Klappentext
Was wird aus einer Familie, wenn durch einen Schicksalsschlag die schöne Fassade vom vollkommenen Glück zusammenbricht?
Nach außen sind die McKotchs eine geradezu perfekte Familie. Doch als die 13-jährige Gwen schwer erkrankt, zeigt sich plötzlich, wie einsam jeder von ihnen ist. Zu hoch sind die Erwartungen, die alle haben, zu groß die Zweifel an der Liebe zueinander. Allein Gwen gelingt es schließlich als junge Frau, ihrem Schicksal zu trotzen. Als sie sich verliebt, hat sie das Gefühl, endlich aufzutauchen und befreit zu sein. Doch ihr unverhofftes Glück löst in ihrer Familie fatale Emotionen aus.
Die Autorin
Jennifer Haigh ist ein Kind des Jahres 1968. Sie studierte Englisch und Französisch und arbeitete später als Journalistin. Auftauchen ist ihr dritter Roman, heute unterrichtet sie kreatives Schreiben an der Universität in Boston.
Persönlicher Eindruck
Auf den Roman Jennifer Haighs hatte ich mich sehr lange gefreut, denn sein Inhalt klang wundervoll. Ich weiß selbst noch nicht so ganz genau, ob ich nach dem Lesen nun enttäuscht bin oder nicht ... Der Übergang scheint fließend zu sein.
An einem Sommertag 1976 lernt man im Haus des Kapitäns, so der Name der Ferienwohnung, die Familie McKotch kennen.
Den Vater und Workaholic Frank, dessen einzige Liebe und Leidenschaft die Wissenschaft ist (ist sie das wirklich?).
Seine Ehefrau Paulette, ein für meinen Geschmack viel zu anständiges Mädchen, ständig in Sorge, ständig so adrett und gesellschaftskonform.
Die dreizehnjährige Gwen, die ihren letzten Sommer in Unkenntnis über ihre Krankheit verbringt.
Ihr älterer Bruder Billy, gutaussehender Vorzeigesohn, der in diesem Sommer den Grundbaustein für seine späteren Lieben und das Leben, das sie mit sich bringen, legen wird.
Und Scotty, der Jüngste, so wild und unzähmbar, kaum unter kontrollierter Hand zu halten.
Dass diese Familie nicht so perfekt ist, wie sie vorgeben möchte zu sein, wird dem Leser gar nicht erst vorgespielt. Man spürt schon anfangs die Spannungen zwischen Paulette und Frank, die ihre Ehe auf unsicheres Fundament gebaut haben, spürt die Sorgen und Ängste Gwens, dass vielleicht doch irgendetwas nicht in seinen gewohnten Bahnen verläuft.
Diese detaillierten Beschreibungen der Charaktere verlieren sich auch im Laufe des Romans nicht, man hat das Gefühl, irgendwie können sie alle nicht so ganz aus ihrer Haut. Und obwohl sie alle so vielschichtig und im Detail beschrieben sind, lag genau darin mein Problem mit Auftauchen:
Es kam einfach kaum Empathie mit ihnen auf.
Es redete zwar einmal jeder von ihnen, die Stimmen und Perspektiven wechselten, man erfuhr von ihren Gedanken und allzu oft unterdrückten Gefühlen, aber ich als Leserin konnte einfach nicht mit ihnen warmwerden. Sie waren nicht sympathisch, aber eben auch nicht auf diese beabsichtigte Weise liebenswert-unsympathisch. Sie waren keine gekonnten Anti-Helden.
Für mich hat sich der Roman deswegen in all seiner vielfältigen Handlung ziemlich gezogen, viele Beweggründe für kopflose Reaktionen und Worte konnte ich nicht nachvollziehen.
Für mich hat erst das Ende dieses Buch gerettet, auch wenn ich es dennoch nicht als schlecht eingestuft hätte (angenehmer Schreibstil, hübsch gewählte Worte, aber sehr konstruiert).
Das Ende war wieder irgendwie schön, behielt aber seinen melancholischen Zug bei. Das hat mir sehr gefallen und zum ersten Mal im Verlauf dieser 528 Seiten hatte man wirklich das Gefühl, dass dort Liebe in dieser Familie ist. Wenn sie schon vorher dort war, dann wurde sie letztlich doch nur immer unter falschem Stolz, jugendlichem Leichtsinn, Schutz vor Enttäuschungen oder dem persönlichen Selbstexil begraben, was die Lektüre seitenweise doch ziemlich anstrengend machte. Da es kein Buch von großen Taten und Aktionen war, musste es von den Gefühlen seiner Protagonisten leben, und diese waren nicht immer so, dass sie ihre Natürlichkeit behielten.
Ich würde Auftauchen dennoch weiterempfehlen, weil ich glaube, dass es mir fehlen würde, hätte ich es nicht gelesen. Nicht uneingeschränkt und nicht mit voller Punktebewertung, aber die Liebe und Traurigkeit der letzten Seiten, diese Tatsache, dass Familienbande doch irgendwie gegen alle Äußerlichkeiten resistent sind, hat mich tief berührt.
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