Die Geschichte beginnt im März 2012 mit den drei einführenden Kapiteln der Frauen Kate, Angela und Emma. Sie werden mit dem kurzen Zeitungsbericht über eine gefundene, skelettierte Babyleiche konfrontiert. Bei Kate Waters von der Daily Post ist ihr Interesse daran schnell klar. Verdammt zu rein redaktionellen Überarbeitungen von Zeitungsartikeln anderer, ist sie auf der Suche nach einer möglichen eigenen Geschichte und will sich in den Fall einarbeiten. Bei Angela und Emma bleibt die genaue Verbindung zu dem Leichenfund zunächst rätselhaft. Kate begibt sich vor Ort und versucht bei Nachbarn und Baustellenarbeitern mehr über den Fall zu erfahren.
Ein Bauarbeiter hat bei Arbeiten auf einem Abbruchgelände unter einem Pflanztrog das winzige Skelett gefunden. Es scheint schon mindestens Jahrzehnte alt zu sein und da es bei Neugeborenen mit der DNA nach so langer Zeit wohl schwierig ist, stehen die Zeichen für weitere Erkenntnisse schlecht.
Emma Simmonds Geheimnis macht sie kaputt, für sie sitzt es in der Mitte eines stetig wuchernden Gewirrs aus Erfindungen und Lügen und hat ein Eigenleben entwickelt. Ihre Depressionen kehren zurück, die 42-Jährige kann ihrer Arbeit als Lektorin kaum noch nachkommen. Eine Therapie ist unmöglich, sie müsste ja ihr Geheimnis eröffnen. Die ältere Angela Irving trauert auch nach Jahrzehnten noch um ihr verschwundenes Baby Alice und hofft immer noch auf eine Klärung der damaligen Ereignisse. Emma und Angela verbleiben trotz ihrer Ehemänner und Familienangehörigen im Kampf gegen die Trauer weitestgehend allein. Emma bleibt über lange Strecken des Buches geheimnisvoll.
Kate wollte mit ihren Ermittlungen doch nur eine Abwechslung aus der ermüdenden Tretmühle der online News. Zur Abwechslung hatte sie sich eine schöne Samstagsreportage erhofft. Doch das Kratzen an der Oberfläche hat einen regelrechten Ausbruch tief vergrabener Geheimnisse verursacht. Auch wenn man den Fall schon früh für fast abgeschlossen hält, gibt es noch neue spannende Entwicklungen. Kate fördert unglaubliches zu Tage.
Angela rührt in Ihrem nachvollziehbaren Schmerz an, Kate wird mit ihrer Beharrlichkeit und ihrem Eifer schnell sympathisch, auch wenn sie als Vertreterin der Medien nicht immer ganz uneigennützig unterwegs ist. Die Autorin Fiona Barton nimmt sich im ruhigeren ersten Drittel von „The Child“ die Zeit die Figuren und ihre Vorgeschichten zu entwickeln, nach dem ersten Drittel gewinnt das Buch dann deutlich an Tempo und Spannung. Das fesselnde Ende und die Auflösung können überraschen.
Der Roman bietet interessante Einblicke in den investigativen Journalismus. Die Figuren Kate Waters und Detective Bob Sparkes kommen wohl schon im Debütroman der Autorin vor, aber man kann „The Child“ problemlos ohne Vorkenntnisse lesen.
Fazit: Anfangs etwas bedächtig, aber dann ein überzeugendes, eindringliches Drama.
4,5 von 5 Punkten