Hella S. Haasse – De verborgen bron

  • Original : Niederländisch, 1950


    INHALT :
    Inmitten eines Waldes liegt der Besitz Breskel. Während der Genesungszeit von einer Krankheit begibt sich Jurjen Siebelink zu diesem Familienbesitz auf Seiten seiner Frau Rina, der heute etwas verwildert und verlassen da liegt. Er soll das Haus von seinen dort noch liegenden Dokumenten und Briefen befreien. Nach und nach wird er in den Bannkreis des Hauses und der ihm eher unbekannten Geschichte der Familie seiner Frau gezogen. Er entdeckt die geheimnisvolle Persönlichkeit von Rinas Mutter, Eline, die Selbstmord begangen haben soll und verspürt eine seltsame Nähe zu dieser von Freiheit und Romantik geprägten Frau. Es ergeben sich nicht nur neue Einsichten in das Leben anderer, sondern auch eine Entdeckung der eigenen Geschichte, insbesondere seines wechselhaften Verhältnisses zu seiner eigenen Frau... (mit Elementen aus dem Klappentext der französischen Ausgabe)


    GLIEDERUNG :
    27 Kapitel unterschiedlicher Länge. Die meisten sind kurz (1-4 Seiten), und dann einige Schlüsselkapitel mit langen « Erzählungen » oder Bekenntnissen. Geschrieben in der Ich-Form durch Jurjen, in Form von Briefen an seine Frau oder Tagebucheinträgen.


    BEMERKUNGEN :
    Jurjen wird bei diesem seinem ersten Besuch im Familienbesitz seiner Frau von Breskel magnetisch angezogen. Er entdeckt diesen Ort bei aller Verlassenheit als im weitesten Sinne « bewohnt ». Von den wenigen von mir gelesenen Büchern Haasses ausgehend (ich denke da zB an : »Le génie du lieu », siehe auch: http://www.amazon.co.uk/Le-g%C…0&sr=8-43&keywords=haasse ) glaube ich, dass dieses Thema sie fasziniert und beschäftigt hat. Ein Ort ist mehr als geordnete Dinge oder auch dieses oder jenes Arrangement von Elementen der Natur. Insofern mag man hier auf ein Faszinosum treffen, das gar mit alten mythischen Vorstellungen, aber auch der Idee von « besonderen » , von mit Personen verbundenden Orten zusammenhängt.


    In diesem Zusammenhang ist es nicht weit her, vom romantischen Charkter Jurjens zu sprechen. Er sieht ihn im Gegensatz zu seiner eher wissenschaftlich-rigiden, realistischen Frau : eigentlich reiben sich beide aneinander und bleiben in vielem, trotz des gemeinsamen Lebens, fremd. Anders die langsam sich vor ihm entfaltende Gestalt der Mutter, Eline : sie schien ebenso romantisch geprägt, von einem Freiheitswillen und Stürmigkeit geprägt. Er entdeckt diese ihm bislang quasi unbekannte Schwiegermutter durch die Besuche am und im Besitz, gelesene Briefe und Dokumente, dann auch durch die Erzählungen mit Bekenntnischarakter, eines langjährigen Freundes, ja Anbeters Elines, Meinderts. Dieser konnte ihr aber nicht verzeihen, dass sie eines Tages « verschwand » und sich gegen eine Lebensbeziehung mit ihm entschied.


    Jurjen fühlt sich zeitweise dieser seiner Schwiegermutter näher als seiner eigenen Frau. Empfindet er nicht ähnlich einen Drang nach Freiheit ? Lehnt er sich nicht gegen Rigidität auf ?


    Rina wuchs bei den Großeltern väterlicherseits auf, wurde finanziell unterstützt von Seiten der mütterlichen Familie nach deren Tod und dem zeitweisen Aufenthalt ihres Vaters als Militär bis zu seinem Unfalltod in Indonesien. Diese Großeltern geben finanzielle Zuwendung und gewisse Anforderungen weiter an ihre Enkelin, lassen aber stets ihren gleichzeitigen Widerstand, ihren Mißmut gegen diese scheinbar angeborene Überlegenheit der Breskels durchscheinen. All das läßt Jurjen langsam besser verstehen, warum seine Frau ist, wie sie ist. Aber nicht nur von oben herunter mitleidig, sondern langsam kann er besser akzeptieren, dass es neben dem vielleicht verständlichen Drang nach Freiheit eine notwendige Entscheidung zur Verantwortung braucht. War das immer der Fall und wenn, bei wem ?


    All diese Elemente aus der Familiengeschichte seiner Frau und ihrer Vorfahren führt Jurjen nicht nur zu einem tieferen Verständnis derer Beziehungen, sondern gibt ihm auch zu denken, wie er sich selbst verstehen kann, seine Wünsche, seine Erwartungen und eben auch seine Beziehung zu seiner Frau.


    In all dem ist dieser doch relativ kurzer Roman von einer sehr großen Dichte, voller Wendepunkte, die uns neue Einsichten geben. Er besticht besonders in der Beschreibung der Atmosphäre von Breskel und der Umgebung durch eine poetische Sprache, und später dann durch die feinen Beobachtungen der « Seele ». Erstaunlich, dass eine Autorin ihren männlichen Ich-Erzähler SO erzählen läßt (mit teils eher femininen Zügen ?) und seine Frau in einer gewissen (maskulinen?) Rigidität darstellt. Interessant, und vielleicht sogar ein wenig neu in der Entstehungszeit des Romans (1950).


    Von mir eine dicke Empfehlung !


    AUTORIN :
    Hella Serafia Haasse (* 2. Februar 1918 in Batavia, Niederländisch Indien; † 29. September 2011 in Amsterdam, Niederlande war eine niederländische Schriftstellerin. Sie wuchs in der niederländischen Kolonie Niederländisch Indien, heute: Indonesien, auf, später in Amsterdam. Viele ihrer Werke schildern das Leben in der tropischen Kolonie.

    Außerdem veröffentlichte sie historische Romane und ironisiert ihn wiederum. Ein wiederkehrendes Motiv ist der Mensch auf der Suche nach sich selbst.

    Haasse wurde mit zahlreichen Literaturpreisen ausgezeichnet, darunter der P.C. Hooft-prijs (1983) und der Prijs der Nederlandse Letteren (2004). 1988 wurde ihr die Ehrendoktorwürde der Universität Utrecht verliehen. Sie war drei mal Autorin des Boekenweekgeschenks, zuerst 1948 mit Oeroeg (auf Deutsch als Der schwarze See erschienen).

    Hella Haasse gehört zu den meistgelesenen niederländischen Autoren.


    Gebundene Ausgabe: 136 Seiten
    Verlag: Querido's Uitgeverij Bv, Em.; Auflage: 21. (Juli 2012)
    Sprache: Niederländisch
    ISBN-10: 9021441500
    ISBN-13: 978-9021441504


    Erschienen auf Italienisch unter dem Titel :
    La fonte nascosta
    http://www.amazon.co.uk/La-fon…1&sr=8-28&keywords=haasse


    Erschienen auf Französisch unter dem Titel :
    La source cachée
    http://www.amazon.co.uk/La-sou…7&sr=8-56&keywords=haasse