Charles Dickens - David Copperfield (Start: 05.02.2018)

  • Ich weiß, ich habe mich in den letzten Tagen rar gemacht hier, aber jetzt: heute habe ich unseren "David Copperfield" nun auch beendet:dance:

    Ich muss zugeben, dass ich die letzten Seiten durchaus etwas schneller hätte schaffen können, aber seit einer Woche hat mich Sims 4 fest im Griff :uups: Heute habe ich dann die letzten 40 Seiten gelesen. Und habe den Wälzer ein wenig stolz auf's Beenden zurück ins Regal gestellt :wink:

    Ja und am Ende ließ die Spannung dann doch deutlich nach. Da hat Dickens seinen viktorianischen Lesern dann das erwartete "Alles wird gut"

    Ende beschert. In seinen späteren Werken, vor allem in >A tale of two cities< hat er es dann anders versucht und die Kritik war erbarmungslos.

    Er selbst hat diesen Roman als seinen besten bezeichnet und trotz aller Kritik daran festgehalten.


    Am Schluss dann aber doch noch ein Zitat vom Ende des Buches. Ich bleib dabei, sprachlich ist der Roman ein Meisterstück.

    Ich finde auch, dass alles sich doch sehr in Sentimentalität auflöste - alle kriegen, was sie nach dem Leserherz verdienen, alle guten Menschen leben lang und glücklich... Interessant, dass Dickens es später auch anders versucht hat. Mein nächstes Buch von ihm wird vermutlich entweder "Bleak House" oder "Der Raritätenladen", aber vorher brauche ich eine Dickens-Pause :)


    Im Original fand ich den Roman sprachlich auch hervorragend, die Übersetzung, die ich hauptsächlich gelesen habe, hat den Titel Meisterstück dagegen nicht verdient und mir ein Stück Lesefreude geraubt - andererseits hätte ich auf Englisch nie mit der Leserunde Schritt halten können.

    Mir hat "David Copperfield" überwiegend sehr gut gefallen, aber "Great Expectations" fand ich runder. "David Copperfield" bleibt mir wohl als etwas unausgewogen im Gedächtnis, mit einem zu ausgedehnten Mittelteil, einem süßlichen Abschluss und einer Hauptfigur, die mich nie so ganz begeistern konnte. Ich bin trotzdem sehr froh, den Roman gelesen zu haben und ein Bild zu weiteren von Dickens' bekannten Figuren zu haben. Familie Micawber, Betsey Trotwood und Uriah Heep werde ich ganz bestimmt nicht so schnell vergessen :lol:


    Danke an euch alle für die tolle Leserunde :friends:

    Dem kann ich mich nur anschließen! Ich bin zwar im letzten Drittel etwas hinter euch hergestolpert und habe längst nicht so viel hier im Thread beitragen können wir die Leserunde es verdient hätte, aber trotzdem hat es mir wieder viel Spaß gemacht, mit euch zusammen zu lesen. Ich hoffe, wir finden wieder in einer Leserunde zusammen, und wer weiß - vielleicht sieht es mit der Zeit bei mir dann auch wieder ein wenig besser aus.

  • aber jetzt: heute habe ich unseren "David Copperfield" nun auch beendet

    Ich finde auch, dass alles sich doch sehr in Sentimentalität auflöste

    Das scheint uns wohl allen so zu gehen.

    die Übersetzung, die ich hauptsächlich gelesen habe, hat den Titel Meisterstück dagegen nicht verdient und mir ein Stück Lesefreude geraubt

    Zumindest kannst Du zukünftigen Dickens-Lesern von einem Übersetzer abraten. Auch wenn das für Dich jetzt natürlich weniger schön war.

    Mir hat "David Copperfield" überwiegend sehr gut gefallen, aber "Great Expectations" fand ich runder.

    Ich fand das Ende runder, den Hauptcharakter runder in seiner endgültigen Entwicklung, das stimmt.



    Ich bin zwar im letzten Drittel etwas hinter euch hergestolpert und habe längst nicht so viel hier im Thread beitragen können wir die Leserunde es verdient hätte

    aber Du hast ja unter erschwerten Bedingungen hervorragend mit uns mitgehalten :friends:


    Ich arbeite mich zur Zeit ja durch die Einleitung, geschrieben von Jeremy Tambling - nicht immer ganz einfach, viel viel Information und Interpretation. Da muss der Kopf frei sein und immer wieder denke ich drüber nach. In dem Kapitel "The Novel in 1850" bin ich auf einen Absatz gestoßen, der mir besonders aufgefallen ist:

    Zitat von Jeremy Tambling

    David Copperfield is a success story of the Victorian bourgeoisie; its praise of the 'genteel' and of bourgeois values, such as those of the home and domesticity, lead to a convergence of all character around Copperfield's values. They work for his good, and find their own heterogeneity - their own mark of difference - swallowed up by their allegiance to his interests. Peggotty, Betsey Trotwood, Mr. Dick, Agnes, Dora, Traddles, the Micawbers, Mr Peggotty, Miss Mowcher - all suffer that fate. Perhaps Dora is, of these, the least subservient to his progress, and the gives her part of the book, including her death, considerable interest. The others move towards what the novel would take to be the central ground, which is the subordination of their own others to the values of David Copperfield. Those who oppose also find themselves treated in a way which brings them all together, either to punishment or to los of their hopes.

    Diese Interpretation kann ich so gar nicht nachvollziehen. Ich habe die Geschichte nicht so empfunden. Natürlich ist Tante Betsey auf Davids Wohlergehen ausgerichtet und über Agnes brauchen wir gar nicht zu reden. Aber das alle Charaktere des Buches ihr eigenes Ich Davids Werten unterordnen und sich seinem Wohlergehen verschreiben, das finde ich nicht. Was denkt Ihr darüber?

    viele Grüße vom Squirrel



    :study: Joseph Roth - Hiob

    :study: Mike Dash - Tulpenwahn


  • Aber das alle Charaktere des Buches ihr eigenes Ich Davids Werten unterordnen und sich seinem Wohlergehen verschreiben, das finde ich nicht. Was denkt Ihr darüber?

    Ich denke, dass er den Erzähler und die Dramaturgie meint. Es werden nur die Charaktere in das Buch aufgenommen, die etwas zu Davids Entwicklung beitragen. Das ganze Buch ist ja eindeutig und ausschließlich auf Davids Entwicklung ausgerichtet. "They work for his good" habe ich auch nicht als "Wohlergehen" aufgefasst, sondern eher als "Nutzen" - also nur Personen, die in irgendeiner Weise Davids Entwicklung voranbringen.

    Der Hinweis auf die viktorianischen Werte, die hier gepriesen werden, finde ich gut. Was die Prüderie angeht, war mir das schon aufgefallen - aber der Wert der Häuslichkeit (Traddles) und sein Zerrbild (Dora und David) ist mir noch entgangen. Als Wert, meine ich.


    Ich bin gespannt, was Du noch findest und was die Lektüre abrundet - mir ist so ein Schlussblick aufs Ganze wichtig.

    :study: Joseph Roth, Hiob. MLR.

    :study: Vigdis Hjorth, Ein falsches Wort.

    :musik: Leonie Schöler, Beklaute Frauen.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • Diese Interpretation kann ich so gar nicht nachvollziehen. Ich habe die Geschichte nicht so empfunden. Natürlich ist Tante Betsey auf Davids Wohlergehen ausgerichtet und über Agnes brauchen wir gar nicht zu reden. Aber das alle Charaktere des Buches ihr eigenes Ich Davids Werten unterordnen und sich seinem Wohlergehen verschreiben, das finde ich nicht. Was denkt Ihr darüber?

    Ich würde das eigentlich auch nicht so sehen. Eigentlich empfand ich es wie bei den meisten anderen Romanen auch - natürlich stehen die Figuren irgendwie in Beziehung zum Protagonisten, sonst würde man sie als Autor normalerweise nicht einbauen. Störend wird das nur, wenn man als Leser das Gefühl bekommt, die Figuren hätten keine eigenständigen Ziele und Wünsche; das hatte ich hier nicht.