Emma Donoghue - Raum/ Room

  • Im Original werden tatsächlich für die Gegenstände aus Raum keine Artikel verwendet. Table ist einfach Table und Bed ist Bed. Aber manchmal werden für normale Gegenstände, denen Jack keine so besonders große Bedeutung beimisst, Pronomen verwendet, die aber nicht zum Geschlecht passen. Zu Flasche sagt Jack zum Beispiel she.

    Ha, dann stimmt ja meine Theorie. :loool: Dann hat der Übersetzer dieses Phänomen ins Deutsche übertragen und das ist echt gut gelungen, finde ich.

  • Das glaube ich allerdings nicht. Für Jack möglicherweise, für seine Mutter sicher nicht.

    Das dachte ich am Ende auch. Schön fand ich zwar vorher die

    aber gerade die Rückkehr in Raum zeigt, dass Jack und die Mutter extrem unterschiedliche Wahrnehmungen dieses Raums hatten, was natürlich auch daran lag, dass Jack nichts Anderes kannte. Trotzdem fand ich das Ende auch schön, weil es den Neuanfang der beiden aufzeigt. Egal, wie schwer es wird, es geht weiter.

  • @ Marie: Wieso glaubst du nicht, dass auch für Jacks Mutter alles gut wird? Das Ende war doch sehr tröstlich. Aber klar, so ein Trauma überwindet sie wahrscheinlich nicht. Dann ist es aber doch zumindest so, wie es Strandläuferin ausgedrückt hat:

    Egal, wie schwer es wird, es geht weiter.

    "Hab Vertrauen in den, der dich wirft, denn er liebt dich und wird vollkommen unerwartet auch der Fänger sein."
    Hape Kerkeling


    "Jemanden zu lieben bedeutet, ihn freizulassen. Denn wer liebt, kehrt zurück."
    Bettina Belitz - Scherbenmond


    http://www.lektorat-sprachgefuehl.de

  • @ gaensebluemche,
    "gut" kann ein Leben nach solchen Ereignissen wohl nicht mehr werden.


    Ganz zu schweigen von den Misshandlungen, den Vergewaltigungen und dem Gefühl von Ohnmacht und Ausgeliefertsein. Sie wird irgendwie weiterleben, aber ihr Lebensgefühl, das sie vor der Entführung hatte, wird sie nicht mehr finden. Es gibt genug Beispiele, in denen bereits eine Vergewaltigung ausreichte, um einen Menschen für den Rest seines Lebens kaputt zu machen.

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Mich hat der Roman auch beeindruckt und ich schließe mich jetzt einfach mal den positiven Meinungen an.
    Es ist ja auch schon so vieles geschrieben worden. :wink:
    Jack empfand ich zeitweise als etwas frühreif, aber man muss wohl seine besondere Situation bedenken.


    Liebe Grüße

  • Ihr habt mich mittlerweile sowas von neugierig auf das Buch werden lassen, dass ich es mir bestellt habe. Normalerweise mache ich ja um solche Themen einen riesen Bogen. Zumal ich immer befürchte, dass es sehr weinselig werden könnte, aber es klingt -nach euren Rezis jedenfalls zu urteilen- nach einer sehr guten Lektüre (trotz der schlimmen Thematik).

    Nimm dir Zeit für die Dinge, die dich glücklich machen.


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  • Wow, was soll ich sagen.... Mein Jahreshighlight 2011 :pray:


    Ich kann mich nur den positiven Meinungen meiner Vorredner anschließen, die ihre Gefühle und Beschreibungen nicht hätten besser ausdrücken können. :thumleft:
    Genau so denkt und fühlt sich der Leser bei dem Werk „ Raum“ .
    Ja, ich nenne es ein literarisches WERK, denn schon lange konnte mich kein Buch so bestürzen, fesseln und beeindrucken !
    Außergewöhnlich in einer naiven Erzählweise eines Kindes mit eigentümlicher Grammatik niedergeschrieben , beeindruckt dieses Buch den Leser von der ersten bis zu letzten Seite.
    Nachdem man sich an diesen Stil gewöhnt hat , fühlt man sich authentisch in die Welt eines 5 Jährigen versetzt ,der das „Draussen“ nicht kennt.


    Definitive Leseempfehlung :cheers:



    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

    "Ein gutes Buch ist wie ein erholsamer Kurztrip aus dem Alltag."
    »Verlass das Haus nie ohne ein Buch.« Edward Gorey
    "Zu Hause ist da, wo deine Bücher sind" SILBER - Kerstin Gier

  • Kurzbeschreibung von amazon:
    Auch seinen fünften Geburtstag feiert Jack in Raum. Raum hat eine immer verschlossene Tür, ein Oberlicht und ist 12 Quadratmeter groß. Dort lebt der Kleine mit seiner Mutter. Dort wurde er auch geboren. Jack liebt es fernzusehen, denn da sieht er seine »Freunde«, die Cartoonfiguren. Aber er weiß, dass die Dinge hinter der Mattscheibe nicht echt sind – echt sind nur Ma, er und die Dinge in Raum. Bis der Tag kommt, an dem Ma ihm erklärt, dass es doch eine Welt da draußen gibt und dass sie versuchen müssen, aus Raum zu fliehen.


    Meine Meinung:
    Die Sprache und Grammatik ist am Anfang gewöhnungsbedürftig. Aber ich kam schnell rein und der Erzähler der Geschichte ist ja der 5jährige Junge. Auch ist es so, dass die Geschichte an einigen Stellen eben mit der Logik des Jungen erzählt wird, wodurch etwas anders erzählt wird als man es als erwachsene Person verstehen würde.
    Dazu gehört zB die Erzählung darüber warum seine Mutter und Jack in Raum sind und wer Old Nick ist. Als Leser merkt man bzw versteht man dann schon, dass die Mutter und Jack eigenlich Gefangene sind. Aber für Jack ist es eben so, dass er in Raum lebt und daran ist auch in seiner Logik nichts falsch. Er kennt es ja nicht anders.
    Die Liebe der Mutter zum Kind und wie sie trotz allem versucht ihn gut zu erziehen ist gut beschrieben ohne übertrieben oder sentimental zu sein.


    Für mich war dieses Buch beeindruckend. Einmal als Thriller, einmal die Erzählperspektive und eben auch der sorgsame Umgang mit einem schwierigen Thema ohne zu sehr Klischees zu bemühen, ohne zu sehr das Böse/ das Gute aufzuzeigen.
    Insgesamt gebe ich dem Buch :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

  • Vielen Dank erst mal für all die schönen Rezensionen :friends:
    Jetzt habe ich das Buch auch fertig gelesen. Und es hat mir unglaublich gut gefallen.


    Es hat mich sehr bewegt, und trotz der Tatsache, dass der Roman an eine wahre Geschichte von Elisabeth Fritzl, die von ihrem Vater über 20 Jahre in einem Keller gefangen gehalten wurde und drei gemeinsame Kinder dort aufziehen musste, angelehnt ist, auch unterhalten.


    Es mag makaber klingen, denn im Grunde genommen handelt es sich um eine große und schreckliche Tragödie, aber ich fand es ausgezeichnet, wie die Autorin es geschaft hat, den Roman so zu gestallten, dass es nicht nur spannend oder sehr emotional und bewegend auf den Leser wirkt, sondern auch ganz viele Szenen hat, die voller Situationskomik sind. Das verleihte dem Erzählten eine positive lebensbejaende Färbung. Und es hat mich sehr angesprochen.


    Ganz besonders hat mir auch gefallen, dass der Roman aus der Sicht eines Kindes erzählt wird, das die Realtiät nicht kennt, und seine Welt, die auf einen Raum von 12 Quatraten beschränkt ist, für die ganze Welt hält: in seiner eigenen Sprache, mit all den Besonderheiten und Eigenarten, die dabei entstehen können, wenn ein Kind in so einer ungewöhnlichen Situation aufwächst.


    Die Autorin hat es geschafft, dass ich mich den Hauptprotagonisten: Jack und seiner Mutter nahe gefüllt habe, ich habe mich mit ihnen gefreut und habe mit ihnen gelitten.
    Eine ausgezeichnete Leistung von Emma Donoghue.
    Von mir :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

    2024: Bücher: 90/Seiten: 39 866

    2023: Bücher: 189/Seiten: 73 404

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    Mein Blog: Zauberwelt des Lesens
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    Lese gerade:

    Scalzi, John - Die Gesellschaft zur Erhaltung der Kaiju-Monster

  • Der fünfjährige Jack und Ma leben in Raum. Raum ist 12 Meter im Quadrat groß, und es gibt dort alles. Jeden Tag spielt Jack mit seiner Ma, oder schaut seinen Freunden Dora und SpongeBob im Fernseher zu. Er weiß, dass sie nicht echt sind, nur er und Ma sowie alles in Raum ist echt. Bei Old Nick ist er sich nicht sicher, denn der kommt nur nachts, und dann macht das Bett quietschende Geräusche. Eines Tages verärgert Ma Old Nick, und Raum hat keinen Strom mehr: es ist kalt, es gibt kein Essen mehr, und Pflanze stirbt. Da erzählt Ma, dass es ein "Draußen" außerhalb von Raum gibt, dass die Dinge im Fernsehen (größtenteils) real sind und dass sie fliehen müssen. Jack mag es kaum glauben, es sprengt seine Vorstellungskraft. Als seine Ma einen Plan entwickelt, hängt alles von ihm ab.
    Ich habe "Room" auf Englisch gelesen. Die deutsche Leseprobe hat mich ob der Neologismen und "Jack-Sprache" abgeschreckt, denn der Roman ist aus Sicht des 5jährigen, isoliert aufgewachsenen Jack geschrieben. Das Original ließ sich flüssig lesen und war in meinen Augen sogar besser verständlich. Ich habe den Eindruck, der Übersetzer hat ein paar zusätzliche Sprachbesonderheiten eingebaut. Der Roman gliedert sich in 5 Teile, die je bestimmte Abschnitte in Jacks Erfahrungswelt beschreiben. Literarisch betrachtet, ist das Buch sehr einfach geschrieben: Jack denkt und redet direkt, er hat nie gelernt zwischen den Zeilen zu reden oder zu interpretieren. Durch seine Art zu erzählen nimmt man seine Welt mit seinen Augen wahr. Er ist intellektuell weiter entwickelt als normale 5jährige, was ich dem Roman stellenweise nicht abkaufte. Nach der Art des Kleinen Prinzen äußert er häufig vordergründig naive Betrachtungen, die ein tieferes Verständnis implizieren. Außerdem gibt es ein paar starke Brüche in der Beschreibung seiner Persönlichkeit, nie von seiner Mutter getrennt, und dann wochenlang bei Fremden? Aus vergleichbaren Fällen weiß man, dass sich in der Realität Jacks Eingliederung in die Gesellschaft über Jahre hinweg gezogen hätte. Außerdem stößt mir der Roman aus moralischen Gründen sauer auf: solche Fälle sind vorgekommen und sollten sicherlich nicht totgeschwiegen werden, aber die Autorin gibt hier in gewisser Weise eine Anleitung, der ich im Zeitalter von Internet und Trittbrettfahrern kritisch gegenüberstehe. Ohne die Fälle Kampusch und Amstetten wäre die Autorin nicht zu diesem Buch inspiriert worden bzw. es hätte so keine große Beachtung gefunden. Zeitweise fühlte ich mich wie ein Voyeur, besonders in Hinblick auf die auch thematisierte Verfolgung durch Paparazzi. In gewisser Weise zieht dieser Roman finanzielle Vorteile aus dem Leid anderer Menschen. Ich denke, es ist sehr schwierig eine Linie zu ziehen, wie weit man in "fiktiven" Romanen gehen sollte. In diesem Fall wurden Missbrauch und psychischer Zusammenbruch nur am Rande angerissen, trotzdem fühlte ich mich beim Lesen stellenweise sehr unbehaglich.

  • Oh hasewue, du gibtst nur 4 Sterne. Nun bin ich aber gespannt was den 5 Stern verdorben hat :wink:

    "Ein gutes Buch ist wie ein erholsamer Kurztrip aus dem Alltag."
    »Verlass das Haus nie ohne ein Buch.« Edward Gorey
    "Zu Hause ist da, wo deine Bücher sind" SILBER - Kerstin Gier

  • Oh hasewue, du gibtst nur 4 Sterne. Nun bin ich aber gespannt was den 5 Stern verdorben hat :wink:

    Ja, ich schreibe demnächst auch eine Rezi dazu, aber um es kurz zu sagen, ich hätte mich gefreut, wenn mehr über "Old Nick" erzählt worden wäre (Motiv, Hintergründe, Urteil, ....) und ja, der Sprachstil hat den Lesefluss etwas gehemmt. Auch wäre ein Perspektivenwechsel gut gewesen, also aus der Sicht von Jack und aus der von seiner Ma. So war alles etwas einseitig. Aber ausführlich schreibe ich dann noch eine Rezi, muss das nur erst einmal alles sacken lassen. :winken:

  • Raum ist ein Zimmer, in dem der 5jährige Jack seit seiner Geburt mit seiner Mutter lebt. Er ist in Raum geboren und kennt nichts anderes, die Welt draußen sieht er nur durch den Fernseher und ihm ist nicht klar, dass das Draußen tatsächlich echt ist. Seine Mutter und Raum sind seine ganze Welt.


    Doch nach seinem fünften Geburtstag beginnt seine Mutter, ihm zu erklären, dass Raum nicht alles ist und dass sie nicht ewig darin bleiben können, da sie ihrem Peiniger hier völlig hilflos ausgeliefert sind.


    Das Buch ist in 5 Abschnitte aufgeteilt und aus der Sicht von Jack geschrieben. Die Autorin benutzt, um dies deutlich zu machen, eine kindliche Sprache, oft von grammatikalischen Fehlern durchsetzt. Dies macht das Lesen erst einmal etwas gewöhnungsbedürftig, zum Beispiel dadurch, dass Jack kaum Artikel für Gegenstände benutzt, sondern Tisch, Bett, Teppich etc. wie Eigennamen verwendet. Allerdings wird das nicht auf die Spitze getrieben, so dass es sich nach einer gewissen Eingewöhnung in den Stil durchaus leicht lesen lässt, außerdem hat Jack für einen 5jährigen ein erstaunliches Ausdrucksvermögen. Ich persönlich fand diese Kombination etwas unglaubwürdig, aber habe mich aufgrund der fesselnden Geschichte nicht weiter davon beirren lassen.


    Laut Internet hat sich die Autorin durch das Schicksal von Elisabeth Fritzl zu diesem Buch inspirieren lassen. Der Täter kommt recht wenig vor, die Handlung konzentriert sich völlig auf Jack und seine Mutter. Sehr detailliert wird das Leben der beiden in Raum geschildert und ich fand es sehr beeindruckend, wie die Mutter versucht, ihrem Sohn alles zu geben, was in einemGefängnis eben möglich ist. Doch noch spannender war für mich der zweite Teil des Buches, der dann außerhalb von Raum spielt. Ohne hier mehr verraten zu wollen, war es einfach faszinierend, darüber nachzudenken, was für uns alles völlig selbstverständlich ist, was wir aber nicht kennen würden, wenn wir so wie Jack aufgewachsen wären.


    Eine erschütternde Geschichte, hier als Roman erzählt – aber wie in den letzten Jahren ja mehrfach aufgedeckt, keine reine Fiktion und von daher umso bedrückender.


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