Micaela Jary - Sehnsucht nach Sansibar

  • Die Träume von drei unterschiedlichen Frauen
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    Bei Lies&Lausch, einem meiner Lieblingsbücherforen, wurde eine Leserunde zu „Sehnsucht nach Sansibar“ ausgeschrieben. Obwohl ich mich zur Entspannung ja meist in den Genres Thriller und Fantasy bewege, reizte mich die


    Kurzbeschreibung:


    „Der Duft exotischer Gewürze, Farben wie aus 1001 Nacht, eine Insel voller Sehnsucht: Sansibar
    1888 an Bord eines Dampfers auf dem Weg nach Ostafrika: Die unkonventionelle Reederstochter Viktoria Wesermann, die junge Forschungsreisende Antonia Geisenfelder und die verwöhnte Juliane von Braun schließen Freundschaft. Jede sucht ihr Glück auf der duftenden, exotischen Gewürzinsel Sansibar, doch schon bald geraten die drei in ein Wechselbad aus leidenschaftlichen, verstörenden und berauschenden Gefühlen, in einen schmerzhaften Zwiespalt zwischen orientalischem Traum und den Schatten von Sklavenhandel, blutigen Aufständen und Cholera...“.


    Ursprünglich standen 5 Freiexemplare zur Verlosung. Die großzügige Autorin Micaela Jary packte noch mal fünf Weitere drauf. Bei Letzteren bescherte mich die Losfee und bedachte mich mit meinem signierten Buch. So ging ich dann mit den Protagonisten auf eine Reise nach


    Sansibar.


    Bevor ich mich jedoch mit als stille Beobachterin auf die „Sachsen“ einschiffen ließ, lernte ich in Hamburg die Reederstochter Viktoria Wesermann kennen. Die junge Frau aus besten Kreisen ist eine echt gute Partie, will das aber überhaupt nicht sein. Sie fühlt sich eingeengt von gesellschaftlichen Zwängen und auch der damaligen Mode, die sie einschnüren. Ihr größter Traum ist es, Lehrerin zu werden. Da das in dieser Zeit für Frauen schwer bzw. nur unter bestimmten Auflagen und in ihren Kreisen fast gar nicht möglich war, hat sie sich der in den Anfängen liegenden Frauenbewegung angeschlossen. Als sie einen Skandal verursacht und die Eltern keine Chance mehr sehen, sie in naher Zukunft standesgemäß unter die Haube zu bringen, schicken sie sie, um Gras über die Sache wachsen zu lassen, für ein Jahr zu Bekannten nach Sansibar.


    Auf dem Schiff, Viktoria fühlt sich zum ersten Mal in ihrem Leben frei, macht sie die Bekanntschaft von Juliane von Braun und Antonia Geisenfelder. Drei ganz unterschiedliche Charaktere, die sich als Freundinnen finden. Doch wird diese Freundschaft auch in Sansibar Bestand haben können?

    Mein Leseausflug in die Kolonialzeit


    Sehr schnell fand ich den Einstieg in die Geschichte, die 1888 in Hamburg ihren Anfang nimmt und in der ich drei charakteristisch ganz unterschiedliche Frauen ein halbes Jahr auf ihrem Weg und in eine andere Welt begleiten darf.


    Die Hauptprotagonistin Viktoria ist mir von Beginn an sehr nahe, da ich ihren Drang nach der „kleinen“ Freiheit, selbst über ihren Lebensweg zu entscheiden, sehr gut nachvollziehen kann. Gleichzeitig verstehe ich auch ihren inneren Konflikt, nicht vollständig gegen jegliche gesellschaftliche Norm verstoßen zu wollen, wenn sie damit die Menschen verletzt, die ihr nahe stehen.


    Juliane von Braun entstammt der gleichen gesellschaftlichen Schicht wie Viktoria. Auch sie hat ihr Päckchen zu tragen, findet die gesellschaftlichen Normen jedoch nicht als ihr aufgedrückt, da sie diese mit ihren eigenen Zielen übereinstimmen. Gleichzeitig bewundert sie jedoch die andere junge Frau für ihr Wissen und empfindet viele kleine Dinge, die Viktoria tut als mutig, wöllte diese für sich selbst aber überhaupt nicht.


    Die Dritte im Bunde, Antonia Geisenfelder, kommt aus einer anderen Gesellschaftsschicht, der gutbürgerlichen Mittelklasse. Sie ist letztendlich nur „zufällig“ auf dem 1. Klasse Deck der „Sachsen“ gelandet. Charakteristisch ist sie aber diejenige, die vom Wesen her mit Viktoria mehr Gemeinsamkeiten aufweist als Juliane. Auch sie träumt von einer „Kariere“. Aufgrund ihrer Herkunft ist sie erstaunlicherweise jedoch nicht ganz so beschnitten wie die Reederstochter, obwohl auch sie von ihrem Endziel aufgrund gesellschaftsbedingter Hindernisse noch meilenweit entfernt ist.


    In jedem Fall hat die Autorin ihre Charaktere ganz solide aufgebaut und schaffte es damit, sie mir als Leserin menschlich nahe zu bringen. Sprachlich hat sie den in der Erzählperspektive verfassten Roman so angepasst, wie ich es mir für diese Zeit vorstelle. Nicht ganz so schwülstig, wie im Mittelalter, eher gediegen vornehm mit einem guten Lesefluss.


    Die Freundschaft der drei unterschiedlichen Frauen ist für mich ein Beispiel menschlicher Toleranz, die auch auf die heutige Zeit beim Aufeinandertreffen unterschiedlicher Wesensarten adaptierbar ist. Die Autorin schafft es bei dieser Freundschaft immer wieder Situationen einzubauen, in denen man sich als Leserin selbst wieder und im weitesten Sinne sogar Lösungsvorschläge erkennt.


    Mit anschaulichen Beschreibungen führte Micaela Jary mich einerseits an wunderbar exotische Orte, die ich im Geiste vor mir sah und an denen ich sowohl die Düfte der Umgebung, als auch der Speisen wahr nahm. Hin und wieder lief mir sogar ein Pfützchen. Im krassen Gegensatz dazu bekam ich dann aber auch wieder schlimmstes Elend vor Augen geführt, bei dem mir nicht nur einmal ein kalter Schauer über den Rücken lief. Traurig, dass beides auch noch heute immer so nah beieinander liegt und das wichtige soziale Engagement stets nur wie ein Tropfen auf den heißen Stein wirkt.


    Obwohl die Geschichte im Gesamten doch hauptsächlich auf den Einzelschicksalen der drei jungen Frauen und ihrer Entwicklung beruhte und die rein menschlichen Aspekte sehr intensiv behandelte, sprach die Autorin auch die wichtigsten gesellschaftlichen Ereignisse dieser Zeit wie den Beginn der Frauenbewegung, das Endes des Sklavenhandels an und verschiedene Abkommen an.


    Die Geschichte an sich schritt stetig voran. Zu keiner Zeit habe ich beim Lesen irgendwelche Längen verspürt. Die exotische Kulisse ließ mich in eine andere Welt träumen. Bei der Entwicklung der jungen Frauen kamen zwangsläufig irgendwann auch romantische Aspekte ins Spiel. Allerdings verhinderten die realistischen Darstellungen des parallel dazu existierenden Elends, dass Letztere ins Kitschige abgleiten konnten. Das Ende des Romans war gefällig, auch wenn es nicht allen Protagonistinnen das ersehnte Glück versprach. Alles in allem hat mir der Roman gut gefallen. 4 Sterne, eine Leseempfehlung und ein Dankeschön an Micaela Jary für das schöne Leseerlebnis.

  • 444 Seiten



    Meine Meinung:
    Der Prolog ist sozusagen die Basis für diese Geschichte. Die Familie Wesermann lebt 1888 in Hamburg und die Tochter Viktoria soll mit einem Mann aus besten Kreisen verheiratet werden, den ihr Vater ausgesucht hat. Viktoria aber lehnt diesen Mann während einer Schiffstaufe ganz öffentlich ab, sie will Lehrerin werden und hat sich der Frauenbewegung angeschlossen, damit erlaubt wird, dass Frauen lernen dürfen. Diesen Skandal und die Aufsässigkeit von Viktoria können ihre Eltern natürlich nicht auf sich sitzen lassen und schicken sie für ein Jahr zu einem bekannten Kaufmann nach Sansibar.


    Auf der Überfahrt nach Sansibar lernt Viktoria die verwöhnte Juliane von Braun, die mit ihrem Vater, einem Winzer, reist, und die nüchterne Antonia Geisenfelder, die mit ihrem Chef Dr. Max Seibold, einem Wissenschaftler, unterwegs ist, kennen. Die drei jungen Damen freunden sich an, und als sich in Sansibar ihre Wege trennen, vereinbaren sie, sich alle zwei Wochen zu einem bestimmten Zeitpunkt zu treffen.


    Nun beginnt die aufregende Geschichte der drei Freundinnen in Sansibar. Jede hat ihre Vorstellungen und Ziele, manches gelingt und manches nicht, es ist ein ewiges Auf und Ab. Man erfährt sehr viel über das Land, und auch wenn nicht immer alles schön ist, es gibt noch immer Sklavenhandel, immer wieder Aufständen und dann noch die Cholera, so bekommt man doch große Sehnsucht dorthin zu reisen.


    Die einzelnen Charaktere sind total verschieden und trotzdem ergänzen sie sich. Faszinierend, wie jede der Freundinnen mit ihren Gefühlen umgeht. Micaela Jary hat hier ein traumhaftes Sansibar beschrieben mit allen Farben und Gerüchen und auch das Cover passt hervorragen dazu. Die Verknüpfung mit den historischen Fakten ist auch sehr gut gelungen und nicht zu vergessen das informative Nachwort. Die Geschichte liest sich sehr flüssig, wobei sie ruhig etwas länger hätte sein können, man bekommt einfach nicht genug. Ein faszinierendes Buch, welches von Anfang bis Ende fesselt.

    Liebe Grüße
    Helga :winken:


    :study: [b]???


    Lesen ist ernten, was andere gesät haben (unbekannt)