Eduard von Habsburg-Lothringen - Die Reise mit Nella

  • Der Roman "Die Reise mit Nella" von Eduard von Habsburg-Lothringen wurde mir freundlicherweise vom Thiele-Verlag als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt, wofür ich mich an dieser Stelle herzlich bedanken möchte.


    Der Autor hat mit diesem Roman eine spannende, gut verfilmbare Dreiecksgeschichte verfasst, die nur auf den ersten, oberflächlicheren Blick in der Glemmer-Welt der Reichen, Schönen und Berühmten angesiedelt ist, bei näherer Betrachtung aber doch erheblich mehr Tiefgang aufweist. Auch könnte der Leser auf den Gedanken kommen, der Roman trüge teilweise autobiografische Züge, denn Richard, einer der Protagonisten, ist Drehbuchautor, wie der Autor selbst und der Erzählstil aus der Ich-Perspektive vermittelt dem Leser einige philosophische Erkenntnisse, die ich persönlich mal glatt aus dem Erfahrungsbereich des Schriftstellers selbst entsprungen wähne.


    Mein Eindruck ist: Eduard von Habsburg-Lothringen ist nicht nur ein guter Beobachter, er vermag auch seine Eindrücke gut zu vermitteln und seine Figuren sympathisch, authentisch und mit kritischer Distanz zu kreieren, mit denen sich der Leser identifizieren kann.


    Zum Inhalt des Romans selbst:


    Nella, David und Richard lernen sich als Kinder kennen und bilden recht schnell auf den alljährlichen Jugendfreizeiten auf dem Schloss von Richards Großvater Fürst Edgar von Weihbrunn-Odenthal eine Clique, deren Motor meistens die quirlige Italienerin Nella mit ihren verrückten Ideen ist. Beide Jungs sind in die hübsche Nella verknallt und lassen sich dadurch des öfteren zu pubertärem Imponiergehabe verleiten. Höhepunkt des Ganzen ist ein Blutschwur, sich zu dritt irgendwann mal als Erwachsene auf die Spur Alexanders des Großen zu begeben.


    Jahre später verehrt der ruhige und verlässliche Richard die mittlerweile berühmte Modell-Schönheit Nella immer noch durch aktive Teilnahme im Internet auf der Nella-Rocacci-Fanclub Seite, die sich durch eine zufällige Begegnung mit Nella auf einem gemeinsamen Flug nach eigener Meinung beinahe exzessiv verstärkt. Richard lässt kaum einen Tag vergehen, ohne mit seiner selbstgewählten Internet-"Familie" über Nella zu chatten und vernachlässigt seine anderen Bekanntschaften sogar dafür.


    Da erreicht ihn die Aufforderung Nellas, den einst gegebenen Schwur einzulösen und wenigstens einen Teil des Alexanderweges kurz vor ihrer Hochzeit mit einem reichen und gutaussehenden Italiener zu dritt zu bereisen und David, mittlerweile reicher Bankier in England und Richard, Drehbuchautor, lassen sich auf die strikten Vorgaben Nellas ein. 3 Abschnitte sollen abgearbeitet werden, jeweils ein Fest steht am Ende einer Etappe, wobei das letzte Fest die Hochzeit selbst sein wird. Unterschwellig wird dem Leser sofort klar, dass die Reise nicht komplikationslos verlaufen und auch nicht einfach nur in einer Art Junggesellinnen-Abschiedsveranstaltung oder nostalgischer Gefühlsduselei, Wiederbelebung einer Jugendfreundschaft bestehen kann. Welche glückliche Braut würde wohl auch ihren Bräutigam eine Woche vor der Hochzeit zugunsten einer Reise mit ehemaligen Freunden alleine lassen?


    Die erste Übernachtungsstation in einem Zelt wählt Richard denn auch auf dem Gelände eines ehemaligen Einödhofes, der 1922 der Tatort eines der rätselhaftesten Morde an 6 Menschen in der deutschen Kriminalgeschichte gewesen war. Angeregt durch diesen gruseligen Umstand möchte der allzeit zynische David die beiden anderen zur Nekromantie überreden, hat aber keinen Erfolg damit. Alle drei träumen in der Nacht allerdings verstörende Träume, in denen die anderen ebenfalls vorkommen und diese Träume werden später im Roman noch eine bedeutsame Rolle spielen.


    So gelöst und burschikos lebhaft Nella allerdings auch auf der ersten Etappe der Reise ist, was sämtliche gemeinsam erlebten Kindheitserinnerungen wieder bei allen hervor kommen lässt, spätestens, als sich das erste Fest nähert, holt die Wirklichkeit sie ein. Mit jeder weiteren Stunde spitzen sich die Ereignisse weiter zu, die völlig unterschiedlichen Charaktere werden deutlicher. Mehr soll allerdings nicht verraten werden, um das eigene Lesevergnügen nicht zu schmälern. Dem Autor gelingt es aber sehr geschickt, den Leser an die Hand zu nehmen und zum unausweichlichen, aber keineswegs vorhersehbaren Showdown mit Aha-Effekt zu führen.


    Fazit: ein wunderbar inszenierter, moderner und gesellschaftskritischer Liebesroman, der mir viel Freude gemacht hat.

  • Vielen Dank für deine gute und ausführliche Rezension.
    Ich habe das Buch einmal zufällig in einem kleinen Buchladen liegen sehen und der Klappentext sprach mich auch an. Deswegen subt das Buch jetzt bei mir. :-,
    Aber ich werde es nach deiner Rezi wohl bald mal in Angriff nehmen (zumindest wenn ich einmal genug Zeit habe). lg :winken: