Ich denke, dass er Littimer am besten nichts anvertraut, denn mittlerweile halte ich diesen Kerl
    für recht gefährlich. Davids Gedanken dazu sprechen für sich. Er hat jetzt schon ein schlechtes Gewissen, weil er sich kritische Gedanken um seinen angeblichen
    Freund gemacht hat.

    Zitat

    (...) but my own relief was very great, for besides the constraint, arising from that extraordinary sense of being at a disadvantage which I always had
    in this man`s presence, my conscience had embarrased me with whispers that I had mistrusted his master, and I could nor repress a vague uneasy
    dread that he might find it out.

    Als Steerforth dann auftaucht zeigt David aber, dass seine Beobachtungsgabe sehr gut funktioniert. Steerforth wirkt verändert, als hätte er eine Last zu tragen, oder
    als würde er wieder irgendetwas hinterherjagen um das Rennen, wie er es nennt, zu gewinnen.

    Zitat

    I thought of his saying, `Ride on over all obstacles, and win the race!` and wished, for the first time, that he had some worthy race to run.

    Ich fürchte aber, ein würdiges Rennen wird das kaum sein. Ich traue diesem Charakter einfach nichts wirklich würdiges zu.

    Wir sind der Stoff aus dem die Träume sind und unser kleines Leben umfasst ein Schlaf.

    William Shakespeare


    :study: Robert Seethaler - Das Cafe ohne Namen

    :study: Matt Ruff - Bad Monkeys

  • Er hat jetzt schon ein schlechtes Gewissen, weil er sich kritische Gedanken um seinen angeblichen
    Freund gemacht hat.

    Der Roman gehört ja wohl ins Genre des Entwicklungs- oder Bildungsromans, und an solchen
    Sachen, wie Du sie ansprichst, erkennt man, dass David allmählich erwachsen wird. Die Warnung vor den Micawbers
    ist auch ein solches Zeichen.
    Er reflektiert, er wird kritischer, er stellt alte Positionen in Frage.
    Natürlich nicht in dem Umfang, wie der Leser es ihm wünscht.

    :study: Edvard Hoem, Der Heumacher.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • Er reflektiert, er wird kritischer, er stellt alte Positionen in Frage.
    Natürlich nicht in dem Umfang, wie der Leser es ihm wünscht.

    Er hat ja noch Zeit und mir gefällt das sehr zu beobachten, wie er die Dinge immer weiter hinterfragt und doch seinen Glauben an Freundschaft und Güte nicht verliert.

    Wir sind der Stoff aus dem die Träume sind und unser kleines Leben umfasst ein Schlaf.

    William Shakespeare


    :study: Robert Seethaler - Das Cafe ohne Namen

    :study: Matt Ruff - Bad Monkeys

  • doch seinen Glauben an Freundschaft und Güte nicht verliert.

    Meinst Du?
    Meinst Du nicht, dass er in Bezug auf Steerforth nachdenken wird?
    Und sich andere Vertraute suchen wird - z. B. Traddles?
    Der taucht ja auch, dramaturgisch gesehen, zur rechten Zeit auf.

    :study: Edvard Hoem, Der Heumacher.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • Meinst Du?
    Meinst Du nicht, dass er in Bezug auf Steerforth nachdenken wird?

    Schon, aber so leicht wird er seine alten Gefühle nicht ändern. Kommt natürlich auch auf Steerforth weitere Taten an. Bin auf jeden Fall sehr gespannt wie die
    Geschichte der beiden weitergeht.

    Wir sind der Stoff aus dem die Träume sind und unser kleines Leben umfasst ein Schlaf.

    William Shakespeare


    :study: Robert Seethaler - Das Cafe ohne Namen

    :study: Matt Ruff - Bad Monkeys

  • aber mich hat irgendein gemeiner Magen-Darm-Virus erwischt, der mich gerade sehr effektiv von sämtlichen produktiven Tätigkeiten abhält

    Oje, gute Besserung! Jede Krankheit, die vom Lesen abhält, ist ja ganz besonders unbrauchbar.

    aber auch David haben sie nicht in ihre Malaisen hineingezogen. Nee, ich glaub, das tun sie nicht

    Hoffentlich nicht, der Arme ist viel zu gutmütig für diese Welt und würde wohl nicht nein sagen können.

    und ich wüsste gerne, wovon sie eigentlich leben.

    Das frag mich auch in anderen Fällen sehr oft. Es gibt doch tatsächlich Leute, die nichts arbeiten und trotzdem irgendwie durchs Leben kommen und immer Dumme finden, die sie aushalten.

    dass er Littimer am besten nichts anvertraut, denn mittlerweile halte ich diesen Kerl
    für recht gefährlich.

    Und aus der vorher beim Kochen recht aufgeräumten Gesellschaft wird mit Littimers Auftritt ja auch eine recht steife.

    Steerforth wirkt verändert, als hätte er eine Last zu tragen, oder
    als würde er wieder irgendetwas hinterherjagen um das Rennen, wie er es nennt, zu gewinnen.

    Sein Motto lautet ja: "Immer drauf, über alle Hindernisse hinweg und dem Ziele entgegen!"
    Aber welches verfolgt er? Momentan hängt es wohl mit Em'ly zusammen, denke ich mal.

    aber so leicht wird er seine alten Gefühle nicht ändern. Kommt natürlich auch auf Steerforth weitere Taten an.

    Glaub ich auch nicht, dass er seine Gefühle leichtfertig ändern wird. Da müsste Steerforth schon etwas sehr Schlimmes anstellen. Schauen wir mal, was da noch passieren wird.


    Mir hat dieses Kapitel Nr. 28 wirklich gut gefallen, etwa wie Dickens diese Abendgesellschaft beschreibt. Die Micawbers klagen wie immer, z. B. über das abgestellte Wasser, werden beim Punsch aber sogleich wieder sehr heiter. Und auch das gemeinsame Kochen beschreibt unser lieber Charles so anschaulich, dass man sich die gute Stimmung richtig vorstellen kann, eben bis Littimer auftaucht.
    Mich hat aber auch Mrs. Micawbers Monolog amüsiert, der sich um Getreide- und Kohlegeschäfte dreht, mit denen der Gatte bereits gescheitert sei. Von seinen Manieren her findet sie ihn ja für Bankgeschäfte besonders geeignet, doch nirgends werden seine Talente geschätzt. Und wer trägt die Schuld an dem Dilemma? Natürlich nicht Mr. Micawber, sondern die Gesellschaft, der man nun den Fehdehandschuh hinwerfen müsse, und sie durch Inserate auffordere, diesen aufzuheben. Wofür man natürlich wieder Geld braucht, das man nicht hat.
    Diese Formulierung fand ich sehr originell, hat mir wirklich gut gefallen, wie überhaupt Dickens Ausdrucksweise und die Ideen, die er seinen Figuren zuschreibt.
    Dass Mr. Micawber findet, man könne in seinen Kindern ein zweites Leben leben, ließe ich ja noch gelten, aber dass gerade in Zeiten pekuniärer Verlegenheiten die Vermehrung ihrer Zahl besonders willkommen geheißen werden müsse, ist schon etwas befremdlich. Diese Einstellung kann man eher heute vertreten, in Zeiten, da der Sozialstaat ja für Eltern einspringt, die zwar viele Kinder haben, auch wenn sie sie nicht versorgen können, aber zu Dickens Zeiten, als es noch kein soziales Auffangnetz gab, war das sicher nicht ungefährlich.
    Und auch Mr. Micawbers Träume von Wohngegenden und Umbauten, die er sich wohl nie wird leisten können, habe ich gerne gelesen. Rührend auch, dass für David immer ein Zimmer bereit stehen und für Traddles ein Besteck bereit liegen werde.
    Gut gefallen hat mir auch die Vorstellung von Mrs. Micawbers Gesangskünsten beim Tee, die mit dünner, blecherner Stimme Balladen singt, wofür sie zuhause berühmt gewesen sei, sodass Mr. Micawber beschlossen habe, ihr Herz zu gewinnen oder unterzugehen.
    Irgendwie haben sie schon etwas an sich die beiden, und Dickens hat sehr viel Zeit auf dieses Paar verwendet. Ob er dafür auch eine lebendige Vorlage hatte?
    David warnt Traddles sogar davor, Mr. Micawber etwas zu borgen, doch dieser beruhigt ihn, weil er ohnehin nichts habe. Vorerst können wir also aufatmen, @Squirrel, der arme Traddles ist nicht liquid. Allerdings hält die Erleichterung nicht lange an, etwas für ihn sehr Kostbares hat er doch zu verpfänden, der Gute, und das tut er auch!
    Wie nicht anders zu erwarten, ist David beim Auftauchen Steerforths sofort wieder von dessen Charme gefangen, weniger erfreulich die Tatsache, dass er sich an den gutmütigen Traddles kaum noch erinnert und ihn sogar geringschätzt. Damit gewinnt der Junge aber keine Sympathien! Und eine schlechte Nachricht bringt er auch noch mit aus Yarmouth, wo er gerade war (warum denn das wohl?). Um Mr. Barkis' Gesundheit steht es ziemlich schlecht.
    Ich freu mich schon aufs Weiterlesen - morgen ist ja schon wieder mein letzter Arbeitstag für diese Woche, da wird dann schon einiges weitergehen.

  • Es stimmt zwar, dass David beim Auftauchen Steerforths von dessen Charme gefangen ist, aber nicht mehr ganz so vorbehaltlos wie früher. Er ist erwachsener geworden, auch reflektierter und weiß aus eigener leidvoller Erfahrung, dass Gutmütigkeit auch ausgenutzt werden kann. Rührend wie er versucht, Traddles vor Mr. Micawbers Machenschaften zu warnen, weil er weiß, dass dieser ein ebenso großes Herz hat wie er selbst. Ob David einspringt, um die "Freundesbürgschaft", die der gutmütige Traddles geleistet hat, aufzulösen? Hatte ich bis vor kurzem noch gewisse Sympathien für Mr. und Mrs. Micawber, finde ich sie mittlerweile nur noch geschwätzig und verantwortungslos. Da hilft es dann auch nicht mehr, dass sie mit ihrer zupackenden und geselligen Art Davids missglückte Essenseinladung gerettet haben. Gegen Ende des Kapitels lässt sich David leider von Steerforth dazu überreden, erst einen Tag später zu Peggotty zu fahren, um vorher noch mit Steerforth zu dessen Mutter zu fahren. Als wenn das nicht hätte warten können. Mr. Barkis kann möglicherweise nicht mehr warten. :roll:

    :montag: Judith Hermann - Daheim


    "Sehnsucht nach Liebe ist die einzige schwere Krankheit, mit der man alt werden kann, sogar gemeinsam."
    (Bodo Kirchhoff: Die Liebe in groben Zügen)


  • Ja, das hat mich auch verwundert. Er wurde meiner Erinnerung nach am heftigsten misshandelt. …..
    Und jetzt diese Gelassenheit und die fast freundliche Erinnerung an seinen Quälgeist ...?

    Ja, erstaunlich - wie schlimm muss seine Kindheit gewesen sein wenn er sich so positiv an diese Schule erinnert? 8-[

    Ihnen fehlt jeder Bezug zur Realität, und ich wüsste gerne, wovon sie eigentlich leben. Das einzige, was sie gut können, ist das Schnorren.
    ich habe heute meinen strengen Tag, ich merke es schon selbst ...

    Du hast ja nicht unrecht, auch wenn Du heute deinen strengen Tag hast :loool:

    Ich denke, dass er Littimer am besten nichts anvertraut, denn mittlerweile halte ich diesen Kerl für recht gefährlich.

    Ich kann Littimer so gar nicht einordnen - angefangen damit, dass er so überhaupt nicht zu Steerforth passt. Und dann seine Andeutungen, dass er längst aus Yarmouth zurück sei. Wo war er dann in der Zwischenzeit, wenn er nicht weiß, wo sein Arbeitgeber ist? :scratch: Sehr seltsame Type, aber als gefährlich kam er mir bisher nicht vor, nur eher unheimlich in seiner Art. Erinnert mich sehr an Ishiguros Butler aus "Was vom Tage übrig blieb".

    Als Steerforth dann auftaucht zeigt David aber, dass seine Beobachtungsgabe sehr gut funktioniert. Steerforth wirkt verändert, als hätte er eine Last zu tragen, oder
    als würde er wieder irgendetwas hinterherjagen um das Rennen, wie er es nennt, zu gewinnen.

    Auf mich wirkte er als hätte er etwas angestellt in Yarmouth und traut sich nicht mit der Sprache raus :-,

    Ich fürchte aber, ein würdiges Rennen wird das kaum sein. Ich traue diesem Charakter einfach nichts wirklich würdiges zu.

    Einig :loool:

    Er reflektiert, er wird kritischer, er stellt alte Positionen in Frage.
    Natürlich nicht in dem Umfang, wie der Leser es ihm wünscht.

    Wir dürfen nicht vergessen, dass David noch immer ein Jungspund ist - wie alt ist er jetzt? 18? 20? Älter auf keinen Fall. Also es braucht halt einfach noch so seine Zeit, bis er wirklich anfängt alles bzw. jeden zu durchschauen. Er hat noch immer viel zu lernen, fürchte ich. Auch wenn er immerhin in Bezug auf die Micawbers ein wenig wacher geworden ist.

    Schon, aber so leicht wird er seine alten Gefühle nicht ändern. Kommt natürlich auch auf Steerforth weitere Taten an. Bin auf jeden Fall sehr gespannt wie dieGeschichte der beiden weitergeht.

    Ich denke auch, dass David beginnt, Steerforth mehr zu hinterfragen - ob aus eigenem Antrieb oder durch Agnes Bemerkung ist dabei völlig egal. Hauptsache, dass er mal langsam die Augen aufmacht. Aber seine Güte und seinen Glauben an das Gute wird er doch hoffentlich behalten.

    Hoffentlich nicht, der Arme ist viel zu gutmütig für diese Welt und würde wohl nicht nein sagen können.

    Too late - Traddles hat zwar kein Geld, aber wohl leider seinen guten Namen für irgendein windiges Ding hergegeben :cry:

    Und aus der vorher beim Kochen recht aufgeräumten Gesellschaft wird mit Littimers Auftritt ja auch eine recht steife.

    Das tat mir richtig leid - die hatten grad so einen Spaß mit dem verunglückten Dinner der Mrs. Crupp

    Und auch das gemeinsame Kochen beschreibt unser lieber Charles so anschaulich, dass man sich die gute Stimmung richtig vorstellen kann, eben bis Littimer auftaucht.

    Ja, das war auch so eine der besonderen, lebendigen Szenen wie Dickens sie so herrlich beschreiben kann. :D

    Mich hat aber auch Mrs. Micawbers Monolog amüsiert, der sich um Getreide- und Kohlegeschäfte dreht, mit denen der Gatte bereits gescheitert sei. Von seinen Manieren her findet sie ihn ja für Bankgeschäfte besonders geeignet, doch nirgends werden seine Talente geschätzt. Und wer trägt die Schuld an dem Dilemma? Natürlich nicht Mr. Micawber, sondern die Gesellschaft, der man nun den Fehdehandschuh hinwerfen müsse, und sie durch Inserate auffordere, diesen aufzuheben. Wofür man natürlich wieder Geld braucht, das man nicht hat.
    Diese Formulierung fand ich sehr originell, hat mir wirklich gut gefallen,

    Ich fand es eigentlich auch amüsant und hab mich darüber nicht geärgert - wobei ich die von Mrs Micawber entwickelten Ideen interessant finde. Prinzipiell liegt hier versteckt ja auch wieder eine Kritik an der Gesellschaft vor, die die Menschen sich selbst überlässt und vergisst. Klar, die Micawbers wären der klassische Fall von Dauergästen auf dem Sozialamt, aber vom Grundprinzip her übernahm die damalige Gesellschaft ja keinerlei Verantwortung für die schwächeren Glieder, ein Sozialwesen gab es ja in keinster Weise.
    Und inwieweit die Idee eines Stellengesuchs in der Presse neu ist, müsste ich wohl mal recherchieren - woher hatte Dickens diese Idee? Gab es das damals schon? So wie er Mrs Micawber sprechen lässt, muss ein Stellengesuch per Inserat total fremd und ungewöhnlich gewesen sein. Naja, Mr Micawbers Stellengesuch wäre es wohl heute noch :totlach:

    aber dass gerade in Zeiten pekuniärer Verlegenheiten die Vermehrung ihrer Zahl besonders willkommen geheißen werden müsse, ist schon etwas befremdlich.

    selbst Mrs Micawber ist da uneins mit ihrem Mann - die arme ist also schon wieder schwanger :roll:

    Rührend auch, dass für David immer ein Zimmer bereit stehen und für Traddles ein Besteck bereit liegen werde.

    war das nicht andersrum? :-k

    Und eine schlechte Nachricht bringt er auch noch mit aus Yarmouth, wo er gerade war (warum denn das wohl?).

    tja, warum wohl war er in Yarmouth? Mir fällt spontan nur eines ein, auch wenn er eine nähere Begegnung mit den Pegottys leugnet 8)

    Ob David einspringt, um die "Freundesbürgschaft", die der gutmütige Traddles geleistet hat, aufzulösen?

    Ich fürchte, das kann er nicht. Wenn Traddles seinen guten Namen für irgendwas hergegeben hat, wüsste ich nicht, wie David ihm da raushelfen kann. Er hat ja selbst noch keinen Namen..

    viele Grüße vom Squirrel



    :study: Kai Seyfarth - Entscheidung in Aleppo: Walter Rößler, Helfer der verfolgten Armenier


  • Gerade ist mir aufgefallen, wie unser MLR-Grüppchen geschmolzen ist.

    Aber nur temporär. :winken:

    Er lernt Spenlows Tochter kennen und verliebt sich, wie so oft, auf der Stelle in das Mädel. Natürlich übertreibt er wieder maßlos in seinen Liebesbekundungen.

    :roll: David - der verliebte Träumer. :roll: Das ging mir etwas auf die Nerven, er ist mit seinen Gefühlen doch ziemlich schnell bei der Sache. Aber viellleicht muss der Jungspund erst einmal einige amouröse Erfahrungen sammel. :twisted:

    Das Ganze hat aber leider einen Wermutstropfen und der kommt ausgerechnet in Gestalt von
    Fräulein Mordstein, die sozusagen als Anstandsdame für Dora dient.
    Das Wiedersehen ist deshalb entsprechend unterkühlt. Erstaunlich mutig aber, dass David dieser furchtbaren Dame endlich einmal offen die Meinung sagt.

    Ich dachte, wir wären die Murdstones los. Immerhin setzt ihr David einiges entgegen und auch die liebe Dora mag die ihr aufgenötigte Gesellschafterin überhaupt nicht. :twisted:

    "In diesem Augenblick war alles vorbei mit mir. Mein Schicksal war erfüllt. Ich war ein Gefangener und ein Sklave. Ich liebte Dora Spenlow bis zum Wahnsinnigwerden." Kann man Liebe auf den ersten Blick schöner beschreiben?

    Ja, eigentlich hat Dickens das ganz schön beschrieben. Trotzdem passiert es mir bei David zu oft. :roll:

    Daneben gibt es noch etliche witzige Szenen, oft nur Kleinigkeiten, die den Leser zumindest Schmunzeln lassen. Seine Vermieterin Mrs. Crupp, ist ein schönes Beispiel, deren "Magenkrämpfe" nur mit Kognak einigermaßen zu "lindern" sind (vorzugsweise aus Davids Bestand), oder ihn gerne Mr. "Copperfull" nennt, einfach weil er nicht so heißt.

    Da musste ich auch so lachen, als er das Problem mit Mrs. Crupps Magenleiden und den springenden Kognakflaschen in seiner Vorratskammer schildert. :totlach: Oder wie beim Gartenspaziergang mit Dora der Hund beifällig brummt. :totlach:

    Waaaaaas? :shock: Abgründe tun sich auf. :mrgreen::friends:

    Traddles wieder. Er ist bemitleidenswert, finde ich.
    Auch er ist verliebt, sogar verlobt, und die zwei sparen sich ihren Hausrat zusammen. Ob das
    was wird mit der Heirat? Traddles ist finanziell doch sehr beengt...

    Ich glaube nicht, dass das was mit der Heirat wird. Dafür ist er viel zu gutmütig und seine Verlobte mit den neun weiteren Schwestern wird wahrscheinlich irgendwann ganz pragmatisch die nächstliegende und absehbare Heiratslösung wählen. Toll fand ich aber, wie er für seine Bildung gearbeitet und sich angestrengt hat. :applause:

    Inzwischen finde ich die Micawbers nicht mehr liebenswert-lebensuntüchtig-versponnen-unrealistisch-großzügig-kindlich-heiter,
    sondern verantwortungslos ihren Kindern gegenüber, leichtsinnig, arbeitsscheu und großmäulig.

    Bei mir sind sie mittlerweile auch unten durch. So nett und witzig sie das Essen gerettet haben - was für eine Unverschämtheit von Mrs. Crupp :wuetend: , ich hoffe die bekommt auch noch ihre Quittung - haben sie es faustdick hinter den Ohren. Sie ziehen den gutmütigen Traddles in ihre Schulden mit rein :wuetend: und Dickens hat es super geschafft, dass ich als Leserin den werten Micawbers wieder so richtig schön auf den Leim gegangen bin :twisted: : Veranstalten einen lustigen Abend mit vielen beruflicen Ideen, während der KArren eigentlich schon wieder total im Dreck versunken ist. Das war doch beim letzten lustigen Beisammensein auch schon der Fall, dass sie getan haben, als wäre alles Heile-Welt, um dann ganz schnell aus der Schusslinie zu verschwinden. Immerhin scheint David nicht sehr überrascht gewesen zu sein. :thumleft:

    erkennt man, dass David allmählich erwachsen wird. Die Warnung vor den Micawbers
    ist auch ein solches Zeichen.
    Er reflektiert, er wird kritischer, er stellt alte Positionen in Frage.
    Natürlich nicht in dem Umfang, wie der Leser es ihm wünscht.

    Das hast du gut gesagt. :thumleft:

    Und wer trägt die Schuld an dem Dilemma? Natürlich nicht Mr. Micawber, sondern die Gesellschaft, der man nun den Fehdehandschuh hinwerfen müsse,

    :totlach: Genau. Und wie unverschämt, dass die Familie von Mrs. Micawber ihrem Gatten nicht ihr ganzes Geld anvertrauten würde, wenn er als Banker arbeiten sollte. :totlach::totlach::totlach:

    Gegen Ende des Kapitels lässt sich David leider von Steerforth dazu überreden, erst einen Tag später zu Peggotty zu fahren, um vorher noch mit Steerforth zu dessen Mutter zu fahren. Als wenn das nicht hätte warten können. Mr. Barkis kann möglicherweise nicht mehr warten.

    Das fand ich auch unmöglich! :wuetend: Erst labert er völlig lapidar über Barkis Krankheit und dass der Tod ja nun zum Leben dazugehöre und dann geht es ihm nur um das eigene Vergnügen von Davids Gesellschaft. Ich hatte so Angst, dass dieser eine Tag vielleicht schon zu spät sein könnte.

    Auf mich wirkte er als hätte er etwas angestellt in Yarmouth und traut sich nicht mit der Sprache raus

    Ja, irgendwie war er ganz komisch und wollte nicht so recht rausrücken mit der Sprache.

    Jetzt über's Wochenende wollte ich mit dem Lesen eigentlich wieder anfangen, aber mich hat irgendein gemeiner Magen-Darm-Virus erwischt, der mich gerade sehr effektiv von sämtlichen produktiven Tätigkeiten abhält

    Oh je, gute Besserung wünsche ich. :friends:

    Liebe Grüße,
    Tine


    :study: Ken Follett - Die Waffen des Lichts

    :study: Taylor Jenkins Reid - Daisy Jones & The Six

  • Aber viellleicht muss der Jungspund erst einmal einige amouröse Erfahrungen sammel.

    Ich befürchte, er sammelt weniger amouröse Erfahrungen als Erfahrungen im Körbe-kriegen :-,

    viele Grüße vom Squirrel



    :study: Kai Seyfarth - Entscheidung in Aleppo: Walter Rößler, Helfer der verfolgten Armenier


  • Bei mir sind sie mittlerweile auch unten durch

    Ich danke Dir - da sind wir schon mal zu zweit :-)


    übernahm die damalige Gesellschaft ja keinerlei Verantwortung für die schwächeren Glieder,

    Das ist natürlich richtig, und es ist unbestritten, dass da vieles im Argen lag.
    Aber: diese Micawbers reden nur und tun nichts (außer andere Leute anschnorren).
    Ich bin sicher, dass Dickens irgendwann einen
    Platz findet, an dem Herr Micawber sein Redetalent gut anwenden kann -
    aber in der Zwischenzeit sollte er arbeiten, schlicht und einfach sich eine Anstellung als Diener suchen oder
    was weiß ich, niedere Dienste leisten - und es ärgert mich direkt, dass er sich dazu zu gut ist.


    Ich habe letzte Woche "Kleine große Schritte" von Jodi Picoult zu Ende gelesen. Da trifft der Sohn seine
    Mutter, die gerade entlassen wurde, als Thekenkraft bei McDonalds wieder. Der Sohn ist entsetzt über diesen
    sozialen Niedergang.
    Sowas ärgert mich kolossal. Arbeit schändet nicht.

    :study: Edvard Hoem, Der Heumacher.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • Danke für die Genesungswünsch :wink: Dem Magen geht es wieder gut, dafür hat sich die Erkältung zurückgemeldet - aber das ist weniger tragisch, denn das hält mich kaum vom Lesen ab. Mit leichter Verspätung habe ich gestern die Lektüre wieder aufgenommen und nun immerhin die Kapitel 25 und 26 gelesen.

    Er lernt Spenlows Tochter kennen und verliebt sich, wie so oft, auf der Stelle in das Mädel. Natürlich übertreibt er wieder maßlos in seinen Liebesbekundungen. Man kann sich eines Schmunzelns ob dieses Charakterzuges einfach nicht erwehren.
    Schön aber wieder der mit einem Augenzwinkern prasentierte Rückblick Davids auf die Zeit seiner Werbung um Dora. Vor allem der Ausdruck "lackadaisical young spooney" war mir neu.

    So richtig warm werde ich immer noch nicht mit David. Seine verklärte Schwärmerei für immer-mal-wieder-wen-anders geht mir ziemlich auf den Keks (aber das muss wohl so sein, wenn es ein Bildungsroman werden soll).
    Danke aber für den wunderbaren englischen Ausdruck - der passt ja wie die Faust aufs Auge (schon weil "Daisy" bereits drinsteckt :twisted: ). Einigen Damen kann ich bisher auch nicht viel abgewinnen, die Szene mit der engelhaften Agnes in Kapitel 25 war mir zu sentimental. Aber vielleicht hat da auch die Übersetzung wieder ihre Tücken; durch das Lesen (überwiegend) auf Deutsch entgehen mir die sprachlichen Details des Ausdrucks, den Dickens bei den Figuren so schön differenziert.


    Steerforth dagegen ist für mich der vielleicht spannendste Charakter - er scheint ja bald wieder aufzutauchen (ich konnte ja noch nicht all eure Kommentare lesen...). Für mich kam Davids plötzliche Zurückhaltung ihm gegenüber etwas überraschend, auch wenn es durch Agnes' Worte begründet wird - ebenso wie das Auftauchen von Miss Murdstone. Manchmal fühle ich mich wirklich wie in einer viktorianischen Soap, in der die Figuren immer mal wieder hervorgezaubert werden. War ja seinerzeit auch eine Fortsetzungsgeschichte :loool:
    Bei Uriah Heep bin ich auf die weitere Entwicklung sehr neugierig; man kann ja kaum anders, als ihn widerwärtig zu finden angesichts der Attribute, mit denen Dickens ihn immer beschreibt (das macht er wirklich gut). Mal sehen, ob wir mit ihm noch Überraschungen erleben.


    Die Szenen am Gericht und die Einblicke in das Kirchenrecht mag ich sehr. Zum Beispiel wurde kurz ein Verfahren gegen einen Bäcker geschildert, das mit einer temporären Exkommunikation endet, weil der Bäcker die Zahlung einer Steuer verweigerte. Diese zeittypischen Elemente machen die Roman für mich lesenswert auch in den Szenen, in denen ich zu den Figuren weniger Zugang habe.

  • :huhu: Ich bin natürlich auch noch dabei und am lesen und am Freitag beginnt auch mein erster Urlaubstag. Die Pause habe ich genutzt um ein kleineres Buch zu vollenden und ich habe ja auch noch etwas Zeit um das Pensum zu schaffen. :D

    Und da taucht ja das Wörtchen "Daisy" wieder auf, Steerforth lässt grüßen.

    Das Wort habe ich auch sofort gesehen. Dickens mag Wortspielereien wie mir scheint.

    So negativ will ich ihn mir (noch) nicht vorstellen - womöglich wäre ich auf den hübschen Knaben auch hereingefallen, wie manch andere.

    :uups::-# Wenn man jung ist, ist man auch leicht beeinflussbar.

    So sprunghaft wird er wohl nicht sein, oder gar doppelgleisig fahren.

    Da wäre ich mir nicht sicher. Immerhin ist er männlich. :-,:-#:twisted:

    Leider trieb sie diese Obsession dann soweit, dass sie als Alkoholikerin endete.

    Finde insgesamt interessant zu beobachten wie viel "aktuelle" Probleme und Kritiken er in diesem Buch verpackt. Alkoholismus, Arbeitslosigkeit, Gewalt und Missbrauch und sicherlich noch mehr, was mir nicht einfällt oder ich überlesen habe.

    Obwohl sie mir in ihrer unerschütterlichen, gegenseitigen Treue zueinander irgendwie auch gefallen.

    Das finde ich auch irgendwie, aber so schlimm finde ich die Micawbers noch nicht. :-k

    ich hoffe doch sehr, dass es was wird damit. Traddles ist wohl so ein Liebling von uns allen mit seinen Skeletten. Das es ihm sooo schlecht ergeht, damit hätte ich nicht gerechnet. Und dass ausgerechnet er die Schulzeit so verklärt

    Traddles ist für mich in sofern toll, dass er mit seiner Anwesenheit einem gleich das Lächeln ins Gesicht zaubert und man wieder an das Gute im Menschen glaubt.

    Er wurde meiner Erinnerung nach am heftigsten misshandelt. Nach den
    Prügeln legte er immer seinen Kopf in die Arme

    :(

    Er hat ja noch Zeit und mir gefällt das sehr zu beobachten, wie er die Dinge immer weiter hinterfragt und doch seinen Glauben an Freundschaft und Güte nicht verliert.

    :love:

    Und auch Mr. Micawbers Träume von Wohngegenden und Umbauten, die er sich wohl nie wird leisten können, habe ich gerne gelesen.

    Da musste ich sehr schmunzeln über seine utopischen Träume. :roll:

    Rührend auch, dass für David immer ein Zimmer bereit stehen und für Traddles ein Besteck bereit liegen werde.

    :-k

    war das nicht andersrum?

    Das war auch mein Gedanke und es war andersrum. :thumleft:

    Ich hatte so Angst, dass dieser eine Tag vielleicht schon zu spät sein könnte.

    Das ist auch meine Befürchtung, dass dieser eine Tag Verspätung Unglück bringen wird.

    Sowas ärgert mich kolossal. Arbeit schändet nicht.

    Sie schändet nicht nur, sondern ist auch wichtig und ich finde es so schrecklich wenn Menschen Berufe und Menschen, die manche Berufe ausüben so in den Dreck ziehen. Da sieht man schnell das Hässliche im Menschen / menschlichen Charakter. :evil:

    :study: Feuerkind (Stephen King) 34 / 542 Seiten

    :study: Mit Nachsicht (Sina Haghiri) 50 / 268 Seiten


    SUB: 857

  • ch finde es so schrecklich wenn Menschen Berufe und Menschen, die manche Berufe ausüben so in den Dreck ziehen

    Du sprichst mir aus der Seele.
    :friends:

    :study: Edvard Hoem, Der Heumacher.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).